Monday, October 06, 2014

WHW - part 7: The perfect Picnic Spot, the Ben and the End

Kinglochleven - Fort Williams
Strecke: 24km
Höhenmeter: 300Hm auf, 130m ab, 100m auf, 250m ab

Dem letzten Streckenabschnitt sahen wir einigermaßen gelassen entgegen. 24 Kilometer sind ja "nichts" nach 6 Tagen Wanderung und wir hatten schließlich schon längere, schwierigere Abschnitte hinter uns gebracht. Außerdem sollte zumindest für eine von uns die Last leichter sein: Mama hatte sich nach langer Überlegung am vorhergehenden Nachmittag entschieden, ihren Rucksack dem anfangs belachten Gepäcktransport mitzugeben, damit ihr Bein entlastet würde und sie den Weg fertig gehen könne. Von zwei netten Schottinnen im Nebenzimmer hatte sie sich die Nummer organisiert und wir leiteten alles in die Wege und begaben uns auf selbigen.

Die Strecke sollte sich bissiger erweisen, als wir angenommen hatten. Wir stiegen aus dem Tal wieder hinauf in luftigere Höhen und, obwohl wir gut vorankamen, sollte der anhaltende und eher steile Anstieg am Anfang meine Knöchelschmerzen wiederbringen. Nun war ich es also wieder, die Pausen brauchte. Das Panorama und das Wetter waren jedenfalls schön:

Blick zurück auf Kinglochleven


Aufstieg über die Bergflanke



Die (doch recht monotone Landschaft) wurde manchmal unterbrochen

 Dieser letzte Streckenabschnitt gestaltete sich für mein Gefühl besonders hart, da es der einzige doch eher lange Abschnitt war, dementlang es kein einziges Pub oder eine andere Einkehrmöglichkeit gab, mit der man sich den Abschnitt gedanklich schön in Stücke gliedern hätte können. Mein schlaues Buch kündigte nur einen "perfect picnic spot" an und wir nahmen den als Messpunkt. Mein schmerzender Fuß, unser Durst und ein viel perfekterer picnic spot (gleich neben einem klaren Bächlein, fast uneinsichtig vom Weg) änderten diesen Plan: Die Oatcakes, der Ziegenkäse und die Äpfel, die wir zum Glück noch gekauft hatten, gemeinsam mit dem frischen Quellwasser des Bächleins, waren hier ein Festessen für uns.



Dann marschierten wir weiter. Die Landschaft wurde leider immer monotoner: Viel Wald war in den letzten Jahren gerodet worden und so ermüdeten uns die Sonne und auch das Panorama zunehmend. Irgendwann schob sich endlich der wie immer wolkenverhangene Ben Nevis, der höchste Berg Großbritanniens (1344m) seitlich ins Bild und wir wähnten uns beinahe am Ende der Wanderung.

wolkenverhangener Ben

geschlägerter Wald. Eine Augenweide.
Wie Kaugummi zogen sich die letzten acht Kilometer. Das Wetter wurde seltsam: starker Wind kam auf und wir fürchteten das Hereinbrechen eines Unwetters. Hinzu kam, dass wir sehr viele steile Abstiege hatten und nun - am siebten Tag! - meldete sich auch mein Knie, das die vorhergehenden sechs Tage erstaunlich ruhig gewesen war. Kurzum: Je näher wir dem Ziel kamen, umso mehr sank unsere Motivation noch weiterzugehen. Wir machten - schon im Glen Nevis (dem Tal, das vom Ben Nevis nach Fort William führt) angekommen - eine letzte Rast bei einem Holzstapel. Die pittoresken Plätze schienen wir ein für alle Mal hinter uns gelassen zu haben. Von irgendwo im Rucksack grub ich noch zwei letzte Cashewriegel aus, mit denen wir uns ein bisschen Energie anaßen, und wir schlurften weiter. Andere Wanderer hatten wir schon lange keine mehr gesehen.
Das letzte Stück gingen wir neben einer Straße, was uns nicht unbedingt beflügelte, doch - endlich! - erblickte ich hinter einer Biegung den mir vertrauten Kreisverkehr und gleich daneben das:


"Look tired!" - "Sorry, we can't. We're too happy!"

Tja. Wir waren am Ende. Der Zieleinlauf war mühsam gewesen, doch als wir vor dem Schild standen, nahm die Freude überhand.

Genug gegangen? Nein. Wir mussten noch durch den halben Ort und ein Stück den beflankenden Berg hinauf zu unserem Quartier. Doch das taten wir erst, nachdem wir ordentlich Mittagessen waren. Erstmals, nach der langen Wanderung wieder in "zivilisierterer" Gegend, war uns unsere verschwitzte Kleidung unangenehm: Hier gab es immerhin auch frisch geduschte und unverschwitzte Menschen. Wir setzten uns ganz an den Rand, zur offenen Tür des Pubs. Komisch - gerade waren wir noch so frei, schon fühlen wir uns wieder den Zwängen und Normen der versiedelten Gesellschaft unterlegen.

Was taten wir die restlichen drei Tage?

Wir gingen (schon wieder) nicht auf den Ben Nevis - dafür spazierten wir ein bisschen im Glen herum.

Wir erkundeten die kleine Stadt und pilgerten zum "Official End of the WHW" (im Gegensatz zum "Original end of the WHW", wo das vorige Foto entstand).

The official end: zwei rastende Wanderer

Außerdem tranken wir viel Kaffee und füllten unsere Fettspeicher wieder auf. (Und trafen dabei ein paar Leute, die im selben Ort wohnen, wie meine Eltern. Klein ist die Welt.)



Und besuchten schließlich, gemeinsam mit dem Norweger, auch eine Destillerie. (Die leider etwas enttäuschender war, als andere Destillerien, die ich bis jetzt gesehen hatte). Die niederländigsche Pfadfindergruppe, die ebenso dort war, trug zu unserer Erheiterung bei: man sah ihnen an, dass auch sie viel wandern waren. Einer der Burschen hatte sich einen Riss in der Hose mit Duct Tape geklebt, andere waren an Armen oder Beinen aufgeschürft. Ein recht verschlissener Haufen.


Mit beinahe schon wieder schmerzfreien Füßen düsten wir im Bus zurück nach Glasgow. Wofür wir zu Fuß eine Woche gebraucht hatten, zog in drei Stunden vor dem Fenster an uns vorbei. Zeit ist ein interessantes Konzept.

Fazit: Nicht zu Unrecht hatte ich mich auf diesen Urlaub über ein halbes Jahr vorgefreut. Er war genauso großartig, wie ich das erwartet hatte, und man hätte ihn nur verbessern können, indem man mehr Zeit an der frischen Luft verbringt. Ich würde das nächste Mal gerne zelten, aber vermutlich schüttet es dann tagelang...

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