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Tuesday, July 30, 2013

Villae Rusticae - Wettrüsten auf dem Lande

[...] Extruxerunt quidem villas [...], sed illas imposuerunt summis iugis montium: videbatur hoc magis militare, ex edito speculari late longeque subiecta. […] Scies non villas esse sed castra
Sie bauten genauso Villen [...], aber sie stellten sie auf die höchste Spitze der Berge: dies schien mehr kriegerisch, aus der Höhe weit und breit die Niederungen zu überblicken. […] Man wird den Eindruck haben, dass das keine Villen sind, sondern Militärlager. (Seneca, epistulae morales 51, 10)

Seneca schreibt über die Prunkbauten reicher Leute in der Ferien- und Luxusregion Baiae zu Römerszeiten, doch darum soll's nicht gehen. Es geht um's Land - kein politisches Land mit Staatsgrenzen, sondern um "das Land", auf dem ich aufwuchs, bevor ich zuerst in eine Kleinstadt und kurz darauf in die Großstadt zog. In die Großstadt, die lauter, schneller, unruhiger, oberflächlicher, voller und naturloser ist als das Land, sodass ich mich oft frage, ob ich hier wirklich bleiben will oder nicht lieber wieder raus und weit weg will, ins Grüne, wo ich einen Garten bewirtschaften, Bienen und Hühner halten und meine Ruhe haben kann. In der Stadt, so heißt's, schert sich der eine nicht um den anderen - niemand grüßt, jeder geht seiner Wege und hin und wieder geraten zwei aneinander und stänkern und prügeln sich ihr Recht aus, doch generell ist jedem egal, was der nächste so tut.
Nicht so am Land: hier kümmert man sich umeinander. Hier käme es nicht vor, dass jemand unbemerkt stirbt und in seiner Wohnung zur Halbmumie vertrocknet. Hier ist man einander wichtig. 
So sagt man. 
Hier ist man einander so wichtig, dass man immer an der Meinung der anderen interessiert ist und ebenso genügend Meinung über die anderen hat, da man ja viel "Wissen" hat, auf das man seine Meinungskonstrukte bauen kann. Die anderen sollen aber bitte möglichst gut von einem denken und um ihnen die Meinungsbildung zu erleichtern, versorgt man sie auf mehr oder weniger direkten Wegen mit Fakten:

Man baut beispielsweise ein Haus von beachtlicher Größe - lieber etwas größer als notwendig, denn man weiß ja nie, wieviele Dutzend Kinder man mal haben wird - mit mehreren Kinderzimmern, Terrasse, Balkon, Whirlpool, Sauna, Wirtschaftsräumen, doppelter Garage für den Erst- und Zweitwagen und einem großen Garten. Wenn möglich auch gleich ein Passiv- oder Niedrigenergiehaus, denn man ist ja am Puls der Zeit. Dieses stellt man möglichst erhaben auf, beispielsweise auf einen Berg, von dem es herabschauen kann (bzw. den andere hinaufschauen können). Hat man es dann gebaut, darf man zurecht stolz auf seine Leistung sein und da Freude gleich schöner erblüht, wenn man sie teilen kann, zeigt man sein Kunstwerk natürlich her. Das hat freilich den Vorteil, dass man mit den Mitmenschen kommunizieren kann und man demonstriert gleichermaßen, dass man fähig ist, mit den Moden des Dorfes mitzuhalten, wenn nicht ihnen gar voraus zu sein. Man kann den eigenen Ideallebensstil gleich akribisch vordozieren und seine Vorrangstellung implementieren: der Besucher ist entweder beeindruckt, weil er solch großartiges Gebilde nicht selber erschaffen hat, oder stand schon zuvor auf der von den Hausbesitzern neu-erreichten Stufe. Da schau, da kannst dir anschaun, wie man sowas macht - so muss das sein!

So entsteht durch diesen optischen Informationsaustausch, das Vorleben von anzustrebenden Werten und das permanente Bedürfnis, mit allen anderen mitzuhalten ein regelrechtes Wettrüsten in den Kategorien "Haus", "Auto", "Technik", "Gartenpflege", "Tortenfertigungskunst" und - nicht zuletzt - "Kaffeemaschinen". Kaum wird die erste Kapselmaschine feierlich in einem der dortigen Haushalte auf die blank geputzte Küchenoberfläche gestellt, zieht über die nächsten 5 Jahre kein Weihnachten, kein Geburtstag und keine 50er-Feier vorüber, an der nicht ganzenorts nachgerüstet wird. Es ist ein unausgesprochener Imperativ.

Neulich geschah es, dass meinen Eltern, als sie sich aus sozialen Gründen eines dieser neusanierten Prunkhäuser ansehen gingen, beinahe kein Kaffee angeboten wurde, was, wenn man wirklich Wert drauf legt und sittentreu lebt, per se schon ein mittleres Drama ist, gehört schließlich das Anbieten von Kaffee zu jeder Tages- und Uhrzeit zum guten Ton, dessen Einhaltung ungeschriebenes Gesetz ist. Also es wurde beinahe eine der Grundregeln der Gastfreundlichkeit am Lande gebrochen. Es wurde herumgedruckst. Und schließlich kam heraus,  dass die liebe und bemühte Gastgeberin sich des altmodischen Kaffeebräugeräts schämte. Es sei nur eine Filtermaschine wurde sich da peinlichst entschuldigt, als wäre das ein funktionsuntüchtiges, veraltetes und hygienisch bedenkliches Gerät. Meine Mutter riss vermutlich die Augen ebenso ungläubig auf wie ich, als sie mir die Geschichte erzählte. Ich war blauäugig genug kein soziales Stigma darin zu orten, nicht zur Elite der Kapselmaschinenbesitzer zu gehören. (Oder zumindest einer Maschine mit eingebautem Mahlwerk, die genauso individuell Kaffee in der richtigen Dosierung mit dem richtigen Mahlgrad und der richtigen Menge Wasser rauslässt.) Filterkaffee ist scheinbar nicht mehr gut genug, um Leute zu bewirten, sodass man dafür sogar beinahe das eherne Gesetz der Gästegrundversorgung bricht. (Dass in der Stadt bereits seit kurzer Zeit die Zubereitung des Filterkaffees zur Wissenschaft erhoben wurde und dieser dadurch in Wirklichkeit und ganz heimlich noch viel mehr in ist als die Kapselmaschinen ist freilich noch nicht durchgedrungen.)

Der Wettstreit um den vorzeigbareren Lebensstil, der von der Bevölkerung an peripheren Orten oft betrieben wird, lässt einem das Blut in den Adern aufkochen: als wären die Größe des Hauses und die Marke und Funktionsweise der Kaffeemaschine ein Gradmesser von Lebensqualität oder - noch schlimmer - Personengüte! Gibt es wirklich keine wichtigeren und relevanteren Gesprächsthemen als das neueste Gerät X im Haushalt Y oder die neueste Tortenkreation von Frau U beim letzten Feuerwehrball? Ist das Bedürfnis mit bestimmten Koryphäen der ländlichen Innovation Schritt zu halten wirklich so groß, dass man beginnt, sich für Abweichungen von diesem "Ideal" innerlich selbst zu geißeln und zu entschuldigen?

Meine Traumvorstellungen vom bukolischen Landleben zerbröseln vor meinem geistigen Auge und ich beginne das Stadtleben wieder mehr zu schätzen. Ich lobe es mir, dass außer meinem Freundeskreis, der von mir weder eine standardisierte Bewirtung erwartet, noch meinen Aufwand (sollte ich mir einen machen) von oben herab kommentieren würde, niemand weiß, wie ich in der Stadt lebe und daher darüber nicht urteilen kann, denn im materialismusgesteuerten Ringkampf um Rang und Anerkennung als gute Hausfrau hätte ich wohl eher schlechte Karten...

Friday, July 12, 2013

Silently raging against the world

is probably as carcinogenic as a bag of crisps, sunbathing and drinking from plastic bottles, which is why I need to let it all out using this virtual wall as my punchbag (as people usually get bored listening, so I stopped talking).

This entry is fuelled entirely by pent-up rage and might, therefore, not be 100% accurate in details, as it is solely an expression of my impressions. Also, it is hypocritical. It couldn't not be. It's also really badly structured - but it's a rant, so I am going to excuse myself.

~~~~~

There are times, like now, when I am in a permanent state of high concentration, focused on keeping all the strings of events in a firm grip. I am (co-)organising three things at once, whilst striving to fulfill my own expectations of a mix of vita activa and vita contemplativa*. Not really stressed out but strung like a bowstring with the effort of idea-juggling, my patience with "the world" is somewhat more limited than on other days.
*i.e. a fair amount of exercise and keeping up with world news to some extent

Today I went shopping. Just as I did the day before yesterday, because I was in need of certain accessories for a certain event. I realised how much I actually detest shopping, especially if it is "necessary"*: Hunting for hours for a certain item - which hopefully has a practical function to make it more bearable - tires me. Not only physically. (Admittedly, there is an element of fun to it too, especially when the time is spent with a really good friend and we're trying on hats, but I shall focus on ALL the negatives for now).
* i.e. something specific is needed for a specific purpose; if it is truly necessary is often debatable

Somehow my radar for irritating phenomena is significantly more sensitive on days like the ones described above: I walk around in public more, am exposed to more marketing nonsense and attempts of consumer-manipulation, I see lots of other people buying into said nonsense, happily emptying their purses for worthless trash just to be worried later-on about how to make ends meet. It's twisted.

Sale-Signs scream at passers-by: Come in or you might regret it in a few weeks' time! It does make me nervous: What if I realise a few weeks from now that I wanted a certain skirt, but was too "lazy" to go and buy it when a) it was still available or b) it was still cheap? I swallow hard, cursing myself for even letting myself be affected by a last-minute spell of panicky greed and walk on (or not). Whilst other people stream in and out of shops, bags continuously swelling.
Ooh, and all the plastic! For every pair of undies you get a separate plastic bag. Sometimes things are wrapped doubly: clearly, this is more elegant and exclusive and, therefore, a sign of prestige etc. etc. All those plastic bags will sooner or later end up in a seagull's stomach or wrapped around a sea lion's neck, slowly strangling it. What is it with all those naughty activists: they put pictures like that in our heads. We need to blank them out, when shopping! But, fuelled by reports about all the things wrong with this world, I register more little signs of these wrong conditions everywhere and that makes me furious and depressive simultaneously and I want to scream.

I am starting to understand why people avoid watching documentaries like "Plastic Planet", "We feed the World" or "More than Honey", because they do take all the "fun" out of life. How the hell am I supposed to enjoy myself when I am constantly being made aware of how my unreflected behaviour has severe consequences on
a) the environment,
b) people with the bad luck of having been born at the bottom end of the power-pyramid and are forced to poison themselves providing us with stuff we don't actually need,
c) the global climate and
d) eventually myself: my body and my psyche??
Save the bees, eat healthily, say "no" to plastic, stop people from murdering one another, protect the rainforest, aid immigrants, don't throw away food, wear only clothing made from organically-grown resources, produced under ethically correct and humane conditions, eat only organically and locally grown food free of herbi-, pesti- and fungicides, as well as other toxic substances - vegetarian or vegan, if you can; watch your carbon footprint: don't travel by plane too much and best don't own a car. Frustrating.
I do get why people ignore all that and stick to media that deal with lighter topics or are at least easy to consume, because they blame it all on politicians and various other people, thereby offering a comprehensible and easily adoptable (hardly biased) stance which is - how practical! - shared by thousands of other people, so that (obviously) they are all right in not supporting these mad new ideas some people have.
So let's ignore it all and shop away, because a new dress will make me happier than trying to correctly recycle my waste. And the cheaper it is, the better - then I don't have to consider if I really like it or if I have shoes and a jacket to go with it, because I can just buy them really cheaply too. (Because it's obviously not my fault the workers don't get paid or that buildings collapse over their heads. I mean: why don't the companies do anything about it? It's an OUTRAGE! but not my fault, so... I take those two shirts as well. They're kinda cute and only cost €7 each.)

So. I went shopping today. But before I did, I decadently had breakfast at a bakery - reading my newspaper while sipping my coffee: all proper Viennese style. The interior was posh and done-up to make people feel at home or conjure in their minds an alpino-rural idyllic picture: the smell of summer and hay, the milk freshly milked and foamy, country-side eidyllion. (Thanks to dark wood and mugs and plates in sunny yellow and a checkered rural blue and white pattern). So much for the interior. Now for the personnel: They were slow, but stressed out, understaffed, forgot parts of my order and needed to be reminded of them twice (which was not easy, because they were unattentive enough to let me wait for several minutes until they showed up in eyeshot again). When addressed, they gave me an annoyed look, even though I was being both friendly and patient (in my opinion, at least). Idyll destroyed. I had time enough, though, and didn't bother much - but it registered.
Is it really so hard to be friendly to customers instead of treating them like an unwelcome nuisance? Apparently it is. (I remember, from my days as a breadseller, an old woman who thanked me for being "so kind and friendly", which I consider standard-behaviour, especially at a job where one has to deal with people every day. "It's rare that people smile at one, nowadays." I was startled. Now I see what she meant.)
Why is everyone too stressed to be friendly?

So, then I went shopping. But first I went to meet my mum at a shop for sports gear. The shop assistant was busy with her iphone. She didn't even notice me when I walked in. Since all I had to do was to wait for my mum, I watched her. For about 10 minutes. She only briefly put the phone down, when one of her colleagues needed her help. Then she returned to texting, or whatever she was doing. (Mum then told me that she'd asked her for help earlier on and she had barely given a useful answer and rather given the impression that she wanted to get away as quickly as possible).
Why don't you pay attention to what is going on around you? Instead of whiling away the time on the net - and get paid for it. That hurts a bit - especially, since I have a job that continuously gets dragged through the dirt and we have a reputation of "not working enough". Nice - hold the punchbag for me, please?

So, then I finally did go shopping and not even far. Actually I only needed earplugs, so I went to the drugstore. Mum wanted to be quick and efficient about it and asked one of the saleswomen there, if she could tell us where to find them. Instead of showing us, she hurriedly (also slightly annoyed) pointed into the general direction of the middle of the shop and quickly turned around again to carry on re-stacking the shelf. (Did you understand what she mumbled?.. Me neither.) It took us several minutes to find the right shelf.

By then I was already HATING shopping centres, shopping streets and other places whose only purpose it is to make people spend money, WITH ALL MY HEART. They are not places that make people happy and it's not fun to spend time there: it's exhausting for everyone involved: shopkeepers and customers alike. Plus it seems that quite a lot of people have forgotten that it is also possible to spend time in other ways than shopping and that makes me sad.

I realise it is about time for me to take a break from the city again and spend some time... on the road. Or in a field...



Saturday, December 01, 2012

Kerzenschein statt Bildschirmflackern

Die Nacht vor dem ersten Dezember ist ein Datum, das ganz gut passt für diesen Blogeintrag.

Heute war ein stressiger Tag: Früh aufgestanden - ab in den Zug und zum ersten Ort des Tages gehetzt und dort die ersten zarten Fäden eines bald benötigten Netzwerkes gesponnen - Mittagessen und weitere Netzwerkungen, dann ab in den Zug zum nächsten Ort gehetzt, um dort auch noch körperlich angestrengt zu arbeiten. Schließlich (abends) erschöpft in der überfüllten Bim nach Hause. Eine Stunde Zeit, um ein paar Dinge zu erledigen und dann ab auf's Rad und Leute treffen.

Eigentlich wollte ich absagen. Alles schon wieder viel zu stressig. Warum ist der Tag so voll? Und warum waren alle (wie viele? viele...ich zähle nicht mehr) davor es auch? Warum sind mir in der Früh die Worte eines weisen Freundes 'Be careful not to wear yourself out.' durch den Kopf geschossen, mit dem Zusatz 'Achtung, er hat nicht Unrecht.'?
Ich war knapp davor, mein abendliches Treffen abzusagen und hätte es wohl auch getan, hätte es sich nicht um einen Bekannten gehandelt, den ich das letzte Mal vor eineinhalb Jahren gesehen habe, weil er in Rumänien wohnt, wo er mich damals beherbergt hat. Jetzt ist er kurz in Wien. Eine fast einmalige Gelegenheit, wieder mal Geschichten zu tauschen. Also Zähne zusammenbeißen, ab aufs Rad und los geht's.

Meine Disziplin sollte Früchte tragen, denn als ich mich in einem halbstündigen Fastmonolog über meine grandiose Zeit in Indien heiser sprudelte, kehrten viele mittlerweile gedankengrasbewachsene Erinnerungen zurück:
Wie viel Zeit ich dort hatte! Wie viel Muße! Wie schön es war, kein Mobiltelefon zu verwenden und auch nur alle paar Tage Zugang zum Internet zu haben. Wie sehr ein disziplinierter Schlafrhythmus und frühe Morgenstunden zum Wohlbefinden beitragen.
Wie unnötig ist außerdem diese Hektik, die alle hier an den Tag legen und in die ich mich schon wieder reinsaugen hab lassen, obwohl ich das ja um jeden Preis vermeiden wollte und obwohl ich momentan nicht die geringste Ausrede dafür habe, mich auch nur irgendwie stressen zu lassen!

Ich wurde erinnert an einen nicht zu weit zurückliegende Zeitabschnitt, als ich mit den Leuten um mich herum tatsächlich gesprochen habe, anstatt a) entweder gleichzeitig am Computer festgewachsen zu sein, um damit die Zeit zu verdreschen, bis sie stirbt, oder b) in den öffentlichen Verkehrsmitteln mich mit Musik aus meinem Umfeld gestöpselt und auf der Klangwelle weggespült zu haben.

Diese und noch mehr Gedanken keimten während des Gesprächs auf und ich erschrak darüber so sehr, dass die nächsten ruhigen Nachdenkminuten (auf der Toilette - dort hat man immerhin noch sowas wie Zeit) mich zu folgendem Beschluss brachten:

Die Zeit vor Weihnachten soll eine besinnliche sein. Eine, in der man sich auf's Weihnachtsfest einstellt - und zwar nicht im kreditkartenbelastenden Sinne. Ich habe beschlossen, für die gesamte Adventzeit meine Internet- und Handynutzung aufs Allernotwendigste zurück zu drosseln - ersteres nur einmal täglich kurz zum Emailabruf und der etwaigen Informationsbesorgung zu verwenden und letzteres nur für wirklich nötige Anrufe und Nachrichten. Die dadurch entstehende Zeit will ich dafür wieder umso bewusster und sinnvoller zu nutzen. Ohne unnötige (weil unbewusste) Musikbeschallung. Ohne unnötigen (weil unbenötigten) Input. Dafür mit innerer Ruhe und einem freien Kopf.
Vielleicht backe ich, vielleicht mache ich ausgedehnte Spaziergänge, vielleicht bastle ich mir einen Adventkranz und genieße das Kerzenlicht, während ich einfach nur in die Luft schaue. Alles ist möglich.

Ich wünsche euch auf jeden Fall einen schönen Advent! Vielleicht wollt ihr euch ja auch nicht stressen lassen.

Friday, November 23, 2012

Speziell für Sie: Ofenfrisch aus der Mikrowelle

Ein Phänomen, das mir immer häufiger unterkommt und dessen wachsende Absurdität mich zu einem erbosten Aufschrei anstachelt, ist die relativ neue Mode, Konsumenten (vorwiegend) Backwaren in gewärmtem Zustand zu verkaufen. Warm = frisch; auch, wenn das Gut, um das es sich handelt vielleicht schon mehrere Tage lang auf dieser Welt war.

Und überhaupt ist warm scheinbar viel besser zu bewerten als kalt. So hat man mir, in einer von mir sehr geschätzten Bäckerei, eine Marzipankolatsche mal freudig lächelnd mit den Worten 'Die ist ganz frisch aus dem Ofen!' verkauft. Blöderweise wollte ich sie gleich essen,  mag aber kein warmes Marzipan und bekomme außerdem von warmen Backwaren - besonders den vollkornhaltigen - sehr leicht Bauchweh. Meine Freude hielt sich also in Grenzen.

Dass das bei einem Bäcker passiert, ist ja nun kein Wunder: immerhin wird dort den ganzen Tag lang Gebäck frisch aufgebacken, damit die Kunden das Frischeste vom Frischen bekommen. (Ich untergrabe das Konzept und kaufe die (garantiert nicht warmen) Waren vom Vortag zum halben Preis. Ha-ha. Doppelsieg!)

Viel schlimmer jedoch finde ich die Unsitte, mittlerweile alles in die Mikrowelle oder den Toaster zu legen, was eine derartige Wärmebehandlung überlebt. Oder eben nicht.
Als ich das erste Mal gefragt wurde, ob ich den mit Frischkäse und Salat gefüllten Bagel getoastet haben wolle, rief ich schockiert und ungläubig 'Nein!' und begann, für alle Zeiten am Hausverstand der Bedienpersonen des Etablissements zu zweifeln: Bei Frischkäse kann man vielleicht noch diskutieren, aber Salat genieße ich bevorzugt ungewärmt.
Auch als man mir bei Coffeebucks mal einen Scone aufwärmen wollte, warf ich mich gedanklich sofort zwischen ebendiesen Scone und die Mikrowelle. Einen (vermutlich) mehrere Tage alten Scone will ich garantiert nicht aufgewärmt, danke. Der wird dadurch zuerst letschert und dann nur noch härter als vorher. Und dann muss ich tunken. Ich tunke nicht gern.

All das kann ich mit halbwegs versteckter innerer Empörung ja noch irgendwie hinnehmen. Wenn es allerdings zu Zwischenfällen wie vergangenen Montag kommt, schwappt das Fass der Erträglichkeiten über.
An besagtem Montag wollte ich mir, getrieben vom spontanen Gusto und nicht vom Hunger, einen Schokomuffin bestellen, auf dass er den Kaffee komplementiere. Also tat ich das, denn die Muffins sahen hervorragend aus. Der Faden meiner Geduld war schon etwas angespannt, ob der offensichtlichen Optimierbarkeit des Servierpersonals*, doch immerhin wurde meine Bestellung fragenlos entgegengenommen.

 *ja, ich bin sehr, sehr kritisch geworden. Aber ich darf das.

Doch, oh, ich wünschte sie hätten mich gefragt! Denn was bekam ich? Einen brennheißen Schokomuffin, dessen aufgestreute Schokoladestückchen nun schon zum zweiten Mal halb geschmolzen, halb karamellisiert waren. Welch Freude.

Enttäuscht starrte ich für einige Sekunden auf den Teller. Überlegte, meinen Frust mit dem ersten Bissen heißen Muffins zu zerkauen und runterzuschlucken. Doch dann fasste ich mir ein Herz, brachte ihn zurück und verlangte einen ungewärmten Muffin. "Aber der hat doch einen flüssigen Schokokern!" ließ ich dabei als Erklärung dieser Frechheit nicht gelten (vor allem, da sich herausstellen sollte, dass der Kern auch beim kalten Muffin nicht fest war, weil Nutella).
Der war dann ok. Obwohl die Enttäuschung trotzdem noch nachklang.

Wie kommt man auch auf die Idee anzunehmen, dass Kunden einen brennheißen Mikrowellmuffin einem stinknormalen, nach dem Backen ausgekühlten Muffin vorziehen könnten? Frisch aus dem Ofen nach dem Selbstbacken ist halt doch anders, als frisch aus der Mikrowelle und für die Zukunft lerne ich: Egal worum es sich handelt, ich werde ab jetzt alle Backwaren ausdrücklich 'ungewärmt' bestellen. Egal, ob ich dann blöd angesehen werde oder nicht.


Tuesday, October 09, 2012

Emoticise me

Dieser Beitrag hätte schon etwa vor einem Jahr verfasst werden sollen, doch Freundin Faulheit und die üble Notwendigkeit, sich mit anderen Schriftstücken beschäftigen zu müssen, kamen dem in die Quere. Neu angestachelt, dieses schwelende Ärgernis endlich auf virtuelles Papier zu bringen wurde ich nicht zuletzt durch einen Profilartikel (in der Ausgabe vom So 7.10.), der neben der Überschwemmung von Facebook und anderen Bildumschlagplätzen durch emotional positiv behaftete Bilder wie Kätzchen, Sonnenuntergänge und ähnliches, auch die Inflation von gelben Grinsegesichtern in beinahe jeder versandten Nachricht bekrittelt. Die Bilder lass ich jetzt mal im Lager angelehnt, denn über zu viel Geknipse hab ich mich ja eh dort schon echauffiert. Aber zur Invasion der Smileys habe ich meinen Senf noch auf den großen Teller zu patzen.

Schon länger fällt auf, dass man kaum mehr eine informelle SMS oder eine Email findet, in der sich der Absender nicht bemüßigt fühlte, ein lachendes, zwinkerndes oder die Zunge rausstreckendes Smileygesicht einzufügen. Selbst Emails vom Chef enthalten diese Dinger zum Teil und verwirren mich immer, da das Genre nicht ganz stimmt. Gehen wir noch einen Schritt weiter zur virtuellen Kommunikation in Echtzeit, nämlich zu Skype oder ähnlichen Medien (man denke an die Zeiten von Windows Messenger oder ICQ), entkommt man den Emotica noch weniger. Zu allem Überfluss trifft man sie hier nicht mehr nur in der Doppelpunkt+(Bindestrich+)Klammer-Variante an, sondern es wird dem Benutzer dort schon seit Jahren eine unüberschaubare Fülle von gelben Grinsebällen angeboten, die sich wütend rot färben, Tränen vergießen oder sich ihre Stirnfransen aus dem Gesicht streichen (stets mein Favorit, da seine Unnötigkeit von beinahe keinem anderen Emoticon übertroffen werden kann). Diese verleiten sehr schnell dazu, Dinge nicht mehr auszusprechen, sondern gleich das entsprechende Emoticon zu suchen und anstelle von Worten einzufügen: schnell, effizient und oft ausdrucksstärker.

Anfangs ist es ja irgendwie witzig, die Dinger einzubauen, wenn sie emotional gerade passen, aber irgendwann erschlägt einen ein Textbeitrag durch seine kugelig-bunte Vielfalt. Die Zeilen rutschen aus Formatierungsgründen an unlogischen Stellen auseinander und der Text liest sich gleich einem Volksschullesebuch, wo unbekannte Wörter noch durch eine Zeichnung ersetzt waren.

Irgendwann beginnt es dann zu nerven. Kann man einander denn keinen durchläufigen Text mehr schicken, bei dem man nicht den Eindruck bekommt, dass der Verfasser innerhalb von 3 Sätzen fünfmal seine Mimik ändert? Ist es wirklich notwendig geworden, dass wir unser weit entferntes Gegenüber mit schemenhaften Skizzen unserer momentanen Laune behelligen müssen, bzw. ihnen dadurch versichern müssen, dass wir eh gut gelaunt sind? (Müssen wir gut gelaunt sein? Reicht neutral nicht eigentlich aus?)


na? nervt's?


 Offenbar lautet die Antwort darauf "ja". Man hat scheinbar Angst davor, dass das Gesagte beim Lesenden falsch ankommen könnte. Vielleicht klingt's böse, wenn ich das so kurz und knapp schreibe? Sicherheitshalber tu ich da ein Smiley dazu. Glaubt der jetzt, dass ich beleidigt bin? Ein zungezeigender Flummi hilft bei der Klärung. Versteht man meinen Sarkasmus? Ich schwäche alles potentiell Angriffige mit einem Zwinkersmiley ab.
Das geht in manchen Fällen so weit, dass man keine Sätze mehr findet, denen nicht irgendein emotionenanzeigendes Kürzel angehängt ist (und hier beziehe ich auch Dinge wie "lol", "rofl", "g", "lmao" etc. mit ein, denn die sind ja eigentlich nichts als die Verschriftlichung von Emoticons, wie sie von rebellierenden Smileydesafficionados bevorzugt werden).

Nett? Keineswegs. Damals, als ich mich probeweise auf einer Partnersuchplatform bewegte, musterte ich derartige Kandidaten sofort aus. Warum? Weil übertriebene Verwendung von Emotica ein Zeichen von Unsicherheit ist und dadurch der Text vermutlich sowieso verfälscht ist, fand ich, und mir außerdem - so ganz subjektiv - auf die Nerven geht. Ein oder zwei in einem Text sind ja akzeptabel, aber nach jedem Satz muss das echt nicht sein.
Nun ja, leicht erklärbar ist es dennoch: Wenn man sich schriftlich kennenlernt, fällt es dem Addressaten unter Umständen nicht unbedingt leicht, dem Humor des Schreibers zu folgen - Smileys wirken da als eine Art Legende, die anzeigen, wann etwas lustig ist und wann man es mit Ernst betrachten muss. (Die geschriebene Variante einer amerikanischen SitCom, sozusagen: Man bekommt nicht laut vorgelacht, sondern ein - mehr oder minder - dezenter Smiley symbolisiert: Achtung, das hier ist nicht todernst zu nehmen.) Hat durchaus irgendwie Berechtigung.

Und damit bin ich auch schon an dem Teil des Beitrags angekommen, wo ich mich selbst in die Mangel nehme: So sehr mich diese ganze Gelblacherei aufregt, merke ich immer wieder, dass ich selber nicht umhin komme, meine Handynachrichten damit zu versehen oder meinen Skypeaussagen damit eine klarere Richtung zu geben. Die Angst davor, falsch verstanden zu werden, oder zu ernst zu wirken, ist zu groß, als dass ich dieses Jucken in den Fingern ignorieren könnte. Ein Emoticon hilft oft tatsächlich, der Kommunikation die unbeabsichtigte Mehrdeutigkeit zu nehmen.
Bei Emails reiße ich mich immerhin mittlerweile meist so weit am Riemen, dass sie (beinahe) ohne Grinsegesichter auskommen, bzw. retuschiere ich nach dem ersten Entwurf meist gut die Hälfte der eingefügten wieder raus, um einer Überladung vorzubeugen und selbst bei SMS wird es schon besser, wobei auffällt, dass ich mich bei Leuten, die ich gar nicht oder bei jenen die ich sehr gut kenne, weitaus seltener genötigt fühle Verständnissmileys einzufügen, als bei Leuten, die ich mittelmäßig gut kenne und die sich noch eine profundere Meinung von mir bilden müssen.

Es ist also ein Dilemma. Die Sprachpuristin in mir schreit nach Abschaffung dieses Trends und einer Auslöschwelle der gelben Kreise, während der Teil in mir, dem die soziale, interpersonelle Komponente von Kommunikation am Herzen liegt, sich davon nicht recht zu lösen vermag, immerhin geht es bei Sprache ja darum, sich verständlich zu machen. Schade, aber, dass man das mit Worten alleine scheinbar nicht mehr recht vermag.


Friday, March 30, 2012

Slam it!

In einer Stadt wie Wien gibt es ja zahlreiche und manigfaltige Möglichkeiten der Abendgestaltung. Viele wurden von mir schon getestet oder werden regelmäßig beansprucht, doch hin und wieder ergeben sich noch Neuheiten. Letzten Mittwoch, beispielsweise, als ich zu einem Poetry Slam mitgenommen wurde.

Ich hatte eine sehr vage Idee davon, was mich erwarten würde, und meine Stimmung schwankte zwischen freudig-erwartungsvoll und auf-unbeeindruckend-eingestellt.
Eingetroffen, hingesetzt und mit einem Glas weißen Spritzers zur fortlaufenden Hydration versorgt, ließ ich erste Eindrücke wirken und lernte gleich mal im Detail, was geschehen würde:
Ein Poetry Slam ist eine sehr informelle Veranstaltung: ein buntgemischtes, sich durch wenig Schüchternheit und viel Enthusiasmus (mit fortschreitendem Abend und steigendem Alkoholkonsum ebenso steigend) auszeichnendes Publikum, das sich gerne an sprachlichen Perlen ergötzt.


Poeten und Menschen, die sich als solche sehen, dürfen sich anmelden, eine Reihenfolge wird gelost und die Vorträger bekommen dann 5 Minuten, in welchen sie auf einer kleinen Bühne einen (bei entsprechender Kürze auch mehrere) selbstgeschriebenen Text zum Besten geben dürfen. Ziel ist es, die Gunst des Publikums zu gewinnen. Da von Applaus allein noch niemand satt geworden ist, werden freiwillige Spenden in einem Topf (oder nachhaltigen Stoffsackerl) gesammelt, die der Sieger/die Siegerin des Abends mit nach Hause nehmen darf. Um jene(n) zu bestimmen, werden an eine handvoll Freiwilliger Jurykarten verteilt, anhand denen eine Wertung erstellt wird. Die höchste Summe der Punktezahlen siegt.

So viel wusste ich. Etwas eingeschüchtert war ich jedoch, da ich irgendwie halb erwartete, als Publikumsteil miteinbezogen zu werden und direkt angesprochen zu werden - eine Sorge, die sich als unbegründet herausstellen sollte.

Der erste Poet - das ungewertete Opferlamm "zur Eichung des Publikums" - trat auf und trug in klarem, deutschem Hochdeutsch einen Text über Liebe, Abschied, Sehnsucht und Selbstmord vor. Kontrastär war dazu der erste echte Kandidat, der mit einer sehr wienerischen Färbung sprach, was sich mehr als erwartet auf die Wirkung des Gedichts schlug. Und so ging's dahin. Das meiste war sozialkritisch, vieles ist selbstironisch, anderes komplett trivial. Mit jedem vorgetragenen Text taute das Publikum (inklusive mir) mehr auf, lachte, klatschte, kommentiere und so herrschte bald freundlich-entspannte Wohnzimmeratmosphäre.

Ich entdeckte ganz neu, was für ein genial wirkungsvolles Kunstmittel Sprache ist, wenn sie gut eingesetzt wird. Wie Stimme, Tonlage, Sprechtempo, Mimik und Gestik alle einen klein wirkenden, aber doch ungemein bedeutenden Beitrag zum Gesamtkunstwerk leisten. Wie man mit diesen wenigen Mitteln doch einen ungemeinen Eindruck und tolle Effekte erziehlen kann; Stampfen, Wortrhythmik, Schreien, Flüstern, Walgesänge, ein Hauch Desperation - all das fügt dem verbalen Bild eine neue Farbe hinzu). Bald war ich reingesaugt in dieses auditive Erlebniss und so manches Gedicht bahnte sich seinen Weg tiefer unter meine Haut, als ich für möglich gehalten hätte. Besonders das Siegergedicht über Krieg in Bosnien ging mir nahe - vielleicht deshalb, weil es einen ernsten Kontrast zu den anderen, leichteren Themen bildete.

Fazit: Ich fühlte mich besser unterhalten, als bei den meisten Theateraufführungen und bin wieder verstärkt auf den Geschmack für Sprache gekommen. Ich habe gelernt, dass geschriebene Sprache eindimensional ist - oder vielmehr, dass Sprache ungleich an Wirkung gewinnt, wenn sie gesprochen wird. Und dass hierbei, dialektale Färbung eine größere Rolle spielt, als ich gedacht hätte.
Kurz: ich war richtig fasziniert und werde mein Abendausfülloptionsrepertoire gerne auch in Hinkunft um dieses Juwel bereichern. Und eventuell die eine oder andere geneigte Person mitschleppen und versuchen, mit meiner Begeisterung zu infizieren. Impft euch rechtzeitig!

Sunday, March 04, 2012

Die Ästhetik eines Giraffenpopos

Ein von mir sehr respektierter (wenn auch leicht respektvoll gefürchteter) Professor warf beim Betreten einer Kirche mit gut erhaltenen und deshalb sensationellen Fresken eine bissige, doch höchst treffende Aussage in den überwölbten Raum, nämlich, dass Leute heutzutage überhaupt nicht mehr schauten, sondern nur gleich mehrere Fotos machten, um danach ihr Augenmerk (oder eher das Objektiv) auf die nächsten Dinge zu richten. Diese Aussage ließ mich zuerst einmal beschämt die Kamera einstecken und setzte im Weiteren einen langjährigen Denk- und Beobachtungsprozess in Gange, der mir die Freude an der Fotografie minderte. Gut so.

Bei einem Besuch im Tierpark kürzlich nahm ich mir Zeit für ein paar weniger frequentierte Gehege, um den durch energisch geschobene Kinderwagen induzierten blauen Flecken im Schienbeinbereich vorzubeugen und weiters eine gute Sicht zu haben. Ich beobachtete die von mir gewählten Exemplare eine Weile und ließ die Massen an mir vorbeiziehen. Dabei konnte ich nicht umhin, auch die Wesen auf meiner Seite der Glasscheibe ins Auge zu fassen und bei manchen ein seltsames Verhalten festzustellen: Man betritt das Gebäude, sucht das Tier, tritt mit gezückter Kamera an die Scheibe/das Gitter, stellt scharf, drückt ab, schaut auf den kleinen Bildschirm, geht weiter. Nächstes Gehege, andere Menschen - selbes Procedere: einmal sind es die Hinterteile von zwei Giraffen, die festgehalten werden, dann ist es je-der-ein-zel-ne Vogel in einer Voliere. (Kein Wunder, dass die Kaiserpinguine alle dem Besucherfenster immer den Rücken kehren.)

Innegehalten wird nur zum Scharfstellen. Geschaut wird später.

Oder gar nicht.

Ich bezweifle nämlich stark, dass die emsigen Hobbyfotografen mit Ausrüstungen von variablem Wert sich die Giraffenpopos jemals wieder ansehen. Und ganz ehrlich: warum ein minderqualitatives, von Gitterstäben eingegrenztes Bild von Giraffen machen, wenn man so schöne Fotos von denselben Tieren in freier Natur im Internet findet? bzw. weiß doch eh jeder, wie eine Giraffe aussieht. Warum schaut man sich die Giraffen nicht im Detail an, wenn man schon einmal eine echte vor sich hat? Was für einen verbogenen Hals sie haben, zum Beispiel, oder wie die Schecken teilweise fast herzförmig sind. Oder die lustigen kleinen Vögel in der Voliere: ich fand's spannend, ihnen dabei zuzusehen, wie sie minutenlang versucht haben, Sardellen mit den langen dünnen Schnäbeln aufzuheben, zu zerpicken oder so zu positionieren, dass sie sie schlucken konnten. Wie der eine Säbelschnäbler, mit dem leicht verbogenen Schnabel von der bösen kleinen Ente gejagt wurde, weil er in ihr Futter getreten ist. Dass einer der Lemuren irgendwie über die Abdeckung des Geheges hinausgeklettert ist und zwischen Scheinwerfern auf dem Gitter herumgeturnt ist. Das haben diese Menschen alles nicht gesehen.

Ich muss dem geschätzten Professor Recht geben: Fotografie ist vielfach zu so etwas Automatisiertem verkommen, dass viele Menschen, anstatt das Besondere im Moment zu erkennen und aufmerksam zu beobachten oder zu betrachten, lieber mit einer bemerkenswerten Obsession ihren Weg mit einer Fülle unnötiger und minderwertiger Aufnahmen zu dokumentieren. Für irgendwann anders. Ich hingegen habe das Sehen wieder für mich entdeckt. Fotos sollen doch die anderen machen.

Wednesday, February 22, 2012

One cello, please, well-strung!

Und wieder unterbrechen wir unsere Reflexionen für eine Werbeschaltung

Diesmal ist sie musikalscher Natur und betrifft The Piano Guys. Diese bestehen aus Stephen Sharp Nelson (der trotz dem irreführenden Bandnamen Cello spielt) und Jon Schmidt (am namensgebenden Tasteninstrument) - beides Virtuosen ihrer Wahlinstrumente: Das Cello, dieses wunderbare, tiefgehende, gefühlvolle, bewegende Saiteninstrument, und das Klavier, das so versatil alle möglichen Gefühle und Stimmungen zwischen lieblich und desperat herbeizaubern kann in Symbiose: was will man mehr?



Die beiden Musiker taten sich zur Neuinterpretation bekannter Melodien zusammen und eroberten gemeinsam YouTube. Über diesen Kanal fanden sie auch den Weg in mein Ohr, als mir das Starwars-Medley Cello Wars per link zutragen wurde. Und weil ich lieb bin, teil' ich ihn auch mit euch (einfach anklicken).
Elektronisch verstärktes Cello scheint eine von Nelsons Spezialitäten zu sein und wenngleich ich das noch nie zuvor gehört hatte, wollte ich mich dem Klang nicht verschließen und habe mich sofort auf YouTube quer durch das musikalische Gemüsebeet gehorcht. Und konnte schließlich nicht umhin, das Album mit dem gesammelten Potpourri zu erwerben.
Auf der Speisekarte: eine Interpretation Bachs bekannter Cello Suite #1, Orffs O Fortuna, Beethovens Mondscheinsonate, natürlich Cello Wars und diverse andere auditive Zuckerl, die teilweise eine Gänsehaut hervorrufen oder einfach so schön anzuhören sind.

Empfehlenswerter sind allerdings dennoch beinahe die Videos, da Nelsons hochkonzentrierter und doch glückseliger Gesichtsausdruck die Intensität der Lieder noch steigert und zum Genuss beiträgt. Zum Beispiel in diesem, das sich leider, leider nicht auf dem Album findet.

Gute Gänsehaut!

Tuesday, February 14, 2012

Support the Mockingjay!

Wir unterbrechen unsere Dokumentationsreihe nun für eine Werbenachricht!

Diese betrifft konkret die geniale Trilogie The Hunger Games (in deutscher Übersetzung erhältlich unter dem Titel Die Tribute von Panem). Drei Jugendbücher, die zwischen 2009 und 2011 aus der gut gespitzten Feder von Suzanne Collins flossen.


Der Inhalt (Die Vorgeschichte)
In Nordamerika ist in der näheren Zukunft nur mehr ein Staat vorhanden: Panem. Dieser besteht aus einem Capitol und 12 Bezirken. Die Aufgabe der zwölf (ehemals 13) Bezirke ist es, das Capitol mit allen Rohstoffen und Produkten zu versorgen, die man für ein Leben im Überfluss braucht, während sie selbst an der kurzen Leine gehalten werden und das tägliche Überleben nicht gesichtert ist. Kein Wunder, dass die unterdrückten Bezirke sich gegen das herrschende Capitol verschworen und für bessere Bedingungen kämpften. Sie scheiterten. Als Mahnmal, um eine weitere Revolution zu verhindern, wurde der 13. Bezirk für immer zerstört und das Capitol führte die alljährliche Tradition der Hunger Games ein: Aus jedem Bezirk werden ein Bub und ein Mädchen zwischen 12 und 18 Jahren gelost und in ein riesiges Areal, die Arena, geworfen, wo sie ein paar Tage gegeneinander kämpfen, bis nur mehr eine Person übrig bleibt. Spiele zur Unterhaltung der Dekadenzgesellschaft im Capitol!

Das erste Buch erzählt von den Hunger Games aus der Sicht der 16 jähringen Katniss Everdeen, die für den 12. Bezirk ins Rennen geht. Blöderweise kämpft an ihrer Seite, bzw auch gegen sie, jemand, der ihr nicht so egal ist, dass sie ihn einfach töten könnte.
Mehr kann ich leider nicht verraten ...

Und ganz wichtig
: NICHT die Klappentexte lesen: die sind voller Spoiler, die Essig in's süße Lesevergnügen gießen!!!


Die Kritik
Empfohlen von gleich zwei Freundinnen, die mir schworen, ich würde das Buch nicht wieder weglegen können, wenn ich es einmal in die Hand genommen habe, wurde sicherheitshalber gleich die gesamte Trilogie aquiriert und trotz dringenderer Aufgaben, stürzte ich mich mitten hinein.
Collins ist Meisterin des spannenden Schreibstils: die Pausen, die man bei dem rasanten Tempo und aufwühlendem Geschehen zum Durchatmen bräuchte, sucht man am Kapitelende umsonst: dort findet man bloß genial konstruierte Cliffhanger, die das Aufhören erschweren: Ein Kapitel noch... ein Kapitel noch... rennt es in Dauerschleife in meinem Hirn.
Und dann ist es plötzlich 6 Uhr früh.

Ein paar hilfreiche Fakten..
  • Da das Buch für Teenager geschrieben wurde, ist der Satzbau unkompliziert und der Inhalt lässt sich ohne unnötigen wortspielerischen Firlefanz schnell aufnehmen: Sprache steht nicht im Vordergrund (ist aber dennoch keineswegs schlecht).
  • Sozialkritik gibt es in dicken Scheiben, und diese ist sehr clever aufbereitet und lässt kaum Lücken offen. (Ich sage kaum, weil ich nicht ausschließen will, dass ich etwas übersehen habe.) So betreibt man Meinungsbildung!
  • Wie gesagt, die Hauptzielgruppe sind Teenager. Das heißt, eine komplizierte, verworrene, und vor allem mit einer saftigen Portion Verzweiflung servierte Liebesgeschichte darf nicht fehlen. Doch ist diese nicht seicht, sondern trotz vieler kitschiger Momente, die mit dem Rest der Geschichte clashen wie rosarot mit limettengrün, durchwegs tiefsinnig und dem Rest des Buches absolut würdig. Außerdem lenkt sie von der eigentlich Handlung nicht ab. Kann sie nicht, dazu ist die Handlung zu stark.
  • Übersichtliche ~430 Seiten pro Buch in großem Druck sind schnell gelesen und so lässt sich die gesamte Trilogie in recht kurzer Zeit verschlingen: Gesundes Fast Food für's Hirn, quasi.

Fazit: In meinen Top-5. Das heißt: lesen, lesen, lesen! Und Achtung: erhöhte Ansteckungsgefahr.

Monday, October 24, 2011

The importance of being bold

London, Juli 2011: 6 Mädels setzen sich in einen Germanwingsflieger und fliegen in die Stadt der roten Busse, der betürmten Brücke und des großen Glockenturms mit der Händelmelodie, den man in so vielen Filmen schon apokalyptisch bersten ließ.

Diese Stadt hat auch eine große Flächendichte an Theatern aufzuweisen und unser sich wie eine Epidemie ausbreitende Verehrung für den Tennant und dessen Auftreten als Benedick in Shakespeare's "Much Ado about Nothing" in einer der dortigen Venues, brachte uns so zahlreich in die Stadt.

Anstatt mich über den gesamten Aufenthalt, die Kilogrammmenge an gekauften Schuhen (man muss die Clichés leben!!), die Autogrammjagd und meinen Kurzausflug in den Norden wortreich zu ergießen, will ich viel lieber ein kleines Detail hier festhalten und zugleich heldenliedhaft glorifizieren.


Es waren holde Maiden, sechs an der Zahl,
die zog es in London, in ein Pub ihrer Wahl.
Ein Teil, mit Freunden, fiel hungrig schon ein
zwei Tisch' zu besetzen, der Trupp war nicht klein.
Ein paar fehlten noch - auf die wurde gewartet,
die Bestellung wurde darum noch nicht gestartet.
Dem Kellner die Situation wenig gefiel,
deshalb begann er sein eigenes Spiel...

Die Hungrigen und Durstigen nahm er zwar wahr,
doch kam er trotz allem dem Tische kaum nah.
Die vier Flaschen Cider, ein Handgriff oder zwei
kamen erst nach 15 Minuten herbei.
Das Aufnehmen der Bestellung hätt er beinah verschwitzt,
da waren unsere Gemüter schon etwas erhitzt.

Kaum muss man erwähnen, dass in ähnlicher Manier
auf die Erscheinung der Speisen warteten wir.
Und auf die Entfernung der Teller, die Rechnung, das Zahlen,
- der Typ hatte Spaß, wir sahen ihn strahlen,
als gemütlich er plauderte mit den anderen Gästen,
und abtrug die Teller mit deren Resten.
Uns gegenüber tat er bemüht,
doch Freude darüber war falsch und verfrüht.
Er fuhr damit fort uns zu ignorieren,
und widmete sich doch lieber seinen Bieren,
denn die bedachte er lieber mit Blicken
und kehrte uns dadurch effektvoll den Rücken.
Wir wurden sarkastisch, redten uns in Rage,
sowas erlebt man nicht alle Tage!

Rachepläne gab es auch bereits viele
und ich wollt mich beschweren, in großem Stile
- eine Sache, zu der der Mut mir meist fehlt,
doch die Insolenz des Kellners hatte meine Nerven gestählt.
Meine lieben Freunde taten den Rest
und das ganze wurde für mich zum Test.

Ich schnappte das Geld - auf den Penny genau
und marschierte zur Bar ...
Er ließ mich kurz warten, griff dann nach dem Geld,
doch wenn er dachte das wars: weit gefehlt!
Ich hielt die Noten fest und begann meine Rede
Als Kellner beginnt man mit den Gästen keine Fehde!
Uns sei schon bewusst, dass niemand sich freut,
wenn die Gäste auffallen durch Unpünktlichkeit.
Wenn anderen der Anspruch auf den Tisch verwehrt
und gegessen wird dann nur ein Dessert.
Dennoch kein Grund für solch kindisch' Gebahren!
Wir seien ja nicht blind und so war's nicht zu fassen,
dass er uns ganz offensichtlich links liegen hat lassen.
Kaum gelang es ihm, seine Miene zu wahren.
Lachte/Weinte er fast, ich konnt's nicht sagen,
und redete weiter: Wie konnt er es wagen
zahlende Gäste so mies zu bedienen?
Trinkgeld kann man sich nicht verdienen,
wenn man wem ständig die kalte Schulter zeigt.
Damit habe er es sich selbst vergeigt:
Wir hoffen die anderen Gäst' sind zufrieden,
wir sind's nicht: das Pub wird in Hinkunft gemieden.
Den Namen des Pubs geben wir auch nicht weiter,
keine Empfehlung von uns also, leider.

All das schnell gesprochen wandte ich mich
ab und stieg runter, ans Tageslicht.
Wo vor Aufregung mir schlotterten die Knie:
unglaublich, ich dacht' sowas mach ich wohl nie!

Antiklimaktisch kam es mir dann:
ich hab meine Weste ja gar nicht an!
Vor lauter Ärger hatte ich sie liegen lassen
und konnte natürlich nicht mehr hinein sie zu fassen.
Doch dank meiner Freunde und Orange UK,
wurde mir die Blamage erspart - juchee juchee.
(Man verzeihe mir die hässlichen Schluss,
aber es ist nicht leicht, wenn sich's reimen muss...)

Man sollte viel öfter, anstatt sich zu grämen,
viel eher den Bösewicht beschämen.
Daher die Moral von dieser Geschicht?
Ein schlechter Kellner kriegt sein Trinkgeld halt nicht!

Tuesday, May 10, 2011

Eine Rüge an die Dekadenz

All ihr lieben Schokoladenliebhaber da draußen, die es vielleicht noch nicht mitbekommen haben: Die Kakaopreise sind wegen Ernteausfällen um 90% gestiegen. Das ist bitter (oder vielleicht auch süß, weil man Schokolade dann eben nochmal mehr mit Zucker und Fett strecken muss, um die Preise halten zu können.), scheint jedoch so manchen nicht davon abzuhalten, mit dem Luxusgut herumzuspielen wie Dagobert mit seinen Münzen.

So stieß es mir gestern sauer auf, als ich die Zeitung aufschlug und allen Ernstes einen Werbeartikel für einen Malkurs der anderen Art entdeckt habe:
Man hatte sich offenbar auf die Suche gemacht, wie man auch Schokoladenverächter möglichst effektiv anlocken kann - mit dem Essen spielen bekanntlich nur Kinder, denen es nicht schmeckt oder die keinen Hunger haben. Den Menschen, die das Kakaoprodukt doch lieber oral genießen, wird zum Einstieg ein Pralinenbuffet(!) zum Magenanfüllen präsentiert, bevor alle schokoladenaffinen möchtegern-Künstler verschiedene Sorten edler Java-Schokolade mit unterschiedlichen Kakaoanteilen zur Verfügung gestellt bekommen, mit denen sie nach Herzenslust eine Leinwand bräunen dürfen. Mit Trüffelstreuseln und derlei Extras kann man sich zusätzlich austoben und vermutlich kleine Mosaiken legen.

Weg also mit der herkömmlichen, traditionellen Aquarellfarbe - wer will schließlich ein altmodisches Aquarellbild an der Wand? - malen wir doch mit einem Luxusrohstoff. Schließlich ist der gut eingesetzt, wenn ein mittelmäßig begabter Mensch damit auf einer Leinwand herumpatzt. Von der ästhetischen Farbvielfalt ganz zu schweigen. Braun, braun und braun machen sich vielleicht auf einer beigen Wand recht gut, doch ob sie im 0815-Heim allzu gut aussehen? Vielleicht hängt man sie auf um in Zeiten der Verzweiflung daran lecken zu können? Irgendwie fühle ich mich an das Handtuch des Arthur Dent erinnert...
Aber bitte, jedem das seine/jeder das ihre. Wenn man seit längerem auch schon Sekt mit Blattgoldstückchen süffeln kann, warum soll man dann nicht mit Schokolade malen.

Ein bisschen zu spät wurde der Beitrag allerdings schon veröffentlicht: "Die Schokobilder eignen sich perfekt als Geschenk!" - Muttertag war vorgestern, und ich bin mir sicher, dass jede Mutter sich über ein selbstgemaltes Schokobild gefreut hätte, von dem sie vermutlich nach kurzer Zeit einer Ameisenstraße zum Fenster folgen können hätte, aber dafür ist es nun zu spät.... na vielleicht hat sie ja bald Geburtstag...

Sunday, February 20, 2011

Denglions on the rise: ein rant gegen die Hybridsprache

Managen, downloaden, mailen, smsen und weitere hübsche anglizistische Lehnwörter gibt es ja im Deutschen schon seit einiger Zeit und auch wenn diese ein bisschen überflüssig sind, haben sie sich im allgemeinen Sprachgebrauch eingebürgert. Computer- und Techniksprache sind nun einmal großteils Englisch und das Finden entsprechender deutscher Synonyme ist natürlich mühsam. Unabhängig davon, gibt es noch ein paar andere Kandidaten, die schon zu lange im Lande sind, um ausgewiesen zu werden. Hierzu zählt das leicht nondeskripte Adjektiv cool. All diese stellen für mich kein gröberes Problem dar.

Was mich jedoch in letzter Zeit ziemlich arg stört, ist der hohe Prozentsatz an wahrlich nicht notwendigen Derivationen aus dem Englischen und die gleichsam große Zahl and Einsprengseln von kompletten englischen Sätzen** in der ganz normalen täglichen Konversation.
Es hat den Anschein, dass man nicht mehr imstande ist, ein normales Gespräch in gutem Deutsch zu führen, sondern dass man sich ständig der englischen Lehnwörter bedienen muss, obwohl es durchaus brauchbare deutsche Entsprechungen für mindestens 90% der betroffenen Begriffe gibt.
**Zitate aus Büchern/Filmen/dem englischen Alltag/... sind natürlich aus Authentizitätsgründen als Ausnahme zu bezeichnen.

Facebook, die Plattform zur Verkümmerung vollwertiger sozialer Kontakte, ist dabei, aufgrund ihres internationalen Charakters und der Völkervernetzung, wenn nicht der Ursprung allen Übels, so doch die Geburtsstätte vieler dieser Abscheulichkeiten:
  • Man verlinkt Leute nicht, man tagged/taggt (wie schreibt man das richtig auf Denglisch?) sie.

  • Man stellt keine Fotos, Links, etc. online, man postet.

  • Selbst diejenigen, die Facebook auf Deutsch nutzen, liken die Fotos, Statusmeldungen und comments anderer, was das Zeug hält.

  • Oh, und was mir ein besonderer Dorn in der Seite ist: Selbst diejenigen, die ausschließlich deutschsprachige Freunde haben, schreiben ihre Statusmeldungen/Kommentare auf Englisch, und wenn möglich auch noch im "coolen" Slang - ob diese Äußerungen so überhaupt auf freier Wildbahn vorkommen, ist dabei vollkommen nebensächlich, mal abgesehen davon, dass es gekünstelter wohl fast schon nicht mehr geht. Man verzeihe mir bitte, wenn ich nach dem Vomitoriumsauffangbehelf in der Sitztasche vor mir greife, aber ich frage mich oft: wozu bitte?? Deutsch ist eine mindestens ebensoschöne Sprache und es erschließt sich mir nicht, warum man sich auf eine Art ausdrücken will, die nicht zu jemandem passt? (Wie gesagt, Zitate etc sind daraus ausgenommen.)
Gut, dass Facebook zu derartigen Spielereien verleitet, verstehe ich ja noch - immerhin wird man von anderen Leuten, Amerikanischen soaps und den diversen Medien beeinflusst und es ist auch für mich nicht immer leicht mich zu einer der beiden Sprachen zu bekennen. Aber im realen Leben muss das nicht sein. Nämlich, dass in meinem näheren und weiteren Umfeld, ungeachtet der jeweiligen Personen Bezug (und oft eher Bezuglosigkeit) zum Englischen furchtbar grausliche Interjektionen und Worthybriden auf dem Vormarsch sind:
  • Man betrügt und lügt nicht, man cheatet.

  • Man lästert nicht mehr über andere, man hatet gegen sie.

  • WHAT THE FUCK??? ist eine absolut übliche und allgemein akzeptierte Form, seinem Unmut Luft zu machen. Meistens tut man ebendieses in einem rant.

  • Eine Herausforderung ist keine Herausforderung mehr, sondern eine challenge. Zu einer solchen wird man von anderen Menschen mit dem entsprechenden Verb gechallenged.
  • Louis Vuitton Taschen, Emotionen und Orgasmen werden nicht mehr gefälscht oder vorgetäuscht, sondern lieber gefaked. Manchmal sogar ur!

  • Meine besonderen Lieblinge sind allerdings die supercoolen Angestellten bei Starbucks, wenn sie sich in voller Lautstärke und mit einem wunderhübsch aufgelegten amerikanischen Akzent "One tall soy caramel frappuccino, blended coffee, no whipped cream!" zurufen. Schon öfter musste ich ein Grinsen unterdrücken, wenn der neue Barrista dann mit der Wortkette nicht umgehen konnte und "Mit Schlagobers?" zurückfragte.
...und so weiter. Würde ich mir für diesen Eintrag mehr Zeit nehmen, könnte ich mit Sicherheit noch die einen oder anderen 20 Beispiele anführen, aber zu Demonstrationszwecken sei es hiermit einmal getan.

Der Punkt ist: Es nervt mich. Und es nervt mich noch mehr, dass ich auch selber betroffen bin, denn es ist natürlich nicht immer einfach im Flusse einer angeregten Unterhaltung rechtzeitig das richtige deutsche Wort zu finden, wenn das Englische schneller zur Hand ist und hin und wieder entfährt mir ein Awesome! oder ich like einen Facebookstatus, nur um mich daraufhin zu ärgern, diesem Trend zu unterliegen.
Mir ist freilich durchaus bewusst, dass es die Eingliederung von Fremdwörtern ein konstantes Phänomen ist - man nehme alles Griechische/Lateinische, wie Komposition, Universität, Alkohol, weiters Französisches wie Cousin, Garderobe, Püree.; Slawische, wie Powidl, Kolatsche, Powidlkolatsche, Bramburi... . Sprache ist ja schließlich ein bisschen amöboid und nimmt gerne allerlei Formen und Farben an und ist auch äußeren Einflüssen gegenüber nicht resistent; soll sie ja auch nicht sein. Aber zu viel des Mischens und Rührens ist auch nicht gut, sonst kriegt man statt eines Marmorkuchens indistinkten braunen Gatsch, der weder hell noch schokoladig ist.

Woran ich mich bei allen genannten Minifusionen besonders stoße, ist, dass ich sie erschreckenderweise auch (und fast vor allem) bei Menschen antreffe, die in einer authentischen Situation keinen geraden englischen Satz rausbringen würden. (Und offenbar auch keinen deutschen). Und das stört mich. Ein gepflegtes Zitat - ja gerne. Eine gebildete Sprachspielerei - nur her damit. Aber ein indefiniter Mischmasch aus den Worten, die man halt zufällig als erste parat hat ... nein.

Immerhin ist Sprache nicht nur kraftvolles Mittel zum Zweck, sondern hat auch ästhetische Qualitäten und die Fähigkeit, sich in einer Sprache klar und schön ausdrücken zu können, zeichnet in meinem Werteverständnis einen Menschen nun mal besonders aus. Und wenn Englisch, dann bitte gleich ordentlich und nicht mit deutschen Prä- und Suffixen.

So, Hasspredigt zu Ende. Gehet hin und sprechet sauber und besonnen.

EDIT und P.S.: Dazu sehr passend ein Beitrag der Wise Guys: Denglisch

Saturday, November 21, 2009

Ungebrochener Rededrang

Man merkt, dass wir in einem Zeitalter leben, in dem Information das Ein und Alles ist. Jederzeit, ohne Unterbrechung und ohne Verzögerung. Ist der Redeschwall mal in Bewegung gesetzt, liegt es oft nicht im Interesse des Kommunizierenden, ihn einzudämmen oder zu bremsen - komme was wolle. Oder wer wolle.

Im meinem Fall kam ich. Nämlich als Kundin in eine gewisse musische Buchhandlung, um dort diverse bestellte Bücher abzuholen. Ich trete an die Ausgabestelle, grüße freundlich, lächle und warte, dass eine der beiden Damen hinter dem Pult mir Aufmerksamkeit schenkt. Sie unterhalten sich gerade über irgendwelche interpersonellen Begebenheiten: Nicht extrem angeregt oder emotional, sondern so, als würden sie sich bei ihrer Arbeit irrsinnig langweilen. Soll vorkommen.
Aber nun bin ja ich da: die Kundin. Ich schaffe Abwechslung und gebe ihnen durch meine Anwesenheit etwas zu tun.
Sollte man glauben.
Man nimmt mich wahr und wirft mir einen bösen Blick zu, weil ich es wage, mit meinem Gruß das Gespräch der beiden zu stören.
die Typin: Ja?
ich: Ich habe ein paar Bücher bestellt, auf den Namen H-.
Sie nimmt's scheinbar zur Kenntnis, dreht sich zum Regal um, stöbert. Die Kollegin redet derweil weiter.
Sind lauter Reclams. (Ich dachte ich sei hilfreich.)

Sie reagiert in keinster Weise, geht aber auf das von der Kollegin gesagte ein. Ich fühle mich mittlerweile höchst unwillkommen und bin schon knapp dran, mich für meine Artikulation zu entschuldigen - wenn das nicht wieder eine Störung dargestellt hätte.
Sie scannt die Bücher, unterbricht ihr Reden kurz, um mir den Betrag zu nennen und sogleich das kollgiale Gespräch wieder aufzunehmen.
Ich zahle mit einem zu großen Schein, man händigt mir das Wechselgeld und die Rechnung wortlos aus und ich beeile mich, alles einzustecken um diesen ungemütlichen Ort möglichst schnell zu verlassen.
Noch nicht ganz untergekriegt, wage ich einen verabschiedenden Gruß und - ohne zurückgegrüßt zu werden - gehe ich.

Offenbar ist es nicht notwendig, mit dem Kunden zu kommunizieren, auch wenn man dafür eigentlich bezahlt wird. Nein, Privatgespräche haben wohl trotzdem Vorrang, denn wie kann man den Arbeitern zumuten, diese für 5 Minuten zu unterbrechen, damit man den Kunden bedient? Ehrlich gesagt sind mir da self-check-outs fast schon lieber: die grüßen wenigstens.

Wednesday, November 11, 2009

Irreale Landwirtschaft als Motivationskiller

"Aren't all games purely design?", Esther says. "None of them exactly exist. It's just binary code, isn't it?"

-- from PopCo (Scarlett Thomas)

Eine sehr bekannte internationale Vernetzungsplattform bietet ja bekanntermaßen neben ihrer Hauptfunktion - nur zur Sicherheit: das ist das Vernetzen und Ermöglichen der Aufrechterhaltung diverser Kontakte, die man entweder eh ständig sieht, oder aus den Augen verloren hat, weil man sich nicht mehr für einander interessiert oder an geographisch weit distanzierten Orten wohnt - auch noch viele weitere, die der Unterhaltung und Zeittotschlägerei dienen sollen. Diese sind vor allem Spiele und Quizzes, die durch direkten Vergleich der Leistung von Freunden den Ehrgeiz der jeweils gelangweilten Benutzer wecken und antreiben: Wer weiß am Meisten? Wer ist am schnellsten? Und warum ist Freund Franz* immer an der Spitze und ich kann ihn nicht besiegen?
*Besagter Franz existiert nicht und ist nur eine Musterfigur zu Illustrationszwecken.

Eines dieser wahrlich genialen Beschäftigungs- und Ablenkungsprogramme lockt den in seinem Zimmer sitzenden und das Tageslicht scheuenden, urbanisierten Menschen mit dem Angebot, seine eigene kleine Farm anzulegen und durch fleißiges Pflügen, Säen und Ernten den Besitz zu mehren. Die Ernteerträge aus zunächst Erdbeeren und Melanzani kann man, wenn man durch die Vielzahl an Levels immer mehr zum Großgrundbesitzer wird, am "Markt" (d.h. in einem Pop-up Fenster) für neue Samen oder sinnlose Dekorationsgegenstände, wie z.b. Büsche in Gansform, investieren.

Wie bei allen Spielen dieser Art, kann man sich natürlich auch hier mit seinen Freunden vernetzen und diese zu Nachbarn machen. Und damit man hier nicht nur konkurriert (das hier beschriebene ist schließlich ein sonniges, buntes, fröhliches Spiel) kann man die benachbarten Farmen auch besuchen, um dort dem Besitzer beim Unkrautjäten oder Vertreiben von Waschbären zu helfen. Sogar düngen kann man. (Um diese zeitintensive Nachbarschaftshilfe zu fördern, bekommt der Helfende als Belohnung ein paar fiktive Münzen und Erfahrungspunkte).
[Paradoxerweise kann man den Nachbarn auch beim Laubrechen helfen, während am "Markt" dekorative Laubhaufen für teures Spielgeld feilgeboten werden.... Do I spot a flaw there?]

Auch ich bin diesem Wahn erlegen und, weit abgeschlagen von meinen Freunden, dümple ich irgendwo im 20. Level herum, denn ich habe meine Farm nicht vergrößert und auch kaum Anbauflächen, denn die ästhetische Planung und Strukturierung derselben liegt mir eher am Herzen als die Mehrung von (fiktivem) Besitz. Besagte Planung wiederum gestaltet sich schwierig, da ich durch die mangelnde Produktion nur langsam aufsteige und mir in niedrigen Levels die Sachen, die ich will, noch nicht zugänglich sind. (Immerhin habe ich mittlerweile ein Haus...)

Mit meinem Reichtum und der Ästhetik meines kleinen Bauernanwesens (das Pferd ist übrigens fast so groß wie mein schnuckeliges Cottage) wächst auch mein Ärger über diese sinnlose Zeitverschwendung, denn natürlich muss ich nach dem Einschalten des Computers zuerst einmal die Flaschenkürbisse und Tulpen ernten, bevor ich mich auf wirklich wichtige Dinge konzentrieren kann. Das Obst- und Gemüsezeug ist praktischerweise auch noch so programmiert, dass es unterschiedlich lange zum Reifen braucht, weshalb man optimalerweise alle 2 Stunden mal nachschaut. (Im benachbarten Tab befinde ich mich übrigens auf meinem programmierten Landanwesen, während ich im realen Leben meinen digitalen Block mit unnötiger Information fülle.)

So läuft man also lieber stundenlang auf seiner fiktiven Farm herum, anstatt vielleicht mal raus an die echte frische Luft zu gehen oder einfach mal einen Aufsatz für die Uni zu schreiben. Wenn man dann doch mal die grünen Wiesen und rosaroten [!] Kirschbäume zurücklässt und im realen Leben die echten Menschen hinter seinen fiktiven Agrarökonomennachbarn trifft, werden nicht etwa "normale" Themen besprochen - oh nein! Man unterhält sich über die neuesten Entwicklungen am virtuellen Lande, die Ästhetik der Nachbarsfarmen und diskutiert darüber, was man gern als nächstes geschenkt bekommen würde (einen Bananenbaum, oder doch lieber ein Vogelbad?) und so greift die fiktive Welt auf die wirkliche über.

Mein Verstand sagt mir, dass das nicht gut ist, aber ich kann leider nicht näher darauf eingehen, denn ich glaube, meine Avocados wollen geerntet werden....

Tuesday, May 19, 2009

Verbale Bitzeligkeiten

Vor ca. einer Stunde stehe ich in Wien an einem Bahnsteig und warte auf das Einfahren meines Zugs. Damit ich mich nicht gar so langweile, habe ich meinen MP3-Player eingestöpselt und höre mir nach der Reihe an, was er mir so zu-shuffle-t.

Plötzlich ein Lied von Nada Surf: Blankest Year.
Gute-Laune-Musik!! Geistig will ich schon mitsingen: "Oooooh, fuck it, I'm gonna have a party..." als ich feststelle, dass ich etwas ganz anderes höre. Man hat sich offenbar gezwungen gesehen diese böse, BÖSE Wortwahl abzuändern und das F-Wort herauszunehmen und stattdessen - rhythmisch und mundgymnastisch unheimlich gut realisierbar - to the hell with it singen zu lassen.

WOZU denn bitte?! Ich kann mir nämlich nicht erklären, wie hell positiver sein kann als alle möglichen Sachen, die man mit fuck assoziieren kann. Aber ich geh mal davon aus, dass das von den Amerikanern initiiert wurde und da wundert mich ja gar nix mehr: Immerhin zensieren die lieber Sexszenen als Gewaltszenen, denn erstere verderben nur die Jugend wohingegen zweitere.... äh... abhärten? Die allgemeine Gier nach Blut befriedigen? Leute dazu bewegen, nicht - oder gerade dadurch verleitet doch - sich dem Heer anzuschließen? WHAT THE F...erm ... HELL?! Möglicherweise bin ich einfach nur ignorant oder dumm, denn ich sehe da keinen Sinn....

Wenn ich mir dann als Gegenbeispiel Großbritannien hernehme, wo fuck in diversen Abwandlungen beliebig als Verb, Adverb, Adjektiv oder Intejektion vollkommen willkürlich in ganz nomale Sätze eingebaut wird - durchaus mit positiver Konnotation: [quote] I fucking will write something fucking nice into that fucking book! [/unquote] - beginne ich mich zu wundern, warum man darüber soviel Aufhebens machen muss. Das trägt doch bloß dazu bei, dass derartige Unwörter wie hinterlistige kleine Schimmelpilze sich in Jedermanns alltägliche Sprache einschleichen!

Und, ja, ich hole noch weiter aus: Gibt es doch auf YouTube zwei wunderbare Spots, deren Lieder in ihrer Hauptzeile die präsentische Partizipialform dieses verpönten Wortes beinhalten (mit je einmal Matt Damon, dann Ben Affleck als nachfolgenden Objekten --> sehr zu empfehlen und nein, es ist nichts Unzüchtiges - das ist hier schließlich ein anständiger Blog!) , deren akustischer Genuss jedoch durch permanentes durchdringendes Biiiieeeeeepen gestört wird, sodass man es noch Stunden später im geistigen Ohr hört.
Dabei springt sie sofort wieder in meinen Weg, die Sinnfrage: Wenn man doch ohnehin weiß, welches Wort sich hinter dem Stimmton verbirgt, muss man es dann wirklich noch übertönen und die Leute quälen? Biep ist ja selber schon fast ein Schimpfwort, so oft wie es in aufgebrachter Invektive über Radio, Fernsehen und YouTube schallt!

Wie auch immer, ich hab beschlossen, die höllische Version des Nada-Surf-Lieds zu eliminieren (der Rhythmik wegen) und mir die andere auf meine Minimusikanlage zu spielen, denn die habe ich als höchst unanständiger, ständig fluchender Mensch, dem jeglicher Respekt vor Sub- und Objekten welcher Natur auch immer fehlt, natürlich auch. Das ist im Übrigen auch die, die die Band selbst schamlos beim letzten Konzert gesungen hat!

Friday, May 08, 2009

Touristenabzocke und Einheimischeninkommodation

Gegen Ende des Vorjahres habe ich mich bereits gezwungen gesehen mich über die Abschaffung der 1er und 2er Ringlinien zu entrüsten. Und diese Entrüstung schrumpft nicht indirekt proportional zur verstrichenen Zeit, so wie man das eigentlich erwarten sollte, nein, sie wächst.Und unlängst hatte sie wieder einen besonderen Wachstumsschub...

Denn wenn ich meine liebe Mom an ihrem Arbeitsort besuchen will (um beispielsweise den Drucker dort um ein bisschen Toner und Papier zu erleichtern) kann ich nicht mehr wie alt-bewährt in die 2er einsteigen und nach ein paar Minuten beim Stadtpark wieder aussteigen, sondern fahre entweder irrsinnig kompliziert mit etlichen Umstiegen öffentlich oder ich gehe zu Fuß (ca. gleicher Zeitaufwand) oder ich bin zufällig sowieso berädert. Es ist einfach ärgerlich und bringt keinem was.

Warum hat man also diese Kultlinien umgelenkt?

Eine wirkliche offizielle Erklärung gibt es vermutlich gar nicht, aber ich vermute mal, dass den ewig raunzenden Wienern die vielen Touristen ein Gräuel gewesen sein könnten, die mit den Ringtrams recht kosten- und zeiteffizient die meisten wichtigen Gebäude der Stadt abdecken konnten. Und dass man sich dachte, man könnte da noch was rausholen. Deshalb wollte man den Reisenden diese Möglichkeit nicht ganz rauben, sondern hat sich vielmehr bemüht, diesen bisherigen Insidertip zu kommerzialisieren.

Ich stehe also unlängst an der Bimstation und warte auf die D, als sich etwas gelbes, längliches in mein Blickfeld schiebt. Sieht aus wie eine Bim, aber irgendwie auch nicht.
Bei genauerer optischer Analyse erblicke ich die Aufschrift "Ringtram", gesäumt von den Silhouetten bekannter Gebäude, die sich halt an der Ringstraße so aneinanderreihen. Soll durch die geschwungene Schrift und das angedeutete "Schönbrunnergelb" vermutlich zum Einsteigen einladen.
Jedenfalls sitzen kaum Leute drin, aber dafür gibt es einen fast elegant gekleideten Schaffner mit exklusiver Ringtramkravattennadel, der sich gleich einmal bemüht, die verwirrten/nicht aufmerksamen Leute, die einsteigen wollen, abzuwimmeln. Ich werfe also einen genaueren Blick hinein und sehe einige Touristen, die gebannt auf die Votivkirche starren. Alle. Keiner redet. Seltsam..... Doch - a-haa! - da sehe ich auch schon den Grund für die Gebanntheit und die unterlassene Kommunikation: Ihre Ohren sind mit einem kleinen Gerät am Vordersitz verbunden! Toll, toll: Hat man also eine alte Bimgarnitur auf Touristenfreundlich aufgemotzt:
Man steigt ein, zahlt, kriegt von dem (hoffentlich freundlichen) Schaffner Kopfhörer verpasst und darf sich auch gleich verkabeln. Laut Homepage darf man nicht aus- und später wieder einsteigen ("keine Ausstiegsmöglichkeit" [Zitat homepage], was irgendwie nach Gefangenentransport klingt). Diese Restriktion gilt allerdings nur, wenn man sich um saftige €6 eine Ringrunde erkauft. Man kann für einen Zuschlag von €3 aber auch gleich ein Tagesticket haben, und somit nach Belieben rein- oder raushüpfen und sich an den mehrsprachigen digitalen Erläuterungen und den innen angebrachen LCD-Bildschirmen erfreuen.
Über das Fassungsvermögen des Transportmittels sind sich die Homepages nicht einig. So kann es passieren, dass Gruppen von 40 Leuten dann doch 5 wegen Platzmangels zurücklassen müssen...

Tatsache ist, dass diese gelbe Tram mir unsagbar auf die Nerven geht: Wie ein Kind, das durch eine Auslage in ein Süßigkeitengeschäft schaut und weiß, dass es keine Gummischlangen haben kann, weil es kein Geld hat, kommt mir dieses gelbe Ding vor: Haha, ich fahre dahin wo du hinwillst, aber mitfahren kannst du ni-hicht! Nana-nana-naa! Außer du blechst dafür 6 Euro....und dann darfst du nicht einmal aussteigen, wo du willst! ruft es mir zu. Blanker Hohn!

Ich will die alten Ringtrams zurück und denke schon über Unterschriftensammlungen und Demonstrationen nach -- denn ich finde jeder Wiener sollte das Recht und die Möglichkeit haben, jederzeit den Ring per Bim zu umrunden!

Friday, June 13, 2008

Rädliches Debakel

Ich mag mein Minirad recht gerne und aus diesem Grund fahr ich so gut wie täglich damit. Allabentlich schleppe ich es dann in mein grausliches, dunkles, staubiges Kellerabteil. Und so leicht ist das Trum gar nicht. Aus diesem Grund war ich so dreist, es an das - wohlgemerkt: nie genutzte - Teppichausklopfgestell im Hof zu binden.
Das ging einige Wochen lang gut, bis ich von der Hausverwalterin erwischt wurde, die mir diese Aktion untersagte, denn "sonst habe sie ja bald den ganzen Hof voll mit Fahrrädern". Ich solle es also bitte immer runterstellen.

*grml*

So schnell fällt mir natürlich nix gescheites ein und ich stimme halt zu. Halte mich jedoch nur bedingt daran, denn wie gesagt, das Ding ist schwer und wenn ich erst um eins nächtens mit dem Rad heimkomm, dann bin ich meist eher minder motiviert, in die gefängnisartigen Irrgärten des Kellers abzutauchen. Und hängs wieder draußen an. -- Eh nur ganz selten.

Jetzt verhielt es sich so, dass auch gestern das Rad heraußen angehängt war, da die Frau M. ein essentielles und dann doch nicht gebrauchtes Kabel für ihre Festplatte holen fahren musste und ich ihr daher mein Rad lieh. Und ihr sagte, sie solle es unten halt anhängen.
Blöderweise erwischte mich am nächsten Tag die grasmähende Hausverwalterin, wachelte wild mit den Armen und stellte den Rasenmäher ab:

"Frau Hammer, so geht das nicht! Jetzt hab ich ihnen das eh schon gesagt und Sie machen das wieder nicht! Jetzt muss ich Sie bald von der Verwaltung anschreiben lassen, weil schaun's, da hat schon eine zweite ihr Rad dazugehängt... bla bla bla..!"

Ich zeige mich einsichtig, frage aber gleich an, ob man nicht in den (riesig großen) Hof eventuell einen Radständer stellen könnte, da ja offensichtlich sehr viele Leute hier Fahrräder haben.

Die Gegenbegründung war interessant:

"Da stellen dann auch die Leute von den Nachbarhäusern ihre Räder her und meine (!) Leute haben wieder keinen Platz dafür." --> hä? Na gut, und wenn man was absperrbares machen würd? Irgendsoein kleines Häuschen?
"Na wissen's was das kostet?" --> Also ich zahl gern bissl was dafür.

"Nein das geht nicht und dann ist der ganze Hof mit Rädern angestellt, und wie das ausschaut... bla bla.."

Ich hab dann eingesehen, dass die Diskussion nirgendwohin führt und versucht, das Weite anzupeilen -- was mir erst gelang, nachdem ich mir einen Sermon über die bösen, bösen Ausländer anhören musste und was die nicht alles dreistes machen: z.b. ihre Kinderwagen in das (ungenutzte) Eck unter der Stiege stellen. Ich mein', wie kann man nur!

Egal, ich hab' jedenfalls beschlossen, mich zur nächsten Mieterversammlung zu begeben und diesen Punkt mal anzudiskutieren. Denn ich zahl genug an Betriebskosten monatlich und da kann ein Radständer ja wohl drin sein!

Monday, July 02, 2007

Die Annehmlichkeit einer Siphon-Flasche

Des Samstags fand das heurige Sommersemester sein Ende und Studenten der klassischen Philologie pflegen sich an einem Tag wie diesem gemeinsam an einem Ort einzufinden, der sowohl Essen als auch Getränke bereitstellt (hier: Heuriger) und dort sich gemeinsam niederzubechern - weil sie dann ja die nächsten drei Monate keine Zeit für derartige Späße haben werden.

Nun denn, so war's. Man begab sich zum Heurigen -- einem Wiener Heurigen, muss man wohl dazusagen -- und bestellte dort einmal Getränke. (Das Essen war selber zu holen).
Die Bestellung lautete: 1 Liter Wein + 1 Liter Wasser.

Tja. Die Betreiber des Heurigen halten sich wohl für besonders kreativ, da sie das Wasser in "bis zu 60 Jahre alten Siphonflaschen" servieren, die nach dem Prinzip eines Brunnens funktionieren (sollten): Man pumpt an einem Minihebel und hofft, dass die Flasche daraufhin Wasser freigibt.
Leider hat diese sich die meiste Zeit geweigert.
Irgendwie hat man sich dann doch etwa 3/4 des Inhalts bemächtigen können - der Rest jedoch wollte nicht heraus.
Also musste eine neue Flasche her, die sich anfangs durchaus als kooperativ erwies. Anfangs. Auch sie wollte den letzten Viertelliter einbehalten. Versuche, die Flasche mit Gewalt (=aufschrauben) ihres Inhalts zu berauben scheiterten kläglich.
Man wandte sich an den ach-so-freundlichen-und-lustigen Kellner und schilderte ihm das Problem woraufhin er uns aufklärte, dass die Flaschen schon in dieser Art geliefert würden und diese nicht aufzukriegen seien und dass außerdem einkalkuliert sei, dass ein Rest drinbliebe, weshalb diese Flaschen in der Karte mit 0,75l Inhalts beschrieben seien. Aber, sprach er weiter, man hätte ja auch einfach 1l Wasser bestellen können (ach nein!) und dieses dann in einer Karaffe erhalten -- kostet, by the way, genausoviel. Na das hat uns dann alle sehr beruhigt, v.a. da ja ursprünglich 1l bestellt worden war....
Unseren Unmut hatten taten wir kund - oder eher die anderen, denn ich war daran nicht so beteiligt (kaufte ich mir doch lieber 2 Gläser Traubensaft und günstige €6,60) - woraufhin der Kellner meinte: Naja, man zahlt zwar genausoviel, aber dafür hat man die Annehmlichkeit einer Siphonflasche!
A benefit indeed!!

Wednesday, December 27, 2006

Improvisiertes Englisch

Na jetzt hab ich mir ja wieder ewig Zeit gelassen - ich kann gar nicht alles auf einmal verarbeiten, das ich hier unterbringen sollte. Also fang ich einfach irgendwo an und werd das alles dann graduell aufarbeiten :).

Letztes interessantes Ereignis:
Ich war meiner Schwester den Eintritt zu einer Veranstaltung ihrer Wahl schuldig und sie entschied sich für eine Darbietung der Impro-Gruppe English Lovers im Theater Drachengasse mit dem Titel "Box, Props and a Christmas Carol" (ich bin nur froh, dass ich mich zuvor mit dem Inhalt des letzteren vertraut gemacht habe...).
Da ich noch nie zuvor einem improvisierten Theaterstück beigewohnt hatte, ging ich sehr gespannt und offen für die neuen Eindrücke dorthin. Es hat sich wirklich gelohnt, denn diese 5 Personen sind aufs Höchste talentiert!
Als Publikum wird man zum Mitwirken animiert - z.B. um irgendwelche Requisiten für die Darsteller auszuwählen, die dann Teil eines kurzen Stückes werden oder um die Darsteller mit Emotionen zu versorgen, die diese dann in ihre Rolle integrieren müssen.
Kernstück des Ganzen war natürlich "A Christmas Carol". Hier wurden wir gebeten, einige Lieblingsfilme zu nennen - "Fluch der Karibik" fand dann allgemeinen Anklang und so wurden wir Zeugen einer Fusion von "A.C.C." und "F.d.K.".... sehr originell!

Ja, ich glaube das, was auf der Homepage (www.drachengasse.at) steht stimmt:
Warning: The Late Night Theatre Jam is highly addictive