Wednesday, May 25, 2022

Il Cammino di Dante (Teil 19) - Wenn die Etappe zu kurz ist ..

 ...muss man einen Umweg gehen.

Genächtigt habe ich in einem kleinen, simplen Hostel (Il Vignale), das ein paar Stockbetten in zwei oder drei Schlafsälen hat, denen jeweils ein Nassbereich angeschlossen ist. Sonntags oder auf Vorbuchung hat auch das Restaurant dazu offen. Wie gesagt, ist es sehr einfach, aber sehr sauber. Wenn ich ein Bett und (warmes) fließendes Wasser habe, bin ich schon zufrieden. Ich war wieder mal die einzige dort. Man kann entweder Schlafsack, Handtücher etc selbst mitbringen und bezahlt €20 oder man bezieht auch Bettzeug (+€8) und Handtücher. (Ich habe meinen Schlafsack mit, was ich aber nicht nochmal machen würde, denn normales Bettzeug ist schon bequemer und ich hätte weniger mitzutragen gehabt).

Als ich frühmorgens bezahle, fragt mich der Chef, ob ich einen Kaffee mag. Ich bejahe. Er macht mir einen Espresso und stellt mir dann noch einen Teller mit Cantuccini hin ("wenigstens ein paar Kekse..."). Dann setzt er sich zu mir und wir plaudern über den Weg, die Gegend etc. Er gibt mir ein paar Tipps. Mein Minifrühstück geht auf ihn ("...geh bitte, das bisschen Gastfreundschaft ruiniert mir nicht das Geschäft") und ich verabschiede mich.

Etappe 16 (offiziell 7): von San Benedetto nach San Godenzo (oder, in meinem Falle, nach Castagneto, 3 km davor) - extended version

Nach einem zweiten kleinen Frühstück im Hotel-Restaurant Acquacheta, wo ich am Vorabend eine riesige Portion Gnocchi gegessen habe, und einem kurzen Besuch beim kleinen Lebensmittelhändler um ein paar Stück Obst geht es los. Wieder mal bergauf. Im Wald zwar, aber es ist ordentlich warm. Das liegt v.a. daran, dass es steil hinauf geht. Mit Rundhölzern und Steinen hat man Stufen in den Wald modelliert, aber die sind teilweise so hoch, dass ich mich im Schneckentempo bergan hieve.

Waldweg: eng und teilweise steil


Irgendwann bin ich oben und komme zu einer Weggabelung: Danteweg links. Acquacheta rechts. 
Den Weg nach rechts hat mir mein Quartiergeber empfohlen. Er verlängert meinen Weg um 3-4 km, aber sonst hätte ich mit 10 km sowieso nur eine sehr kurze Etappe. Ich gehe also nach rechts und steige durch den Wald wieder zum Fluss hinab. Da treffe ich ein Paar, das den Antoniusweg geht. Wir haben einander gestern schon im Ort gesehen und zugenickt und freuen uns, dass wir einander wieder treffen. Ein paar Sätze getauscht und weiter geht es. Am Fluss treffe ich auf eine andere Variante des Dantewegs (Richtung Eremo dei Toschi), die mich wieder in die Richtung bringt, die ich eigentlich möchte.
Am Fluss ist es schön. Er beschert mir angenehme Kühle und ein paar Furten. Darin bin ich mittlerweile geübt und ich quere alle trockenen Fußes.


Danach kommt natürlich wieder ein Aufstieg, ich verlasse den Nationalpark und finde mich auf grünen Weiden wieder. 

The hills are alive with the Sound of Music (i.e. crickets, bees,...)

Hier verlasse ich den Nationalpark wieder, den ich auch auf der ersten Streckenhälfte schon durchwandert habe

Da bin ich auch schon wieder an meinem Ziel in Castagneto und schaue ganz schön blöd, als man mir mein Quartier zeigt, denn außer der Lage und dem Preis, wusste ich nicht, was mich erwartet.

Pool mit Ausblick

Das Agriturismo "Il Moro - Tenuta Mazzini" besteht aus zwei wunderschön hergerichteten alten Bauernhofgebäuden mit insgesamt 4 oder 5 Apartments und ich habe ein kleines Apartmentgebäude ganz für mich. Hier lässt sich ein entspannter Nachmittag verbringen.

Zum Abendessen gehe ich nach San Godenzo hinunter (ca. 3,5 km) und sehe mir zuerst den Ort an: es gibt einen Danterundgang mit vielen Zitaten aus der Divina Commedia, außerdem eine öffentliche Waschstelle aus 1961 und die Abtei.

Lavatoi Pubblici: hier konnte jede die gesamte Wäsche der Familie waschen

Die Abtei

Innenansicht

Die Abteikirche lädt zum Verweilen ein und ich setze mich hinein und lasse sie wirken. 

Danach (= jetzt) trinke ich einen Aperitivo, denn hier bekommt man erst ab 19:30 Abendessen.

Etappenzusammenfassung:
15 km (extended version)
830 Hm Gesamtaufstieg (extended version)
ca. 4:15 Gehzeit (ohne Pausen)

Körperzustandszusammenfassung:
Jeden Tag gibt es etwas Neues. Heute meldet sich die linke Achillessehne und auch der rechte Knöchel - beides aber nur sehr leise. Morgens habe ich gemerkt, dass ich am Vorabend nicht gedehnt habe: leicht verspannt und mit kleinem Muskelkater bin ich gestartet. Insgesamt keine wirklichen Probleme.

Es scheint mir seltsam, dass ich nur mehr zwei Wandertage vor mir habe. Die tägliche Bewegung wird mir danach sehr fehlen, das weiß ich jetzt schon.

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