Wir wollten ins Nubratal. Mariana, Ivonne und ich (die 3 Volontaerinnen).
Damit der Preis sinkt, hat der Organisator der Reise einen Flyer in sein Reisebuerofenster gehaengt, in der Hoffnung, noch 2 reisewillige Menschen zu finden. Daraus wurden dann 4.
In Anbetracht der Tatsache, dass wir eine sehr lange Fahrt vor uns hatten, waren wir nicht sonderlich begeistert von der Idee, uns zu siebt (plus Fahrer) in einen Jeep zu quetschen, aber was soll's. Man will ja niemanden ausladen.
Wir treffen die Reisegruppe in Leh. Mit uns fahren ein Inder aus Mumbai mit seinem 10-Jaehrigen Sohn (in Hinkunft "die Inder" genannt, weil ich mir die Namen nicht merken konnte) und Jay (Inder aus Delhi) und Tim (Ami, der in Delhi lebt und arbeitet). Inder mit Sohn ist top-gestyled, oder eher over the top, und sahen zudem aus, wie einer Karikatur entsprungen. Ich nehme mir die Freiheit heraus, das zu sagen, weil ich mich noch sehr ueber sie aergern werde. So wie auch der Rest der Truppe. Ich hatte eben schon so eine Vorahnung.
Das erste Problem ist gleich mal die Sitzverteilung. Wir drei Maedels beschliessen, dass wir uns gern nebeneinander quetschen, dafuer aber die mittlere Sitzreihe wollen. Die die hinten sitzen muessen, sind davon vorerst nur maessig angetan, da die hintere Reihe einfach zu eng ist, aber alle reissen sich zusammen.
Zu aller Ueberraschung lockert sich die Atmosphaere bereits nach 5 Minuten, als Jay flau im Magen wird und ich beginne, Brot umzuverteilen. Alle anderen machen munter mit und bald essen wir Marillenkerne, getrocknete Marillen, Kekse und was die Rucksaecke so hergeben. Die Inder halten sich raus.
Schnell sind wir alle mitten im Gespraech ueber alle moeglichen Dinge: Politik, Reisen, Laender etc und die Zeit verfliegt.
Nach nicht allzu langer Zeit kommen wir am Khardungpass an, dem hoechsten befahrbaren Bergpass der Welt (5600m) mit dem hoechstgelegenen Cafe der Welt. Ausserdem mit viel Schnee. Jay ist ganz baff. Er hatte noch nie in seinem Leben Schnee gesehen! Ich schenke ihm einen Schneeball, den er voller Begeisterung auf Tim wirft. Spaeter pfluecke ich ihm noch einen Eiszapfen, denn von denen ist er noch faszinierter, und er freut sich wie ein kleines Kind!
Auch ich fuehle mich auf dem Pass sofort wohl und klettere zum hoechsten Punkt. Mit Bergschuhen alles kein Problem. Wir trinken 1, 2, 3 Becher suessen heissen Tee um uns aufzuwaermen und weiter geht's.
Die Strassen sind eng (2 Autos nebeneinander geht teilweise nur mit eingeklappten Spiegeln), gewunden und steil. Unser Fahrer muss unser Vertrauen erst gewinnen, doch er macht das ganz gut. Vor jeder Kurve hupt er - viele andere tun das nicht. Dennoch entsteht Unruhe im Auto, da Mariana teilweise glaubt, ihm Tipps geben zu muessen. Er nimmt's halbwegs gelassen - aeusserlich.
Das Autofahren ist hier sowieso so eine Sache. Die Hupe ist das wichtigste Instrument und man gebraucht sie staendig. Das hat den Effekt, dass eh keiner mehr drauf hoert. Vor allem die Kuehe und Hunde zeigen sich gaenzlich unbeeindruckt. Es herrscht Linksverkehr, doch um das festzustellen, habe ich eine Weile gebraucht: Man faehrt da, wo die Strasse am besten ist. Sollte das mal die rechte Seite sein, ist das auch kein Problem. Ueberholen geht sowieso immer und ueberall - auch egal, auf welcher Seite. Ja und die Strassen sind freilich in einem Topzustand. So gleicht die Passstrasse teilweise einem schlaglochuebersaeten Feldweg - Massage inkludiert. Waer ja langweilig sonst.
Schliesslich kommen wir nach vielen Serpentinen nach Khalsar - das zweite Dorf nach dem Pass. Ivonne waehlt unbewusst ein Restaurant, an dessen Fenster ein weltweitwandernsticker klebt. Der Mann, der es betreibt traegt an seinem Hals dasselbe Bandana wie ich und wir kommen ins Gespraech. Er ist der Bruder desjenigen, der das Reisebuero betreibt, durch dessen Mitarbeiter ich im Mahabodhi Centre gelandet bin. Ladakh ist halt ein Dorf.
Wir essen dort mal gut. Die Hundedichte in Khalsar ist allerdings etwas stoerend - sie kommen sogar an den Tisch betteln. Doch die Koechin ist gewitzt und uebergiesst sie kurzerhand mit Wasser, woraufhin sie die Flucht ergreifen. Andere Leute sind weniger nett und werfen Steine. So auch der kleine Inder (1. Minuspunkt. Den zweiten heimst er ein, als er Muell aus dem Fenster wirft und daraufhin von Mariana geruegt wird).
Dann geht's weiter nach Hunder, wo wir uns wegen eines ploetzlich aufkommenden Sandsturms zuerst mal auf Herbergssuche machen.
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Exkurs
Das Nubratal ist wunderschoen: auch hier wird ein breites Tal von Bergen gerahmt. Diese erinnern mich stark an Snowdonia in Wales. Nubra ist angeblich gruener als Ladakh, aber dafuer waren wir wohl noch zu frueh dort. Ausserdem gibt es dort Sandduenen, die in heftigem Kontrast zu den Bergen ringsum stehen. Aufgrund der Naehe zu Pakistan auf der einen und China auf der anderen Seite braucht man dafuer ein spezielles Visum, das man in jedem Reisebuero ausstellen lassen kann. Viel gibt's dort ausserdem nicht zu sehen: 3 oder 4 Kloester, Kamele mit 2 Hoeckern und schoene Landschaft.
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Jedenfalls, zurueck zur Herbergssuche: Der Fahrer chauffiert uns ungefragt ins teuerste Hotel. Das wollen wir nicht und es entbrennt eine Diskussion. Missmutig gibt er schliesslich klein bei und fuehrt uns zu noch 2 anderen. Wir verfahren uns dabei staendig und manche Gruppenmitglieder werden hoechst unrund. Schliesslich finden wir ein schoenes Guest House, das von einem extrem aufmerksamen und lieben Ladakhi betrieben wird. Dort bleiben wir. Ich bin froh, dass endlich niemand mehr meckert.
Wir besichtigen noch das von aussen baufaellig, doch von innen sehr gemuetliche kleine Kloster, spazieren ein bisschen herum und kehren schliesslich zum Guest House und einem vorzueglichen Abendessen zurueck. Die Gespraeche sind grossteils nett. Die Inder bringen sich kaum ein und wenn der Indervater mal was sagt, dann gibt er mit irgendetwas an. Zum Beispiel damit, dass die indische Regierung, fuer die er arbeitet, ihm die Reise zahlt, oder irgendwelchen anderen Kleinigkeiten. Mariana (die von den Indern genervt ist) und die Inder (die an unserer Konversation uninteressiert sind) ziehen sich nach dem Abendessen zurueck und Tim, Jay und ich sitzen bei Rum zusammen, bis die Diskussion zu politisch wird und wir beschliessen, es besser sein zu lassen.
***
Der naechste Tag wurde gruppendynamisch so richtig spannend. Die Inder wollten unbedingt Kamelreiten gehen. Ich irgendwie auch, doch es war mir relativ egal. Die andern wollten nicht. Die Inder sind allerdings nicht sehr gespraechs- und kompromissbereit. "ich will" = "wir alle werden" und da gibt's keine Diskussion. Dachten sie.
Zuerst waren wir ja noch kompromissbereit und waren alle Kamelreiten. Die Landschaft ist auch atemberaubend und so ein Kamel ist schon ein lustiges Tier. Ich bevorzuge dennoch Pferde.
Die Zeit rannte wie auf einem Dalibild (es gibt auf dieser Tastatur auch keine Akzente) und wir hatten noch etwa 2 Stunden, bevor wir uns auf den Rueckweg machen mussten.
Ein Ausflug nach Sumur bot sich an: Das lag beinahe auf dem Rueckweg, war nicht zu weit und hatte ein sehenswertes Kloster. Die Inder waren davon nicht angetan. Sie wollten lieber zu einer Heisswasserquelle, die 1,5h Fahrt entfernt lag. Wir erklaerten ihnen, dass 3 Stunden Fahrt einfach zu viel waren, dass wir zu spaet heimkommen wuerden. Noch dazu sagten mein Reisefuehrer und 3 andere verlaessliche Quellen, dass die Heisswasserquelle dreckig, desolat und enttaeuschend ist und niemand von uns wollte hin. Die Inder ignorierten diese Einwaende und wiesen den Fahrer in Hindi an, durch Sumur durch zu fahren - weiter zur Quelle. Wir haben das dennoch gecheckt und waren natuerlich sauer. Unsere logischen Argumente stiessen lediglich auf kindisches Unverstaendnis. Der Indervater diskutierte nicht mit uns, sondern schmollte lieber. Immerhin wollte sein Sohn zu der Quelle und fand Kloster langweilig. Also hatten die 4 anderen Reiseteilnehmer sich danach zu richten. Wir versuchten es noch ein paarmal mit Logik - v.a. da auch der Fahrer von einem Besuch der Quelle eigentlich abriet und lieber den Pass hinter sich bringen wollte, da die Wolken Schneefall vermuten liessen - doch es nuetzte alles nichts. Sie wollten lieber schmollen.
Daraufhin wurde selbst der sanftmuetige Jay boese und vertrieb den kleinen Inder von seinem Sitz an der Front, den er seit dem Vortag okkupierte. Wir 4 verschworen uns nun gegen die Inder und beschlossen, dass der Vordersitz einem Rotationsprinzip unterzogen werden sollte. So hielten wir es auch. Dass der kleine Inder nach jedem Stopp wieder den Vordersitz beanspruchen wollte, juckte uns wenig. Wir waren mittlerweile echt alle boese. Das hing auch damit zusammen, dass die Inder immer, wenn sie das Auto verliessen, die Tuer hinter sich schlossen, anstatt die auf der Rueckbank gefangenen Fahrgaeste durch's Vorklappen des Sitzes zu befreien (das von der Rueckbank aus kaum moeglich war).
Naja. Tim, Mariana, Jay und ich nahmen's dann schon mit Humor und Sarkasmus und hatten trotz allem unseren Spass. Nachdem Nettsein nicht funktionierte, liessen wir's einfach bleiben.
Das Ende der Geschichte: Die Inder beschwerten sich beim Organisator der Reise und verlangten, nie wieder mit Auslaendern in ein Auto gesteckt zu werden. Der Rest von uns hatte Freundschaft geschlossen und wir tauschten Emailadressen aus, sodass ich Tim auf seiner Teeplantage in Sri Lanka besuchen kann, wenn er dann dorthin zieht, oder um mir Reisetipps von Jay zu holen. Und natuerlich, um Fotos zu tauschen.
Alles in allem war der Ausflug hoechst wertvoll - vor allem, um Gruppendynamik zu beobachten!
1 comment:
liebe kristina , mit ein grund , dass die gesammte region himalaya so beeindruckend ist , sind die menschen , die dort leben . inder , die zunehmend auch dorthin reisen , sind schon eine andere erfahrung , im gegensatz zu den indern in indien selbst . man kann aber von den ladakhis lernen mit so einer situation umzugehen ohne sich zu viel zu ärgern , die haben seit jahrhunderten mit tibetern , kashmiris , sikhs und indern aus dem tiefland nicht nur gute begegnungen gehabt . blogge bitte weiter mit lieben grüßen alexander
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