Wednesday, March 25, 2009

Bürokratische Unmöglichkeiten?

Angstvoll hab ich auf ihn gewartet, den Erasmischen Spießrutenlauf von einem Büro in's nächste zum Zwecke die ganzen Zetteln mit verschiedensten Unterschriften zu füllen. Ich hatte schon Albträume von endlos langen Warteschlangen, an deren Ende eine desinteressierte Person einem dann mitteilen würde, dass man irgendeine Kleinigkeit vergessen hat (entweder eine Unterschrift, oder den Ausdruck eines Formulars...). Ein Passierschein-A38-Szenario also.

Umso erstaunter war ich, als ich per Mail aufgefordert wurde, mir diverse Formulare aus dem Internet auszudrucken (und erstaunlicherweise fand man die alle zusammen an derselben Stelle!), welche ich hernach innerhalb von zwei Tagen zu drei Leuten tragen und spätestens am Folgetag abgeben müsse.
Ich drucke also brav aus (und fülle aus) und pilgere zu

Station 1: Abklären der Kursanrechnung:
Keine Warteschlangen, die Professorin telefoniert noch für eine halbe Minute und ruft mich dann auch schon herein. Sicherheitshalber habe ich mir so an die 10 Kurse (3 werde ich machen) herausgesucht, sollte es bei meinen Favoriten irgendwelche unerwarteten Probleme geben. Aber nein, siehe da, alles klappt reibungslos. Nein noch viel besser! Die Professorin zeigt sich erstaunt, dass die Bangorschen Kurse je 10 ECTS bei 2 Stunden Unizeit pro Woche haben:
Das ist jetzt etwas schwierig. Verdammt, ich hab's ja gewusst. Die müssen wir Ihnen hier dann dreistündig anrechnen. Brauchen Sie noch Wahlfächer?
Naja, es geht vermutlich nicht, dass ich mir den Kurs hier als einen einstündigen und einen zweistündigen anrechne, oder? Denn die brauch ich noch...
Ach so. Nein, das ist überhaupt kein Problem. Das können wir ohne weiteres machen. Tragen Sie das gleich in's Formular ein.
Was, wirklich?! Na wunderbar!

...
So auch bei den anderen Kursen. Das gefällt mir!

An diesem Tag kann ich nichts mehr tun, aber als nächstes pilgere ich zu

Station 2: Unterschrift meiner Koordinatorin
Auch hier keine Warteschlangen. Ich klopfe, werde hereingerufen und bekomme in Windeseile zwei Unterschriften und die Androhung, dass sie nach meiner Rückkehr überprüfen werde, ob ich tatsächlich Gälisch gelernt habe. :-)
Um das Ganze selber ein bisschen aufwendiger zu gestalten, lasse ich mir von ihr noch den Weg zum Erasmus-Büro beschreiben, wo mein Papierstoß dann innerhalb der nächsten 4 Tage landen sollte und bin schon wieder draußen...

...und begebe mich zwei Türen weiter zu

Station 3: Unterschrift der Vize-Studienprogrammleiterin
Erstmals! Eine Warteschlange! Und ich war schon ganz enttäuscht... 3 Leute warten tatsächlich am Gang. Als ich komme und frage, ob die Professorin schon da ist antwortet man mir positiv und mit der Gegenfrage, ob ich nur eine Unterschrift brauche.
Ja.
Gut, dann kannst du vor.

Nett... Eine Minute später stehe ich auch schon im Büro (Ah, Sie sind die, die nach Wales geht!) und zehn Sekunden später bin ich auch schon wieder draußen und frage mich, was ich mit der ganzen unverbrauchten, aber eingeplanten Pufferzeit wohl machen solle und nach kurzem Überlegen begebe ich mich zur eigentlich für den nächsten Tag vorgesehenen


Station 4: Einreichen der Formulare im Erasmus-Büro

Trotz der Wirren im Hauptgebäude erweist sich diese Institution nach Nachfrage beim gelangweilten Portier, der vermutlich die ganze Zeit irgendwelche Internetspiele spielt, als leicht zu finden. Ich trete ein und sehe mich wieder mit einer Schlange von etwa 2 Leuten konfrontiert. Heiß ist es und die brauchen alle relativ lang (SO hab ich mir das vorgestellt!).
Als das nächste Mädel hineingerufen wird höre ich die für sie zuständige Person fragen, ob sie alle Formulare kopiert habe. AHA! Na gut, dass ich das jetzt schon weiß, dann muss ich nicht noch eine Viertelstunde warten...

Ich gehe schnell kopieren und bin nach 5 Minuten schon wieder zurück. Wieder 2 (diesmal andere) Leute vor mir, aber hinter mir tritt gleich eine ganze Horde ein. Darunter ein Bekannter, der mich gleich mit der Information, dass er schon zum dritten Mal hier sei, beängstigt. Und da bin ich auch schon dran.
Die Formulare werden sortiert, teilweise werden die Kopien von mir verlangt, es wird gestempelt, unterschrieben. Und das war's:
In einer Woche ca. bekommen Sie dann die nächste Infomail - aber dann tut sich eine Weile nichts. Nett. Das war doch einfacher als gedacht - und hat mich nicht mehr als eine 3/4 Stunde gekostet. Wenn's so weitergeht ist es mir auch recht :-).


Monday, March 23, 2009

Backe backe Fladenbrot

Nachdem ich eine unglaubliche Affinität zu Teigwaren habe und die ganze Woche schon traurig war, weil ich am vergangenen Wochenende keinen Bäckereidienst haben würde, war ich überglücklich, als man bei der Dienstvergabe an meinem zweiten Arbeitsplatz jemanden zum Brotbacken suchte und mir auf mein Handzeichen hin dann zusprach.
Das ganze beinhaltet nebst dem Vermengen von Mehl, Wasser, Olivenöl und Salz noch den Aufenthalt in einer rekonstruierten römischen Villa (bzw deren dunkler, gemütlicher Küche) und authentische Kleidung.

Als brave Küchensklavin habe ich dort bei Öllämpchenflackern also auf dem massiven Küchentisch Teig angemacht (umrahmt von staunenden Besuchern, die offenbar alle dachten man braucht dafür eine Schüssel und einen Mixer / eine Küchenmaschine), geknetet, in die Pfanne geschmissen und geröstet. Hernach wurde es zum Verzehr freigegeben und man hatte den Eindruck, dass die Besucher alle kein Frühstück zu sich genommen haben... Vermutlich lag es aber hautsächlich an der leckeren Knoblauch-Apfel-Honig-Sauce auf Olivenölbasis, die meine Kollegin am zweiten Tag produziert hat und die wir stolz dazu reichten. (Den ersten Tag habe ich wegen kältebedingter Ungemütlichkeit schon wieder aus meinem Gedächtnis gestrichen.)
Da uns auch unsere Mitarbeiter am Herzen lagen und man von Brot allein auch nicht leben kann, haben wir uns zur Mittagszeit am Dekogemüse (Bio!!) vergriffen und dieses einmal zu einem Gemüse- und dann zu einem Linseneintopf gemacht / addiert. Beide sind bei unseren Mitsklaven recht gut angekommen, auch wenn sie optisch weniger hergaben als kulinarisch (das Essen jetzt, nicht die Leute). Auch nach deren Rezept wurden wir von den Leuten gefragt.... Also, sie sehen das ganze Gemüse das da so herumsteht? Im Prinzip ist von jedem dieser Sachen was drin. ... Nein, wir haben da kein Rezept mit Mengenangaben, wir haben das einfach nach Gefühl gemacht...

Sehr lässig jedenfalls, dieser Holzofen, der den ganzen (biologischen) Abfall und die extrem verbrannten Fladen frisst und uns gleichzeitig warmhält.
Was weniger lässig ist, ist die Last der Paenula auf den Schultern, die gemeinsam mit der ganzen Knettätigkeit und meiner scheinbar doch irgendwie gebeugten Haltung zu einer massiven, immer noch andauernden Verspannung geführt hat.

Aber für 2-4 Tage im Jahr und (sklavenuntypischen) guten Lohn nimmt man so manchen Schmerz in Kauf.

Sunday, March 15, 2009

Green Hell Blog Tour

Green Hell Blog Tour - Reloaded - FrühlingsgrünAuch wenn es im Moment immer wieder schneit, eigentlich - ja eigentlich haben wir ja seit 01.März sowas ähnliches wie Frühling. Knospen sprühen, Kröten gehen auf Wanderung und was haben diese Dinge gemeinsam? Richtig! Die Farbe! Grün. Deswegen. Macht Fotos von grünen Dingen. Ob draussen, ob drinnen, in der Küche, auf der Straße, auf dem Teller, im Bett, auf dem Bildschirm, im Buch.Je grüner, desto besser.

Grünes gibt's bei mir so einiges... ich musste zuerst mal selektieren:






... zum Beispiel meinen iPod, den ich über alles liebe, auch wenn die Kopfhörer schon recht desolat sind...



.... oder Frösche, zweierlei:




... meinen Lieblingsschal:










... einen uralten, schweren, nervigen Regenschirm







Schreibzeugs....

..................und wie es der Zufall so will: meine heutige Kleidung:







Aja, um nicht ganz auf die Reihenfolge zu vergessen:

vor mir -> Broken (http://kelirikko.blogspot.com/2009/03/vihrea.html)

und nach mir -> EL (http://oreas.livejournal.com/)

Tales from a bread seller's life - No. 2

Jaja, was mich dieser Job so alles lehrt: Croissants aufbacken, Torten in Papier einschlagen, ohne dass man sie dabei zerstört, Wurstsemmeln anrichten, Kaffeemaschine reinigen usw....

Heute hatte ich eine Unterrichtseinheit zu "Wie schmeiße ich Leute raus?" Ist ganz praktisch, sowas hin und wieder zu üben...

Kommt da so ein abgesandelter Typ Mitte 20 daher, der auch in diesem Gemeindebau wohnt, aus dem die Stammgäste allsonntäglich zu mir ins Café strömen, und schnorrt ebendiese um Zigaretten an. Setzt sich dann weiters zu denen und quatscht sie an.
Meine Lieblingsstammgästin kommt zu mir und ersucht mich, ihn rauszuwerfen. Na toll. Ich bin ja eh unheimlich gut in sowas... juhuu....
Ich atme also durch, geh zu dem Typen und sag ihm er könne nicht hierbleiben, wenn er nichts konsumiert und bitte ihn, das Lokal zu verlassen. Was sagt der drauf?
Ich tu ja eh nix. und Ich hab mich schnell hinsetzen müssen, mir ist schwindlig.
Grandios.
Ich biete ihm ein Glas Wasser an - man will ja immerhin Leute mit Kreislaufproblemen ernst nehmen und ihnen helfen (v.a. wenn man das von einem selbst kennt) - und ersuche ihn, nach Einnahme desselben zu gehen.

Was ein Fehler war... denn der Typ denkt natürlich gar nicht daran, das Wasser schnell zu trinken und sitzt 10 Minuten später immer noch da. Und nervt die anderen.
Also muss ich nochmal hin.
Ich ersuche ihn das Wasser schnell zu leeren und sich dann zu schl... also dann bitte zu gehen.
Regt der sich auf, dass das unhöflich von mir ist, er wolle ja nur hier sitzen und er störe ja keinen (aso?) und ich sei wirklich unfair, weil ich ihn rauswerfe. Ich erkläre ihm daraufhin (zum 2. oder 3. Mal), dass die Idee hinter einem Kaffeehaus die ist, dass Leute hier einen Kaffee oder ähnliches KONSUMIEREN können und dass das keineswegs ein Wartehäuschen ist oder Wohnzimmerersatz mit Zigarettenschnorrgelegenheit für Leute, denen langweilig ist oder die nicht wissen, wo sie sich sonst aufhalten sollen (mit etwas anderer Wortwahl). Als er wieder aufmuckt, sehe ich mich gezwungen, ihm mit der Polizei zu drohen - - was mir höchst unangenehm ist, aber nötig scheint.

Hilft: Ein paar Minuten später geht er; allerdings nicht, ohne mich nochmals von seiner Meinung in Kenntnis zu setzen (as if I cared...).


Aaaaber: Um 1 steht er schon wieder da. Ich hatte zum Glück gerade 2 Minuten vorher die Tür verschlossen und ihn dann einfach ignoriert.

Macht mir aber schon Angst irgendwie.....

Saturday, March 14, 2009

Von Coca-Cola trinkenden Nachhilfeschülern und dem entspanntesten Bewerbungsgespräch bislang

Momentan komme ich vor lauter Arbeit ja fast nicht zum Studieren: In der Bäckerei musste ich krankheitsbedingt aushelfen und meine beiden Nachhilfeschüler halten mich auch auf Trab.

So hatte ich mir am Freitag einen Termin mit Nachhilfeschüler 2 ("der Neue") ausgemacht, und zwar um halb 1: der Gedanke dahinter war, dass ich bis 12 Uni habe und um halb 1 locker daheim sein können würde - ja-haa, es kam natürlich ein bisschen anders:

Professor schwafelt und schwafelt - durchaus interessantes Zeug - als die Glocken der Votivkirche die Mittagsstunde einläuten.
Professor: Haben Sie noch 10 Minuten?
Ich: Ich muss leider schon weg.
Warum?
Ich gebe jetzt Nachhilfe und will den Schüler nicht vor der Tür warten lassen.
Schicken Sie ihm ein SMS: Versprechen Sie ihm ein Coca-Cola dafür, dass er 10 Minuten wartet. Das macht ihm bestimmt nichts aus. Ich bezahle Ihnen auch das Cola.
Ich wundere mich .... oder irgendwie auch nicht .. und verfasse ein entsprechendes SMS (ohne den Cola-Teil). Als der Professor nach einer Viertelstunde immer noch spricht, packe ich zusammen und erhebe mich um zu gehen.
Bleiben Sie noch da, ich bin eh gleich fertig.
Ich kann den Schüler nicht eine halbe Stunde warten lassen. Ich kopiere mir dann alles von meinen Kollegen.
Sie brauchen sich nichts zu kopieren, ich sag' eh nur mehr 3 Sätze.
Ok, ich bleibe also, höre mir die 3 Sätze noch schnell an (Gut, dann gehen Sie. Ich will ja nicht, dass Ihr Schüler während er wartet Koma-trinkt...) und sprinte dann los.

Zum Glück kenne ich den Schüler und es ist kein Problem, ihn um eine Viertelstunde zu vertrösten. (Im Endeffekt wär's eh egal gewesen, da er nicht zu meiner Wohnung gefunden hat und somit nochmal eine Viertelstunde zu spät dran war.) Das nächste Mal plane ich gleich eine c.t. Beginnzeit ein.... schlimm ist das...

~~~

Let's take one step back in time:

Einen Tag vor dieser Begebenheit gab es etwas weitaus interessanteres, nämlich mein ERASMUS Interview:

Ich erscheine rechtzeitig, nur um zu erfahren, dass das ganze Procedere um eine Viertelstunde im Verzug ist... Eh klar. Also setze ich mich mal hin und rede mit den allesamt eher deprimiert und verängstigt dreinschauenden Mitstreitern. Vor allem, die aus dem Interviewzimmer heraustretenden schauen völlig verstört aus und informieren uns Wartende, dass die Kommission sehr genau nachfragt, vor allem in kausalem Stil (warum? warum? warum? immer wieder). Sie vermitteln mir den Eindruck, mich gleich vor recht strengen und unbarmherzigen Leuten erklären zu müssen... Witzigerweise werde ich dennoch nicht nervös - nur ungeduldig...

*tap-tap-tap*

Endlich werde ich hineingerufen und sehe mich vier netten, lächelnden Leuten gegenüber, die mich bitten, meine Wahl zu erklären und mich nach meiner Offenheit Alternativen gegenüber zu befragen. Sehr freundlich, keineswegs unangenehm oder in die Ecke drängend. Ich war komplett entspannt und mir kam es eher wie ein netter Kaffeeplausch vor. Irgendwann war dann alles zu meiner persönlichen und akademischen Motivation und meiner Uniwahl gesagt und sie stellten mir eine letzte Frage:
You mentioned that you want to learn Welsh. Would you like to fill us in on the background?
*grins* Tat ich und fügte hinzu, dass ich eine besondere Affinität zu toten und seltenen Sprachen habe, wie man ja am Zweitfach erkennt. Allgemeines Gelächter, das bis draußen gehört wird ist die Antwort. Ja, wir hatten's recht lustig und mit einem guten Gefühl verließ ich die "Kammer des Grauens" wieder. .... Was sich als gerechtfertigt herausstellen sollte:

Nach einem Nachmittag, an dem sich bei mir immer mehr Zweifel einschlichen, dass ich nicht überzeugend genug für meine Traumuni argumentiert habe, ließ mich ein abendlicher Blick auf die Nominiertenliste beinahe Luftsprünge machen:
Von 40 Bewerbern war ich an zweiter Stelle gereiht: Vor mir nur ein Mädl, das nach Edinburgh will und somit keine Konkurrenz darstellt. WOOHOO!! Mein Gesicht gefror zu einem Grinsen, dass ich den ganzen Abend über nicht mehr richtig loswurde.

Tja, die Zuweisung der Plätze am nächsten Tag war für mich verständlicherweise recht entspannt -- aber es war schon hart, die Enttäuschung vieler anderer Bewerber zu sehen, denen ihre Favoriten und Alternativen vor der Nase weggeschnappt wurden...

Nachdem die Entscheidung gefallen ist, geht jetzt also für mich die Erkundungs-, Formularausfüll- und Planungsphase los und ich habe bereits einige Erfahrungsberichte gelesen und bin über Google auf einige entsprechende Blogs gestoßen. Die werde ich nun durchackern und versuchen, darüber hinwegzusehen, dass die Walisen ständig als "Engländer" bezeichnet werden.... Ich kenne jemanden, der sich darüber nur sehr sehr bedingt freuen würde...

Sunday, March 08, 2009

Tales from a bread seller's life - No. 1

Nach guten fünf Stunden Schlaf (= nicht optimal, aber durchaus tragbar) springe ich putzmunter aus dem Bett und.... (ok, das war gelogen: ich springe voll verschlafen aus dem Bett um das nervig hölzern dröhnende Vibrieren meines auf der Kommode liegenden Handys abzustellen)... und tappe in die Küche, um mir den obligaten halben Liter Aufputschtee zu brauen; heutige Wahl: Lady Grey von Twinings....mhhhhh
Draußen ist es immer noch dunkel, als ich im Wohnzimmer sitze und halbmotiviert mein Müsli löffle (Status: körperliche Wachheit ~ 70 %, geistige Wachheit ~ 40 % des möglichen Ausmaßes; also immer noch beim Hochfahren.) 5 Stunden sind eindeutig zu wenig.

Ich verlasse schließlich das Haus - mit Musik im Ohr (Anm.: Bright Eyes sind zu depressiv so früh in der Früh) - und staune, denn es dämmert bereits. Das ist neu. Das habe ich in meiner Karriere als Backwarenverkäuferin noch nicht erlebt.
Als ich die Bäckerei erreiche ist es tatsächlich hell und mein Körper hat sich komplett hochgefahren und ist somit einsatzfähig.

...Überspringen wir ein paar Stunden...

Es ist 10:30 als die Türe sich öffnet und ein hochmotivierter, freundlich lächelnder Mann von nicht unhübschem Gesicht eintritt:
"Eine Melange und einen Kaffee, bitte."
Ich runzle die Stirn, weil ich mich verhört zu haben glaube und frage sicherheitshalber nochmal nach:
"Eine Melange und....?"
"Einen Kaffee." Also doch.
"Und was für einen? Verlängerten?"
"Ähm...nein, einen Krapfen. Oder doch eine Topfengolatsche .... Ich nehm ein Brioche!"
Hä? Jetzt bin ich tatsächlich verwirrt: Also Krapfen war das.... nicht Kaffee... Auch gut.
"Und geben's ma statt dem Kaffee doch einen Kakao."
Was?! Hat er doch von Anfang an Kaffee gesagt? Kenn mich nicht mehr aus. Na gut, wie er will...

Ich mache also Melange (die zu dem Zeitpunkt bereits fertig ist) und Kakao und serviere es ihm zusammen mit einem Briochekipferl und den Worten
"Jetzt haben's mich ein bisserl verwirrt."
Da wusste ich noch nicht, dass ich gleich noch viel verwirrter sein würde....

Ich gehe also nach vor an den Tresen (wie heißt das nochmal auf österreichisch?) und bediene ein paar andere Leute, als 5 Minuten später besagter verwirrender Mensch an die Kasse kommt um zu zahlen. (Was, hat der das jetzt so schnell runtergeschlungen?)

Er zahlt also alles ganz brav und geht.

Ich bewege mich meinerseits in den Gastraum, um das leere Geschirr abzuräumen - und erstarre beim Anblick des Tisches:

Alles steht da genauso, wie ich es deponiert habe. Nichts hat er angerührt: Das Briochekipferl ganz. Der Kakao noch da. Die Melange voll. Im Aschenbecher zwei Zigarettenstummel.
Kurioserweise ist eines der Zuckersackerl aufgerissen und der Zucker über den halben Tisch versankert.
Komisch.
Die Stammgäste am Nebentisch sind genauso baff wie ich und erklären mir, der Typ hätte nichts angerührt (eine Diagnose, die ich dank meinem Sehsinn selber schon gestellt hatte. Trotzdem danke.)

Sachen gibt's..... Was denken sich solche Menschen? bzw. Aus welchem Antrieb handeln sie so, wie sie es taten? Fragen über Fragen....
Aber der Typ hat bezahlt, also ist mir das egal. (Ich hab schon befürchtet, dass er wiederkommt - tat er aber nicht... gut so.)

Nachdem ich aus lauter Verwirrung eine Weile später den Tortenheber in einer Spalte der Kühlvitrine versenkt habe, aus der man ihn unmöglich wieder rausbekommt, weil man das Ding nicht öffnen kann, hat auch dieser Tag sein Ende gefunden. (Und zwar erstmals ohne ewig langes Aufwaschen, da es heute draußen trocken war -- juhuu!)

Interessant, wie jeder neue Tag dort neue seltsame Gestalten zu mir hereintreibt. Mal schauen, was nächstes Mal so kommt...