Da ich jetzt immer gegen 21:00 ins Bett gehe, wäre ich gestern im Restaurant beinahe eingeschlafen. Netterweise hat Fabrizio (mein Quartiergeber) mich nach dem Essen abgeholt, sodass ich nicht in der Dunkelheit 3 km Straße zu gehen hatte.
Im Quartier hat mich noch eine Überraschung erwartet: neben meinen Schuhen war ein dunkler Haufen. Das hat mich gewundert. Was das wohl ist? Ich habe ihn angestupst (weiß nicht mehr womit) und er hat sich zu einem Skorpion auseinandergefalten. Ca. 5 cm klein, dennoch hat er keine überbordende Freude bei mir ausgelöst. Mit zwei Blatt Papier konnte ich ihn hinausbringen und nach gründlichem Absuchen des Schlafzimmers auch ausgezeichnet schlafen.
Der Start in den Tag war ortsgegeben: Kaffee und Wasser auf den Herd. Ich in den Pool (Nicht zeitgleich). Dadurch gelingt mir erst ein Start um 7:30.
Etappe 17 (offiziell 8 + die erste Hälfte von 9): von Castagneto / San Godenzo über Dicomano nach Rufina / Montebonello.
Beim Losgehen treffe ich noch eine der zum Agriturismo gehörenden weißen Kühe.
Der ruhigen Straße folge ich hinunter nach San Godenzo, das ich ja schon kenne, um dort in der Bar Roberta Cappuccino und Cornetto zu frühstücken und mir außerdem ein gefülltes Panino mitzunehmen. Noch einen Abstecher zum Alimentario für ein paar Stück Obst, dann geht es richtig los.
Wie schon beim Abstieg von Castagneto (nomen = omen) ist auch beim Aufstieg auf den nächsten Hügel die Landschaft von Kastanienbäumen geprägt.
Es handelt sich hierbei nicht um irgendwelche Kastanien, sondern um Esskastanien bzw. Maroni. Immer wieder warnen Hinweisschilder, dass das Sammeln der Maronen verboten ist:
Der Aufstieg aus San Godenzo hoch ist wieder mühsam. Das ist nicht nur durch die 10%ige Steigung bedingt: Es ist heute auch sehr schwül. Es treibt mir den Schweiß aus allen Poren und ich ertrage meinen Hut nicht, sondern binde ihn an den Rucksack. Bald bin ich klatschnass. Noch dazu laufe ich andauernd in einzelne Spinnenfäden, die mir dann auf Gesicht und Händen kleben. Mühsam.
Exkurs: Vieh und Hunde
Immer wieder kommt man über Weideland und an Weiden vorbei. Dass man sich da vorsichtig und unauffällig verhalten soll, ist bekannt.
Ich habe ja schon erwähnt, dass es in Italien sehr viele bellende Hunde gibt. Manche laufen frei herum. Der Betreiber des Hostels in San Benedetto hat mir erzählt, dass die Leute, die Vieh haben, nicht umhin können sich Hütehunde zu nehmen, da es in der Gegend (das gilt für den Nationalpark und die umliegenden Gegenden) Wölfe gibt, die immer wieder ein Tier aus einer Herde reißen. Auch Fabrizio hat mir gestern erzählt, dass er in Castagneto schon mal einen Wolf gesehen habe und man schauen müsse, dass man seine Weidetiere schützt. (Aber selbst brauche man vor den Wölfen keine Angst zu haben - die gehen Menschen aus dem Weg. Gefährlicher seien Wildschweine.)
Um zurück zu den Hunden zu kommen: immer wieder findet man Warnplakate, dass es Herden mit Hütehunden gibt, inklusive Anweisungen, wie man sich zu verhalten hat (nicht laufen, runter vom Fahrrad, Abstand zu Herde und Hund halten, kein aggressives Verhalten an den Tag legen).
Interessanterweise fühle ich mich nach so einem Plakat sicherer als davor. Weniger ängstlich vor den Hunden jedenfalls.
Exkurs Ende.
Pünktlich nach 10 km bin ich auf der ersten Bergkuppe und setze mich zum zweiten Frühstück: immer eine Freude, wenn der Rucksack wieder leichter wird. Dann geht es bergab - teils steiler, teils angenehm, vorbei an Zypressen, Oliven und Wein, bis ich Dicomano sehe.
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Dicomano |
Mit 21 km Zählerstand und kurz nach Mittag ist in Dicomano die zweite Pause fällig und ich lasse mich an der einladendsten Bar im Schatten nieder, um den Flüssigkeitshaushalt wieder aufzufüllen. (Dicomano ist ein wenig größer und hat mehrere Bars, Supermarkt, Apotheke, etc.). Dann geht es weiter.
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Seht euch diese Zypressen an |
12 km liegen noch vor mir (glaube ich), inklusive einem Hügel. Der Weg wird dort etwas wilder, überwachsener. Ich höre mir einen Podcast an, als mir plötzlich ein Nebengeräusch auffällt. Ich drücke auf Pause. Ssssssssssss. Der Busch da zischt. Zuerst sehe ich nichts, doch dann:
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Siehst du das Tier? |
Ich halte inne. Die Schlange auch. Ich mache aus gebührlichem Abstand ein Foto, warte noch kurz, ob sie sich nochmal bewegt (nein) und gehe dann weiter - ohne Podcast und noch besser auf den Weg fokussiert.
Ich würde gerne sagen, dass es danach planmäßig weiterging und ich bald da war, aber das stimmt leider nicht.
Ich komme an eine Stelle, wo mir nicht klar ist, wie der Weg weiter verläuft. Zuerst folge ich dem Feldweg in einen Olivenhain. Sackgasse. Dann gehe ich zurück, wo ich die letzte Markierung gesehen habe: doch, ich war schon richtig. Gehe wieder Richtung Olivenhain und sehe in meiner Kartenapp nach. Der Weg geht nicht in den Haim, sondern mitten durch eine Sammlung an Sperrmüll, zusammengeschusterten Holzhütten und an einem kaputten Wohnmobil vorbei, doch es scheint als wolle jemand nicht, dass da durchgegangen wird, denn auf dem Weg liegen zwei Holzhaufen. Vorsichtig mache ich ein paar Schritte. Es wirkt sehr privat hier. Und gruslig. Das Wohnmobil macht Quietschgeräusche. Ein paar leere Hundezwinger und Fallen für kleinere Tiere tragen das ihre zur Atmosphäre bei. Danach kommt ein Tunnel aus Bambus und ein Gartentor. Ich sehe nochmal auf die Karte: doch, das sollte stimmen.
Da ich mich hier aber wirklich nicht wohl fühle, trete ich den Rückzug an und finde eine Alternativroute über die Straße. Dadurch mache ich in Summe ca. 3 km mehr und heißer ist es auf dem Asphalt auch, aber ich fühle mich besser.
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Hinten in der Mitte, hinter dem rechten Hügelausläufer fast versteckt, liegt der Doppelort Montebonello / Rufina |
Ab hier ist der Weg einfach, aber die Hitze und Erschöpfung machen sich bemerkbar. Über 30 km bin ich schon gegangen und das ist energieraubend. Ich bringe die nächsten ca. 5 km noch irgendwie hinter mich und komme ziemlich erschöpft und durstig in Rufina an. Zum Glück finde ich in meinem AirBnB Wasser zur inneren und äußeren Anwendung vor.
Etappenzusammenfassung:
36,8 km Distanz (davon 2-3 km an Umweg)
1.250 Hm Gesamtaufstieg
09:15 h Gehzeit (inkl. ca. 1,5 h Pause)
Körperzustandszusammenfassung:
Gleich nach Ankunft stark schmerzende Schultern und Oberschenkel. Zweiteres hat sich mittlerweile gelegt, an ersterem werde ich noch ein bisschen arbeiten.
Mein Fazit ist: über 30 km sind zu viel. Bis dahin geht es gut und dann kommt die Erschöpfung und man (oder ich) wird anfällig für allerhand Wehwehchen und Fehler.
Morgen kommt die letzte Etappe und dann werde ich noch eine Zusammenfassung mit Tipps und Packliste schreiben, falls jemand sich daran orientieren mag.
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