Monday, May 27, 2013

Haste to the Wedding

Wieder einmal trägt ein Blogeintrag den Titel eines Lieds und selten hat er so gut gepasst.

Heuer scheint das Jahr der Hochzeiten zu sein und als Auftakt hatt ich die überraschende Ehre zur Hochzeit meines Mitbewohners Sam aus Bangorzeiten geladen zu sein. Diese fand - weniger überraschend - auf der Insel statt; genauer gesagt in Leicester (Für die, die's nicht wissen: man spricht das als /lesta/ aus). Obwohl ich nun ja ordentlich berufstätig bin, ging es sich aus, einen Kurzausflug übers Wochenende zu planen...

Die vergangenen Wochen waren stressdurchzogen und die Hochzeit passte mir eigentlich mehr schlecht als recht in den Zeitplan und so kam es, dass ich am Freitag, pfuschmäßig vorbereitet und den Kopf noch voller lateinischer Phrasen, direkt von der Arbeit in Richtung Flughafen hastete. (Meine Schuhe waren zum Glück am Vorabend noch angekommen und ich war kurz vor Ende der Öffnungszeiten zu meinem Postpartner geeilt, um sie ihnen einen Tag vor Abholzeit abzuknöpfen. Was glücklicherweise gelang.)

Am Flughafen rügte mich zuallererst der Schalterbeamte, weil ich a) nicht online eingecheckt hatte und b) 5 Minuten vor Eincheckschluss bei ihm aufkreuzte. "In 40 Minuten schließt das Gate.", ließ er mich mit vorwurfsvollem Unterton wissen. Aha. Ich gedachte sowieso nicht zu trödeln.

Ich erreichte den Flieger natürlich mehr als pünktlich und landete planmäßig in Gatwick. Dort sofort zur Ticketmaschine um die vorgebuchten Zugtickets nach Leicester abzuholen, als mir Übles schwant: Ich habe meine Railcard nicht mitgenommen. Ohne Railcard sind die Tickets nicht gültig und mir wurde beinah schlecht bei dem Gedanken, mir jetzt Vollpreistickets kaufen zu müssen, die man am Reisetag für gewöhnlich nur zu horrenden Preisen erhält.
Ich hatte noch eine Stunde Zeit, gravitierte naturgemäß Richtung Costa's um mir dort einen Kaffee zu holen (und festzustellen, dass auch meine Costakarte zuhause liegen geblieben war). Der Kaffee brachte meine Hirnzellen wieder in Schwung und schoss mir eine Erinnerung zu: In meinem Kalender (den ich ebenso beinahe zuhause gelassen hätte) befand sich die Rechnung für meine Railcard. Aus guten Gründen hatte ich diese noch nicht entsorgt und aus wirklich unerfindlichen Gründen befand sie sich in diesem Kalender. Die Aufschrift belehrte mich, dass ich dieses receipt benötige, sollte ich Ersatz anfordern wollen. Ja! Wollte ich!

Ich trank den Kaffee aus und machte mich daran, den Mann beim Ticketschalter dazu zu bringen, mir aus meiner misslichen Lage zu helfen.
The only option you have is to buy full-price tickets.
But the receipt says that I can use it to get a replacement for my railcard.
No, you cannot.
Why does it say so, then?
etc
etc.
... 
Ok, I have to ask...

The importance of being persistant...

Mit einem Formular kam der Mann zurück und ich füllte es brav aus
Do you have a passport-sized picture?
Mist. Daran hatte ich natürlich nicht gedacht.... Doch! Oh Wunder! Auch meinen alten Studentenausweis hatte ich aus Faulheit noch nicht entsorgt, also nahm ich ihn jetzt aus der Tasche, riss das Foto mit dem Unistempel herunter und reichte es dem mich etwas seltsam anblickenden Mann.
Diese gesamte Transaktion nahm viel mehr Zeit in Anspruch, als ich gehofft hatte und ich starrte schon die ganze Zeit nervös auf den Bildschirm: Zug fährt um 18:47. Es ist 18:45.
Endlich bekomme ich die Karte ausgehändigt, sprinte los, durch die Sicherheitsbarrieren, über den Steg zum Bahnsteig und schaffe es gerade noch, in den Zug zu springen. Erst dort entspanne ich mich und beschließe, die halbe Stunde Zugfahrt durch Zeitungslektüre zu überbrücken.
An diesem Tag stellt sich das allerdings als großer Fehler heraus, denn als ich eine halbe Stunde später in London, St. Pancras aussteige steht auf dem riesengroßen Schild vor mir nicht etwa "London, St. Pancras", sondern - viel kürzer - "Brighton".
Es vergehen etwa 5 Sekunden vollkommenen Unverständnisses und 5 Sekunden, in denen ich mich frage, ob irgendeine Station in London vielleicht zufällig "Brighton" heißt, doch dann schlägt die Realität in Form einer kühlen Meeresbrise zu: Ich bin an der Küste gelandet... Das erklärt auch die Jugendgruppe mit den Sommerhüten.

Innerlich greife ich mir ans Hirn, während ich äußerlich schon die hilfsbereiten Bahnhofsangestellten anspreche, die mich auch gleich auf den nächsten Zug zurück verweisen, der natürlich "jetzt" abfährt. Also nochmal ein Sprint. Diesmal klappt auch der Umstieg und um halb 11 Uhr abends lande ich endlich in Leicester, wo Tom mich abholt und, geleitet vom schnellsten Navi aller Zeiten, zum Hotel bringt. Beim Check-In kann der Portier nicht anders, als die "Brutalität meines Nachnamens" zu kommentieren und zu belächeln, bevor er mich fragt, ob ich um die "good-night's sleep policy" wisse. Auf mein Stirnrunzeln hin erklärt er mir, dass das Hotel dafür Sorge tragen will, dass ich gut schlafe. Aha.

Lou, Liz und Will sind im selben Hotel einquartiert und nach einer ehrlich-herzlichen und überschwänglichen Begrüßung drückt man mir eine Dose kühlen Ciders in die Hand, mit dem ich mich auf deren Bett niederlasse und beim Austausch von Neuigkeiten endlich ganz ankommen kann. Doch noch rechtzeitig, um bis zur Hochzeit wieder hergestellt zu sein.

(Gut geschlafen habe ich übrigens trotz des Versprechens des Portiers nicht ...)

1 comment:

dAnath-alÁvye said...

Woaaah, was für ne Reise - den Schlaf hättest du dir aber verdient gehabt!