Monday, September 29, 2014

WHW - part 6: New Boots, Devil's Staircase and an oddly equipped room

Kingshouse - Kinglochleven
Strecke: 14km
Höhenmeter: Aufstieg von 200m über Devil's Staircase, dann kontinuierlicher Abstieg

Nach einer zu kurzen Nacht und dem wohl besten Frühstück der ganzen Wanderung (Kipper: fish for breakfast!) sah ich mich immer noch mit meinem Hauptproblem konfrontiert: Die Sohle meines linken Schuhs löste sich ab. Ich beschloss, dieses Problem schnellstmöglich zu beheben, damit ich noch in den nächsten Ort käme, der dann wieder so etwas wie Geschäfte aufweisen würde und irrte durch das Hotel bis zur Rezeption.
Hello, how can I help?
Hi, I have a problem with my shoe. It has started to fall apart, so I was wondering if you had some tape that I could maybe fix them with?
Oh.... I am sorry to hear that. The man you need to speak to is the house-keeper. He might be able to help you.

Ich wandere durch die vielen Gänge des Kingshouse Hotels zurück zum Hausmeisterkämmerlein, wovor der gute Mann selbst und eine der Raumpflegerinnen gerade ihren Morgenkaffee zu sich nehmen. Nachdem ich mich vergewissert habe, dass ich hier tatsächlich mit der richtigen Person zu tun habe, schildere ich ihm mein Problem.
Er überlegt... geht in sein vollgeräumtes Kämmerchen ... sucht, kramt, zieht eine Tube Silikonkleber irgendwo hervor.
Er öffnet die Tube, wirft dann einen Blick auf meinen Schuh:
Which size are you?
8, I believe... Ich überprüfe die Zahl auf der Sohle - sie stimmt mit meiner Mutmaßung überein.
Der Hausmeister beginnte wieder zu suchen und zu kramen und murmelt vor sich hin: There used to be a pair of old boots somewhere.... Somebody left them... I wonder if I haven't chucked them out...
Doch, tatsächlich! Nach einer halben Minute zieht er von irgendwo ein Paar große, hässliche Arbeitsschuhe hervor: Try these on!
Ich nehme die Schuhe entgegen, werfe einen Blick auf die Nummer auf der Sohle und muss grinsen: Size 8. Sie sind zwar etwas weit, aber mit fester Schnürung passen sie und ich muss mich nicht sorgen, den heutigen Wandertag nicht zu überstehen. Ich bedanke mich überschwenglich, gebe (leider!) zu wenig Trinkgeld und flitze ins Zimmer zurück.

Als nächstes suche ich unseren norwegischen Freund, der am Vortag sehr heftig von der Sonne angesengt wurde - zu seinem ästhetischen Unglück nur auf einer Seite -, um ihm meine Sonnencreme anzutragen. Leider finde ich ihn nicht.

Wir ziehen also ohne ihn los und folgen den, nun wieder zu Scharen angewachsenen, Frühaufstehern auf den Weg. Hinter dem Haus versucht die Gruppe französischer Pfadfinder vom Vortag beim Angeln im Bächlein ihr Glück. (Es wird ihnen nicht hold sein, wie ich später von Svein vernehme, der ihnen einen Teil seines Essens zum Trost spendete.)





Eine neu gestrichene Wegmarkierung: Probleme mit der Findung hatten wir nie


Eine etwas andere Brücke


Da wir an diesem Tag nur 14km zu gehen haben, sind wir einigermaßen entspannt. Wir folgen dem Tal, in welchem Kingshouse liegt und kommen schließlich zu einer Stelle, auf die ich schon seit Beginn der Wanderung gespannt war: Devil's Staircase.


Nun, zum Glück hatte ich im Reiseführer vorausgelesen, dass der Name mehr hergibt, als der Aufstieg zum Bergrücken selbst: ja, es ist anstrengend, aber Stufen sind nur vor dem eigentlichen Staircase vorhanden und teuflisch oder gefährlich ist es ebensowenig. Dennoch: Endlich mal ein anstrengenderes Stück.

 
Auf dem Bergrücken

Das Devil's Staircase hatten wir erklommen und sahen uns, oben angekommen, in der Gesellschaft von etwa 20 anderen Wanderern, die sich in drei Gruppen an unterschiedlichen schönen Plätzen zusammengerottet hatten und um 10 Uhr ihre erste große Jause einnahmen. Wir waren eigentlich nicht müde oder erschöpft, doch der Ausblick war zu schön, um gleich weiter zu wandern. Wir gingen noch ein paar Meter und setzten uns an einen noch viel schöneren Flecken, gleich ums Eck, wo uns niemand sah und wir niemanden hörten.

Gut gejausnet begannen wir den Abstieg nach Kinglochleven, der sich erstaunlich in die Länge zog. Mutters Beinschmerzen kehrten zurück und, kurz darauf, auch unser norwegischer Begleiter, der uns endlich eingeholt hatte. Dem drücke ich nun endlich Sonnencreme in die Hand, während Mama pausiert.
Langsam nähern wir uns dem Tale und damit dem ehemaligen Aluminiumfabrikationsort Kinglochleven. Der Norweger pilgert noch weiter, wir suchen unser Quartier und verbringen den Nachmittag ruhig, bei Erdbeeren und Ziegenkäse, Kaffee und Sonnenschein.




Tiefpunkt des Tages war das Zimmer, das wir bezogen. Es war so klein, dass man sich darin kaum bewegen konnte, doch verfügte über alle erwünschten und unerwünschten "Annehmlichkeiten": eine Dusche in einem wandschrankartigen Nebenraum, Wasserkocher, DVD-Player, Radio, Moodlighting etc. Waschbecken gab es keines: Wollte man sich Wasser holen, musste man ins Klo am Gang. Schlecht geplant? Wahrlich!
Wirklich schlimm wurde es erst nachts als ich das Licht ausschaltete. Falsch: als ich das Licht ausschalten wollte. Die Lämpchen über dem Bett schlugen lediglich von taghell auf gedimmtes Leuchtreklamenblau um - ein komplettes Ausschalten war nicht möglich. Nach Tagen in der Natur und sehr elektronikarmen Zimmern, drängte sich mir außerdem das elektrische Rauschen jedes einzelnen der unnötigen Geräte (inklusive der komischen Nachtlampen) meinem Ohr auf und ich konnte erst schlafen, als ich alle Stecker und die Glühbirnchen aus deren Gewinde zog. Die Nacht war traumlos, lang und schwer...

Sunday, September 21, 2014

WHW - part 5: The Moor, the Norwegian and Whisky galore!

Tyndrum - Kingshouse
Strecke: 32km
Höhenmeter: zuerst flach, dann kontinuierlich ansteigend, bis zum letzten Abstieg ins Tal


Bevor wir von Tyndrum loszogen, warfen wir unsere Postkarten in den Postkasten - so viele findet man am Weg ja nicht - und gingen noch in einen der beiden Shops ("last shop for 30 miles") und deckten uns mit genug Proviant ein. Die heutige Etappe sollte die längste werden und der witzige alte Mann an der Kassa kommentierte "Lovely little walk today?" Unsere Herbergsbegerin hatte uns jedoch bereits erzählt, dass wir den ärgsten Teil der Strecke hinter uns hätten und der heutige Weg zwar lang, aber nicht besonders anstrengend sei. Nicht eingerechnet waren da aber die Schmerzen in meinem Knöchel, die über Nacht nicht komplett abgeklungen waren, sondern bereits nach einer halben Stunde Fußmarsch wieder einsetzten und kontinuierlich lauter werden sollten.

Wir hatten Tyndrum gerade verlassen, als uns ein junger Norweger anplauderte, der alleine (mit einem 3-Mann-Zelt) unterwegs war und sich jeden Tag Wandergefährten suchte. Bereits am Vortag hatten wir ihn mit einem Schotten gemeinsam gesehen und uns gefragt, ob die beiden wohl Vater und Sohn seien, denn ähnlich gesehen hatten sie einander nicht. Jetzt wussten wir wieso. Er schloss sich uns an und wir unterhielten uns über's Wandern, das Heer und unsere Länder.

hinter uns liegt der Weg, der vor uns liegt

Der Weg nach Bridge of Orchy, eine von zwei Häuseransammlungen am Weg, war - bis auf die Schmerzen im Bein - angenehm und verging dank des Geplauders sehr schnell. Damit hatten wir bereits das erste Drittel der Tagesetappe erledigt und Mama und ich beschlossen, dort eine Pause einzulegen, damit ich meinen Fuß ausruhen konnte. Dieser hatte nur Minuten davor einen letzten Stich von sich gegeben und dann aufgehört zu schmerzen. Ich wusste nicht, ob ich mich sorgen sollte, oder erleichtert sein.

Wir kehrten im "Bridge of Orchy Hotel" ein. Das klingt sehr nobel, doch man muss wissen, dass die meisten Einkehrstellen entlang des Weges Hotels sind und es "normale" Pubs nicht viele gibt: der Bedarf wird durch die Hotelrestaurants bzw. die extra eingerichteten Walkers' Bars abgedeckt: kleine Pubräume, die getrennt vom Hotelrestaurant begehbar sind und wo dreckige Wanderschuhe und klobige Rucksäcke nicht stören. Da es in Bridge of Orchy allerdings sonnig war und nicht regnete, tranken wir unseren Tee heraußen unter einem Sonnenschirm.

Blick von der Brücke

The Bridge

Man versteht die Ortsbenennung

Von Bridge of Orchy ist es nicht weit nach Inveroran (etwa 7 km) und wir planten bereits die nächste Pause dort, da wir wussten, dass dann vor Kingshouse wirklich nichts mehr kommen würde. Wir marschierten also weiter und fanden ein kleines Hotel (ohne eine nennenswerte Zahl an Häusern rundum) mit vielen Wanderern davor, die gerade von dort aufbrachen. Hier betraten wir erstmals eine Walkers' Bar durch den Garten und die Hintertür und fanden dort unseren Norweger wieder, der zwei ältere amerikanische Damen überredet hatte, Irn Bru zu probieren. Sie mochten es. Dann zogen sie weiter.
Wir aßen gemütlich Suppe, versuchten die Nationalitäten einer Burschengruppe und eines jungen Pärchens zu erraten, und bewunderten das rund um den Raum aufgemalte Fries - eine recht witzige Darstellung des West Highland Way.

Nach Inveroran beginnen die weiten Weiten des Rannoch Moor. Ein Hochmoor, das in meinem Reiseführer als grausam und brutal beschrieben wurde, weil man vom Weg nicht abweichen kann und auch nirgends Schutz suchen, sollte das Wetter ungnädig sein. Wir hatten jedoch Glück: Der Sonnenschein, der uns die ganze Zeit schon begleitete, blieb bei uns. Wobei, eigentlich war auch die Sonne unbarmherzig: Sie brannte auf uns herab und jedesmal, wenn kein Wind ging, wurden wir von einem Schwarm aggressiver Bremsen attackiert. Hin und wieder gab's zum Glück aber ein Lüftchen.






Mein Fuß gab jetzt endgültig Ruhe und wir kamen gut voran. Hin und wieder machten wir fünf Minuten Pause, um unseren Sonnenschutz zu erneuern, unseren Wasserhaushalt aufzufüllen und unsere Schultern für ein paar Minuten von ihren Lasten zu befreien, denn alle 2-3 Stunden etwa, begannen sie unter dem Gewicht zu schmerzen.
Die einzigen Raststätten: Brückenbegrenzungen über kleinen Bächlein






Das Gras hat dort eine ganz surreale Farbe. Nicht nur durch die Kamera.

Der Weg war, wie gesagt, sehr weit und zwei bis drei Stunden vor unserem Ziel begann meine Mutter, Probleme mit der Hüfte und dem Bein zu bekommen. Wir mussten vermehrte Rastpausen einlegen. Bei einer dieser kleinen Pausen bemerkte ich einen kleinen Spalt in der Sohle meines linken Wanderschuhs. Ich sah mir die Sache genauer an und stellte fest, dass die Sohle begonnen hatte sich abzulösen. Dass ich es bis Kingshouse schaffen würde stand außer Frage, aber wie ich am nächsten Tag weiterwandern sollte war unklar. Wie dem auch sei, wir mussten zuerst mal bis Kingshouse kommen und die letzten fünf Kilometer sind boshaft und gemein:
Kingshouse liegt in einem Tal, zu dem wir erst absteigen mussten. Es ist ein einzelnes großes Hotel (mit noch 2 kleinen Gebäuden daneben) und man sieht die weiße Fassade schon von dem Bergrücken aus, den wir davor überschritten. Man glaubt also gleich da zu sein, doch von dem Zeitpunkt an, da man das Hotel zum ersten Mal sieht, bis zum eigentlichen Eintreffen ist es noch eine gute Stunde, wenn nicht 1 1/2. Pausen legten wir außerdem noch mehrere ein, um Mamas Bein zu schonen und es war Abend, als wir schließlich am Hotel ankamen. 


Das Hotel ist ganz klein rechts im Bild

Wir bekamen unser Zimmer und widerstanden mit viel Geisteskraft dem starken Drang, uns gleich aufs Bett zu werfen und zu schlafen, sondern gingen duschen und gönnen uns ein ordentliches Abendessen in der Hotelbar. Dort trafen wir auch den Norweger wieder, der sein Zelt an diesem Abend nicht ausrollte, sondern sich ebenso den Komfort eines Hotelbetts gönnte.
Belebt durch das gute Essen, entschlossen Svein und ich uns durch das wahrlich beachtliche Whiskysortiment der Bar durchzuprobieren. Man ist schließlich in Schottland und es gibt hier nicht gerade wenige gerühmte und weniger bekannte Destillerien. Die lässt man nicht einfach ungetestet zurück. Es war also ein lustiger Abend und, wie das so ist, wenn man gemeinsam trinkt, schlossen wir Freundschaft. Als wir dann mitbekamen, dass die witzigen Barmenschen das Semifinale der Fußballweltmeisterschaft schauten, fragten wir sie nach dem Punktestand.
D'ya wanna come watch?
Yeah, sure!
Sie öffneten uns die Barriere zur Bar, lotsten uns durch den Bierspeicher in die Walkers' Bar, von der wir bis dahin nichts gewusst hatten und wir fanden uns in einer Gruppe gröhlender Franzosen wieder.
Ein grandioser Abend!

Addendum: Was uns dieser Tag (und die folgenden) lehrte war, dass der Körper über verschiedene Schwachstellen verfügt, die bei Anstrengungen dieser Art zutage treten. Die Schmerzen in meinem Knöchel konnte ich durch weitere Beobachtung darauf zurückführen, dass ich nicht mit beiden Füßen gleich auftrete, sondern meinen rechten Fuß eigenartig belaste. Ist schon interessant. Ich versuche jetzt noch, dagegen zu wirken.

Monday, September 08, 2014

WHW - part 4: Leaving the Lake for the Highlands

Inversnaid - Tyndrum
Strecke: 30 km
Höhenmeter: Anfangs ziemlich flach, bei der Hälfte langsamer Aufstieg auf 350Hm, dann wieder sanfter Abstieg

Nach einem typisch schottischen Frühstück (bacon, eggs, sausages, tomatoes, hash brown, potato scones und einer Scheibe fried haggis) verließen wir das Kirchlein und wanderten weiter am Seeufer entlang. Die anstrengendste Etappe des Weges stand uns bevor, denn der Weg war zur Abwechslung keine breite Militärstraße, sondern ein schmaler Waldweg, der über Stock und Stein führte und uns zu erhöhter Aufmerksamkeit zwang. Vergleichsweise langsam kämpften wir uns voran, doch da dieses Stück auch eines der schönsten des gesamten Highlandweges war, genossen wir es dennoch.

Wir blieben in der Nähe des Seeufers und kamen an einem bothy vorbei, einer Hütte, die unversperrt Wanderern zur Übernachtung zur Verfügung steht. Es gibt scheinbar mehrere davon entlang des Weges. Ich hatte davon gelesen und wollte mir die Hütte ansehen. Sie war jedoch versperrt und als ich an der Klinke herumwerkte, hörte ich von drinnen ein schlaftrunkenes "hello?". Ich rief eine Entschuldigung und wir machten, dass wir weiterkamen.


noch am Loch Lomond



Schließlich ließen wir den See zurück und begannen den ersten leichten Aufstieg in die Highlands.

Noch recht frisch nach den ersten 10 Kilometern

Die Umgebung verändert sich


Shamrocks!

Dreißig Kilometer sind nicht kurz. Wir hatten eine derartige Strecke schon vorher einmal gehabt, doch diese war durch den Waldweg heftiger und länger. Ein paar Kilometer vor unserem Tagesziel begann ich, einen stechenden Schmerz über dem Knöchel zu spüren und musste das Tempo drosseln und meinen rechten Fuß vorsichtiger belasten. Als ich kaum mehr auftreten konnte, tauchte zum Glück der Campingplatz von Strathfillan auf. Es gab dort ein kleines Geschäft, das auch Tee verkaufte und wir entschlossen uns zu einer Pause. Ein netter Schotte begann mit uns über Reisen und Sprachen zu plaudern und warnte uns (wie auch alle anderen Leute immer wieder) vor den anscheinend so mühsamen Midges. Schließlich fühlte ich mich bereit, weiter zu gehen, und wir begannen erneut, mit gedrosseltem Tempo.


Der alte Friedhof der Strathfillan Priory

Der Schmerz im Knöchel ließ nicht nach, doch wir schafften es dennoch in einer guten Stunde nach Tyndrum, eine etwas größere Ansiedlung als diejenigen, die wir bis jetzt durchquert hatten. Unsere nette Gastgeberin, Heather, und ihr kleiner West-Highland-White-Terrier "Midge" nahmen uns in Empfang. Heather brachte uns, als sie unsere ermüdeten Gesichter sah, gleich Tee und zwei kleine Pancakes und ich war glücklich, mich einfach hinsetzen zu können.

Es folgte eine sehr erholsame Nacht.