Es ist Donnerstag der 24. Dezember 2009, ca. 14:00:
Meine Winterstiefel sind nicht mehr wasserdicht und ich beschließe deshalb kurzerhand, etwas dagegen zu tun. Zu diesem Zwecke schnappe ich mir eine Sprühdose mit abscheulich stinkendem Imprägnierschaum, meine Stiefel und einen Putzfetzen und stelle mich vor's Haus, wo ich sorgfältig ans Werk gehe.
Ich habe noch nicht lange geputzt, als ich durch ein "Entschuldigen Sie..." aus meiner momentanen Meditationsphase gerissen werde. Vor mir steht eine Frau, um die 40, mit einem Kinderwagen. Ihre Kleider sind nicht neu und auch nicht schön. Die Zahnreihen werden von großen Lücken unterbrochen. Sie sieht, dass sie meine Aufmerksamkeit hat und fährt fort:
"Entschuldigen Sie, dass ich Sie störe. Wir sind arme Leute aus Rumänien. Haben Sie vielleicht eine Kleinigkeit, mit der sie uns helfen können? Vielleicht etwas Süßes für die Kinder? Oder Kleidung für meine Tochter?" Ich mache ein paar Schritte nach vorne und sehe die etwa 14jährige Tochter, die gerade ein paar Häuser weiter klingelt. In dem Moment, als ich hinschaue, schlägt man ihr gerade die Tür vor der Nase zu. Nun kommt auch die Tochter herüber. In ihrem Gesicht steht Enttäuschung. Mir zieht es das Herz zusammen. Ich lege meine Arbeitssachen nieder.
"Einen Moment. Ich bin gleich wieder da!"
Ich verschwinde im Haus und schicke meine Schwester hinaus, damit sie sich mit den Leuten derweil unterhalten kann, während ich mit meiner Mutter drinnen einen Papierteller voller Weihnachtsbäckerei anrichte. Diesen gebe ich ihr, zusammen mit einem kleinen Teil meiner am Vortag erspielten Gage - es ist nicht viel, aber es ist ein bisschen was.
Als sie die Kekse sehen beginnen die Augen der beiden zu leuchten und sie bedanken sich vielmals: "Über die Kekse werden wir uns heute Abend am Meisten freuen!" Wir plaudern noch ein bisschen und sie erzählt, dass die meisten Leute sie einfach wieder wegschicken, außer denen, die selber kaum etwas haben.
Und nachdem sie sich nochmal bedankt haben, ziehen Mutter und Tochter mit dem Baby weiter.
Ich blicke ihnen nach, froh, dass ich ihren Tag ein kleines bisschen erhellen konnte und traurig, weil viele Leute offenbar vergessen haben, was Weihnachten ist. Immerhin gibt's da so eine Geschichte von einem Mann mit seiner schwangeren Frau, die auch bettelnd von Haus zu Haus gezogen sind, und wegen denen wir dieses Fest feiern! Wenn sich jemand schon so erniedrigt, zu Weihnachten an fremder Leute Türen zu klopfen und um Gaben zu bitten, dann sollte man diese Leute doch wirklich nicht mit leeren Händen wieder wegsenden!
Ich bin glücklich, weil ich es nicht getan habe und es hat mich für den restlichen Tag mit Freude erfüllt.
In diesem Sinne wünsche ich allen frohe Weihnachten und auch einen guten Rutsch ins neue Jahr!
Hallo an alle, die sich irgendwie auf diese Seite verirrt haben. Dies ist eine Halde persönlicher Anekdoten, Reiseberichte und sonstigen Allerleis, angelegt, als ich zu studieren begonnen habe. Leider habe ich diese Gedankenlagerstätte schon lange nicht mehr regelmäßig neu befüllt - es ergibt sich manchmal schlecht - doch vielleicht ergibt es sich jetzt wieder öfter.
Friday, December 25, 2009
Friday, December 18, 2009
Tales of Bangor - #1: Herbergsuche
Im Organisationsmarathon das wohl stressigste Unterfangen ist die Suche nach einer geeigneten Unterkunft. Immerhin muss man sich dort ja für ein halbes Jahr wohlfühlen. Wie allgemein bekannt sein dürfte, gibt es dabei zwei Möglichkeiten: Entweder man lässt sich in einem Studentenheim unterbringen, wobei man meist mit höheren Kosten und vielen anderen Erasmusstudenten zu rechnen hat, oder man sucht sich ein privates Plätzchen, das möglicherweise günstiger ist und wo man eher von regionalen Studenten umgeben ist.
Hochidealistisch und erasmophob habe ich mich natürlich für die steinigere Variante 2 entschieden und Anfang Herbst begonnen, diverse Zimmervermietungsseiten zu durchkämmen und "Erasmusstudentin sucht..." Anzeigen zu schalten. Lange blieb der Erfolg aus, denn mir wurde weder geschrieben noch auf Anfragen geantwortet und bald wich die Hoffnung einem Anflug von Panik. In eine fremde Stadt zu fahren ohne zu wissen, wo man wohnen wird ist eben doch ein kleines bisschen furchteinflößend.
Also habe ich aufgeben und dem dortigen Erasmuskoordinator eine Email geschrieben mit der Bitte, mich doch in einem Studentenheim unterzubringen. 3 Tage nach Ablauf der Anmeldefrist.
Er versprach sich zu bemühen.
...und dann tat sich lange nichts...
...bis vor einigen Tagen eine Email in meinem Posteingang landete, die ich schon löschen wollte, weil ich sie für Webung einer dieser flatshare-Seiten hielt. Doch sah ich in der Betreffzeile die Worte "response to your ad". Sofort war meine Aufmerksamkeit wieder 100%ig gegeben! Muss ich vielleicht doch nicht in ein Heim?
Eine Studentin wars, die mich angeschrieben hatte. Sie zieht aus ihrer WG aus und sucht deshalb fürs nächste halbe Jahr einen Nachmieter. Offenbar erfülle ich alle erforderlichen Kriterien, denn wer eignet sich besser als eine Erasmusstudentin, die sich nach einem halben Jahr verlässlich wieder schleicht? Man bietet mir also ein Zimmer an. (Ohne, dass ich irgendetwas dafür tun musste!)
Es handelt sich um ein Haus mit 8 Zimmern und 2 Bädern: 7 davon von "lovely, sociable lads" okkupiert - das 8. wird frei. Der Preis ist super, alle Rechnungen inkludiert, Lage perfekt, alle Annehmlichkeiten (Waschmaschine, Internet) vorhanden. Das Ärgste: Küche und andere communal areas werden sogar einmal wöchentlich geputzt, was ebenso im Mietpreis inkludiert ist. Luxus pur!
Das Mädl dürfte wirklich nett sein - mittlerweile sind wir virtuell befreundet. Weil es ein bisschen umständlich gewesen wäre, das Haus in situ zu besichtigen habe ich zur Entscheidungserleichterung Fotos angefordert. Als Vergleich zur leichteren Entscheidungsfindung diente mir die Erinnerung an mein düsteres Kämmerchen auf einer gewissen Insel. Die Faustregel ist: Alles was besser ist, ist tragbar - alles was weniger schön ist, nicht. Dieses Zimmer ist aber auf jeden Fall besser: hell! groß! Bett, Kasten, Kommode sind vorhanden und man hat mir - bevor ich irgendetwas beanstanden hätte können - auch gleich noch angeboten, den Schreibtisch eines der lads in's Zimmer zu stellen, sollte ich einen brauchen. Tip-top also und ich sage nach sehr kurzer Nachdenkphase und dem Einholen diverser externer Meinungen zu.
Man einigt sich daraufhin recht schnell in allen wichtigen Punkten, da beide Parteien aufeinander zugehen und das einzige, das es noch zu tun gilt, ist das Regeln der Mietzahlungen.
Und dann trifft's mich auf einmal mit voller Wucht:
He! Ich hab' ein Zimmer! In einer WG! Mit lauter Briten, wie's ausschaut! *breit grins*
Let the adventure begin...
Hochidealistisch und erasmophob habe ich mich natürlich für die steinigere Variante 2 entschieden und Anfang Herbst begonnen, diverse Zimmervermietungsseiten zu durchkämmen und "Erasmusstudentin sucht..." Anzeigen zu schalten. Lange blieb der Erfolg aus, denn mir wurde weder geschrieben noch auf Anfragen geantwortet und bald wich die Hoffnung einem Anflug von Panik. In eine fremde Stadt zu fahren ohne zu wissen, wo man wohnen wird ist eben doch ein kleines bisschen furchteinflößend.
Also habe ich aufgeben und dem dortigen Erasmuskoordinator eine Email geschrieben mit der Bitte, mich doch in einem Studentenheim unterzubringen. 3 Tage nach Ablauf der Anmeldefrist.
Er versprach sich zu bemühen.
...und dann tat sich lange nichts...
...bis vor einigen Tagen eine Email in meinem Posteingang landete, die ich schon löschen wollte, weil ich sie für Webung einer dieser flatshare-Seiten hielt. Doch sah ich in der Betreffzeile die Worte "response to your ad". Sofort war meine Aufmerksamkeit wieder 100%ig gegeben! Muss ich vielleicht doch nicht in ein Heim?
Eine Studentin wars, die mich angeschrieben hatte. Sie zieht aus ihrer WG aus und sucht deshalb fürs nächste halbe Jahr einen Nachmieter. Offenbar erfülle ich alle erforderlichen Kriterien, denn wer eignet sich besser als eine Erasmusstudentin, die sich nach einem halben Jahr verlässlich wieder schleicht? Man bietet mir also ein Zimmer an. (Ohne, dass ich irgendetwas dafür tun musste!)
Es handelt sich um ein Haus mit 8 Zimmern und 2 Bädern: 7 davon von "lovely, sociable lads" okkupiert - das 8. wird frei. Der Preis ist super, alle Rechnungen inkludiert, Lage perfekt, alle Annehmlichkeiten (Waschmaschine, Internet) vorhanden. Das Ärgste: Küche und andere communal areas werden sogar einmal wöchentlich geputzt, was ebenso im Mietpreis inkludiert ist. Luxus pur!
Das Mädl dürfte wirklich nett sein - mittlerweile sind wir virtuell befreundet. Weil es ein bisschen umständlich gewesen wäre, das Haus in situ zu besichtigen habe ich zur Entscheidungserleichterung Fotos angefordert. Als Vergleich zur leichteren Entscheidungsfindung diente mir die Erinnerung an mein düsteres Kämmerchen auf einer gewissen Insel. Die Faustregel ist: Alles was besser ist, ist tragbar - alles was weniger schön ist, nicht. Dieses Zimmer ist aber auf jeden Fall besser: hell! groß! Bett, Kasten, Kommode sind vorhanden und man hat mir - bevor ich irgendetwas beanstanden hätte können - auch gleich noch angeboten, den Schreibtisch eines der lads in's Zimmer zu stellen, sollte ich einen brauchen. Tip-top also und ich sage nach sehr kurzer Nachdenkphase und dem Einholen diverser externer Meinungen zu.
Man einigt sich daraufhin recht schnell in allen wichtigen Punkten, da beide Parteien aufeinander zugehen und das einzige, das es noch zu tun gilt, ist das Regeln der Mietzahlungen.
Und dann trifft's mich auf einmal mit voller Wucht:
He! Ich hab' ein Zimmer! In einer WG! Mit lauter Briten, wie's ausschaut! *breit grins*
Let the adventure begin...
Thursday, December 10, 2009
Quas istaec secum ipsa actitat Tragicomoedias?
Vor gar nicht allzu langer Zeit, genauer gesagt vor etwa 10 Monaten, bekam ich einen Anruf, der mich überrascht, verunsichert und zu gleich hocherfreut hat. Eine Studienkollegin mit viel Erfahrung im Musicalbereich war's die mich mit etwas folgenden Worten nahezu in Sprachlosigkeit versetzte: Wir spielen ein lateinisches Theater. Cool! Hast du Lust? Immer! Ich will dich in der Hauptrolle. WAS?! Was? Bist du dir sicher? Sie war's - zwar nicht durchgehend, aber dann doch immer mehr.
Und so begab es sich, dass ein kleiner Trupp von (großteils Latein-)Studenten unter professorischer und professioneller Leitung sich an ein Jesuitendrama mit dem Titel "Philemon" machte.
Kurz: Der Taugenichts Philemon, dessen Lebensinhalt Fressen, Saufen und Leute zum Narren Halten ist, willigt ein für seinen christlichen Freund Apollonius dem Jupiter zu opfern. Als Mönch verkleidet, zieht er zu diesem Zweck los, wird aber dabei von einem Engel bekehrt und kann nun, da er selber Christ ist, dem Jupiter doch nicht opfern. Als er sich deshalb verbissen weigert, wird er zum Tode verurteilt - ebenso wie sein Freund Apollonius.
Viele Rollen wurden ins Wienerische/Französische/Behmische geschoben, einiges wurde in Latein belassen und generell wurde großzügig gekürzt. Trotz vehementer Weigerung zwang man mich zu rappen und stellte mir zu diesem Zweck 4 sonnenbebrillte (Wo)Men in Black als Backgroundchor zur Verfügung. Weitere interessante Lichter waren ein (gegen Glastüren) rollender Bekehrungsengel, ein wiener Prolet, komplett mit Feinrippunterhemd und Trainingshose, ein frankophoner Bote, ein eeeewig jammernder Mönch, eine behmische Putzfrau, Dumm und Dümmer als Soldaten usw. Alle grandiosest verkörpert!
Das Stück wurde im Juni als Pilotprojekt an der Akademie der Wissenschaften in Wien einmal aufgeführt (vor vollem Saale, oh ja!) und allgemein für gut befunden. Und so sprangen einige Lateinlehrer und Funktionäre sofort an und wir wurden für weitere 3 Aufführungen im Dezember angeheuert (vorerst).
Nach 3 läppischen Proben im November gingen besagte Aufführungen unter dem Titel "Lateinische Film- und Theatertage" in leicht veränderter Besetzung letzte Woche sprichwörtlich über die Bühne und unser kleiner grex zog im Tourbus von Spielstätte zu Spielstätte.
Das erste Publikum rang uns nicht unbedingt Höchstleistungen ab (30 Leute, alle leider sichtbar wegen mangelnder Scheinwerferblendung, alle eher weniger auf der lustigen Seite) und wir kürzten deshalb das Script gleich mal um eine komplette Seite. Unabsichtlich. (Highlight: Man zwang mich mein Bühnennickerchen auf dem dort stehenden Flügel zu machen, was mir höchst unangenehm war. Immerhin hat man mir zeit meines Musikerinnenlebens Respekt vor Instrumenten beigebracht...)
Die anderen beiden Vorstellungen liefen allerdings prima und jetzt hatten wir auch schon die richtige Sicherheit um Unsicherheiten einfach zu überspielen, manche Elemente unterstützend hinzuzufügen, für Schulklassen alles noch ein bisschen lustiger zu spielen (der Helm des Hektor wird dann zu "ahm cooln Krochakappl") und halt dann irgendwie zu improvisieren (was mir bei meiner zu 99,5% lateinischen Rolle eher schwer fällt, da ich die Sprache leider immer noch nicht fließend spreche). Jede Vorstellung bietet somit neue Überraschungen und unsere Kreativität nimmt kein Ende: So tritt beispielsweise Eva (alias Geta und später Philemons Bruder Theon...man beachte die beiden Binnenreime!) jeden Tag mit anderer Bart- und Brusthaarfrisur auf (beide natürlich unecht!). Oft muss ich mich bemühen im ernsten Teil meiner Rolle nicht zu lachen - z.B. wenn statt Pfeilen und Speeren auf einmal Speile und Pferde an mir vorbeifliegen....
Und alle werden von Aufführung zu Aufführung immer besser!
Faszinierend finde ich, dass jedes Publikum verschieden ist: Man lacht an ganz unterschiedlichen Stellen, manche ignorieren mich in meiner Rolle als bettelnder Musiker, andere zücken sofort die Geldbörse, sodass ich mich erschrocken bemühe, schnell weiterzukommen; immerhin will ich meinen Hut dann wieder aufsetzen, ohne dass sich ein Münzenregen über meinen Kopf ergießt...
Weiters finde ich an dieser einmalig wunderbaren Erfahrung jedesmal wieder faszinierend, wie sehr eine Stunde auf der Bühne stehen und sprechen an die Substanz geht: Nach der ersten Aufführung hätte man uns alle sofort ins Bett legen können, streichfähig wie wir waren. Nach der zweiten Aufführung hatte ich einen abartigen Heißhunger. Nach der dritten Aufführung beides, aber es wurde bei ein paar Campari-Soda verdrängt.
Gelernt habe ich laut und deutlich zu sprechen und Mimik und Gestik halbwegs so einzusetzen, dass man auch vom lateinischen Text ein klitzekleines Bisschen mitbekommt. Weiters habe ich gelernt, wie schön es ist, Teil eines derartigen Projekts zu sein und dabei noch mit so tollen Leuten zusammenspielen zu dürfen, die mir durch diese intensive Erfahrung alle sehr ans Herz gewachsen sind. Und so stimmt es mich fast traurig, dass wir nur noch einmal die Theaterbühne beleben werden, bevor ich in ferne Lande aufbreche...
Und so begab es sich, dass ein kleiner Trupp von (großteils Latein-)Studenten unter professorischer und professioneller Leitung sich an ein Jesuitendrama mit dem Titel "Philemon" machte.
Kurz: Der Taugenichts Philemon, dessen Lebensinhalt Fressen, Saufen und Leute zum Narren Halten ist, willigt ein für seinen christlichen Freund Apollonius dem Jupiter zu opfern. Als Mönch verkleidet, zieht er zu diesem Zweck los, wird aber dabei von einem Engel bekehrt und kann nun, da er selber Christ ist, dem Jupiter doch nicht opfern. Als er sich deshalb verbissen weigert, wird er zum Tode verurteilt - ebenso wie sein Freund Apollonius.
Viele Rollen wurden ins Wienerische/Französische/Behmische geschoben, einiges wurde in Latein belassen und generell wurde großzügig gekürzt. Trotz vehementer Weigerung zwang man mich zu rappen und stellte mir zu diesem Zweck 4 sonnenbebrillte (Wo)Men in Black als Backgroundchor zur Verfügung. Weitere interessante Lichter waren ein (gegen Glastüren) rollender Bekehrungsengel, ein wiener Prolet, komplett mit Feinrippunterhemd und Trainingshose, ein frankophoner Bote, ein eeeewig jammernder Mönch, eine behmische Putzfrau, Dumm und Dümmer als Soldaten usw. Alle grandiosest verkörpert!
Das Stück wurde im Juni als Pilotprojekt an der Akademie der Wissenschaften in Wien einmal aufgeführt (vor vollem Saale, oh ja!) und allgemein für gut befunden. Und so sprangen einige Lateinlehrer und Funktionäre sofort an und wir wurden für weitere 3 Aufführungen im Dezember angeheuert (vorerst).
Nach 3 läppischen Proben im November gingen besagte Aufführungen unter dem Titel "Lateinische Film- und Theatertage" in leicht veränderter Besetzung letzte Woche sprichwörtlich über die Bühne und unser kleiner grex zog im Tourbus von Spielstätte zu Spielstätte.
Das erste Publikum rang uns nicht unbedingt Höchstleistungen ab (30 Leute, alle leider sichtbar wegen mangelnder Scheinwerferblendung, alle eher weniger auf der lustigen Seite) und wir kürzten deshalb das Script gleich mal um eine komplette Seite. Unabsichtlich. (Highlight: Man zwang mich mein Bühnennickerchen auf dem dort stehenden Flügel zu machen, was mir höchst unangenehm war. Immerhin hat man mir zeit meines Musikerinnenlebens Respekt vor Instrumenten beigebracht...)
Die anderen beiden Vorstellungen liefen allerdings prima und jetzt hatten wir auch schon die richtige Sicherheit um Unsicherheiten einfach zu überspielen, manche Elemente unterstützend hinzuzufügen, für Schulklassen alles noch ein bisschen lustiger zu spielen (der Helm des Hektor wird dann zu "ahm cooln Krochakappl") und halt dann irgendwie zu improvisieren (was mir bei meiner zu 99,5% lateinischen Rolle eher schwer fällt, da ich die Sprache leider immer noch nicht fließend spreche). Jede Vorstellung bietet somit neue Überraschungen und unsere Kreativität nimmt kein Ende: So tritt beispielsweise Eva (alias Geta und später Philemons Bruder Theon...man beachte die beiden Binnenreime!) jeden Tag mit anderer Bart- und Brusthaarfrisur auf (beide natürlich unecht!). Oft muss ich mich bemühen im ernsten Teil meiner Rolle nicht zu lachen - z.B. wenn statt Pfeilen und Speeren auf einmal Speile und Pferde an mir vorbeifliegen....
Und alle werden von Aufführung zu Aufführung immer besser!
Faszinierend finde ich, dass jedes Publikum verschieden ist: Man lacht an ganz unterschiedlichen Stellen, manche ignorieren mich in meiner Rolle als bettelnder Musiker, andere zücken sofort die Geldbörse, sodass ich mich erschrocken bemühe, schnell weiterzukommen; immerhin will ich meinen Hut dann wieder aufsetzen, ohne dass sich ein Münzenregen über meinen Kopf ergießt...
Weiters finde ich an dieser einmalig wunderbaren Erfahrung jedesmal wieder faszinierend, wie sehr eine Stunde auf der Bühne stehen und sprechen an die Substanz geht: Nach der ersten Aufführung hätte man uns alle sofort ins Bett legen können, streichfähig wie wir waren. Nach der zweiten Aufführung hatte ich einen abartigen Heißhunger. Nach der dritten Aufführung beides, aber es wurde bei ein paar Campari-Soda verdrängt.
Gelernt habe ich laut und deutlich zu sprechen und Mimik und Gestik halbwegs so einzusetzen, dass man auch vom lateinischen Text ein klitzekleines Bisschen mitbekommt. Weiters habe ich gelernt, wie schön es ist, Teil eines derartigen Projekts zu sein und dabei noch mit so tollen Leuten zusammenspielen zu dürfen, die mir durch diese intensive Erfahrung alle sehr ans Herz gewachsen sind. Und so stimmt es mich fast traurig, dass wir nur noch einmal die Theaterbühne beleben werden, bevor ich in ferne Lande aufbreche...
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