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Tuesday, April 22, 2014

How much for an hour?

Nein, ich war nicht schon wieder in London - vielmehr schulde ich diesen Eintrag schon seit ein paar Monaten. Ich hatte ihn auch schon einmal aufwändigst verfasst, doch dann passierte ein Fehlklick und er entschwand unwiederbringlich. Ich will es noch einmal versuchen.

Wer sich erinnert, dass ich über die in London herrschende Hektik gejammert habe und die Schwierigkeit, einen ruhigen, angenehmen Platz, an dem man dem Kaffee- oder Teegenuss frönen kann, beklagt habe, der wird sich vielleicht mit mir freuen, denn ich fand an meinem letzten Tag in der Großstadt endlich die Nische, die ich suchte: das Ziferblat.

Das Ziferblat kommt ursprünglich aus Russland und ist offiziell hauptsächlich kein Kaffeehaus. Das ist wichtig. Man kauft dort immerhin keinen Kaffee, sondern bezahlt stattdessen die Zeit, die man dort sitzenderweise verbringt. Davon hatte ich irgendwo gelesen und das wollte ich natürlich suchen, denn es klang interessant.
Im Chaos des U-Bahnenstreiks kam mir entgegen, dass die Old Street, in der sich das Etablissement befindet, beinahe zu Fuß erreichbar war, bzw., dass - und so war es eigentlich - ich es nach 20 Minuten vergeblicher Warterei auf den richtigen Bus in Richtung "Trafalgar Square" ziemlich satt hatte im Regen herumzustehen. Ich sah einen anderen mit der Leuchtschrift "Old Street" heranrollen und stieg einfach dort ein.

Ich hatte keine Ahnung, wo ich genau hinmusste, und marschierte einfach auf gut Glück die Straße entlang und gleich einmal fast an der richtigen Türe vorbei. Das Ziferblat ist nämlich von außen kaum erkennbar: Es liegt im ersten Stock und an der Geschäftsfront weist nur ein kleines Auslagenfenster mit einem Stuhl, einem Tisch und einer Uhr darauf hin, dass man hier richtig ist. Um eingelassen zu werden, muss man, wie bei einem Wohnhaus, anläuten, und ich fühlte eine leichte Hemmschwelle sich erheben. Ich läutete dennoch, der Türöffner summte und ich stapfte, gefolgt von zwei anderen Touristen, die dasselbe Ziel hatten, über die enge Holztreppe in den ersten Stock hinauf*.
Oben angekommen standen wir hinter einer Art Rezeptionstisch zu einem großen, etwas biedermeierlich anmutenden Wohnzimmer, das auf den zweiten Blick gar nicht mehr biedermeierlich war, weil die Möbel aus verschiedensten Stilen und Epochen zusammengetragen waren. Überall saßen Leute, lasen, arbeiteten an Laptops, unterhielten sich eher leise oder tranken Kaffee. Ich verbrachte die erste Minuten mit Gaffen.

*Ich fühlte mich an das Tibetan Restaurant in Leh erinnert, zu dem eine ebenso unauffällige Treppe hochführt und dem ich erst glaubte, dass es tatsächlich ein Restaurant sei, als ich das Essen vor mir sah.




Ein netter junger Mann, dem ich glaubte, einen ganz dezenten deutschen Akzent anzuhören, sprach mich schließlich an, vermutlich, weil ich so verloren aussah.
Can I help you?
Yes, I'm a bit overwhelmed. Can you explain the system to me?
Right! The first thing you do.... Und voller Motivation begann er mich einzuweisen:


Er zeigte auf ein Regal voller verschiedener Uhren und Wecker. Davon solle ich mir eine aussuchen. Hinten auf der Uhr stand ein Name (meine hieß Boris), den ich auf eine Art Anwesenheitszettel schreiben sollte, zusammen mit meinem Namen und meiner Ankunftszeit. Dieser Zettel kam an eine Schnur an der Wand, wo schon alle Zettel der anderen Besucher hingen. Mit Boris in der Hand folgte ich Sasha durch das Wohnzimmer - Over there we have books. This here is the piano. (Obviously) - in die kleine Küche. Diese erinnert an eine StudentenWG bzw. an eine Jugendherberge:
Es war ein bisschen unordentlich.
Häferl verschiedenster Art füllten die Regale.
Jemand kochte sich gerade etwas zu essen.
Andere Leute machten sich Tee oder standen einfach herum und plauderten.


You can bring your own food and heat it here. Just help yourself to tea and coffee and enjoy your time. Damit war der Rundgang durch die premises beendet.

Ich war immer noch etwas überwältigt und begann damit, mir einen Platz zu suchen. Ich fand einen etwas durchhängenden Regisseurssessel an einem bereits besetzten Tisch (das waren sie alle) und stellte Boris dort einmal ab. Dann ging ich in die Küche, um mir Kaffee zu holen. Komisches Gefühl: als würde man sich in einer fremden Küche bedienen. Ich redete mir ein, dass das ganz normal sei und glaubte es mir nach einer Weile auch.
Schließlich hatte ich eine Riesenkanne voll frischen Kaffees gemacht (weil der natürlich gerade leer sein musste, als ich mir welchen holen wollte) und saß mit meinem schicken Häferl und meinen Arbeitsmaterialien endlich irgendwo in Ruhe und ohne ständige Laufkundschaft. Ich entspannte mich, sah dem Regen zu, arbeitete ein bisschen und sog die Atmosphäre ein.



Nach etwa zwei Stunden beendete ich meinen Besuch, füllte die Abreisezeit auf meinem Anwesenheitszettel aus und berechnete meine Geldschuld relativ zur Zeit. Ich weiß nicht mehr, was ich bezahlte, aber es war nicht mehr, als ich in einem durchschnittlichen Coffeeshop für ein durchschnittliches Getränk abgelegt hätte. Jetzt wo ich die Adresse kenne, werde ich vermutlich wieder einmal dort Herberg suchen.

Schlussendlich plauderte der junge Mann vom Anfang (Sasha) mich nochmal an und ich hielt mich noch eine halbe Stunde länger (gratis) auf, weil das Gespräch so interessant war. Stellte sich heraus, dass er Ire ist, aber in Deutschland zur Schule ging. (Hatte ich mich also nicht ganz verhört...)
Er erzählte mir, dass viele Leute zum Arbeiten ins Ziferblat kämen, weil sie die Atmosphäre so schätzten, ein Teil seien auch Touristen, die einfach neugierig seien, oder Stammkundschaft, die das Wohnzimmer schätzt. Einzig ein Problem hatte das Ziferblat als ich gerade dort war: Der Besitzer wollte die Betreiber beklagen, weil sie angeblich ein Kaffeehaus betreiben und das nicht angemeldet hätten bzw. er das in seinen heiligen Hallen nicht wolle. Doch das Ziferblat ist kein Kaffeehaus. Man bemüht sich sehr, das zu kommunizieren und die Unterstützung der Besucher zu bekommen, damit man bleiben darf. Ich hoffe, es klappt - solche Oasen sind wertvoll.

Tuesday, February 18, 2014

How British generosity saved me from a night in the cold

Mit britischen Zugtickets ist es so eine Sache: Man bucht sie am besten möglichst früh, wenn man sie zu einem günstigen Preis erstehen möchte, und sucht sich außerdem einen gewissen Zug aus, an den man sich bindet (freilich nur im übertragenen Sinne). Wenn man ein Ticket mit flexibler Rückreise haben möchte, zahlt man nämlich um einiges mehr. An sich ist das bei guter Planung kein schlechtes Geschäft, doch manchmal kommen Dinge dazwischen.

Ein ausgesprochen netter Abend ließ mich meinen Zug zurück in die Metropole verpassen und trotz Privattaxi in die malerische* Hafenstadt Newport, gelang es mir nicht, ihn einzuholen. Ich wartete also auf den nächsten.

*read with irony

Es war nicht das erste Mal, dass ich nicht im richtigen Zug saß, jedoch war es zum ersten Mal selbstverschuldet. (Für alle weiteren Fälle waren immer die britischen Bahnbetreiber verantwortlich, die mir den richtigen Zug gar nicht erst zur Verfügung stellten). Es gibt nun manchmal Schaffner, die großzügig über derartige kleine faux-pas hinwegsehen, und dann gibt es welche, denen eine angemessene Ahndung des Vergehens gegen die Zeit am Herzen liegt. Ich geriet an zweiteren Typus.

Your ticket is not valid on this train. 
Oh, I'm sorry. I missed the other one by about two minutes...
You will have to buy a new full-price ticket.
Ok... How much is that?
That's £42.
Alright. Ich wühle in den Tiefen meiner Geldbörse und finde dort ganze £38. Sch****... I'm sorry, I'm about £4 short. Can I pay by card?
That's no problem.
Erm.... und hier wird es mir so richtig unangenehm... Can I use my debit card? I do have a credit card, but I cannot remember the PIN. Unless you require only a signature...
No, that's not possible. It's credit card only and the machine will ask for the PIN.
Wär ja auch zu einfach sonst. So.... what options do I have? Shall I just get out at the next station and purchase a ticket there and then take the next train?
This is the last one.
Fuck. Das wird irgendwie nicht besser. And I don't suppose I could pay for my ticket in arrears?
Yes, you can do that. But then it's £102.
WHAT?!?!?! Ich hasse Züge.

Ich muss recht verzweifelt ausgesehen haben, denn einem Mann, der ein paar Sitze weiter saß, wurde es zu blöd, dieser Konversation lauschen zu müssen. Er zog eine Zehnpfundnote aus seiner Geldbörse und warf sie herüber. Here, that should get you home. Ich wünschte mir, ich könnte mich in Luft auflösen, doch in solchen Momenten wird man immer von seiner eigenen Physis enttäuscht... Beschämt nahm ich das Geschenk an, bestand aber darauf, ihm zumindest alles, was ich an Restgeld hatte, herauszugeben. Ich bedankte mich peinlich überschwänglich, zahlte mein Ticket (das für die einfache Fahrt ohnehin den Preis, den ich für die doppelte Strecke bezahlt hatte, um ein Drittel überstieg) und verbrachte die restliche Zugfahrt damit, mit meinem Sitz zu verschmelzen.

Was lernen wir aus der Geschicht? Züge im UK verpasst man nicht. Nie. Außer man hat zu viel Geld.


P.S.: In der Nachbesprechung mit Maga erzählt sie mir, dass diese Art der Großzügigkeit seitens Unbekannten im UK nicht ungewöhnlich sei: So haben einige ihrer Bekannten, die - aufgrund mysteriöser Umstände - nicht mehr fähig gewesen wären, den Heimweg selbstständig anzutreten, das Taxi von unbekannten Menschen bezahlt bekommen oder seien von Taxifahrern gar unentgeltlich chauffiert worden. Ob es das bei uns auch gibt? Gehört hab ich davon jedenfalls noch nicht.

Tuesday, July 30, 2013

Villae Rusticae - Wettrüsten auf dem Lande

[...] Extruxerunt quidem villas [...], sed illas imposuerunt summis iugis montium: videbatur hoc magis militare, ex edito speculari late longeque subiecta. […] Scies non villas esse sed castra
Sie bauten genauso Villen [...], aber sie stellten sie auf die höchste Spitze der Berge: dies schien mehr kriegerisch, aus der Höhe weit und breit die Niederungen zu überblicken. […] Man wird den Eindruck haben, dass das keine Villen sind, sondern Militärlager. (Seneca, epistulae morales 51, 10)

Seneca schreibt über die Prunkbauten reicher Leute in der Ferien- und Luxusregion Baiae zu Römerszeiten, doch darum soll's nicht gehen. Es geht um's Land - kein politisches Land mit Staatsgrenzen, sondern um "das Land", auf dem ich aufwuchs, bevor ich zuerst in eine Kleinstadt und kurz darauf in die Großstadt zog. In die Großstadt, die lauter, schneller, unruhiger, oberflächlicher, voller und naturloser ist als das Land, sodass ich mich oft frage, ob ich hier wirklich bleiben will oder nicht lieber wieder raus und weit weg will, ins Grüne, wo ich einen Garten bewirtschaften, Bienen und Hühner halten und meine Ruhe haben kann. In der Stadt, so heißt's, schert sich der eine nicht um den anderen - niemand grüßt, jeder geht seiner Wege und hin und wieder geraten zwei aneinander und stänkern und prügeln sich ihr Recht aus, doch generell ist jedem egal, was der nächste so tut.
Nicht so am Land: hier kümmert man sich umeinander. Hier käme es nicht vor, dass jemand unbemerkt stirbt und in seiner Wohnung zur Halbmumie vertrocknet. Hier ist man einander wichtig. 
So sagt man. 
Hier ist man einander so wichtig, dass man immer an der Meinung der anderen interessiert ist und ebenso genügend Meinung über die anderen hat, da man ja viel "Wissen" hat, auf das man seine Meinungskonstrukte bauen kann. Die anderen sollen aber bitte möglichst gut von einem denken und um ihnen die Meinungsbildung zu erleichtern, versorgt man sie auf mehr oder weniger direkten Wegen mit Fakten:

Man baut beispielsweise ein Haus von beachtlicher Größe - lieber etwas größer als notwendig, denn man weiß ja nie, wieviele Dutzend Kinder man mal haben wird - mit mehreren Kinderzimmern, Terrasse, Balkon, Whirlpool, Sauna, Wirtschaftsräumen, doppelter Garage für den Erst- und Zweitwagen und einem großen Garten. Wenn möglich auch gleich ein Passiv- oder Niedrigenergiehaus, denn man ist ja am Puls der Zeit. Dieses stellt man möglichst erhaben auf, beispielsweise auf einen Berg, von dem es herabschauen kann (bzw. den andere hinaufschauen können). Hat man es dann gebaut, darf man zurecht stolz auf seine Leistung sein und da Freude gleich schöner erblüht, wenn man sie teilen kann, zeigt man sein Kunstwerk natürlich her. Das hat freilich den Vorteil, dass man mit den Mitmenschen kommunizieren kann und man demonstriert gleichermaßen, dass man fähig ist, mit den Moden des Dorfes mitzuhalten, wenn nicht ihnen gar voraus zu sein. Man kann den eigenen Ideallebensstil gleich akribisch vordozieren und seine Vorrangstellung implementieren: der Besucher ist entweder beeindruckt, weil er solch großartiges Gebilde nicht selber erschaffen hat, oder stand schon zuvor auf der von den Hausbesitzern neu-erreichten Stufe. Da schau, da kannst dir anschaun, wie man sowas macht - so muss das sein!

So entsteht durch diesen optischen Informationsaustausch, das Vorleben von anzustrebenden Werten und das permanente Bedürfnis, mit allen anderen mitzuhalten ein regelrechtes Wettrüsten in den Kategorien "Haus", "Auto", "Technik", "Gartenpflege", "Tortenfertigungskunst" und - nicht zuletzt - "Kaffeemaschinen". Kaum wird die erste Kapselmaschine feierlich in einem der dortigen Haushalte auf die blank geputzte Küchenoberfläche gestellt, zieht über die nächsten 5 Jahre kein Weihnachten, kein Geburtstag und keine 50er-Feier vorüber, an der nicht ganzenorts nachgerüstet wird. Es ist ein unausgesprochener Imperativ.

Neulich geschah es, dass meinen Eltern, als sie sich aus sozialen Gründen eines dieser neusanierten Prunkhäuser ansehen gingen, beinahe kein Kaffee angeboten wurde, was, wenn man wirklich Wert drauf legt und sittentreu lebt, per se schon ein mittleres Drama ist, gehört schließlich das Anbieten von Kaffee zu jeder Tages- und Uhrzeit zum guten Ton, dessen Einhaltung ungeschriebenes Gesetz ist. Also es wurde beinahe eine der Grundregeln der Gastfreundlichkeit am Lande gebrochen. Es wurde herumgedruckst. Und schließlich kam heraus,  dass die liebe und bemühte Gastgeberin sich des altmodischen Kaffeebräugeräts schämte. Es sei nur eine Filtermaschine wurde sich da peinlichst entschuldigt, als wäre das ein funktionsuntüchtiges, veraltetes und hygienisch bedenkliches Gerät. Meine Mutter riss vermutlich die Augen ebenso ungläubig auf wie ich, als sie mir die Geschichte erzählte. Ich war blauäugig genug kein soziales Stigma darin zu orten, nicht zur Elite der Kapselmaschinenbesitzer zu gehören. (Oder zumindest einer Maschine mit eingebautem Mahlwerk, die genauso individuell Kaffee in der richtigen Dosierung mit dem richtigen Mahlgrad und der richtigen Menge Wasser rauslässt.) Filterkaffee ist scheinbar nicht mehr gut genug, um Leute zu bewirten, sodass man dafür sogar beinahe das eherne Gesetz der Gästegrundversorgung bricht. (Dass in der Stadt bereits seit kurzer Zeit die Zubereitung des Filterkaffees zur Wissenschaft erhoben wurde und dieser dadurch in Wirklichkeit und ganz heimlich noch viel mehr in ist als die Kapselmaschinen ist freilich noch nicht durchgedrungen.)

Der Wettstreit um den vorzeigbareren Lebensstil, der von der Bevölkerung an peripheren Orten oft betrieben wird, lässt einem das Blut in den Adern aufkochen: als wären die Größe des Hauses und die Marke und Funktionsweise der Kaffeemaschine ein Gradmesser von Lebensqualität oder - noch schlimmer - Personengüte! Gibt es wirklich keine wichtigeren und relevanteren Gesprächsthemen als das neueste Gerät X im Haushalt Y oder die neueste Tortenkreation von Frau U beim letzten Feuerwehrball? Ist das Bedürfnis mit bestimmten Koryphäen der ländlichen Innovation Schritt zu halten wirklich so groß, dass man beginnt, sich für Abweichungen von diesem "Ideal" innerlich selbst zu geißeln und zu entschuldigen?

Meine Traumvorstellungen vom bukolischen Landleben zerbröseln vor meinem geistigen Auge und ich beginne das Stadtleben wieder mehr zu schätzen. Ich lobe es mir, dass außer meinem Freundeskreis, der von mir weder eine standardisierte Bewirtung erwartet, noch meinen Aufwand (sollte ich mir einen machen) von oben herab kommentieren würde, niemand weiß, wie ich in der Stadt lebe und daher darüber nicht urteilen kann, denn im materialismusgesteuerten Ringkampf um Rang und Anerkennung als gute Hausfrau hätte ich wohl eher schlechte Karten...

Friday, July 12, 2013

Silently raging against the world

is probably as carcinogenic as a bag of crisps, sunbathing and drinking from plastic bottles, which is why I need to let it all out using this virtual wall as my punchbag (as people usually get bored listening, so I stopped talking).

This entry is fuelled entirely by pent-up rage and might, therefore, not be 100% accurate in details, as it is solely an expression of my impressions. Also, it is hypocritical. It couldn't not be. It's also really badly structured - but it's a rant, so I am going to excuse myself.

~~~~~

There are times, like now, when I am in a permanent state of high concentration, focused on keeping all the strings of events in a firm grip. I am (co-)organising three things at once, whilst striving to fulfill my own expectations of a mix of vita activa and vita contemplativa*. Not really stressed out but strung like a bowstring with the effort of idea-juggling, my patience with "the world" is somewhat more limited than on other days.
*i.e. a fair amount of exercise and keeping up with world news to some extent

Today I went shopping. Just as I did the day before yesterday, because I was in need of certain accessories for a certain event. I realised how much I actually detest shopping, especially if it is "necessary"*: Hunting for hours for a certain item - which hopefully has a practical function to make it more bearable - tires me. Not only physically. (Admittedly, there is an element of fun to it too, especially when the time is spent with a really good friend and we're trying on hats, but I shall focus on ALL the negatives for now).
* i.e. something specific is needed for a specific purpose; if it is truly necessary is often debatable

Somehow my radar for irritating phenomena is significantly more sensitive on days like the ones described above: I walk around in public more, am exposed to more marketing nonsense and attempts of consumer-manipulation, I see lots of other people buying into said nonsense, happily emptying their purses for worthless trash just to be worried later-on about how to make ends meet. It's twisted.

Sale-Signs scream at passers-by: Come in or you might regret it in a few weeks' time! It does make me nervous: What if I realise a few weeks from now that I wanted a certain skirt, but was too "lazy" to go and buy it when a) it was still available or b) it was still cheap? I swallow hard, cursing myself for even letting myself be affected by a last-minute spell of panicky greed and walk on (or not). Whilst other people stream in and out of shops, bags continuously swelling.
Ooh, and all the plastic! For every pair of undies you get a separate plastic bag. Sometimes things are wrapped doubly: clearly, this is more elegant and exclusive and, therefore, a sign of prestige etc. etc. All those plastic bags will sooner or later end up in a seagull's stomach or wrapped around a sea lion's neck, slowly strangling it. What is it with all those naughty activists: they put pictures like that in our heads. We need to blank them out, when shopping! But, fuelled by reports about all the things wrong with this world, I register more little signs of these wrong conditions everywhere and that makes me furious and depressive simultaneously and I want to scream.

I am starting to understand why people avoid watching documentaries like "Plastic Planet", "We feed the World" or "More than Honey", because they do take all the "fun" out of life. How the hell am I supposed to enjoy myself when I am constantly being made aware of how my unreflected behaviour has severe consequences on
a) the environment,
b) people with the bad luck of having been born at the bottom end of the power-pyramid and are forced to poison themselves providing us with stuff we don't actually need,
c) the global climate and
d) eventually myself: my body and my psyche??
Save the bees, eat healthily, say "no" to plastic, stop people from murdering one another, protect the rainforest, aid immigrants, don't throw away food, wear only clothing made from organically-grown resources, produced under ethically correct and humane conditions, eat only organically and locally grown food free of herbi-, pesti- and fungicides, as well as other toxic substances - vegetarian or vegan, if you can; watch your carbon footprint: don't travel by plane too much and best don't own a car. Frustrating.
I do get why people ignore all that and stick to media that deal with lighter topics or are at least easy to consume, because they blame it all on politicians and various other people, thereby offering a comprehensible and easily adoptable (hardly biased) stance which is - how practical! - shared by thousands of other people, so that (obviously) they are all right in not supporting these mad new ideas some people have.
So let's ignore it all and shop away, because a new dress will make me happier than trying to correctly recycle my waste. And the cheaper it is, the better - then I don't have to consider if I really like it or if I have shoes and a jacket to go with it, because I can just buy them really cheaply too. (Because it's obviously not my fault the workers don't get paid or that buildings collapse over their heads. I mean: why don't the companies do anything about it? It's an OUTRAGE! but not my fault, so... I take those two shirts as well. They're kinda cute and only cost €7 each.)

So. I went shopping today. But before I did, I decadently had breakfast at a bakery - reading my newspaper while sipping my coffee: all proper Viennese style. The interior was posh and done-up to make people feel at home or conjure in their minds an alpino-rural idyllic picture: the smell of summer and hay, the milk freshly milked and foamy, country-side eidyllion. (Thanks to dark wood and mugs and plates in sunny yellow and a checkered rural blue and white pattern). So much for the interior. Now for the personnel: They were slow, but stressed out, understaffed, forgot parts of my order and needed to be reminded of them twice (which was not easy, because they were unattentive enough to let me wait for several minutes until they showed up in eyeshot again). When addressed, they gave me an annoyed look, even though I was being both friendly and patient (in my opinion, at least). Idyll destroyed. I had time enough, though, and didn't bother much - but it registered.
Is it really so hard to be friendly to customers instead of treating them like an unwelcome nuisance? Apparently it is. (I remember, from my days as a breadseller, an old woman who thanked me for being "so kind and friendly", which I consider standard-behaviour, especially at a job where one has to deal with people every day. "It's rare that people smile at one, nowadays." I was startled. Now I see what she meant.)
Why is everyone too stressed to be friendly?

So, then I went shopping. But first I went to meet my mum at a shop for sports gear. The shop assistant was busy with her iphone. She didn't even notice me when I walked in. Since all I had to do was to wait for my mum, I watched her. For about 10 minutes. She only briefly put the phone down, when one of her colleagues needed her help. Then she returned to texting, or whatever she was doing. (Mum then told me that she'd asked her for help earlier on and she had barely given a useful answer and rather given the impression that she wanted to get away as quickly as possible).
Why don't you pay attention to what is going on around you? Instead of whiling away the time on the net - and get paid for it. That hurts a bit - especially, since I have a job that continuously gets dragged through the dirt and we have a reputation of "not working enough". Nice - hold the punchbag for me, please?

So, then I finally did go shopping and not even far. Actually I only needed earplugs, so I went to the drugstore. Mum wanted to be quick and efficient about it and asked one of the saleswomen there, if she could tell us where to find them. Instead of showing us, she hurriedly (also slightly annoyed) pointed into the general direction of the middle of the shop and quickly turned around again to carry on re-stacking the shelf. (Did you understand what she mumbled?.. Me neither.) It took us several minutes to find the right shelf.

By then I was already HATING shopping centres, shopping streets and other places whose only purpose it is to make people spend money, WITH ALL MY HEART. They are not places that make people happy and it's not fun to spend time there: it's exhausting for everyone involved: shopkeepers and customers alike. Plus it seems that quite a lot of people have forgotten that it is also possible to spend time in other ways than shopping and that makes me sad.

I realise it is about time for me to take a break from the city again and spend some time... on the road. Or in a field...



Tuesday, October 23, 2012

Waffeln, Bier und Sitzungssäle

Brüssel: Sitz des EU-Parlaments und Hauptaufenthalt der lieben Schwester für 3 Monate. Ein guter Grund, einen Ausflug nach Belgien zu machen.

Dieser Ausflug war zwar erhofft, aber seine Realisation hatte ich schon aus beidseitigem Zeitmangel abgeschrieben. Wie es aber der Zufall so wollte, schüttete genau dann Fortuna ihr cornu copiae über mir aus, als ich mich schon damit abgefunden hatte, zu Hause zu bleiben: man fragte mich, ob ich nicht in höchster Spontaneität einen vakanten Platz in einer Reisegruppe einnehmen wolle. Diese Reisegruppe setze sich aus lauter engagierten jungen Menschen zwischen 16 und 26 Jahren zusammen, die sich für eine Einladung ins EU-Parlament beworben hatten. Die mit den besten Motivationsschreiben wurden gewählt: Reise- und Unterkunftskosten würden von der einladenden Abgeordneten übernommen und vor Ort sei für die Gruppe ein Programm zusammengestellt worden, das sich aus Terminen mit u.a. Vertretern der Gewerkschaft und Vertretern des Journalismus zusammen setze.
Ob ich da also mitfahren wolle, es sei nämlich jemand ausgefallen und man bezweifle ob der Kurzfristigkeit, noch jemand passenden zu finden? Ich dachte lange und konzentriert nach und hatte nach etwa 2 Minuten die Entscheidung getroffen: Natürlich bin ich dabei!

Vor der Abfahrt war ich nervös. Ich rechnete damit, die einzige zu sein, die sich politisch nicht unheimlich gut auskennt und erwartete eine Gruppe junger Menschen, die alle tagelang für die Reise recherchiert und Fragen vorbereitet hatten. Mein Bestreben war es daher, im Hintergrund zu bleiben.
Tja. Ich sollte überrascht werden: Die Reisegruppe setzte sich aus unglaublich aufgeschlossenen, intelligenten, interessierten und kommunikativen jungen Menschen zusammen. Obwohl eine Spanne von zehn Altersjahren zwischen dem jüngsten und ältesten Teilnehmer lag und auch eine Bandbreite and Herkunftsorten (in Ö) und Studienfächern abgedeckt wurde, gab es keinerlei Evidenz davon im Umgang miteinander. Innerhalb der folgenden vier Tage sollte die Gruppe zusammenwachsen, wie ich es mit einander komplett unbekannten Menschen noch selten erlebt habe.

Aber nun zurück zum Start:

Unser EU-Abenteuer begann mit einer 15-stündigen Busfahrt, die unser aller Genicke, Rücken und Beine auf Belastbarkeit testete und mich nebenbei realisieren ließ, dass mir meine Geldbörse wohl in Wien abhanden gekommen sein musste. Entsprechend entspannt kamen wir am Ende der Nacht in Brüssel an, wo wir vom lieben Schwesterlein in Empfang genommen wurden.

Der erste Tag stand uns komplett zur eigenen Gestaltung zur Verfügung und nach dem Bezug des Zimmers und einer revitalisierenden Dusche und einem guten Frühstück wurde ich von der lieben Schwester durch die ganze Stadt geführt.

Hauptplatz

Vorbei am Manneken Pis, dem bekannten kleinen Bronzejungen, der in einen Brunnen pinkelt.

Der kleine Mann ist zwar meist nackt, hat aber eine ganze Garderobe und wird hin und wieder eingekleidet (An Sonntagen?)

Ab dort beginnt es auch unerträglich nach Waffeln zu duften - reiht sich immerhin eine Waffelausgabestelle an die nächste. Freilich kann ich nicht wiederstehen und erstehe eine gaufre de Liège, die sich von den gaufres de Bruxelles darin unterscheidet, dass sie oval und nicht rechteckig, aus Germ- und nicht Rührteig ist, und dass der Zucker schon eingearbeitet ist und nicht nur drauf. Wenn man ein richtiger Klischeetourist ist, lässt man sich auf seine Waffel noch diverses Obst, Schlagobers und Soßen türmen, doch davon wäre mir wohl schlecht geworden.
Außerdem werde ich als nächstes durch einige der vielzähligen Schokoladegeschäfte geschleift, wo man überall Kostproben angeboten bekommt und ich etwaige bestehenden Resthunger auch vernichten kann: Danke, Abendessen muss glaub ich nicht mehr sein.

Lütticher Waffel (g. de Liège) - hier mit Eis. Die typische Nachspeise im 3-teiligen Touristenmenü.


Makronen gibt's auch überall, neben handgeschöpfter Schokolade, Keksen aller Arten etc etc.

 

Soviel zum Sonntag. Wir sehen bei Dunkelheit noch das Atomium von der Weite leuchten (und ich befinde, dass das ausreicht) und irgendwann begebe ich mich zurück in mein Hotelzimmer.

Der nächste Tag beginnt mir einem Riesenfrühstücksbuffet, das keine Wünsche offen lässt und uns für den Tag stärkt. (Ich erwähne das, weil ich gar nicht weiß, wann ich das letzte Mal bei einer Reise ein derartiges Frühstück dabei hatte und mich deshalb umso mehr drüber freute). Zeitig beginnt unser Programm mit einem Besuch der Wirtschaftkammer. Wir erfahren so einiges über die EU und das Parlament. In der Kommission wird unser neu erworbenes Wissen dann erweitert und vertieft.

Man lässt uns in den diversen Sitzungssälen Platz nehmen. Jeder ist anders, jeder ist interessant.


Bei den vielen parlamentszugehörigen Gebäuden ist es leicht, den Überblick zu verlieren; vor allem deshalb, weil das gesamte Viertel sich im ständigen Um- und Neubau zu befinden scheint und man bei all den Baustellen oft gar nicht weiß, wo man hin muss.

Schließlich waren wir auch im Parlament selbst - einem riesigen, blitzenden Glaskomplex.





Der Tag klingt - zwangsläufig - bei einem Bier aus. Dass das Lokal 'Delirium' heißt, amüsiert mich, und ich bestelle mir aus lauter Begeisterung gleich ein Delirium tremens.




Der nächste Tag hat ein vielversprechendes Programm, war aber auch der anstrengendste: Wir beginnen ihn in der ständigen Vertretung, wo die Vortragende ihre Powerpointpräsentation nach 2 Folien abbricht und wir stattdessen in eine angeregte Diskussion darüber verfallen, wie man EU-Themen interessanter und zugänglicher unter die Leute bringen könnte, was Schulen dazu für einen Beitrag leisten könnten etc etc. Generell während allen Vorträgen, aber hier im Besonderen, bekomme ich den Eindruck, dass die Repräsentanten, die wir treffen, stark an unserer Meinung und Wahrnehmung interessiert sind und auch daran, wie man das Konzept der EU - so oft von unseriösen Zeitungen durch den Dreck gezogen und verzerrt - ausgewogener und realitätsnaher vermitteln kann. Sehr inspirierend: ich mache mir Notizen.
Weiter geht's zum Gespräch mit einem Vertreter der Zeitung 'Standard', der uns die Sicht- und Arbeitsweise eines Berichterstatters näherbringt und uns von seinen Anfängen in Brüssel erzählt. All das Zuhören und Aufsaugen von Information erschöpft....




... doch der spannendste Programmpunkt der Tages liegt noch vor uns. Zum Glück gibt es im Parlament Kaffee um nur 20 cent am Automaten zu erstehen und wir tanken neue Kraft, bevor unser nächster Weg uns ins Parlamentarium führt. Allen Brüsselbesuchern sei ans Herz gelegt, ihre Schritte dorthin zu lenken. Dieses Besucherzentrum des Parlaments ist voller gut aufbereiteter Information über die EU, sodass ich wirklich bereue, mir nicht mehr Zeit dafür genommen haben zu können. Ich konnte mir die Ausstellung nämlich nicht recht zu Gemüte führen, da unsere Gruppe Sonderprogramm hatte:
Es gibt dort ein buchbares Rollenspiel, wo die Gruppe per Zufallsprinzip in vier Fraktionen (Traditions-, Freiheits-, Solidaritäts- und Ökopartei) geteilt wird. Man bekommt ein Smartphone in die Hand gedrückt, das einen durchs Spiel leitet. Mein Smartphone sagt, dass ich zur Ökopartei gehöre. Schön. Damit kann ich zumindest was anfangen.
Wir beginnen im Plenarsaal, wo der 'Präsident' von einer Videowall zu uns spricht und uns bittet, uns innerhalb der Partei in zwei Ausschüsse zu den Themen Microchipimplantate und Wasserversorgung zu teilen. In unserem kleinen Parteiraum tun wir das dann und werden von dort alle einzeln auf Recherchetour geschickt: An kleinen Bildschirmen, die am Rand des Raumes an schematischen Bars, Tankstellen, Busstationen etc angeordnet sind, kann man per touch screen 'Interviews' mit Personen aller möglichen Hintergründe führen. Wissenschafter, besorgte Eltern, Pubbesitzer sagen uns ihre Meinung und ich schreibe mit, bis meine Hand krampft. Zurück geht's zu meiner Arbeitsgruppe und wir haben ein paar Minuten Zeit, unsere Position zu definieren, bevor wir in den Ausschuss geschickt werden, um mit den Vertretern der anderen Parteien zu diskutieren. Nach 5 Minuten müssen wir ein Ergebnis haben - puuuh. Unmöglich ist das, wenn alle ihre Punkte durchsetzen wollen.
Plötzlich wird unsere Diskussion von einer Katastrophenmeldung unterbrochen: In einer fiktiven Stadt kam es zu einem Erdbeben, die Medien bringen uns arme Pseudopolitiker in Zugzwang. Auf einmal stehen wir vor Mikrophonen und Videowalljournalisten stellen uns Fragen. Wer kommt zuerst dran? Ich, natürlich. Dieser Druck! Ich fabriziere stringente heiße Luft, bis meine Zeit abrennt und ich wieder durchatmen und zurück in den Ausschuss darf. Weiter geht's in dieser Manier: schnell, zackig, mit viel zu wenig Zeit für Einzelheiten.


Im Plenarsaal: Ökoparteifraktion

Vertreter der Parteien werden um Stellungnahmen gebeten

Schlussendlich kommt es im Plenarsaal zu Stellungnahmen einzelner Repräsentanten (und sie haben das wirklich gut gemacht!) und anschließender Abstimmung. Alles vorbei? Nein: der Videowallministerrat stellt uns ein Bein und legt Veto ein. Zurück zum Start und Neuverhandlungen.
Nach zwei Stunden sind wir körperlich und geistig erschöpft, aber emotional aufgekratzt, wie dreizehnjährige Pubertierende: Die Zeit war viel zu kurz! Unser Thema wurde nicht ausreichend behandelt!

Wir bekommen eine kurze Pause, um wieder runter zu kommen, bevor wir uns abends zu einem gemeinsamen Essen versammeln. Zeit für die nächste typische Speise: moules frites: Muscheln in Sauce, dazu Pommes frites (ohne Pommes geht nämlich in Brüssel nix).


Vielleicht die besten Moules, die ich je hatte.

Auch dieser Abend klingt im Delirium aus und ich wage mich an Kreationen wie Apfelbier (≠ Cider) und Kirschbier und mehr traditionelle Biersorten, wie Leffe. Sehr gut. Der Spaziergang zurück tut gut.


Es folgt ein weiterer Halbtag im Parlament mit dem Besuch des Rats. Hier endet unser Programm. Ich nutze meine letzten paar freien Stunden noch für den Besuch des Magrittemuseums, dessen misslungenes Besucherleitsystem mich zuerst verärgert, weil ich fast eine Viertelstunde brauche, um den Eingang zur Ausstellung zu finden. Das Museum belohnt mich aber für meine Geduld: es lässt mich so richtig schön in die Welt der surrealen Malerei eintauchen und erleichtert meinen Geist kurzfristig um die Fähigkeit in Worten zu denken.

Schließlich nehme ich Abschied von Schwester und Stadt und falte mich in einen der engen Bussitze, in Vorfreude darauf, meine Beine in Wien wieder durchstrecken zu können.

Diese Reise war, zugegebenermaßen, einmalig. Ich hatte danach das Gefühl, unheimlich viel Neues gelernt zu haben, fühlte mich inspiriert und war wirklich traurig, dass unsere großartige Gruppe sich schon wieder auflösen musste, da ich mit vielen von ihnen sehr bereichernde persönliche Gespräche führen hatte können. Neue Freundschaften wurden geschlossen und zu manchen wird auch der Kontakt gewahrt bleiben.

Gedankt sei jedenfalls den lieben Mitreisenden für die vielen Fotos, denn ohne sie wäre ich fotolos wieder nach Hause gekommen und dieser Beitrag wäre weniger bunt.

Ja, und was kommt als Nächstes?

Je ne sais pas! Es wird sich etwas finden.



Tuesday, October 09, 2012

Emoticise me

Dieser Beitrag hätte schon etwa vor einem Jahr verfasst werden sollen, doch Freundin Faulheit und die üble Notwendigkeit, sich mit anderen Schriftstücken beschäftigen zu müssen, kamen dem in die Quere. Neu angestachelt, dieses schwelende Ärgernis endlich auf virtuelles Papier zu bringen wurde ich nicht zuletzt durch einen Profilartikel (in der Ausgabe vom So 7.10.), der neben der Überschwemmung von Facebook und anderen Bildumschlagplätzen durch emotional positiv behaftete Bilder wie Kätzchen, Sonnenuntergänge und ähnliches, auch die Inflation von gelben Grinsegesichtern in beinahe jeder versandten Nachricht bekrittelt. Die Bilder lass ich jetzt mal im Lager angelehnt, denn über zu viel Geknipse hab ich mich ja eh dort schon echauffiert. Aber zur Invasion der Smileys habe ich meinen Senf noch auf den großen Teller zu patzen.

Schon länger fällt auf, dass man kaum mehr eine informelle SMS oder eine Email findet, in der sich der Absender nicht bemüßigt fühlte, ein lachendes, zwinkerndes oder die Zunge rausstreckendes Smileygesicht einzufügen. Selbst Emails vom Chef enthalten diese Dinger zum Teil und verwirren mich immer, da das Genre nicht ganz stimmt. Gehen wir noch einen Schritt weiter zur virtuellen Kommunikation in Echtzeit, nämlich zu Skype oder ähnlichen Medien (man denke an die Zeiten von Windows Messenger oder ICQ), entkommt man den Emotica noch weniger. Zu allem Überfluss trifft man sie hier nicht mehr nur in der Doppelpunkt+(Bindestrich+)Klammer-Variante an, sondern es wird dem Benutzer dort schon seit Jahren eine unüberschaubare Fülle von gelben Grinsebällen angeboten, die sich wütend rot färben, Tränen vergießen oder sich ihre Stirnfransen aus dem Gesicht streichen (stets mein Favorit, da seine Unnötigkeit von beinahe keinem anderen Emoticon übertroffen werden kann). Diese verleiten sehr schnell dazu, Dinge nicht mehr auszusprechen, sondern gleich das entsprechende Emoticon zu suchen und anstelle von Worten einzufügen: schnell, effizient und oft ausdrucksstärker.

Anfangs ist es ja irgendwie witzig, die Dinger einzubauen, wenn sie emotional gerade passen, aber irgendwann erschlägt einen ein Textbeitrag durch seine kugelig-bunte Vielfalt. Die Zeilen rutschen aus Formatierungsgründen an unlogischen Stellen auseinander und der Text liest sich gleich einem Volksschullesebuch, wo unbekannte Wörter noch durch eine Zeichnung ersetzt waren.

Irgendwann beginnt es dann zu nerven. Kann man einander denn keinen durchläufigen Text mehr schicken, bei dem man nicht den Eindruck bekommt, dass der Verfasser innerhalb von 3 Sätzen fünfmal seine Mimik ändert? Ist es wirklich notwendig geworden, dass wir unser weit entferntes Gegenüber mit schemenhaften Skizzen unserer momentanen Laune behelligen müssen, bzw. ihnen dadurch versichern müssen, dass wir eh gut gelaunt sind? (Müssen wir gut gelaunt sein? Reicht neutral nicht eigentlich aus?)


na? nervt's?


 Offenbar lautet die Antwort darauf "ja". Man hat scheinbar Angst davor, dass das Gesagte beim Lesenden falsch ankommen könnte. Vielleicht klingt's böse, wenn ich das so kurz und knapp schreibe? Sicherheitshalber tu ich da ein Smiley dazu. Glaubt der jetzt, dass ich beleidigt bin? Ein zungezeigender Flummi hilft bei der Klärung. Versteht man meinen Sarkasmus? Ich schwäche alles potentiell Angriffige mit einem Zwinkersmiley ab.
Das geht in manchen Fällen so weit, dass man keine Sätze mehr findet, denen nicht irgendein emotionenanzeigendes Kürzel angehängt ist (und hier beziehe ich auch Dinge wie "lol", "rofl", "g", "lmao" etc. mit ein, denn die sind ja eigentlich nichts als die Verschriftlichung von Emoticons, wie sie von rebellierenden Smileydesafficionados bevorzugt werden).

Nett? Keineswegs. Damals, als ich mich probeweise auf einer Partnersuchplatform bewegte, musterte ich derartige Kandidaten sofort aus. Warum? Weil übertriebene Verwendung von Emotica ein Zeichen von Unsicherheit ist und dadurch der Text vermutlich sowieso verfälscht ist, fand ich, und mir außerdem - so ganz subjektiv - auf die Nerven geht. Ein oder zwei in einem Text sind ja akzeptabel, aber nach jedem Satz muss das echt nicht sein.
Nun ja, leicht erklärbar ist es dennoch: Wenn man sich schriftlich kennenlernt, fällt es dem Addressaten unter Umständen nicht unbedingt leicht, dem Humor des Schreibers zu folgen - Smileys wirken da als eine Art Legende, die anzeigen, wann etwas lustig ist und wann man es mit Ernst betrachten muss. (Die geschriebene Variante einer amerikanischen SitCom, sozusagen: Man bekommt nicht laut vorgelacht, sondern ein - mehr oder minder - dezenter Smiley symbolisiert: Achtung, das hier ist nicht todernst zu nehmen.) Hat durchaus irgendwie Berechtigung.

Und damit bin ich auch schon an dem Teil des Beitrags angekommen, wo ich mich selbst in die Mangel nehme: So sehr mich diese ganze Gelblacherei aufregt, merke ich immer wieder, dass ich selber nicht umhin komme, meine Handynachrichten damit zu versehen oder meinen Skypeaussagen damit eine klarere Richtung zu geben. Die Angst davor, falsch verstanden zu werden, oder zu ernst zu wirken, ist zu groß, als dass ich dieses Jucken in den Fingern ignorieren könnte. Ein Emoticon hilft oft tatsächlich, der Kommunikation die unbeabsichtigte Mehrdeutigkeit zu nehmen.
Bei Emails reiße ich mich immerhin mittlerweile meist so weit am Riemen, dass sie (beinahe) ohne Grinsegesichter auskommen, bzw. retuschiere ich nach dem ersten Entwurf meist gut die Hälfte der eingefügten wieder raus, um einer Überladung vorzubeugen und selbst bei SMS wird es schon besser, wobei auffällt, dass ich mich bei Leuten, die ich gar nicht oder bei jenen die ich sehr gut kenne, weitaus seltener genötigt fühle Verständnissmileys einzufügen, als bei Leuten, die ich mittelmäßig gut kenne und die sich noch eine profundere Meinung von mir bilden müssen.

Es ist also ein Dilemma. Die Sprachpuristin in mir schreit nach Abschaffung dieses Trends und einer Auslöschwelle der gelben Kreise, während der Teil in mir, dem die soziale, interpersonelle Komponente von Kommunikation am Herzen liegt, sich davon nicht recht zu lösen vermag, immerhin geht es bei Sprache ja darum, sich verständlich zu machen. Schade, aber, dass man das mit Worten alleine scheinbar nicht mehr recht vermag.


Saturday, June 23, 2012

Ladakh: Reflexionen und das liebe Kind

In meine Heimat wiedergekehrt, in der es um nichts kühler war als in Delhi, habe ich mit Erschrecken festgestellt, wie schnell man wieder in die bereits bequem ausgelegene Mulde seines gewohnten Lebens fällt. All die guten Vorsätze - täglich Yoga zu machen und zu meditieren, dem Handy abzuschwören etc. - die in Ladakh noch so stark und unerschütterlich dastanden, verblassen neben dem sensorischen Überangebot, dem mein Körper und mein Geist auf einmal wieder ausgesetzt sind. Seither arbeite ich täglich am Aufbau einer neuen Selbstdisziplin: manchmal gelingt es mir, zeitig aufzustehen, meinen Körper aus dem Bett zu treten und gleich mal beinhart durchzudehnen. Viel öfter jedoch gelingt es mir nicht: erschütternd.


Was bleibt jedoch von meinem - im Nachhinein betrachtet - viel zu kurzen Ausflug in die Höhen des Himalaya?

Es bleiben viele Denkanstöße und ein Gewissen, das nun erneut geschärft ist für unser ungeniertes Luxusverhalten in diesem Teil der Welt und damit einhergehende Scham und der starke Wille, bewusster zu leben und mehr echten Luxus zu suchen (i.e. Zeit, sinnvolle Tätigkeiten) anstatt mich an Luxussubstituten scheinbar zu ergötzen.

Es bleibt eine gewisse Affinität zum Buddhismus und zur Meditation, die einem immer wieder die richtige Perspektive zu verschaffen mögen, wenn man sich die Zeit nimmt und sich darauf einlässt. In stressigen Situationen beginne ich nach wie vor ganz von selbst das Om Ma Ni Padme Hum zu summen und werde dadurch tatsächlich sofort ruhig und gelassen.

Om Ma Ni Padme Hum zum Anhören

Vor allem jedoch bleibt mir die Verbindung zum Mahabodhi Zentrum (klick). Vor meiner Abreise nämlich beschloss ich, diese Bande zu verstärken und mich auch in Abwesenheit weiter zu beteiligen. Ich hatte in vielen Gesprächen mit den Mönchen erfahren, dass dem Centre im Vorjahr eine Hundertschaft an westlichen Sponsoren (die einzelnen Kindern den Schulbesuch ermöglichen) weggebrochen ist. Da ich nun 1.) die Kinder kenne und, 2.) weiß, wie Dinge im Mahabodhi Centre gehandhabt werden und dass das Geld auch genau dort ankommt, wo ich es haben will, erschien es mir eine gute Idee, Patin zu werden.

Dieser Wunsch entstand ursprünglich, als ich mit den Schülerinnen über ihre Wünsche und Ziele plauderte und die Standartanwort war: "If I had enough money I would visit my sponsor. I hope I can do that one day..." Ich gewann aus vielen Gesprächen den Eindruck, dass die Kinder zu ihren Sponsoren ein recht inniges Verhältnis haben, dass diese Sponsoren nicht nur anonyme Geldgeber in fernen Landen sind, sondern dass sie für die Kinder tatsächlich so etwas wie Paten und Lebensbegleiter sind. Ladul, eine der älteren Schülerinnen, ging sogar so weit, zu sagen: "I feel I have two mothers: My real mother, whom I love with all my heart, but who cannot give me that much, and my other mother, my sponsor, who I can talk to about all my problems and who helps me and guides me." Das hat mich ziemlich überrascht und zugleich tief berührt und so schnell war der Wunsch geboren, ebensoeine Bezugsperson für eines der Mädchen zu werden.

Kaum war der Entschluss gefasst, waren die Formalitäten schnell erledigt. Die Wahl eines Mädchens fiel mir nicht leicht, doch schließlich hatte ich ein Patenkind ausgesucht, für dessen Schulbesuch und Lebenskosten ich nun aufkomme: Stanzin Angmo, ein neunjähriges Mädel, das ich im Mahabodhi Girls' Hostel täglich gesehen habe.


Ich hatte Glück, denn Stanzin Angmo war zwar, wie die meisten Mädels, an meinem Abschiedswochenende auf Heimatbesuch, doch an meinem allerletzten Abend kam sie samt Onkel und Mutter extra vorbei, sodass wir nochmal plaudern konnten. Die Familie war herzallerliebst, hat sich viel zu oft bedankt und wollte mich unbedingt noch zu sich nach Hause einladen. Wie gerne hätte ich das Angebot angenommen! Leider ging mein Rückflug am nächsten Tag schon so frühmorgens, dass es sich beim besten Willen nicht ausgegangen wäre. (Und die beiden Mönche Bhante Jinananda und Bhante Nagasena hatten eigens für mich ein großartiges Abschiedsabendsmahl organisiert, dem ich freilich nicht fernbleiben konnte.)
Jedenfalls bin ich überglücklich mit meiner Entscheidung und freue mich schon auf den ersten Brief und viele weitere, die dann folgen werden. Ich bin höchst gespannt, wie diese Freundschaft sich über die Jahre hin entwickeln wird!

Das ist es, was ich vorwiegend mitnehme und ein Stapel selbstgebastelter Karten der Kinder wird mich immer an die schöne Zeit erinnern; Eine Zeit, in der das Miteinander und das Füreinander die wichtigsten Handlungsmotive waren, die von Spiritualität durchtränkt war, in der ich den Egoismus bis an die Grenzen zurücksteckte, weil es viel schöner war, anderen etwas zu geben oder zu zeigen, in der Luxusgüter und Materialismus aufhörten, begehrenswert zu sein und das pure Leben in den Vordergrund trat. An diese Zeit werde ich immer wieder gerne denken und von all dem Gelernten zehren und wenn ich das Gefühl haben sollte, dass meine imaginären Kamelshöcker leergezehrt sind und eine neuerliche Dosis von all dem brauchen, dann fahr ich einfach wieder hin. Immerhin gibt es genügend Menschen dort, die sich über Besuch freuen würden. Und eine ganz besonders.

Ein Blick zurück und auf in den Sonnenuntergang die Zukunft

Tuesday, June 19, 2012

Dust in Delhi

Von Leh auf Delhi ist ein harter Schnitt. Selbst wenn man bereits um 8 Uhr früh landet, hat es dort schon Temperaturen wie in einem gerade abgeschaltenen Backrohr. Was außerdem auffällt: Menschen, Menschen, Menschen. Der Verkehr in Leh ist ein Witz dagegen, was sich auf der Autobahn hier abspielt: Taxis und Tuktuks, die sich aneinander vorbeidrängen, und Fahrräder, die auf der 3-spurigen Fahrbahn entgegen dem Strom fahren. So zählflüssig, wie hier der Verkehr ist, ist das Chaos aber auch verschmerzbar. Kühe hab ich immerhin keine gesehen.

Da ich noch kein Hotel hatte, war ich anfangs ein ganz kleines bisschen unentspannt, doch es gab bereits Pläne A und B. (B hätte Couchsurfing impliziert, doch da Plan A aufging, war es nicht nötig, dass ich mich nach einem freien Sofa umsah.) Plan A sollte ich im Taxi zum Flughafen von Leh treffen. Den Weg dorthin trat nämlich außer mir auch ein junges, kroato-französisches Pärchen an und wir kamen ins Reden. Als ich ihnen von meinem Schlafplatzmangel erzählte, schlugen sie vor, dass ich ja mit ihnen in die Stadt fahren könne und sehen, ob in ihrem Hotel noch ein Zimmer frei sei. Klang gut und machte ich. Zimmer war zwar keines mehr frei, aber Darja fragte sofort, ob man nicht ihr Zimmer um noch ein Bett bereichern könne - sei ja nur für eine Nacht.
So fand ich mich mit den beiden in einem Zimmer und hatte noch dazu den Vorteil, dass ich mich der Stadt nicht alleine zu stellen brauchte.

Unser erster Weg führte uns an einer stark befahrenen (und staubigen) Straße entlang nach Neu Delhi, wo wir feststellten, dass das "Zentrum" eine riesige staubige Baustelle ist. Mit einem Park in der Mitte. Dort flohen wir gleich mal vor der sengenden Mittagssonne ins Kino, um uns dort einen Bollywoodfilm anzusehen, der sich als Politthriller entpuppte. Die Tatsache, dass der Film auf Hindi war, machte ihn nicht unbedingt leichter verständlich, doch zumindest hatte es im Kinosaal kühle 27°C.

Als wir wieder ans Tageslicht traten, war es immer noch unglaublich heiß, doch wir wollten uns nicht unterkriegen lassen. Mit pro Person ca. 3 Litern Wasser im Gepäck traten wir den Weg nach Altdelhi an, um dort 1-2 Sehenswürdigkeiten näher zu beäugen. Die Tucktuck- und Rikshafahrer, die sich uns alle halben Minuten aufdrängen wollten, enttäuschten wir durch unser Durchhaltevermögen und marschierten zu Fuß die staubigen Straßen entlang, auf der Suche nach Jama Masjid, der größten Moschee Indiens.

Die Moschee in ihrer ganzen Pracht

Leute beim Herumlungern und/oder Beten

Die Leute in Delhi kann man grob in 2 Gruppen teilen: diejenigen, die einem irgendetwas aufdrängen wollen - sei es ein ungewolltes Taxiservice, sei es ein Hennatattoo, sei es wieder mal ein Pashminaschal, mit dem man sich in der Hitze wohl nur den Schweiß abwischen könnte - und diejenigen, die einem ohne eigene Interessen einfach nur weiterhelfen wollen, oder ein bisschen plaudern. Es ist eine faszinierende Stadt.

Zurück zur Moschee: Wir blechten 300 Rupien, nur um in mantelschürzenartige Bekleidung gehüllt zu werden. Den Beweggrund dahinter hab ich nicht ganz verstanden, da Darja und ich beide lange Hosen anhatten und sowohl Schultern als auch Kopf bedeckt waren. Inderinnen mit kurzen Ärmeln schienen außerdem auch kein Problem zu sein. Vermutlich machte man sich einfach über uns lustig.

sexiest outfit of all times
Diese bunten, flatternden Gewänder führten jedoch dazu, dass wir, wie Pfauen, die Aufmerksamkeit aller anderen Moscheebesucher auf uns zogen, die sich dann einbildeten, ein Foto von und mit uns machen zu müssen. Das taten sie auch ganz ungeniert: Als ich gerade selbst ein Foto vom schönen Innenhof der Moschee machen wollte, trat auf einmal ein Typ ins Bild, seine Handykamera auf mich gerichtet. Ich ersuchte ihn, doch bitte zur Seite zu treten, sodass ich ein Foto machen könne, doch das tat er nicht. Er stellte lieber ganz ungeniert scharf und drückte ab. Ich hab ihn mit meinen Augen getötet.

Andere waren wenigstens so höflich vorher zu fragen und sich danach zu bedanken, aber nichts desto weniger haben wir schnell die Flucht ergriffen.

Der Abend war weitaus angenehmer, denn er führte uns durch den Gemüsemarkt, der sich in mehreren kleinen Gassen rund um unser Hotel wand. Dort wurden Jackfruits aufgeschnitten und Gewürze auf Bestellung gemixt. Da schlug ich dann auch diverse Ängste und Warnungen in den Wind und kostete mich ganz unvorsichtig durch die allenorts angebotenen Warenproben: Cashews, Zuckerrohr, Kekse. Hat mir nicht geschadet.


Masalamix nach Wahl

Yogaposition: schlafender Hund, der nach unten blickt

Die Hitze machte uns am nächsten Tag so sehr zu schaffen, dass wir ihn vorwiegend mit schlafen zubrachten. Außerdem trocknen die Augen in Delhi so extrem aus, dass man zu zweifeln beginnt, ob man denn noch überhaupt Tränenflüssigkeit übrig hat.
Ich habe festgestellt, dass es allzu viel Sehenswertes in Delhi eh nicht gibt. Vermutlich ergreifen die meisten Touristen drum auch gleich die Flucht und fahren zum Taj Mahal.
Falls ich mich täusche und es in Delhi doch irgendwo versteckte Juwelen gibt, kann man sich die zu einer anderen Jahreszeit bestimmt besser ansehen. Wenn der Monsun ein bisschen eine Erleichterung gebracht hat.

Monday, June 11, 2012

Singing just for Joy*

"Music is the shorthand of emotion."
(angeblich Tolstoy)

Mit dem Singen ist das hier so eine Sache. Ich denke, ich habe schon anklingen lassen, dass die Schueler und Schuelerinnen hier ausgesprochen gut singen (und musizieren). Zu jeder Sonntagspuja tritt eine kleine Delegation aus den jeweiligen Hostels an und praesentiert ein Lied: da kommen die kleinen Moenche, dann die kleinen Nonnen (natuerlich alle in rot), dann die Maedels, dann die Buben, hin und wieder Kinder aus dem Blind Hostel und ganz selten sogar eine alte Dame aus dem Altersheim. Das ist so unglaublich ruehrend - jedesmal aufs Neue. Bhante Sanghasena mag diese Art von Sonntagsprogramm gar sehr und hat hat auch keine Hemmungen, von uns Volontaeren aehnliche Leistungen zu verlangen.

Als Ursina mit ihrem Akkordion noch da war, hab ich viel Zeit im Blind Hostel verbracht, denn den Schuelern dort hat sie beigebracht, Akkordion und Gitarre zu spielen. Unglaublich, wie schnell Dolkar und Chospel das heraussen hatten! Als wir die Lieder dann perfektioniert hatten, marschierte unser kleiner Trupp gemeinsam eines Freitags ins Altersheim und gab dort ein kleines Konzert. Die alten Leute waren ganz geruehrt und gluecklich - und wir dann natuerlich auch!

Ursina probt mit den Nonnen ein Lied für die Puja

Die Euphorie hat angehalten und wir haben gleich bei den naechsten beiden Pujas gemeinsam gesungen: (Singing just for Joy und Blowing in the Wind - mehrstimmig). Ich habe dabei etliche Hemmschwellen ueberwunden. Nie haette ich gedacht, dass ich eigenstaendig eine Stimme halten und anfuehren kann, aber wenn man sieht, zu was fuer Leistungen die Kinder hier faehig sind, dann schaemt man sich schon einigermassen, wenn man es nicht mal versucht.
Ebensowenig konnte ich den Kleinen im Hostel den Wunsch abschlagen, nach Ursinas Abschied mit ihnen die Lieder nochmal zu singen, bis sie sie konnten. Eine schlechte Stimme wird von ihnen nicht als Ausrede akzeptiert. Ist ja auch laecherlich, immerhin geht's um den Spass.

Zu allerletzt ueberwand ich mich sogar so weit, dass ich dem Wunsch des Guruji (i.e. Bhante Sanghasena) nachkam. Er hatte eines Morgens gemeint, ich moege doch ein oesterreichisches Lied vortragen. Juhuu. Also suchte ich - mit externer Hilfe - nach einem passenden oesterreichischen Lied, das ich zu meiner letzten Puja praesentieren koennte. Ich kenn ja kaum oesterreichische Lieder - schon gar keine traditionellen!

Diese meine letzte Puja fand jedenfalls gestern statt. Fuer mich ist es naemlich Zeit, Mahabodhi zu verlassen und weiter zu ziehen. Den Zeitpunkt dafuer habe ich guenstig gewaehlt, denn mit dem Ende aller Pruefungen, sind die meisten Schueler nun in die Ferien entfleucht und brauchen mich darum nicht mehr. Tja. 5 Wochen waren ja auch eine lange Zeit. Und gleichzeitig natuerlich auch wieder nicht. Tempus fugit.

Jedenfalls, diese letzte Puja: Mahabodhi hat mir schon 3 unverschaemte Male eine Spontanrede entrissen, also hatte ich mich auf diese Rede vorbereitet, um auch wirklich alles unterzubringen, was ich zu sagen hatte. Bedauerlicherweise waren nur wenige Schueler und Schuelerinnen gegenwaertig, um sie sich auch anzuhoeren, doch das machte es ein kleines bisschen einfacher fuer mich, denn ich beendete den kurzen Auftritt damit, dass ich vor den versammelten 300 (statt ca. 600) Menschen ein Liedchen zum Besten gab - "Wahre Freundschaft" naemlich, weil es so passend ist.

Niemals haette ich gedacht, dass ich vor so grossem Publikum singen wuerde, doch, wie bereits gesagt: Man schaemt sich ja fast, wenn man den Schuelern an Mut nicht gleichkommt. Gezittert hab ich bei meiner gesanglichen Darbietung freilich genug, doch die Schueler hatten den Anstand, das Lied grossartig zu finden. (Aus Respekt, schaetze ich mal.)

Ja, so nahm ich Abschied und verschenkte zum Schluss noch Apfelstrudel in rauen Mengen.

Die Traenen sollten dann heute morgen in Stroemen fliessen, als ich von einer Schar kleiner Maedchen lauter selbstgebastelte, selbstgemalte Karten in die Hand gedrueckt bekam und von ihnen gebeten wurde, doch nochmal mit ihnen zu singen. Da half es auch nix, dass eine der Kleinen mich wiederholt aufforderte "No tears, Ma'am, smile!". Jaja, wenn man Emotionen so einfach kontrollieren koennte!

Diese Sturzbaeche werden ihr Ende nicht vor Mittwoch finden, wenn ich die Maedchen ein letztes Mal besuche, denn dann sind sie alle aus den Ferien wieder da. Ich glaub, ich geh schon mal Taschentuecher kaufen...

*ist eines der Lieder, die Ursina dem kompletten Campus vorletzte Woche beigebracht hat. Seither hoert man immer wieder Fetzen davon aus den Hostels toenen.

Tuesday, June 05, 2012

Visuals

Da meine Speicherkarte voll ist, musste ich mir einen USB-Stick kaufen, um die Fotos irgendwo zu sichern. Freuet euch, denn diese Anschaffung ermoeglicht es mir, euch ein paar Eindruecke nachzureichen:

Blick ueber Leh, Anfang Mai

Rhizong Monastery

Buttertee, Kekse und Tsampa in Rhizong


Moenche in Rhizong

Bunte Lastwagen bringen Dinge
Sprueche wie "Love is sweet Poison" sind haeufig

Choerten am Khardung-La, dem hoechsten befahrbaren Pass der Welt

Kamelritt in Nubra Valley


Mahabodhi girls am Weg zur Sonntagspuja
Mahabodhi Campus:
rechts hinten sind Schule und Kindergarten,
links neben der weissen Halle liegt das Altersheim,
links dahinter das Girls Hostel.

Die Schulband beim Morgenaufmarsch

Im Nomadenzelt: Ama-le (die Grossmutter)

Ziegen und Schafe in Changtang

Milchgewinnung



Fruehstueck bei den Nomaden.
Hab mir den tibetischen Namen des Gerichts nicht gemerkt, aber uebersetzt heisst es "old man's ear" 

Tashi (in rosa) mit Familie

auch dort - Name des Sees vergessen (Thangzang Tso?)

Multitasking: Spinnen und Schafe hueten auf einmal

Hot Spring in Puga

An den Ufern des Tsokar, des weissen Sees

Yaks

Gesangsstunde mit den seheingeschraenkten Kindern im Altersheim

Die Maedels beim (Waesche-)Waschen

Puja: Warten auf den Moench

Die Maedels proben vor der Puja noch ihr Lied

Ven. Sanghasena verteilt am Ende der Puja Mangos fuer alle

Maedels beim Lernen: immer irgendwo im Gelaende verteilt
- unter Baeumen, im kaputten Schulbus, oder auf der Mauer

Chospel und Punno an der Shanti Stupa: Begreifen der Bilder

Mit Chospel im Musikgeschaeft: alle Instrumente wurden durchprobiert