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Friday, February 01, 2013

Unbesiegt

This is a poem I read and interpreted with my class of 14-year olds in Ladakh. We went through it in so much detail and I re-read it to the blind students often enough to almost come to know it by heart. Like so many things that once observed closely become interesting and important to somebody, it became meaningful to me.
It resurfaced in my mind a few days ago and I felt the wish to share it and conserve it here in case I want to look it up again.


Invictus (W.E. Henley)

Out of the night that covers me,
Black as the pit from pole to pole,
I thank whatever gods may be
For my unconquerable soul.


In the fell clutch of circumstance
I have not winced nor cried aloud.
Under the bludgeonings of chance
My head is bloody, but unbowed.


Beyond this place of wrath and tears
Looms but the Horror of the shade,
And yet the menace of the years
Finds and shall find me unafraid.


It matters not how strait the gate,
How charged with punishments the scroll.
I am the master of my fate:
I am the captain of my soul.

Saturday, June 23, 2012

Ladakh: Reflexionen und das liebe Kind

In meine Heimat wiedergekehrt, in der es um nichts kühler war als in Delhi, habe ich mit Erschrecken festgestellt, wie schnell man wieder in die bereits bequem ausgelegene Mulde seines gewohnten Lebens fällt. All die guten Vorsätze - täglich Yoga zu machen und zu meditieren, dem Handy abzuschwören etc. - die in Ladakh noch so stark und unerschütterlich dastanden, verblassen neben dem sensorischen Überangebot, dem mein Körper und mein Geist auf einmal wieder ausgesetzt sind. Seither arbeite ich täglich am Aufbau einer neuen Selbstdisziplin: manchmal gelingt es mir, zeitig aufzustehen, meinen Körper aus dem Bett zu treten und gleich mal beinhart durchzudehnen. Viel öfter jedoch gelingt es mir nicht: erschütternd.


Was bleibt jedoch von meinem - im Nachhinein betrachtet - viel zu kurzen Ausflug in die Höhen des Himalaya?

Es bleiben viele Denkanstöße und ein Gewissen, das nun erneut geschärft ist für unser ungeniertes Luxusverhalten in diesem Teil der Welt und damit einhergehende Scham und der starke Wille, bewusster zu leben und mehr echten Luxus zu suchen (i.e. Zeit, sinnvolle Tätigkeiten) anstatt mich an Luxussubstituten scheinbar zu ergötzen.

Es bleibt eine gewisse Affinität zum Buddhismus und zur Meditation, die einem immer wieder die richtige Perspektive zu verschaffen mögen, wenn man sich die Zeit nimmt und sich darauf einlässt. In stressigen Situationen beginne ich nach wie vor ganz von selbst das Om Ma Ni Padme Hum zu summen und werde dadurch tatsächlich sofort ruhig und gelassen.

Om Ma Ni Padme Hum zum Anhören

Vor allem jedoch bleibt mir die Verbindung zum Mahabodhi Zentrum (klick). Vor meiner Abreise nämlich beschloss ich, diese Bande zu verstärken und mich auch in Abwesenheit weiter zu beteiligen. Ich hatte in vielen Gesprächen mit den Mönchen erfahren, dass dem Centre im Vorjahr eine Hundertschaft an westlichen Sponsoren (die einzelnen Kindern den Schulbesuch ermöglichen) weggebrochen ist. Da ich nun 1.) die Kinder kenne und, 2.) weiß, wie Dinge im Mahabodhi Centre gehandhabt werden und dass das Geld auch genau dort ankommt, wo ich es haben will, erschien es mir eine gute Idee, Patin zu werden.

Dieser Wunsch entstand ursprünglich, als ich mit den Schülerinnen über ihre Wünsche und Ziele plauderte und die Standartanwort war: "If I had enough money I would visit my sponsor. I hope I can do that one day..." Ich gewann aus vielen Gesprächen den Eindruck, dass die Kinder zu ihren Sponsoren ein recht inniges Verhältnis haben, dass diese Sponsoren nicht nur anonyme Geldgeber in fernen Landen sind, sondern dass sie für die Kinder tatsächlich so etwas wie Paten und Lebensbegleiter sind. Ladul, eine der älteren Schülerinnen, ging sogar so weit, zu sagen: "I feel I have two mothers: My real mother, whom I love with all my heart, but who cannot give me that much, and my other mother, my sponsor, who I can talk to about all my problems and who helps me and guides me." Das hat mich ziemlich überrascht und zugleich tief berührt und so schnell war der Wunsch geboren, ebensoeine Bezugsperson für eines der Mädchen zu werden.

Kaum war der Entschluss gefasst, waren die Formalitäten schnell erledigt. Die Wahl eines Mädchens fiel mir nicht leicht, doch schließlich hatte ich ein Patenkind ausgesucht, für dessen Schulbesuch und Lebenskosten ich nun aufkomme: Stanzin Angmo, ein neunjähriges Mädel, das ich im Mahabodhi Girls' Hostel täglich gesehen habe.


Ich hatte Glück, denn Stanzin Angmo war zwar, wie die meisten Mädels, an meinem Abschiedswochenende auf Heimatbesuch, doch an meinem allerletzten Abend kam sie samt Onkel und Mutter extra vorbei, sodass wir nochmal plaudern konnten. Die Familie war herzallerliebst, hat sich viel zu oft bedankt und wollte mich unbedingt noch zu sich nach Hause einladen. Wie gerne hätte ich das Angebot angenommen! Leider ging mein Rückflug am nächsten Tag schon so frühmorgens, dass es sich beim besten Willen nicht ausgegangen wäre. (Und die beiden Mönche Bhante Jinananda und Bhante Nagasena hatten eigens für mich ein großartiges Abschiedsabendsmahl organisiert, dem ich freilich nicht fernbleiben konnte.)
Jedenfalls bin ich überglücklich mit meiner Entscheidung und freue mich schon auf den ersten Brief und viele weitere, die dann folgen werden. Ich bin höchst gespannt, wie diese Freundschaft sich über die Jahre hin entwickeln wird!

Das ist es, was ich vorwiegend mitnehme und ein Stapel selbstgebastelter Karten der Kinder wird mich immer an die schöne Zeit erinnern; Eine Zeit, in der das Miteinander und das Füreinander die wichtigsten Handlungsmotive waren, die von Spiritualität durchtränkt war, in der ich den Egoismus bis an die Grenzen zurücksteckte, weil es viel schöner war, anderen etwas zu geben oder zu zeigen, in der Luxusgüter und Materialismus aufhörten, begehrenswert zu sein und das pure Leben in den Vordergrund trat. An diese Zeit werde ich immer wieder gerne denken und von all dem Gelernten zehren und wenn ich das Gefühl haben sollte, dass meine imaginären Kamelshöcker leergezehrt sind und eine neuerliche Dosis von all dem brauchen, dann fahr ich einfach wieder hin. Immerhin gibt es genügend Menschen dort, die sich über Besuch freuen würden. Und eine ganz besonders.

Ein Blick zurück und auf in den Sonnenuntergang die Zukunft

Tuesday, June 19, 2012

Dust in Delhi

Von Leh auf Delhi ist ein harter Schnitt. Selbst wenn man bereits um 8 Uhr früh landet, hat es dort schon Temperaturen wie in einem gerade abgeschaltenen Backrohr. Was außerdem auffällt: Menschen, Menschen, Menschen. Der Verkehr in Leh ist ein Witz dagegen, was sich auf der Autobahn hier abspielt: Taxis und Tuktuks, die sich aneinander vorbeidrängen, und Fahrräder, die auf der 3-spurigen Fahrbahn entgegen dem Strom fahren. So zählflüssig, wie hier der Verkehr ist, ist das Chaos aber auch verschmerzbar. Kühe hab ich immerhin keine gesehen.

Da ich noch kein Hotel hatte, war ich anfangs ein ganz kleines bisschen unentspannt, doch es gab bereits Pläne A und B. (B hätte Couchsurfing impliziert, doch da Plan A aufging, war es nicht nötig, dass ich mich nach einem freien Sofa umsah.) Plan A sollte ich im Taxi zum Flughafen von Leh treffen. Den Weg dorthin trat nämlich außer mir auch ein junges, kroato-französisches Pärchen an und wir kamen ins Reden. Als ich ihnen von meinem Schlafplatzmangel erzählte, schlugen sie vor, dass ich ja mit ihnen in die Stadt fahren könne und sehen, ob in ihrem Hotel noch ein Zimmer frei sei. Klang gut und machte ich. Zimmer war zwar keines mehr frei, aber Darja fragte sofort, ob man nicht ihr Zimmer um noch ein Bett bereichern könne - sei ja nur für eine Nacht.
So fand ich mich mit den beiden in einem Zimmer und hatte noch dazu den Vorteil, dass ich mich der Stadt nicht alleine zu stellen brauchte.

Unser erster Weg führte uns an einer stark befahrenen (und staubigen) Straße entlang nach Neu Delhi, wo wir feststellten, dass das "Zentrum" eine riesige staubige Baustelle ist. Mit einem Park in der Mitte. Dort flohen wir gleich mal vor der sengenden Mittagssonne ins Kino, um uns dort einen Bollywoodfilm anzusehen, der sich als Politthriller entpuppte. Die Tatsache, dass der Film auf Hindi war, machte ihn nicht unbedingt leichter verständlich, doch zumindest hatte es im Kinosaal kühle 27°C.

Als wir wieder ans Tageslicht traten, war es immer noch unglaublich heiß, doch wir wollten uns nicht unterkriegen lassen. Mit pro Person ca. 3 Litern Wasser im Gepäck traten wir den Weg nach Altdelhi an, um dort 1-2 Sehenswürdigkeiten näher zu beäugen. Die Tucktuck- und Rikshafahrer, die sich uns alle halben Minuten aufdrängen wollten, enttäuschten wir durch unser Durchhaltevermögen und marschierten zu Fuß die staubigen Straßen entlang, auf der Suche nach Jama Masjid, der größten Moschee Indiens.

Die Moschee in ihrer ganzen Pracht

Leute beim Herumlungern und/oder Beten

Die Leute in Delhi kann man grob in 2 Gruppen teilen: diejenigen, die einem irgendetwas aufdrängen wollen - sei es ein ungewolltes Taxiservice, sei es ein Hennatattoo, sei es wieder mal ein Pashminaschal, mit dem man sich in der Hitze wohl nur den Schweiß abwischen könnte - und diejenigen, die einem ohne eigene Interessen einfach nur weiterhelfen wollen, oder ein bisschen plaudern. Es ist eine faszinierende Stadt.

Zurück zur Moschee: Wir blechten 300 Rupien, nur um in mantelschürzenartige Bekleidung gehüllt zu werden. Den Beweggrund dahinter hab ich nicht ganz verstanden, da Darja und ich beide lange Hosen anhatten und sowohl Schultern als auch Kopf bedeckt waren. Inderinnen mit kurzen Ärmeln schienen außerdem auch kein Problem zu sein. Vermutlich machte man sich einfach über uns lustig.

sexiest outfit of all times
Diese bunten, flatternden Gewänder führten jedoch dazu, dass wir, wie Pfauen, die Aufmerksamkeit aller anderen Moscheebesucher auf uns zogen, die sich dann einbildeten, ein Foto von und mit uns machen zu müssen. Das taten sie auch ganz ungeniert: Als ich gerade selbst ein Foto vom schönen Innenhof der Moschee machen wollte, trat auf einmal ein Typ ins Bild, seine Handykamera auf mich gerichtet. Ich ersuchte ihn, doch bitte zur Seite zu treten, sodass ich ein Foto machen könne, doch das tat er nicht. Er stellte lieber ganz ungeniert scharf und drückte ab. Ich hab ihn mit meinen Augen getötet.

Andere waren wenigstens so höflich vorher zu fragen und sich danach zu bedanken, aber nichts desto weniger haben wir schnell die Flucht ergriffen.

Der Abend war weitaus angenehmer, denn er führte uns durch den Gemüsemarkt, der sich in mehreren kleinen Gassen rund um unser Hotel wand. Dort wurden Jackfruits aufgeschnitten und Gewürze auf Bestellung gemixt. Da schlug ich dann auch diverse Ängste und Warnungen in den Wind und kostete mich ganz unvorsichtig durch die allenorts angebotenen Warenproben: Cashews, Zuckerrohr, Kekse. Hat mir nicht geschadet.


Masalamix nach Wahl

Yogaposition: schlafender Hund, der nach unten blickt

Die Hitze machte uns am nächsten Tag so sehr zu schaffen, dass wir ihn vorwiegend mit schlafen zubrachten. Außerdem trocknen die Augen in Delhi so extrem aus, dass man zu zweifeln beginnt, ob man denn noch überhaupt Tränenflüssigkeit übrig hat.
Ich habe festgestellt, dass es allzu viel Sehenswertes in Delhi eh nicht gibt. Vermutlich ergreifen die meisten Touristen drum auch gleich die Flucht und fahren zum Taj Mahal.
Falls ich mich täusche und es in Delhi doch irgendwo versteckte Juwelen gibt, kann man sich die zu einer anderen Jahreszeit bestimmt besser ansehen. Wenn der Monsun ein bisschen eine Erleichterung gebracht hat.

Monday, June 11, 2012

Singing just for Joy*

"Music is the shorthand of emotion."
(angeblich Tolstoy)

Mit dem Singen ist das hier so eine Sache. Ich denke, ich habe schon anklingen lassen, dass die Schueler und Schuelerinnen hier ausgesprochen gut singen (und musizieren). Zu jeder Sonntagspuja tritt eine kleine Delegation aus den jeweiligen Hostels an und praesentiert ein Lied: da kommen die kleinen Moenche, dann die kleinen Nonnen (natuerlich alle in rot), dann die Maedels, dann die Buben, hin und wieder Kinder aus dem Blind Hostel und ganz selten sogar eine alte Dame aus dem Altersheim. Das ist so unglaublich ruehrend - jedesmal aufs Neue. Bhante Sanghasena mag diese Art von Sonntagsprogramm gar sehr und hat hat auch keine Hemmungen, von uns Volontaeren aehnliche Leistungen zu verlangen.

Als Ursina mit ihrem Akkordion noch da war, hab ich viel Zeit im Blind Hostel verbracht, denn den Schuelern dort hat sie beigebracht, Akkordion und Gitarre zu spielen. Unglaublich, wie schnell Dolkar und Chospel das heraussen hatten! Als wir die Lieder dann perfektioniert hatten, marschierte unser kleiner Trupp gemeinsam eines Freitags ins Altersheim und gab dort ein kleines Konzert. Die alten Leute waren ganz geruehrt und gluecklich - und wir dann natuerlich auch!

Ursina probt mit den Nonnen ein Lied für die Puja

Die Euphorie hat angehalten und wir haben gleich bei den naechsten beiden Pujas gemeinsam gesungen: (Singing just for Joy und Blowing in the Wind - mehrstimmig). Ich habe dabei etliche Hemmschwellen ueberwunden. Nie haette ich gedacht, dass ich eigenstaendig eine Stimme halten und anfuehren kann, aber wenn man sieht, zu was fuer Leistungen die Kinder hier faehig sind, dann schaemt man sich schon einigermassen, wenn man es nicht mal versucht.
Ebensowenig konnte ich den Kleinen im Hostel den Wunsch abschlagen, nach Ursinas Abschied mit ihnen die Lieder nochmal zu singen, bis sie sie konnten. Eine schlechte Stimme wird von ihnen nicht als Ausrede akzeptiert. Ist ja auch laecherlich, immerhin geht's um den Spass.

Zu allerletzt ueberwand ich mich sogar so weit, dass ich dem Wunsch des Guruji (i.e. Bhante Sanghasena) nachkam. Er hatte eines Morgens gemeint, ich moege doch ein oesterreichisches Lied vortragen. Juhuu. Also suchte ich - mit externer Hilfe - nach einem passenden oesterreichischen Lied, das ich zu meiner letzten Puja praesentieren koennte. Ich kenn ja kaum oesterreichische Lieder - schon gar keine traditionellen!

Diese meine letzte Puja fand jedenfalls gestern statt. Fuer mich ist es naemlich Zeit, Mahabodhi zu verlassen und weiter zu ziehen. Den Zeitpunkt dafuer habe ich guenstig gewaehlt, denn mit dem Ende aller Pruefungen, sind die meisten Schueler nun in die Ferien entfleucht und brauchen mich darum nicht mehr. Tja. 5 Wochen waren ja auch eine lange Zeit. Und gleichzeitig natuerlich auch wieder nicht. Tempus fugit.

Jedenfalls, diese letzte Puja: Mahabodhi hat mir schon 3 unverschaemte Male eine Spontanrede entrissen, also hatte ich mich auf diese Rede vorbereitet, um auch wirklich alles unterzubringen, was ich zu sagen hatte. Bedauerlicherweise waren nur wenige Schueler und Schuelerinnen gegenwaertig, um sie sich auch anzuhoeren, doch das machte es ein kleines bisschen einfacher fuer mich, denn ich beendete den kurzen Auftritt damit, dass ich vor den versammelten 300 (statt ca. 600) Menschen ein Liedchen zum Besten gab - "Wahre Freundschaft" naemlich, weil es so passend ist.

Niemals haette ich gedacht, dass ich vor so grossem Publikum singen wuerde, doch, wie bereits gesagt: Man schaemt sich ja fast, wenn man den Schuelern an Mut nicht gleichkommt. Gezittert hab ich bei meiner gesanglichen Darbietung freilich genug, doch die Schueler hatten den Anstand, das Lied grossartig zu finden. (Aus Respekt, schaetze ich mal.)

Ja, so nahm ich Abschied und verschenkte zum Schluss noch Apfelstrudel in rauen Mengen.

Die Traenen sollten dann heute morgen in Stroemen fliessen, als ich von einer Schar kleiner Maedchen lauter selbstgebastelte, selbstgemalte Karten in die Hand gedrueckt bekam und von ihnen gebeten wurde, doch nochmal mit ihnen zu singen. Da half es auch nix, dass eine der Kleinen mich wiederholt aufforderte "No tears, Ma'am, smile!". Jaja, wenn man Emotionen so einfach kontrollieren koennte!

Diese Sturzbaeche werden ihr Ende nicht vor Mittwoch finden, wenn ich die Maedchen ein letztes Mal besuche, denn dann sind sie alle aus den Ferien wieder da. Ich glaub, ich geh schon mal Taschentuecher kaufen...

*ist eines der Lieder, die Ursina dem kompletten Campus vorletzte Woche beigebracht hat. Seither hoert man immer wieder Fetzen davon aus den Hostels toenen.

Friday, June 08, 2012

Im Fruehtau zur Puja wir ziehn, fallerah!

4:00 ist eine gute Zeit zum Aufstehen. Es ist noch dunkel, doch die Voegel zwitschern schon. Ansonsten ist es komplett ruhig.

Keine Angst, mein Schlafrhythmus wir nicht noch abartiger. Der Grund dieser zeitigen Tagwache vergangenen Montag war der immer noch bestehende Wunsch, in Thikse Gompa (Kloster Thikse) an der im Reisefuehrer angepriesenen Morgenpuja teilzunehmen. Diese sollte angeblich um 6:00 beginnen und da Ivonne und ich keinesfalls zu spaet hineinplatzen wollten, marschierten wir um 4:30 vom Mahabodhi Centre los. 

Man hatte uns informiert, dass um diese Zeit weder Busse noch Taxis zu finden waeren und deshalb versuchten wir wieder mal unser Glueck mit dem ausgestreckten Daumen. Gerade mal 100m mussten wir aus Choglamsar raus und waren gerade im Begriff, den Palast des Dalai Lama (der hat dort eine Residenz) zu passieren, als wir ein Auto hoerten - das erste und einzige weit und breit. Es naeherte sich im rasenden Tempo, doch als der Fahrer sah, dass wir gerne mitfahren wuerden, bremste er sich sofort ein, nur um gleich wieder voll los zu starten, sobald wir eingestiegen waren. Kurz vor 5 waren wir schon in Thikse.

Industal im Morgenlicht

Das Kloster thront auf einem Berg. Unterhalb kleben die Wohnstaetten der Moenche im Felsen. Es war noch ganz ruhig, als wir uns auf Treppen und schmalen Weglein da durch emporschlaengelten. Scheinbar waren die Moenche etwas fauler als wir.

Bei der Gompa angekommen, wurden wir gleich mal von heftigem Gebell begruesst: vier Hunde stuermten auf uns zu und wollten spielen. Als der eine dabei begann, nach meiner Hose zu schnappen, wurde ich ein bisschen nervoes, doch er wollte nichts Boeses. Er war der juengste der 4 und damit auch der Verspielteste. Als die Hunde merkten, dass wir weder spielen wollten, noch Esswaren dabei hatten, lieszen sie wieder von uns ab und jagten einander durch das Tempelgelaende.

Tempelhund


Ivonne und ich stiegen derweil aufs Dach hinauf und warteten, dass die Sonne so hoch kletterte, dass sie das Industal flutete und zum Leuchten brachte. Mittlerweile sieht man hier relativ viel Gruen entlang des Flusses. Diese paar Baeume, die bunten Gebetsfahnen und die roten Gewaender der Moenche sind eigentlich die einzigen Farbtupfer im sonst recht braunen Ladakh.

6:00: Es tut sich immer noch nichts. Ein paar junge Moenche sind schon wach, doch kein Anzeichen, dass ein Morgengebet stattfinden wuerde. 

Kurz nachdem wir zu spekulieren beginnen, ob wohl alle Moenche aufgrund des Feiertags zur damit verbunden grossen Feier nach Temisgang ausgeflogen sind, toent es vom Dach: 2 lange, tiefe Toene hoert man alternierend.
Ich flitze hinauf, so schnell das bei den steilen, demuts- und konditionsfoerdernden Stufen moeglich ist, und sehe 2 Moenche am Dach stehen und in lange Hoerner blasen, die an Alphoerner erinnern. Da! In der Ferne vom naechsten Kloster kommt das Echo! Beeindruckend!


Nach dem dunklen Getoene werden die Hoerner teleskopisch eingefahren, die Moenche setzen sich Goldhauben auf und fuehren noch eine Dachumgehung mit quaekenden Muschelhoernern durch. Ich kann mir dabei das Grinsen nicht verkneifen, als ein paar suedindische Touristen vergeblich versuchen, ein gutes Foto zu schiessen. Die Moenche sind zu schnell...


Schliesslich geht die Puja los. In einem relativ grossen Tempelraum stehen parallel, wie in einer Bibliothek, niedrige Tischchen, hinter denen erhoehte Reihen mit Sitzkissen verlaufen. Ca. 50 Moenche trudeln nach und nach ein, nehmen an ihrem designierten Ort Platz und ziehen aus dem Bankfach Butterteeschuesseln, die sie vor sich auf die Tischchen stellen. Ein Moench beginnt waehrenddessen mit der monotonen Rezitation des Gebetstextes. Die anderen Moenche stimmen teilweise mit ein, doch sie scheinen sich hauptsaechlich aufs Fruehstueck zu freuen. 
Da hoert man das schnelle Getappe kleiner Fuesse und eine Schar kleiner Moenche schleppt riesige Metallkannen mit Buttertee und ebensogrosse Kuebel mit Tsampa (noch mal zur Erinnerung: Mehl aus geroesteter Gerste) herbei und beginnt die Moenche zu bewirten. Wir Touristen sitzen ganz hinten, gleich neben dem Eingang auf Teppichen, um nicht zu stoeren und bekommen ebenfalls kleine Haeferl mit Buttertee gereicht. Leider kein Tsampa.

Buttertee fuer alle

Die Moenche essen erstmal gemuetlich und beginnen dann, mit dem Obermoench mit zu rezitieren. Viele scheinen durch andere Dinge abgelenkt und nehmen nur bei manchen Passagen teil. Vor allem die kleinen spielen lieber Fangen, scherzen herum, stossen einander an oder sind halt einfach sonst unaufmerksam. Immer wieder werden Buttertee und Tsampa nachgereicht. 
Was fuer ein Gewurl!
Zwischendurch herrscht immer wieder eine Weile Stille. Also.... Stille ist relativ. Wenn die Moenche schweigen, hoert man leise Radio BBC im Hintergrund, was absolut nicht dazupasst. Oder aber schon, denn die ganze Puja ist irgendwie skurril. Die Rezitationen gehen weiter, da ziehen manche Moenche auf einmal diverse Instrumente hervor (ein paar Floeten, ein paar Muschelhoerner) und spielen diese ohne erkennbare Melodie, ohne Zusammenspiel, ohne Rhythmus. 2 grosse Gebetstrommeln werden dazu noch komplett arhythmisch geschlagen. Dann wieder nur Rezitation.
Der Inder neben mir schiesst Fotos und tratscht in einer ziemlich irritierenden Lautstaerke mit seiner Frau. Die Moenche schauen boese. Ich starre peinlich beruehrt in meinen Buttertee und beschliesse dann, zu meditieren. Das funktioniert bei dieser monotonen Begleitung ganz gut.
Irgendwann werde ich durch lautes Klatschen wieder aus dieser Phase gerissen. Die Instrumente sind verschwunden, stattdessen wird jetzt halbrhythmisch, aber noch immer ohne erkennbares System zu den Rezitationen mitgeklatscht. Manche der Moenche sind schon verschwunden - scheinbar waren sie nur fuer den Tee hier.

Irgendwann stehen die beiden Inder auf und schreiten komplett ungeniert die Gaenge mit den Moenchen entlang, um viele gute Fotos zu machen. Dann gehen sie. Ivonne und ich bleiben noch eine Weile, doch als nach ueber einer Stunde meine Beine vom Schneidersitz jegliches Gefuehl verloren haben, gehen auch wieder. Naemlich auch fruehstuecken.

Gebetsmuehle: ein paar gute Wuensche in die Welt gesandt
Gebetsmuehlen fuer Arme. 


Da der Tag so schoen ist, die Lichtstimmung einfach herrlich und wir unseren Beinen etwas Gutes tun wollen, treten wir den Weg zurueck zu Fuss an. Ein ruhiger Weg schlaengelt sich nahe dem Indus durch Felder und auf ebendiesem gelangen wir nach 3-4 Kilometern nach Shey. Den Koenigspalast dort lassen wir aus und flanieren (bzw stolpern) stattdessen ueber ein grosses Feld mit angeblich ueber 700 Stupas (Bild einer Stupa in einem der vorigen Beitraege). Erinnerungen an Graeberfelder und Nekropolen fluten mein Gedaechtnis - es ist etwas gruselig.

Eine Elster erhebt sich von einem Choerten

Ja und dann wollten wir nach Leh. Diesmal mussten wir ein Stueckchen weiter marschieren, bis man uns mitzunehmen bereit war. Schliesslich hielt ein Jeep neben uns. Auf der Ladeflaeche hinten gab's Sitzbaenke und ebendort durften wir Platz nehmen. Unsere Chauffeure waren diesmal 2 mittelaltrige Bedienstete der indischen Armee, deren Zahlen hier vermutlich die der lokalen Bevoelkerung uebersteigen. Im Gegensatz zu ihren juengeren Artgenossen, die ungeniert starren oder Fotos schiessen, sind diese beiden richtig nett und umgaenglich. Sie erzaehlten uns, wie hart es ist, im Winter auf einem der Paesse ihren Dienst zu leisten und wie gluecklich sie darueber sind, dass es jetzt endlich warm wird. Mir waere ganz recht gewesen, wenn der Fahrer dabei nicht seine Haende zum Gestikulieren verwendet haette, doch schlussendlich waren wir am Rande von Leh angekommen. Mir war mittlerweile schlecht - aufgrund des Fahrstils, des Staubs und der Abgasdichte. 
Nach Leh emporgestiegen sammelten wir schliesslich bei einem ordentlichen Espresso und leckerem Kuchen wieder neue Kraft. 

Trotz den Vorzuegen, die es hat, wenn man um 4 aufsteht, wurde die Aufwachzeit fuer die naechsten Tage wird wieder auf 5:30 Uhr verschoben - das ist doch um einiges angenehmer...


Tuesday, June 05, 2012

Visuals

Da meine Speicherkarte voll ist, musste ich mir einen USB-Stick kaufen, um die Fotos irgendwo zu sichern. Freuet euch, denn diese Anschaffung ermoeglicht es mir, euch ein paar Eindruecke nachzureichen:

Blick ueber Leh, Anfang Mai

Rhizong Monastery

Buttertee, Kekse und Tsampa in Rhizong


Moenche in Rhizong

Bunte Lastwagen bringen Dinge
Sprueche wie "Love is sweet Poison" sind haeufig

Choerten am Khardung-La, dem hoechsten befahrbaren Pass der Welt

Kamelritt in Nubra Valley


Mahabodhi girls am Weg zur Sonntagspuja
Mahabodhi Campus:
rechts hinten sind Schule und Kindergarten,
links neben der weissen Halle liegt das Altersheim,
links dahinter das Girls Hostel.

Die Schulband beim Morgenaufmarsch

Im Nomadenzelt: Ama-le (die Grossmutter)

Ziegen und Schafe in Changtang

Milchgewinnung



Fruehstueck bei den Nomaden.
Hab mir den tibetischen Namen des Gerichts nicht gemerkt, aber uebersetzt heisst es "old man's ear" 

Tashi (in rosa) mit Familie

auch dort - Name des Sees vergessen (Thangzang Tso?)

Multitasking: Spinnen und Schafe hueten auf einmal

Hot Spring in Puga

An den Ufern des Tsokar, des weissen Sees

Yaks

Gesangsstunde mit den seheingeschraenkten Kindern im Altersheim

Die Maedels beim (Waesche-)Waschen

Puja: Warten auf den Moench

Die Maedels proben vor der Puja noch ihr Lied

Ven. Sanghasena verteilt am Ende der Puja Mangos fuer alle

Maedels beim Lernen: immer irgendwo im Gelaende verteilt
- unter Baeumen, im kaputten Schulbus, oder auf der Mauer

Chospel und Punno an der Shanti Stupa: Begreifen der Bilder

Mit Chospel im Musikgeschaeft: alle Instrumente wurden durchprobiert

Thursday, May 31, 2012

4 blind mice on an outing

(Ich bitte untertaenigst, sich nicht an dem, vielleicht nicht 100%ig politisch korrekten, Titel zu stossen.)


Montag war ein schoener Tag. 


Montag war der Tag, an dem Ursina und ich uns die 2 seheingeschraenkten und 2 blinden Kinder schnappten und mit ihnen nach Leh fuhren, denn wir befanden, dass sie sich einen Ausflug verdient haben, bevor all die Pruefungen losgehen.


Die vier waren teilweise irrsinnig nervoes und teilweise einfach nur aufgeregt, als sie in Leh aus dem Bus stiegen und von mir empfangen wurden. Erste Station war gleich mal die Pumpernickel German Bakery, denn ich wollte ihnen zeigen, was man in unserem Kulturkreis so isst.


Die 4 waren so lieb: sie haben sich gar nicht getraut, etwas auszuwaehlen. Anu hat gar gemeint "Whatever you want us to have, ma'am." Ich hab dann gemeint, dass das nicht in Frage kaeme, denn immerhin wuerde ich ja nicht ihr Essen essen. Allgemeines Gelaechter. Schlussendlich haben alle Lassi und Kuchen bestellt und waren ganz gluecklich. Dolkar meinte "I've never eaten this kind of cake before! It's such a good day: we get to try many different things, not always the same food as in the hostel!" Ich selbst konnte einfach nicht aufhoeren, vor Freude zu strahlen, als wir so dahin plauderten und jeder sich an den neuen Geschmackssinnesfreuden ergoetzte.


Schliesslich kam Ursina dazu, die ein Musikgeschaeft ausfindig gemacht hatte und die 4 dorthin bringen wollte, damit sie die diversen Instrumente kennenlernen und ertasten konnten. Also pilgerten wir zu besagtem Geschaeft, das aber leider geschlossen war. Machte nix, denn wir hatten laengst einen Alternativplan: Am Rande von Leh auf einem Huegel steht eine riesige Stupa, Shanti Stupa genannt. 


http://im.rediff.com/getahead/2010/mar/03sld_shanti_stupa_leh.jpg
Dort hinauf fuehren viele viele steile Stufen, doch der Ausblick ist einfach wunderbar. Es gibt dort oben ausserdem eine Gompa (einen Tempel), den man besichtigen kann. Chospel hatte vorgeschlagen, dort hinauf zu klettern, also wollten wir das machen, in der Hoffnung, dass wir zur Abendpuja gerade zurecht kaemen.
Unglaublich, was die beiden Burschen fuer ein Tempo vorlegten! Trittsicher sind die den Berg raufgeflitzt und hatten uns vier Maedels, die keuchend versuchten, mitzuhalten, schnell abgehaengt. Sie hatten so eine Riesenfreude dabei, dass es mir nicht moeglich war, mal fuer eine Sekunde nicht zu grinsen.
Oben angekommen sahen wir uns die Stupa genauer an: Man kann auf 2 Ebenen rundum gehen und sieht verschiedene Szenen aus Buddhas Leben. Richtig ruehrend war Chospel, der den blinden Punno fuehrte und ihm hochmotiviert und noch dazu auf Englisch erklaerte, was es alles so zu sehen gibt ("And here we have some kind of ornament, yeah? I don't know name of ornament, but is very nice, yeah? Here, feel."). Er nahm dann auch immer Punnos Hand und legte sie auf die Reliefs, damit er die Darstellungen fuehlen konnte. Das war wieder so ein Moment fuer mich, wo ich lachend weinen haette koennen! Auch die Maedels hatten ihre Freude und Dolkar hoerte gar nicht auf zu plaudern! Selbst die blinde Anu, die zuerst so nervoes gewesen war, wegen des Ausflugs und der grossen Stadt, taute auf und begann, den Trip zu geniessen!

Schliesslich besichtigten wir noch die Meditationshalle, wo Ursina den Moench ueberredete, uns zu den grossen Meditationstrommeln zu lassen, sodass die 4 sie angreifen konnten. Zuerst war er etwas zoegerlich, doch schliesslich freute auch er sich mit uns mit. Es sollte sich herausstellen, dass er aus demselben Dorf kam wie Dolkar und die beiden fielen sofort ins Gespraech.

Viele viele Fotos mussten wir ausserdem machen, damit wir uns alle an den Ausflug erinnern koennen und nachdem wir auch den kleinen Tempel mit seinen Tankas, Statuen und Malereien noch in Augenschein bzw die Haende genommen hatten, riefen wir ein Taxi und traten den Heimweg an.

Ich blieb dann noch zum Abendessen im blind hostel (u.a. auch deshalb, weil dort besser gekocht wird, als im girls' hostel) und hatte weiter meine Freude daran, wie die 4 ihrer Betreuerin von diesem wunderbaren Tag vorschwaermten. Glueckselig fiel ich am Abend ins Bett und war wieder einmal dankbar, dass mir so viel Freude zuteil wurde - naemlich dadurch, dass ich selber Freude geschenkt hatte.



Im Endeffekt ist das wohl der sicherste Weg, selber gluecklich zu werden! Das meint auch der Dalai Lama in The Art of Happiness. Hear, hear!

Monday, May 28, 2012

Choglams-Choglams-ChoglamsEEEER!!!

Nach einem anstrengenden Wochenende mit etwa 12 'Arbeitsstunden' taeglich, habe ich beschlossen, dass ich mir einen freien Tag verdient habe. Seit Freitag wird naemlich ununterbrochen an meine Tuere geklopft und die Maedels wollen entweder mit mir Grammatik lernen, oder Literatur besprechen oder kommen gar mit so Anliegen wie "Ma'am, can you tell us about Hitler?" oder Fragen wie "When a woman gets a baby, does she have a hole in her belly then? How does it get out?" All das mache ich sehr gerne, denn es ist auch fuer mich sehr spannend und ich hab dafuer gestern sogar auf mein Abendessen verzichtet, weil ich es interessanter fand, Weltkriegsgeschichte nachzulesen. Also war's heute Zeit fuer ein bisschen Pause. Da es mir mittlerweile selbst beim besten Willen nicht mehr moeglich ist, laenger als bis 5:45 zu schlafen, bin ich gleich nach der Morgenmeditation nach Leh aufgebrochen.

Den Weg nach Leh tritt man am besten mit einem Sammeltaxi an (wenn man nicht einen vorbeifahrenden Schulbus aufhaelt), denn diese Taxifahrten sind etwas ganz Besonderes. In Minimalbussen, die offiziell Platz fuer 8 Passagiere bieten, kommt man um nur 15 Rupien in die Stadt.
Diese Taxis kann man nicht verfehlen, denn die Fahrer schreien sich die Seele aus dem Leib: "Leh-Leh-Leh-Leh-Leeeeeh!" Man steigt dann ein und wartet, bis das Taxi voll ist. Wenn man Glueck hat, befindet der Fahrer bereits bei 8 Personen, dass er jetzt losfahren kann. Wenn viel Andrang ist, wird allerdings gut geschlichtet und gestapelt und so kam es, dass letzte Woche ein Schulkind auf meinem Schoss zu sitzen kam. Diese ganze Schlichtung ist fuer mich sowieso eine Herausforderung, da ich mich mit meinen langen Beinen erst irgendwie in das kleine Auto falten muss. Ich bin zu gross fuer dieses Land!

Die Fahrt selber ist auch immer ein Erlebnis, das mir ein Schmunzeln ins Gesicht zaubert. Aus den Boxen des Autos kommt eine bunte Mischung aus ladakhischer Musik, Hindimusik und westlicher Musik, die sich oft in scharfen Kontrasten abwechseln. Eine leichte warme Brise zieht normalerweise durchs Auto und sorgt fuer road trip feeling. Am interessantesten jedoch sind die Leute, die neben einem zu sitzen kommen. So hat ein alter Mann in Ladakhikluft, ausgestattet mit einer Gebetmuehle, heute die Baender an meinem Arm bewundert. Letzte Woche kam eine Frau neben mir zu sitzen, die ununterbrochen und in zungenbrecherischem Tempo betete, bis sie ausstieg. Eine alte Frau hat sich mal an meinen Oberschenkel geklammert, um sich gegen die recht ruppige Fahrt zu wappnen. Am erinnerungswuerdigsten war jedoch ein etwa 35-jaehriger, geschniegelter Inder am Freitag:

Ich steige ein. Er schaut mich an. Dann gruesst er. Ich gruesse zurueck.
Er: bla bla - irgendwas auf Ladakhi
Ich: Sorry, I don't unterstand.
Er: bla bla bla country bla bla
Ich: Which country I am from?
Er nickt.
Ich: Austria.
Er: Ah, Australia.
Ich seufze innerlich. No, no, Austria. Europe.
Er: Ah, Australia, Europe.
Ich: No, no: Aus-tri-a. Next to Germany. (gestikuliere in der Luft herum, um zu veranschaulichen.)
Er: Ah, yes. 
....
Er: bla bla bla wieder irgendwas in Ladakhi
Ich: Sorry, I don't understand.
Er: Bla bla Bla.
Ich: Hamago. (=Ladakhi fuer: I don't understand.)
Er: You like Ladakh?
Ich: Yes, it's a beautiful country. I like the mountains. And Leh.
....
Er: Are you married? Die Frage musste ja kommen.
Ich: Boyfriend. (Meine Standardantwort, um derartige Diskussionen im Keim zu ersticken. Funktioniert zum Glueck immer.)
Er: Oh.
Daraufhin hat er mich nicht mehr angesprochen und ist zum Glueck auch bald ausgestiegen.

So bunt sind die Taxifahrten hier und immer wieder ein Erlebnis! Naechstes Mal komme ich allerdings hoffentlich wieder neben schweigsameren Gaesten zu sitzen...

Friday, May 25, 2012

"I request you to teach us always"

So viel gibt es zu erzaehlen ueber das Leben in Mahabodhi! Beispielsweise, dass die Leute, die hier leben und arbeiten nicht nur ihren offiziellen Job machen, sondern das ganze Centre am Leben halten. Jeder hilft jedem, jeder tut seinen Teil und so stehen die foster mothers und wardens des Maedcheninternats manchentags um 5:30 auf dem Feld, um Erdaepfel anzubauen. Langweilig wird hier niemandem. Auch mir nicht. Auch die Kinder sind extrem auf Zack: In der Frueh gibt's gleich mal einen Morgenlauf, dann Gebet, dann bisschen Lernen, Frisieren, Waschen etc, dann ab in die Schule bis halb 5, dann zurueck, weiterlernen und abends bzw sonntags noch Waesche waschen, Baeume pflanzen oder, wenn sie Glueck haben, einen Film schauen. Dann ab ins Bett. Der ganze Tag ist voll.

Auch mein Tagesprogramm wird taeglich straffer, denn ich bekomme jetzt untertags immer ein paar Klassen zum Unterrichten und sitz am Nachmittag meist mit den blinden Schuelern zusammen und diktiere und erklaere ihnen Dinge, die sie dann aufschreiben. Manchmal lese ich ihnen auch Geschichten vor, was vor allem den beiden Burschen extrem taugt.
Unterrichtsmaessig durfte ich letzte Woche ja die 7. Klasse (also die 13-jaehrigen) mit englischer Literatur begluecken. Sie waren echt entzueckend und haben sehr brav mitgearbeitet, obwohl der Stoff schwierig und ihr Englisch nicht allzu gut ist. Ich hab gelernt, Mimik, Gestik und Geraeusche zur Verdeutlichung einzusetzen und mich teilweise zum Clown gemacht, doch das hat sie sehr erheitert und sie haben sich gerade diese Vokabel besonders gut gemerkt. Auch die 3 sehbehinderten Schueler habe ich geschafft einzubinden. Es ist schoen zu sehen, wie sehr die Klasse diese 3 unterstuetzt, indem sie ihnen Dinge diktieren oder nochmal vorlesen.
Nach den 4 Unterrichtsstunden hab ich mich selber beschenkt und die Klasse um Feedback gebeten. Faszinierende Dinge sind da passiert: Die vorlautesten Schueler haben die Pausenglocke ignoriert, um ihr Feedback fertig zu schreiben! Sie waren alle total ehrlich. Dass ich zu schnell spreche war der groesste Kritikpunkt, aber ansonsten kamen hauptsaechlich Dinge raus, wie die Betreffzeile oben. Auch Lustiges war dabei wie: "Our new class teacher is very tall. She has brown hair and her eyes sparkle." Fand ich sehr amuesant und bin dann nur mehr grinsend herumgelaufen. Die Feedbacks heb ich mir natuerlich auf!

Diese 7. Klasse hat mich nach diesen vier Stunden nicht zum letzten Mal gesehen, denn als ich Dolma fragte, ob ich mal mitkommen kann, um mir ihren Unterricht anzusehen, hat sie mich in der Stunde spontan zur co-Lehrerin gemacht und war danach vom Resultat so begeistert, dass sie mich jetzt jeden Tag dabei haben will. Mir soll's recht sein, denn darauf muss ich mich nicht vorbereiten, sondern geh einfach mit und mach den Mund auf, wenn mir was einfaellt (was eh oft genug der Fall ist).

Auch andere Klassen durfte ich unterrichten und zwar ganz spontan und ohne Vorwarnung oder Vorbereitungszeit. Dabei bin ich an meine Grenzen gegangen: Die 6-jaehrigen sitzen zu achtundreissigst in der Klasse und 80% davon verstehen kein Wort von dem, was ich sage. Ich kenne zu wenige Spiele und bin nicht sonderlich gut im Umgang mit dieser Altersklasse, doch irgendwie (mehr schlecht als recht) hab ich diese Stunde dann auch ruebergebogen. Lieb sind sie ja trotzdem.
Die 10-jaehrigen waren ein bisschen besser. Solange ich ihnen von Oesterreich erzaehlt habe, waren sie top-aufmerksam. Schliesslich haben sie mich gebeten, ihnen ein oesterreichisches Lied vorzusingen. Ich und singen. Also allein und vor 30 Schuelern. Grossartig. Ich hab's aber nicht uebers Herz gebracht, es ihnen zu verwehren und hab 'Es wiad scho glei dumpa' zum Besten gegeben, da das das einzige war, das mir auf Anhieb eingefallen ist. Sogar Applaus hab ich bekommen. Aber der Versuch, mit ihnen Stoff zu machen, ist auch hier an der Sprachbarriere gescheitert. Ich war ein bisschen niedergeschlagen, bzw muss mir halt wirklich andere Dinge ueberlegen. Wie froh bin ich, dass ich zu Hause mal eher aeltere Schueler unterrichten werde!

Durchs Unterrichten sind mir jetzt auch die Namen nicht mehr ganz so fremd und ich verstehe sie meist schon auf Anhieb. Dennoch faellts mir schwer, die 20 verschiedenen Rigzin Angmos, Rigzin Dolkars, Stanzin Angmos und Tenzin Dolmas auseinander zu halten, vor allem, da die meisten der kleinen Maedels den Kopf geschoren haben und dadurch erstens alle gleich und zweitens alle wie Buben aussehen. Fuer jedes einzelne Maedel, das einen Spitznamen oder sowas wie eine Frisur hat, bin ich dankbar. Mit den Burschen will ich erst gar nicht anfangen...

Seit gestern trauen sich die aelteren Maedels auf einmal auch, mich anzusprechen, wenn sie mit den Hausuebungen Hilfe brauchen. Ich freu mich sehr darueber, denn das ist genau das, wozu ich sie seit 2 Wochen auffordere. Ich hab zwar vermutlich bald gar keine Freizeit mehr, da ich ihnen versprochen habe, stets zur Verfuegung zu stehen, aber wozu bin ich schliesslich hier, wenn nicht, um den Kindern beim Lernen zu helfen und ihnen eine Ansprechperson zu sein?

Heute Abend kommt uebrigens eine neue Unterrichtserfahrung auf mich zu, denn ich wurde gebeten, Aufklaerungsunterricht zu leisten. Zum Glueck uebernimmt Mariana den Grossteil davon, da sie dasselbe Programm schon mit den kleinen Nonnen durchgezogen hat. Das wird jedenfalls interessant.

Wednesday, May 23, 2012

Of Mice and Goats (and Yaks, too)

Die Internet- und Stromsituation in Ladakh ist nicht ganz so verlaesslich wie zuhause. 3 Abende lang hatte ich in meinem Zimmer keinen Strom und hab mich deshalb mit Kerzen eingedeckt, die das Lesen zwar recht romantisch, aber auch sehr muehsam machen. Mit dem Internet verhaelt es sich aehnlich. Scheinbar ist am Wochenende irgendwo in Kargil (weeeeit westlich von Leh) ein Kabel kaputtgegangen und hat in ganz Leh das Internet lahmgelegt. Soviel als Rechtfertigung.

Ich lebe also noch und hab in meinem Kopf schon an die 5 Blogeintraege komponiert. Aber beginnen wir langsam.

Freitag: Ein zweitaegiger Ausflug zum Tsomoriri (tso = See) stand an. Tsomoriri liegt in Changtang, dem oestlichsten Teil Ladakhs, ganz nahe der tibetischen Grenze. Die Gegend besitzt so gut wie keine Infrastruktur und wird hauptsaechlich von Nomaden bevoelkert. Es fuehrt dort eine Schotterstrasse hin und eine wieder weg und das war's dann auch schon.

Da ich vor meinem Abflug eine Doku ueber das Nomadenleben in Ladakh gesehen hatte und viele der Mahabodhischueler aus Changtang kommen, wollte ich dort unbedingt hin und es ergab sich sehr gut, dass Mariana eine Tibeterin kennengelernt hatte, deren Familie in Changtang ein Nomadenleben fuehrt. Diese Tibeterin luden wir auf den Trip ein, denn es machte sie uebergluecklich, ihre Familie besuchen zu koennen und wir hatten eine Ortskundige, die uns so einige Dinge zeigen konnte.

Der Tag begann fuer mich nicht so toll, denn ich war extrem uebermuedet, was an der Nacht davor lag. In dieser trug sich folgendes zu:
Als ich das Licht (= die Taschenlampe) ausmachte und mich ins Traumland begeben wollte, hoerte ich auf einmal ein Rascheln. Abgedaempft durch den Schlafsack, dachte ich zuerst, dass ich wohl die Person im Nebenzimmer hoerte, die sich im Bett umdrehte. Doch dann raschelte es nochmal - irgendwo in der Gegend meines Kopfes und ich realisierte, dass da irgendwas im Zimmer war. Also Taschenlampe an. Nix.
Unterm Bett? Nix.
Hinterm Polster? Auch nix.
Hm.... Kristina, du bist paranoid.
Lampe aus.
...
Wieder raschelt es - ganz deutlich ganz in meiner Naehe. Wieder greife ich zur Lampe und schalte sie ein. Ich leuchte mein naeheres Umfeld ab und DA! direkt neben meinem Bett klammert sich eine Maus an den Vorhang und schaut mich an.
Ich springe (bzw. falle) mitsamt Schlafsack und Decke aus dem Bett, denn das letzte, das ich in dem Moment will, ist eine Maus in meinem Schlafsack. Als ich mich aus meinem Kokon befreit hatte, hing die Maus natuerlich laengst nicht mehr im Vorhang, sondern war irgendwo anders. Ich fand sie schliesslich am anderen Ende des Zimmers unter der Kommode, von wo aus sie mich mit ihren Knopfaueglein anstarrte - ohne zu blinzeln.
Und jetzt? Naja, Tuer auf, Aufwischding aus dem Bad geholt und die Maus mit Licht und Wischding aus dem Zimmer gescheucht.
Danach brauchte ich noch eine Weile, um wieder einzuschlafen, denn auf einmal hoerte ich lauter Geraeusche: Hundebellen, Tonnen im Hof umfallen (durch die Hunde) etc. Jaja the night is dark and full of terrors... Irgendwann bin ich dann aber doch eingeschlafen.
Exkurs-Ende.

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Tsomoriri: Mariana, Tashi und ich waren ca 7 Stunden im Jeep unterwegs, bevor wir an den ersten kleinen  See kamen. Die Fahrt war lang, aber die Landschaft bot genuegend Juwelen. Ich kam aus dem Staunen nicht heraus. Fuer Geologen ist die Gegend hier wohl ein visuelles Festmahl, denn hinter jedem Berg taucht ein anderer Berg mit einer komplett anderen Steinstruktur und -farbe auf. Dunkelviolett, gelblichgruen, dunkelgruen, braun, schneebedeckt, fast schwarz, grau, mal pulvrig, mal zerklueftet, mal gerillt.... Es ist schon fast unrealistisch! Wie ein Bergmuseum, durch das man durchfahren kann und in dem alle Arten von "Berg" ausgestellt sind.

Schliesslich kommen wir an besagtem See an. Es ist ruhig. Der See ist blau. Der Himmel ist blauer. Ein paar weisse Woelkchen stehen alibihalber drauf herum. Der Sand ist leuchtend orangebraun. Dahinter erheben sich angezuckerte Berge. Zwei Zelte stehen am Ufer des Sees und ein Hund bellt. Sonst sieht und hoert man gar nichts.
Wir fuellen unsere Lungen mit der frischen, duennen Bergluft und folgen Tashi zu den Zelten. Ziegenbabies meckern mit ihren duennen und zittrigen Stimmchen. Ein paar hundert Meter entfernt sitzen zwei alte Nomadinnen auf der Erde und sammeln Ziegenmist ein. Die aeltere der beiden steht auf, als sie Tashi sieht. Sie ist uralt, runzelig, braun wie staubige Schokolade und hat leuchtende, riesengrosse Augen, wie man sie sonst nur in japanischen Cartoons sieht. Sie ist traditionell gekleidet und schmuckbehangen. Ihre Haende sind von der Arbeit riesig gross.
Sie bittet uns in das kleine, viereckige, weisse Zelt, in dem in der Mitte ein kleiner Ofen steht. Dahinter befindet sich der "Haustempel" mit Bildern vom Dalai Lama und dem einen oder anderen Schmuckstueck. Links und rechts von dem Ofen liegen Teppiche, auf denen wir Platz nehmen, alle anderen Habseligkeiten sind am Rand verstaut. Das Ofenrohr ragt durch einen Spalt im Zeltdach hinaus.
Ama-le ("Muetterchen") bringt in einer Schale Feuerholz und getrocknete Pferdeaepfel und befeuert damit den Ofen. Sofort wird es heiss im Zelt. Sie setzt 2 Sorten Tee fuer uns auf (suess und Buttertee) und wir werden bewirtet. Tashi zeigt mir nun auch, wie man Buttertee konsumiert: naemlich indem man ein paar grosszuegige Loeffel Tsampa (zur Erinnerung: Mehl von geroesteter Gerste) hineinkippt* und mit den Fingern solang umruehrt, bis man Teig hat. Den isst man dann. Und das schmeckt guuut! ... vielleicht war's auch einfach die Atmosphaere.

* Der Moench in Rhizong haett mich also gar nicht auslachen brauchen!

Wir halten uns nicht allzu lange auf, und mit dem Versprechen, am naechsten Morgen wiederzukehren, fahren wir weiter zum Tsomoriri. Den See erleben wir bei Sonnenuntergang, schlafen danach im einzig offenen Guest House, in dem ich fuer meine neu erworbene Yakwolldecke sehr dankbar bin, und wollen um 5:30 des naechsten Tages aufbrechen. Immerhin wollen wir die Ziegenherde sehen, bevor sie das Nomadenbasiscamp verlaesst.
Wollen.
Das Auto springt nicht an. Eine Stunde lang.
Waehrend der Fahrer sich bemueht, fruehstuecken wir gemuetlich in einem Zeltrestaurant, das zufaelligerweise der Schwester des Fahrers gehoert (ja ja, in Ladakh sind ALLE irgendwie verwandt).
Irgendwann wachen dann ein paar ortsansaessige Maenner auf und zu siebt schieben wir das Auto an, bis es anspringt und wir ausser Atem und leicht schwindelig zur Wasserflasche greifen.

Korzok, der Ort, in dem wir uns befinden, liegt auf 4600m Seehoehe und das merkt man dort auch deutlich. Es ist saukalt und die Luft ist sehr duenn. Ich komme mit dem Gaehnen nicht nach, denn mein Koerper will Sauerstoff!

Endlich sind wir wieder unterwegs und treffen am Weg Tashis Bruder, der auf seinem Pferd seines Weges zieht. Zaehne hat er kaum mehr, aber er ist schoen ladakhisch gekleidet und traegt, wie alle Nomaden, zahlreiche Ringe an den Fingern. (Dass die beim Arbeiten nicht stoeren...) Er informiert uns, dass man auf uns gewartet haette und fuer uns Fruehstueck bereitet habe.
Eigentlich hatten wir uns bei Ama-le und ihrer Familie nicht mehr lange aufhalten wollen, doch diese Geste der Gastfreundschaft missachtet man nicht. Also buecken wir uns wieder in das kleine Zelt, wo man uns in Buttersosse gekochtes Schaffleisch mit einer Art Knoedeln serviert. Sehr reichhaltige Nahrung und riecht stark nach Schaf. Den Geruch bin ich den ganzen Tag nicht losgeworden. Man isst natuerlich mit den Haenden und zum ersten Mal stellt das eine echte Herausforderung fuer mich dar. (Mittlerweile esse ich teilweise sogar Reis mit den Fingern. Man passt sich halt an.)
Dann geht's zum Ziegenstreicheln an die frische Luft. Wir sehen noch beim Melken zu, wozu die Schafe und Ziegen Kopf an Kopf in einer Reihe gebunden werden, sodass man von beiden Seiten der Reihe melken kann.
Danach nehmen wir Abschied und fahren weiter nach Puga, zum zweiten Teil der Familie. Die haben ihr Zelt auf ein Steinfundament gesetzt und das Zelt ist ein bisschen groesser. Diese Nomaden hier sind ein klein wenig sesshafter und haben fuer ihre Tiere kleine Verschlaege aus Stein gebaut. Sie besitzen Ziegen und Esel.
Auch hier ruecken wir mit Gastgeschenken (Eier, Saft, Kekse, Zwiebel, Kohl) an und bekommen dafuer Tee und in der Pfanne gebackenes Brot angeboten. Alles sehr lecker und ich bin fast am Platzen! 3 Mahlzeiten in nur 3 Stunden sind halt schon heftig. Wir trinken ein paar Tassen Tee, denn ein 'nein' wird nicht akzeptiert, und machen uns wieder auf den Weg.
Weiter geht's nun zum spektakulaersten der Seen: Tsokar, der weisse See. Er heisst so, weil er so salzhaeltig ist, dass man frueher daraus Salz gewonnen hat. Das Ufer ist ganz verkrustet und weiss. Auf den sumpfigen Wiesen rundum grasen friedlich Yaks und Ziegen. Was fuer ein Anblick! Die Farben! Die Kontraste! Man muss sich dort schon sehr patschert anstellen, um keine spektakulaeren Fotos zu machen.
Wir streicheln wieder mal die Kitzlein (die kleinen Yaks waren zu schreckhaft) und fahren dann irgendwann mal weiter durch die endlosen Weiten und die karge Berglandschaft. Auf und ab und um die Kurven rumpeln wir, bis selbst der geschwaetzigen Tashi die Gespraechsthemen ausgehen.

Als unser Fahrer irgendwann muede wird, bietet Mariana an, sich mal fuer eine Weile hinters Steuer zu setzen, was er tatsaechlich annimmt und sie auch tut. Den ladakhischen Fahrstil hatte sie schnell heraussen, was das Auto eine Radkappe kostete. In Anbetracht der Tatsache, dass die anderen 3 eh schon laengst nicht mehr vorhanden waren, ist das wohl auch zu verschmerzen...

Nach dieser Fahrt (und nicht nur dem letzten Stueck) sind all meine Autofahraversionen und -krankheiten fuer immer geheilt, denn mit schlimmeren Strassen werde ich wohl so schnell nicht konfrontiert. Ob es wohl ein Zufall war, dass ich waehrend der Fahrt die ganze Zeit das om ma ni padme hum im Kopf hatte?

Trotz der endlos langen Fahrt, war der Ausflug eine grossartige Erfahrung: von Nomaden bewirtet zu werden war zwar ein geheimer Wunsch, aber dass ich diese Chance wirklich bekommen wuerde, haette ich nicht gedacht. Und die ewig wechselnde Landschaft hatte die Strapazen der Fahrt extrem gemindert.

Uebergluecklich und todmuede fiel ich am Abend ins Bett und hatte einen guten, maeusefreien Schlaf.

Naechstes Mal gibt's wieder mehr ueber den Alltag, denn auch der ist spannend und abwechslungsreich...

Monday, May 14, 2012

Circumstances

...ein Wort, das ich heute schon 5x erklaeren musste. Denn heute war spannend! Ich durfte die 7. Klasse, also die 13-Jaehrigen, unterrichten und ihnen ein recht kompliziertes Gedicht naeherbringen. Die Sprache ist dabei eine Herausforderung, denn ihnen sind viele Vokabel unbekannt. Ich versuche mein Bestes, Mimik und Gestik einzusetzen, was ein bisschen unfair ist, da in der Klasse 3 stark seheingeschraenkte Schueler sitzen - eine Herausforderung fuer mich! Aber Herausforderungen sind grossartig, denn sie machen meinen Alltag interessanter. Morgen geht's weiter und ich werd mich heut Abend noch in die Planung stuerzen!
Wie anders der Kulturkreis hier ist, hab ich gemerkt, als einer der Schueler mich nach der Bedeutung des Vokables bible gefragt hat. Ausserdem stehen die Schueler immer auf, wenn sie eine Frage beantworten, und erwarten offenbar, dass man ihnen danach sagt, dass sie sich wieder setzen duerfen. Das hab ich erst ueberrissen, als schon 3 Schueler gestanden sind.

Die ganze Woche durch darf ich Dolmas Klasse unterrichten, denn als Schuldirektorin hat sie momentan eh sehr viel Organisatorisches zu tun. Fuer mich ist es erstens die perfekte Abwechslung zu meiner Bastelei (jetzt gerade Karten mit Schmiergelpapierbuchstaben, die die Kleinen mit der Hand nachfahren koennen) und zweitens lerne ich natuerlich wieder mal einiges.
Damit auch meine Abende ausgefuellt sind, hab ich Anu, einer blinden Schuelerin, versprochen, ihr zumindest jeden zweiten Tag Nachhilfe zu geben. Sie will ausserdem einen Artikel ueber ihre Erblindung schreiben und darueber, wie fuer sie ein neues Leben begonnen hat, als sie ins Mahabodhi Centre aufgenommen wurde - dabei soll ich ihr helfen. Ich freu mich schon drauf!

Nach dem Ausflug am Wochenende und einem sehr entspannten Sonntag ist mir eine vollgesteckte Woche sehr willkommen.
Gestern war jedenfalls auch interessant: Der Moench, der das Centre gegruendet hat, ist von einer grossen Rundreise rueckgekehrt und wir waren alle um 7 Uhr gestellt, um ihn zu begruessen. Er ist sogar stehengeblieben, um ein paar Worte mit mir zu wechseln. Ich fuehl mich da immer so unverdienend, denn ich bin doch wirklich nicht wichtig.
Ja und dann war grosse Puja (Puja ist eine Mischung aus buddhistischem Gottesdienst und Meditation). Nach den ganzen Meditationen und so hat einer der Moenche mich und Mariana vorgestellt und uns nach vorn gebeten. Zuerst Mariana, dann mich. Ich bin wieder mal ganz hinten im Eck gesessen und musste drum schon wieder den Mittelgang entlang. Vorne hat er uns einen Gebetsschal umgehaengt und uns dann ein Mikro in die Hand gedrueckt und um ein paar Worte gebeten. Na toll! Eine Ueberraschungsansprache! Mariana war zum Glueck vor mir dran und ich konnte mir ein paar Gedanken zurechtlegen. Die Schueler fanden's jedenfalls lustig, als ich gemeint hab, ich sei ein bissl nervoes und ueberrascht, weil mir keiner gesagt hat, dass ich eine Rede halten muss. Es war jedenfalls eine schoene Erfahrung, und als ich den Moench dann geruegt hab, hat er verschmitzt gelaechelt und gemeint "surprises are sometimes better".


Was gibt's sonst?

  • Mittlerweile stehe ich gerne um 5:30 auf - endlich hab ich wieder einen ordentlichen Schlafrhythmus! Vielleicht kann ich das beibehalten, wenn ich nach Hause komme. (Oder sagen wir 7:00, man muss ja nicht uebertreiben).
  • Meditation ist mittlerweile ein fixer Bestandteil meines Tages - schliesslich klopft taeglich um 6:00 ein Maedel an meine Tuer "Ma'am, are you coming to Puja?" Da sag ich dann nie "nein". Vor allem, da sie langsam lernen, mich mit Vornamen anzureden. Ich hoffe uebrigens, dass ihr euch alle so gegen 3 Uhr morgens sehr geliebt und gluecklich fuehlt, denn wenn nicht, mach ich irgendwas falsch. (Die zweite Form der Meditation, wo man sich nur auf den Atem konzentrieren soll, gelingt mir eh nicht. Entweder schweifen meine Gedanken ab, oder ich beginne, muede zu werden). Jedenfalls will ich auch das beibehalten, denn es entspannt extrem.
  • Ich hab bestimmt schon 3kg abgenommen, da ich nur 3 sehr gesunde Mahlzeiten zu mir nehme und Suessigkeiten sowie Kaffee komplett gestrichen sind. Auch das laesst sich vielleicht dann beibehalten. Ausserdem mach ich viel Bewegung, denn der Mahabodhi Campus ist weitlaeufig: die einzelnen Gebaeude sind mindestens 300m voneinander entfernt und zum meditation centre ist es gar ein guter Kilometer. Die naechst-gelegene Ortschaft liegt zwar in Gehweite, aber das heisst in Kristy-Tempo querfeldein und bergab 25 Minuten. Faul bin ich also nicht. (Die Ladakhis verstehen eh nicht so ganz, wie man so viel Freude am Gehen haben kann).
  • Luxus lerne ich ganz neu zu schaetzen: heisses Wasser und Strom auf Knopfdruck beispielsweise. Eine Waschmaschine. Einen Teekocher. Internet. Aber es geht tatsaechlich auch sehr gut ohne, und das zu sehen tut echt gut. (Ausserdem hatte ich beileibe schon schaebigere Unterkuenfte, und das in Europa!) Vielleicht kann ich auch davon irgendwas in mein Leben zuhause einfliessen lassen. (Den Boiler und die Waschmaschine behalt ich aber!)
  • Und zuletzt kultiviere ich seit einer Woche effizient den Socken-in-Sandalen-Look, da man so oft die Schuhe ausziehen muss, dass ich begonnen hab, meine heissgeliebten Bergschuhe zu verfluchen. Und ohne Socken ist es zu kalt. (Sollte ich beginnen, auch das zuhause durchzuziehen, schlage mich bitte jemand)

Es geht mir also nach wie vor gut, auch wenn ich ein bisschen das Gefuehl habe, dass ich dort mehr lerne als ich lehren kann! Aber vielleicht empfind das eh nur ich so...