Herbstzeit.
Die Blätter drehen sich schon seit Ende August langsam zu Boden, wo sie liegenbleiben und die Fußtritte der Passanten dämpfen. Die Kastanien tun es ihnen gleich - wenn auch ein bisschen schneller. Allerlei Obst wird noch schnell in üppiger Fülle reif, bevor die Kälte kommt.
Diese schönste aller Jahreszeiten begann für mich mit der Pflichtlektüre unzähliger Bücher, die dazu führte, dass ich - des Lesens von Worten in egal welcher Sprache überdrüssig - mich einer anderen, haptischeren Form von Lese widmete.
Der großelterliche Weingarten rief auch heuer nach Erleichterung. Wegen des unbarmherzigen Frosts im Frühjahr nicht so schwer behangen wie im Vorjahr, hatten viele Stöcke es dennoch geschafft, sich wieder genug zu erholen, um einen brauchbaren Ertrag zu bringen.
Ich warf alle Bücher in eine gedankliche Ecke, schnappte meine Gummistiefel und ein Kopftuch und begab mich - optisch dem bäuerlichen Umfeld angepasst - dorthin, wo ich mich immer noch entspannen konnte: Aufs Land. In den Weingarten, der von meinem Großvater mit so viel Liebe in penibler Handarbeit betreut und gepflegt wird, dass ich immer ein bisschen von Ehrfurcht und Scham ergriffen werde. Alles weiß er über seine Reben und teilt dieses Wissen auch sehr gerne (wenn ich es mir nur merken würde!). Monsieur Duflot im Film A good Year erinnert mich an ihn.
Beim Lesen, jedenfalls, geht es immer lustig zu. Geschichten und Klatsch und Tratsch werden traditionell ausgetauscht und man kommt endlich mal dazu, sich mit Leuten, die man sonst wenig sieht, ausführlich zu unterhalten. Aus diesem Grund versuche ich seit letztem Jahr immer ein paar lesefreudige Freunde zu rekrutieren - eigentlich immer halbwegs mit Erfolg - denn so macht's mir noch mehr Spaß und außerdem ist nur geteilte Freude echte Freude!
Wer lesen will muss schon zeitig raus aus dem warmen Bett und in den Weingarten und oft knabbert die Kälte an den Fingerspitzen und den Zehen, doch wenn das Wetter so geneigt ist wie heuer, dann streichelt einen die Sonne schon nach den ersten beiden Stunden und es wird traumhaft warm. In diesen Momenten kann ich mir kaum etwas Schöneres vorstellen als draußen an der frischen Luft zu sein, umgeben nur vom Rauschen des Weinlaubs im Wind, den Stimmen geliebter Mitmenschen und ganz viel Ruhe. Hin und wieder kennzeichnet das Tönen der Kirchenglocken eine volle Stunde. Ansonsten hilft der Sonnenstand zur Zeitschätzung. Aber das ist irgendwie so nebensächlich und belanglos und genau das macht das Erlebnis so wertvoll.
Man bewegt sich einfach immer weiter und schneidet die vollen Trauben ab. Einfach. Meditativ.
Irgendwann kommt dann der Hunger und die liebe Oma zaubert aus dem Auto heraus einen Tisch, ein paar Sessel und einen Korb voller Delikatessen. Da darf man dann Platz nehmen. Wer will, sucht sich vorher im Weingarten noch ein paar schöne Trauben, Pfirsiche, Paradeiser oder Karotten und dann wird erst mal kräftig gejausnet: mit kaltem Schweinsbraten und Senf, Eiern, Fischaufstrich und Brot. Unabhängig von den Speisen gibt es für mich kein besseres Essen als eine ordentliche Ackerjause (da kann nur eine Wanderjause konkurrieren), die man sich erarbeitet hat. Dazu gehört natürlich ein Spritzer: eine Erinnerung an die letzte Weinlese und gleichzeitig ein Vorgeschmack auf das Produkt, wofür man gerade Vorarbeit leistet.
Ach, ewig könnte ich weiterphilosophieren. Doch irgendwann muss man sich auch von dieser Rast wieder erheben und das begonnene Werk zu einem Ende bringen: Gelesen wird, bis der Wagen voll ist. Dann geht's zurück.
Fleißige Helferlein werden von der lieben Oma noch mit Naturalien (Weintrauben in unbewältigbaren Mengen, Pfirsichen und natürlich einer Flasche Wein) versorgt, während die Männer sich bereits an die Weiterverarbeitung der Trauben, nämlich das Pressen, machen. Hat man ein bisschen Zeit, darf man den frisch gepressten Traubensaft gleich probieren: eine süße, klebrige Geschmacksbombe.
Angenehm müde fällt man schließlich frühabends ins Bett und holt sich erquickenden Schlaf, bevor man am nächsten Morgen wieder vor der Sonne sich erhebt. Und wenn dann nach einer Woche aller Traubensaft in den Fässern zu gären und stürmen beginnt und das Wetter draußen beginnt, es ihm gleich zu tun, dann schaue ich mir zum Abschluss zufrieden A good Year an und freue mich schon auf die nächste Lese vor.
Die Blätter drehen sich schon seit Ende August langsam zu Boden, wo sie liegenbleiben und die Fußtritte der Passanten dämpfen. Die Kastanien tun es ihnen gleich - wenn auch ein bisschen schneller. Allerlei Obst wird noch schnell in üppiger Fülle reif, bevor die Kälte kommt.
Diese schönste aller Jahreszeiten begann für mich mit der Pflichtlektüre unzähliger Bücher, die dazu führte, dass ich - des Lesens von Worten in egal welcher Sprache überdrüssig - mich einer anderen, haptischeren Form von Lese widmete.
Der großelterliche Weingarten rief auch heuer nach Erleichterung. Wegen des unbarmherzigen Frosts im Frühjahr nicht so schwer behangen wie im Vorjahr, hatten viele Stöcke es dennoch geschafft, sich wieder genug zu erholen, um einen brauchbaren Ertrag zu bringen.
Ich warf alle Bücher in eine gedankliche Ecke, schnappte meine Gummistiefel und ein Kopftuch und begab mich - optisch dem bäuerlichen Umfeld angepasst - dorthin, wo ich mich immer noch entspannen konnte: Aufs Land. In den Weingarten, der von meinem Großvater mit so viel Liebe in penibler Handarbeit betreut und gepflegt wird, dass ich immer ein bisschen von Ehrfurcht und Scham ergriffen werde. Alles weiß er über seine Reben und teilt dieses Wissen auch sehr gerne (wenn ich es mir nur merken würde!). Monsieur Duflot im Film A good Year erinnert mich an ihn.
Beim Lesen, jedenfalls, geht es immer lustig zu. Geschichten und Klatsch und Tratsch werden traditionell ausgetauscht und man kommt endlich mal dazu, sich mit Leuten, die man sonst wenig sieht, ausführlich zu unterhalten. Aus diesem Grund versuche ich seit letztem Jahr immer ein paar lesefreudige Freunde zu rekrutieren - eigentlich immer halbwegs mit Erfolg - denn so macht's mir noch mehr Spaß und außerdem ist nur geteilte Freude echte Freude!
Wer lesen will muss schon zeitig raus aus dem warmen Bett und in den Weingarten und oft knabbert die Kälte an den Fingerspitzen und den Zehen, doch wenn das Wetter so geneigt ist wie heuer, dann streichelt einen die Sonne schon nach den ersten beiden Stunden und es wird traumhaft warm. In diesen Momenten kann ich mir kaum etwas Schöneres vorstellen als draußen an der frischen Luft zu sein, umgeben nur vom Rauschen des Weinlaubs im Wind, den Stimmen geliebter Mitmenschen und ganz viel Ruhe. Hin und wieder kennzeichnet das Tönen der Kirchenglocken eine volle Stunde. Ansonsten hilft der Sonnenstand zur Zeitschätzung. Aber das ist irgendwie so nebensächlich und belanglos und genau das macht das Erlebnis so wertvoll.
Man bewegt sich einfach immer weiter und schneidet die vollen Trauben ab. Einfach. Meditativ.
Irgendwann kommt dann der Hunger und die liebe Oma zaubert aus dem Auto heraus einen Tisch, ein paar Sessel und einen Korb voller Delikatessen. Da darf man dann Platz nehmen. Wer will, sucht sich vorher im Weingarten noch ein paar schöne Trauben, Pfirsiche, Paradeiser oder Karotten und dann wird erst mal kräftig gejausnet: mit kaltem Schweinsbraten und Senf, Eiern, Fischaufstrich und Brot. Unabhängig von den Speisen gibt es für mich kein besseres Essen als eine ordentliche Ackerjause (da kann nur eine Wanderjause konkurrieren), die man sich erarbeitet hat. Dazu gehört natürlich ein Spritzer: eine Erinnerung an die letzte Weinlese und gleichzeitig ein Vorgeschmack auf das Produkt, wofür man gerade Vorarbeit leistet.
Ach, ewig könnte ich weiterphilosophieren. Doch irgendwann muss man sich auch von dieser Rast wieder erheben und das begonnene Werk zu einem Ende bringen: Gelesen wird, bis der Wagen voll ist. Dann geht's zurück.
Kleine Lese. Der regulär verwendete Wagen ist um einiges größer. |
Fleißige Helferlein werden von der lieben Oma noch mit Naturalien (Weintrauben in unbewältigbaren Mengen, Pfirsichen und natürlich einer Flasche Wein) versorgt, während die Männer sich bereits an die Weiterverarbeitung der Trauben, nämlich das Pressen, machen. Hat man ein bisschen Zeit, darf man den frisch gepressten Traubensaft gleich probieren: eine süße, klebrige Geschmacksbombe.
Trauben halbgepresst: Most lässt sich schon abschöpfen |
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