Thursday, May 31, 2012

4 blind mice on an outing

(Ich bitte untertaenigst, sich nicht an dem, vielleicht nicht 100%ig politisch korrekten, Titel zu stossen.)


Montag war ein schoener Tag. 


Montag war der Tag, an dem Ursina und ich uns die 2 seheingeschraenkten und 2 blinden Kinder schnappten und mit ihnen nach Leh fuhren, denn wir befanden, dass sie sich einen Ausflug verdient haben, bevor all die Pruefungen losgehen.


Die vier waren teilweise irrsinnig nervoes und teilweise einfach nur aufgeregt, als sie in Leh aus dem Bus stiegen und von mir empfangen wurden. Erste Station war gleich mal die Pumpernickel German Bakery, denn ich wollte ihnen zeigen, was man in unserem Kulturkreis so isst.


Die 4 waren so lieb: sie haben sich gar nicht getraut, etwas auszuwaehlen. Anu hat gar gemeint "Whatever you want us to have, ma'am." Ich hab dann gemeint, dass das nicht in Frage kaeme, denn immerhin wuerde ich ja nicht ihr Essen essen. Allgemeines Gelaechter. Schlussendlich haben alle Lassi und Kuchen bestellt und waren ganz gluecklich. Dolkar meinte "I've never eaten this kind of cake before! It's such a good day: we get to try many different things, not always the same food as in the hostel!" Ich selbst konnte einfach nicht aufhoeren, vor Freude zu strahlen, als wir so dahin plauderten und jeder sich an den neuen Geschmackssinnesfreuden ergoetzte.


Schliesslich kam Ursina dazu, die ein Musikgeschaeft ausfindig gemacht hatte und die 4 dorthin bringen wollte, damit sie die diversen Instrumente kennenlernen und ertasten konnten. Also pilgerten wir zu besagtem Geschaeft, das aber leider geschlossen war. Machte nix, denn wir hatten laengst einen Alternativplan: Am Rande von Leh auf einem Huegel steht eine riesige Stupa, Shanti Stupa genannt. 


http://im.rediff.com/getahead/2010/mar/03sld_shanti_stupa_leh.jpg
Dort hinauf fuehren viele viele steile Stufen, doch der Ausblick ist einfach wunderbar. Es gibt dort oben ausserdem eine Gompa (einen Tempel), den man besichtigen kann. Chospel hatte vorgeschlagen, dort hinauf zu klettern, also wollten wir das machen, in der Hoffnung, dass wir zur Abendpuja gerade zurecht kaemen.
Unglaublich, was die beiden Burschen fuer ein Tempo vorlegten! Trittsicher sind die den Berg raufgeflitzt und hatten uns vier Maedels, die keuchend versuchten, mitzuhalten, schnell abgehaengt. Sie hatten so eine Riesenfreude dabei, dass es mir nicht moeglich war, mal fuer eine Sekunde nicht zu grinsen.
Oben angekommen sahen wir uns die Stupa genauer an: Man kann auf 2 Ebenen rundum gehen und sieht verschiedene Szenen aus Buddhas Leben. Richtig ruehrend war Chospel, der den blinden Punno fuehrte und ihm hochmotiviert und noch dazu auf Englisch erklaerte, was es alles so zu sehen gibt ("And here we have some kind of ornament, yeah? I don't know name of ornament, but is very nice, yeah? Here, feel."). Er nahm dann auch immer Punnos Hand und legte sie auf die Reliefs, damit er die Darstellungen fuehlen konnte. Das war wieder so ein Moment fuer mich, wo ich lachend weinen haette koennen! Auch die Maedels hatten ihre Freude und Dolkar hoerte gar nicht auf zu plaudern! Selbst die blinde Anu, die zuerst so nervoes gewesen war, wegen des Ausflugs und der grossen Stadt, taute auf und begann, den Trip zu geniessen!

Schliesslich besichtigten wir noch die Meditationshalle, wo Ursina den Moench ueberredete, uns zu den grossen Meditationstrommeln zu lassen, sodass die 4 sie angreifen konnten. Zuerst war er etwas zoegerlich, doch schliesslich freute auch er sich mit uns mit. Es sollte sich herausstellen, dass er aus demselben Dorf kam wie Dolkar und die beiden fielen sofort ins Gespraech.

Viele viele Fotos mussten wir ausserdem machen, damit wir uns alle an den Ausflug erinnern koennen und nachdem wir auch den kleinen Tempel mit seinen Tankas, Statuen und Malereien noch in Augenschein bzw die Haende genommen hatten, riefen wir ein Taxi und traten den Heimweg an.

Ich blieb dann noch zum Abendessen im blind hostel (u.a. auch deshalb, weil dort besser gekocht wird, als im girls' hostel) und hatte weiter meine Freude daran, wie die 4 ihrer Betreuerin von diesem wunderbaren Tag vorschwaermten. Glueckselig fiel ich am Abend ins Bett und war wieder einmal dankbar, dass mir so viel Freude zuteil wurde - naemlich dadurch, dass ich selber Freude geschenkt hatte.



Im Endeffekt ist das wohl der sicherste Weg, selber gluecklich zu werden! Das meint auch der Dalai Lama in The Art of Happiness. Hear, hear!

Monday, May 28, 2012

Choglams-Choglams-ChoglamsEEEER!!!

Nach einem anstrengenden Wochenende mit etwa 12 'Arbeitsstunden' taeglich, habe ich beschlossen, dass ich mir einen freien Tag verdient habe. Seit Freitag wird naemlich ununterbrochen an meine Tuere geklopft und die Maedels wollen entweder mit mir Grammatik lernen, oder Literatur besprechen oder kommen gar mit so Anliegen wie "Ma'am, can you tell us about Hitler?" oder Fragen wie "When a woman gets a baby, does she have a hole in her belly then? How does it get out?" All das mache ich sehr gerne, denn es ist auch fuer mich sehr spannend und ich hab dafuer gestern sogar auf mein Abendessen verzichtet, weil ich es interessanter fand, Weltkriegsgeschichte nachzulesen. Also war's heute Zeit fuer ein bisschen Pause. Da es mir mittlerweile selbst beim besten Willen nicht mehr moeglich ist, laenger als bis 5:45 zu schlafen, bin ich gleich nach der Morgenmeditation nach Leh aufgebrochen.

Den Weg nach Leh tritt man am besten mit einem Sammeltaxi an (wenn man nicht einen vorbeifahrenden Schulbus aufhaelt), denn diese Taxifahrten sind etwas ganz Besonderes. In Minimalbussen, die offiziell Platz fuer 8 Passagiere bieten, kommt man um nur 15 Rupien in die Stadt.
Diese Taxis kann man nicht verfehlen, denn die Fahrer schreien sich die Seele aus dem Leib: "Leh-Leh-Leh-Leh-Leeeeeh!" Man steigt dann ein und wartet, bis das Taxi voll ist. Wenn man Glueck hat, befindet der Fahrer bereits bei 8 Personen, dass er jetzt losfahren kann. Wenn viel Andrang ist, wird allerdings gut geschlichtet und gestapelt und so kam es, dass letzte Woche ein Schulkind auf meinem Schoss zu sitzen kam. Diese ganze Schlichtung ist fuer mich sowieso eine Herausforderung, da ich mich mit meinen langen Beinen erst irgendwie in das kleine Auto falten muss. Ich bin zu gross fuer dieses Land!

Die Fahrt selber ist auch immer ein Erlebnis, das mir ein Schmunzeln ins Gesicht zaubert. Aus den Boxen des Autos kommt eine bunte Mischung aus ladakhischer Musik, Hindimusik und westlicher Musik, die sich oft in scharfen Kontrasten abwechseln. Eine leichte warme Brise zieht normalerweise durchs Auto und sorgt fuer road trip feeling. Am interessantesten jedoch sind die Leute, die neben einem zu sitzen kommen. So hat ein alter Mann in Ladakhikluft, ausgestattet mit einer Gebetmuehle, heute die Baender an meinem Arm bewundert. Letzte Woche kam eine Frau neben mir zu sitzen, die ununterbrochen und in zungenbrecherischem Tempo betete, bis sie ausstieg. Eine alte Frau hat sich mal an meinen Oberschenkel geklammert, um sich gegen die recht ruppige Fahrt zu wappnen. Am erinnerungswuerdigsten war jedoch ein etwa 35-jaehriger, geschniegelter Inder am Freitag:

Ich steige ein. Er schaut mich an. Dann gruesst er. Ich gruesse zurueck.
Er: bla bla - irgendwas auf Ladakhi
Ich: Sorry, I don't unterstand.
Er: bla bla bla country bla bla
Ich: Which country I am from?
Er nickt.
Ich: Austria.
Er: Ah, Australia.
Ich seufze innerlich. No, no, Austria. Europe.
Er: Ah, Australia, Europe.
Ich: No, no: Aus-tri-a. Next to Germany. (gestikuliere in der Luft herum, um zu veranschaulichen.)
Er: Ah, yes. 
....
Er: bla bla bla wieder irgendwas in Ladakhi
Ich: Sorry, I don't understand.
Er: Bla bla Bla.
Ich: Hamago. (=Ladakhi fuer: I don't understand.)
Er: You like Ladakh?
Ich: Yes, it's a beautiful country. I like the mountains. And Leh.
....
Er: Are you married? Die Frage musste ja kommen.
Ich: Boyfriend. (Meine Standardantwort, um derartige Diskussionen im Keim zu ersticken. Funktioniert zum Glueck immer.)
Er: Oh.
Daraufhin hat er mich nicht mehr angesprochen und ist zum Glueck auch bald ausgestiegen.

So bunt sind die Taxifahrten hier und immer wieder ein Erlebnis! Naechstes Mal komme ich allerdings hoffentlich wieder neben schweigsameren Gaesten zu sitzen...

Friday, May 25, 2012

"I request you to teach us always"

So viel gibt es zu erzaehlen ueber das Leben in Mahabodhi! Beispielsweise, dass die Leute, die hier leben und arbeiten nicht nur ihren offiziellen Job machen, sondern das ganze Centre am Leben halten. Jeder hilft jedem, jeder tut seinen Teil und so stehen die foster mothers und wardens des Maedcheninternats manchentags um 5:30 auf dem Feld, um Erdaepfel anzubauen. Langweilig wird hier niemandem. Auch mir nicht. Auch die Kinder sind extrem auf Zack: In der Frueh gibt's gleich mal einen Morgenlauf, dann Gebet, dann bisschen Lernen, Frisieren, Waschen etc, dann ab in die Schule bis halb 5, dann zurueck, weiterlernen und abends bzw sonntags noch Waesche waschen, Baeume pflanzen oder, wenn sie Glueck haben, einen Film schauen. Dann ab ins Bett. Der ganze Tag ist voll.

Auch mein Tagesprogramm wird taeglich straffer, denn ich bekomme jetzt untertags immer ein paar Klassen zum Unterrichten und sitz am Nachmittag meist mit den blinden Schuelern zusammen und diktiere und erklaere ihnen Dinge, die sie dann aufschreiben. Manchmal lese ich ihnen auch Geschichten vor, was vor allem den beiden Burschen extrem taugt.
Unterrichtsmaessig durfte ich letzte Woche ja die 7. Klasse (also die 13-jaehrigen) mit englischer Literatur begluecken. Sie waren echt entzueckend und haben sehr brav mitgearbeitet, obwohl der Stoff schwierig und ihr Englisch nicht allzu gut ist. Ich hab gelernt, Mimik, Gestik und Geraeusche zur Verdeutlichung einzusetzen und mich teilweise zum Clown gemacht, doch das hat sie sehr erheitert und sie haben sich gerade diese Vokabel besonders gut gemerkt. Auch die 3 sehbehinderten Schueler habe ich geschafft einzubinden. Es ist schoen zu sehen, wie sehr die Klasse diese 3 unterstuetzt, indem sie ihnen Dinge diktieren oder nochmal vorlesen.
Nach den 4 Unterrichtsstunden hab ich mich selber beschenkt und die Klasse um Feedback gebeten. Faszinierende Dinge sind da passiert: Die vorlautesten Schueler haben die Pausenglocke ignoriert, um ihr Feedback fertig zu schreiben! Sie waren alle total ehrlich. Dass ich zu schnell spreche war der groesste Kritikpunkt, aber ansonsten kamen hauptsaechlich Dinge raus, wie die Betreffzeile oben. Auch Lustiges war dabei wie: "Our new class teacher is very tall. She has brown hair and her eyes sparkle." Fand ich sehr amuesant und bin dann nur mehr grinsend herumgelaufen. Die Feedbacks heb ich mir natuerlich auf!

Diese 7. Klasse hat mich nach diesen vier Stunden nicht zum letzten Mal gesehen, denn als ich Dolma fragte, ob ich mal mitkommen kann, um mir ihren Unterricht anzusehen, hat sie mich in der Stunde spontan zur co-Lehrerin gemacht und war danach vom Resultat so begeistert, dass sie mich jetzt jeden Tag dabei haben will. Mir soll's recht sein, denn darauf muss ich mich nicht vorbereiten, sondern geh einfach mit und mach den Mund auf, wenn mir was einfaellt (was eh oft genug der Fall ist).

Auch andere Klassen durfte ich unterrichten und zwar ganz spontan und ohne Vorwarnung oder Vorbereitungszeit. Dabei bin ich an meine Grenzen gegangen: Die 6-jaehrigen sitzen zu achtundreissigst in der Klasse und 80% davon verstehen kein Wort von dem, was ich sage. Ich kenne zu wenige Spiele und bin nicht sonderlich gut im Umgang mit dieser Altersklasse, doch irgendwie (mehr schlecht als recht) hab ich diese Stunde dann auch ruebergebogen. Lieb sind sie ja trotzdem.
Die 10-jaehrigen waren ein bisschen besser. Solange ich ihnen von Oesterreich erzaehlt habe, waren sie top-aufmerksam. Schliesslich haben sie mich gebeten, ihnen ein oesterreichisches Lied vorzusingen. Ich und singen. Also allein und vor 30 Schuelern. Grossartig. Ich hab's aber nicht uebers Herz gebracht, es ihnen zu verwehren und hab 'Es wiad scho glei dumpa' zum Besten gegeben, da das das einzige war, das mir auf Anhieb eingefallen ist. Sogar Applaus hab ich bekommen. Aber der Versuch, mit ihnen Stoff zu machen, ist auch hier an der Sprachbarriere gescheitert. Ich war ein bisschen niedergeschlagen, bzw muss mir halt wirklich andere Dinge ueberlegen. Wie froh bin ich, dass ich zu Hause mal eher aeltere Schueler unterrichten werde!

Durchs Unterrichten sind mir jetzt auch die Namen nicht mehr ganz so fremd und ich verstehe sie meist schon auf Anhieb. Dennoch faellts mir schwer, die 20 verschiedenen Rigzin Angmos, Rigzin Dolkars, Stanzin Angmos und Tenzin Dolmas auseinander zu halten, vor allem, da die meisten der kleinen Maedels den Kopf geschoren haben und dadurch erstens alle gleich und zweitens alle wie Buben aussehen. Fuer jedes einzelne Maedel, das einen Spitznamen oder sowas wie eine Frisur hat, bin ich dankbar. Mit den Burschen will ich erst gar nicht anfangen...

Seit gestern trauen sich die aelteren Maedels auf einmal auch, mich anzusprechen, wenn sie mit den Hausuebungen Hilfe brauchen. Ich freu mich sehr darueber, denn das ist genau das, wozu ich sie seit 2 Wochen auffordere. Ich hab zwar vermutlich bald gar keine Freizeit mehr, da ich ihnen versprochen habe, stets zur Verfuegung zu stehen, aber wozu bin ich schliesslich hier, wenn nicht, um den Kindern beim Lernen zu helfen und ihnen eine Ansprechperson zu sein?

Heute Abend kommt uebrigens eine neue Unterrichtserfahrung auf mich zu, denn ich wurde gebeten, Aufklaerungsunterricht zu leisten. Zum Glueck uebernimmt Mariana den Grossteil davon, da sie dasselbe Programm schon mit den kleinen Nonnen durchgezogen hat. Das wird jedenfalls interessant.

Wednesday, May 23, 2012

Of Mice and Goats (and Yaks, too)

Die Internet- und Stromsituation in Ladakh ist nicht ganz so verlaesslich wie zuhause. 3 Abende lang hatte ich in meinem Zimmer keinen Strom und hab mich deshalb mit Kerzen eingedeckt, die das Lesen zwar recht romantisch, aber auch sehr muehsam machen. Mit dem Internet verhaelt es sich aehnlich. Scheinbar ist am Wochenende irgendwo in Kargil (weeeeit westlich von Leh) ein Kabel kaputtgegangen und hat in ganz Leh das Internet lahmgelegt. Soviel als Rechtfertigung.

Ich lebe also noch und hab in meinem Kopf schon an die 5 Blogeintraege komponiert. Aber beginnen wir langsam.

Freitag: Ein zweitaegiger Ausflug zum Tsomoriri (tso = See) stand an. Tsomoriri liegt in Changtang, dem oestlichsten Teil Ladakhs, ganz nahe der tibetischen Grenze. Die Gegend besitzt so gut wie keine Infrastruktur und wird hauptsaechlich von Nomaden bevoelkert. Es fuehrt dort eine Schotterstrasse hin und eine wieder weg und das war's dann auch schon.

Da ich vor meinem Abflug eine Doku ueber das Nomadenleben in Ladakh gesehen hatte und viele der Mahabodhischueler aus Changtang kommen, wollte ich dort unbedingt hin und es ergab sich sehr gut, dass Mariana eine Tibeterin kennengelernt hatte, deren Familie in Changtang ein Nomadenleben fuehrt. Diese Tibeterin luden wir auf den Trip ein, denn es machte sie uebergluecklich, ihre Familie besuchen zu koennen und wir hatten eine Ortskundige, die uns so einige Dinge zeigen konnte.

Der Tag begann fuer mich nicht so toll, denn ich war extrem uebermuedet, was an der Nacht davor lag. In dieser trug sich folgendes zu:
Als ich das Licht (= die Taschenlampe) ausmachte und mich ins Traumland begeben wollte, hoerte ich auf einmal ein Rascheln. Abgedaempft durch den Schlafsack, dachte ich zuerst, dass ich wohl die Person im Nebenzimmer hoerte, die sich im Bett umdrehte. Doch dann raschelte es nochmal - irgendwo in der Gegend meines Kopfes und ich realisierte, dass da irgendwas im Zimmer war. Also Taschenlampe an. Nix.
Unterm Bett? Nix.
Hinterm Polster? Auch nix.
Hm.... Kristina, du bist paranoid.
Lampe aus.
...
Wieder raschelt es - ganz deutlich ganz in meiner Naehe. Wieder greife ich zur Lampe und schalte sie ein. Ich leuchte mein naeheres Umfeld ab und DA! direkt neben meinem Bett klammert sich eine Maus an den Vorhang und schaut mich an.
Ich springe (bzw. falle) mitsamt Schlafsack und Decke aus dem Bett, denn das letzte, das ich in dem Moment will, ist eine Maus in meinem Schlafsack. Als ich mich aus meinem Kokon befreit hatte, hing die Maus natuerlich laengst nicht mehr im Vorhang, sondern war irgendwo anders. Ich fand sie schliesslich am anderen Ende des Zimmers unter der Kommode, von wo aus sie mich mit ihren Knopfaueglein anstarrte - ohne zu blinzeln.
Und jetzt? Naja, Tuer auf, Aufwischding aus dem Bad geholt und die Maus mit Licht und Wischding aus dem Zimmer gescheucht.
Danach brauchte ich noch eine Weile, um wieder einzuschlafen, denn auf einmal hoerte ich lauter Geraeusche: Hundebellen, Tonnen im Hof umfallen (durch die Hunde) etc. Jaja the night is dark and full of terrors... Irgendwann bin ich dann aber doch eingeschlafen.
Exkurs-Ende.

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Tsomoriri: Mariana, Tashi und ich waren ca 7 Stunden im Jeep unterwegs, bevor wir an den ersten kleinen  See kamen. Die Fahrt war lang, aber die Landschaft bot genuegend Juwelen. Ich kam aus dem Staunen nicht heraus. Fuer Geologen ist die Gegend hier wohl ein visuelles Festmahl, denn hinter jedem Berg taucht ein anderer Berg mit einer komplett anderen Steinstruktur und -farbe auf. Dunkelviolett, gelblichgruen, dunkelgruen, braun, schneebedeckt, fast schwarz, grau, mal pulvrig, mal zerklueftet, mal gerillt.... Es ist schon fast unrealistisch! Wie ein Bergmuseum, durch das man durchfahren kann und in dem alle Arten von "Berg" ausgestellt sind.

Schliesslich kommen wir an besagtem See an. Es ist ruhig. Der See ist blau. Der Himmel ist blauer. Ein paar weisse Woelkchen stehen alibihalber drauf herum. Der Sand ist leuchtend orangebraun. Dahinter erheben sich angezuckerte Berge. Zwei Zelte stehen am Ufer des Sees und ein Hund bellt. Sonst sieht und hoert man gar nichts.
Wir fuellen unsere Lungen mit der frischen, duennen Bergluft und folgen Tashi zu den Zelten. Ziegenbabies meckern mit ihren duennen und zittrigen Stimmchen. Ein paar hundert Meter entfernt sitzen zwei alte Nomadinnen auf der Erde und sammeln Ziegenmist ein. Die aeltere der beiden steht auf, als sie Tashi sieht. Sie ist uralt, runzelig, braun wie staubige Schokolade und hat leuchtende, riesengrosse Augen, wie man sie sonst nur in japanischen Cartoons sieht. Sie ist traditionell gekleidet und schmuckbehangen. Ihre Haende sind von der Arbeit riesig gross.
Sie bittet uns in das kleine, viereckige, weisse Zelt, in dem in der Mitte ein kleiner Ofen steht. Dahinter befindet sich der "Haustempel" mit Bildern vom Dalai Lama und dem einen oder anderen Schmuckstueck. Links und rechts von dem Ofen liegen Teppiche, auf denen wir Platz nehmen, alle anderen Habseligkeiten sind am Rand verstaut. Das Ofenrohr ragt durch einen Spalt im Zeltdach hinaus.
Ama-le ("Muetterchen") bringt in einer Schale Feuerholz und getrocknete Pferdeaepfel und befeuert damit den Ofen. Sofort wird es heiss im Zelt. Sie setzt 2 Sorten Tee fuer uns auf (suess und Buttertee) und wir werden bewirtet. Tashi zeigt mir nun auch, wie man Buttertee konsumiert: naemlich indem man ein paar grosszuegige Loeffel Tsampa (zur Erinnerung: Mehl von geroesteter Gerste) hineinkippt* und mit den Fingern solang umruehrt, bis man Teig hat. Den isst man dann. Und das schmeckt guuut! ... vielleicht war's auch einfach die Atmosphaere.

* Der Moench in Rhizong haett mich also gar nicht auslachen brauchen!

Wir halten uns nicht allzu lange auf, und mit dem Versprechen, am naechsten Morgen wiederzukehren, fahren wir weiter zum Tsomoriri. Den See erleben wir bei Sonnenuntergang, schlafen danach im einzig offenen Guest House, in dem ich fuer meine neu erworbene Yakwolldecke sehr dankbar bin, und wollen um 5:30 des naechsten Tages aufbrechen. Immerhin wollen wir die Ziegenherde sehen, bevor sie das Nomadenbasiscamp verlaesst.
Wollen.
Das Auto springt nicht an. Eine Stunde lang.
Waehrend der Fahrer sich bemueht, fruehstuecken wir gemuetlich in einem Zeltrestaurant, das zufaelligerweise der Schwester des Fahrers gehoert (ja ja, in Ladakh sind ALLE irgendwie verwandt).
Irgendwann wachen dann ein paar ortsansaessige Maenner auf und zu siebt schieben wir das Auto an, bis es anspringt und wir ausser Atem und leicht schwindelig zur Wasserflasche greifen.

Korzok, der Ort, in dem wir uns befinden, liegt auf 4600m Seehoehe und das merkt man dort auch deutlich. Es ist saukalt und die Luft ist sehr duenn. Ich komme mit dem Gaehnen nicht nach, denn mein Koerper will Sauerstoff!

Endlich sind wir wieder unterwegs und treffen am Weg Tashis Bruder, der auf seinem Pferd seines Weges zieht. Zaehne hat er kaum mehr, aber er ist schoen ladakhisch gekleidet und traegt, wie alle Nomaden, zahlreiche Ringe an den Fingern. (Dass die beim Arbeiten nicht stoeren...) Er informiert uns, dass man auf uns gewartet haette und fuer uns Fruehstueck bereitet habe.
Eigentlich hatten wir uns bei Ama-le und ihrer Familie nicht mehr lange aufhalten wollen, doch diese Geste der Gastfreundschaft missachtet man nicht. Also buecken wir uns wieder in das kleine Zelt, wo man uns in Buttersosse gekochtes Schaffleisch mit einer Art Knoedeln serviert. Sehr reichhaltige Nahrung und riecht stark nach Schaf. Den Geruch bin ich den ganzen Tag nicht losgeworden. Man isst natuerlich mit den Haenden und zum ersten Mal stellt das eine echte Herausforderung fuer mich dar. (Mittlerweile esse ich teilweise sogar Reis mit den Fingern. Man passt sich halt an.)
Dann geht's zum Ziegenstreicheln an die frische Luft. Wir sehen noch beim Melken zu, wozu die Schafe und Ziegen Kopf an Kopf in einer Reihe gebunden werden, sodass man von beiden Seiten der Reihe melken kann.
Danach nehmen wir Abschied und fahren weiter nach Puga, zum zweiten Teil der Familie. Die haben ihr Zelt auf ein Steinfundament gesetzt und das Zelt ist ein bisschen groesser. Diese Nomaden hier sind ein klein wenig sesshafter und haben fuer ihre Tiere kleine Verschlaege aus Stein gebaut. Sie besitzen Ziegen und Esel.
Auch hier ruecken wir mit Gastgeschenken (Eier, Saft, Kekse, Zwiebel, Kohl) an und bekommen dafuer Tee und in der Pfanne gebackenes Brot angeboten. Alles sehr lecker und ich bin fast am Platzen! 3 Mahlzeiten in nur 3 Stunden sind halt schon heftig. Wir trinken ein paar Tassen Tee, denn ein 'nein' wird nicht akzeptiert, und machen uns wieder auf den Weg.
Weiter geht's nun zum spektakulaersten der Seen: Tsokar, der weisse See. Er heisst so, weil er so salzhaeltig ist, dass man frueher daraus Salz gewonnen hat. Das Ufer ist ganz verkrustet und weiss. Auf den sumpfigen Wiesen rundum grasen friedlich Yaks und Ziegen. Was fuer ein Anblick! Die Farben! Die Kontraste! Man muss sich dort schon sehr patschert anstellen, um keine spektakulaeren Fotos zu machen.
Wir streicheln wieder mal die Kitzlein (die kleinen Yaks waren zu schreckhaft) und fahren dann irgendwann mal weiter durch die endlosen Weiten und die karge Berglandschaft. Auf und ab und um die Kurven rumpeln wir, bis selbst der geschwaetzigen Tashi die Gespraechsthemen ausgehen.

Als unser Fahrer irgendwann muede wird, bietet Mariana an, sich mal fuer eine Weile hinters Steuer zu setzen, was er tatsaechlich annimmt und sie auch tut. Den ladakhischen Fahrstil hatte sie schnell heraussen, was das Auto eine Radkappe kostete. In Anbetracht der Tatsache, dass die anderen 3 eh schon laengst nicht mehr vorhanden waren, ist das wohl auch zu verschmerzen...

Nach dieser Fahrt (und nicht nur dem letzten Stueck) sind all meine Autofahraversionen und -krankheiten fuer immer geheilt, denn mit schlimmeren Strassen werde ich wohl so schnell nicht konfrontiert. Ob es wohl ein Zufall war, dass ich waehrend der Fahrt die ganze Zeit das om ma ni padme hum im Kopf hatte?

Trotz der endlos langen Fahrt, war der Ausflug eine grossartige Erfahrung: von Nomaden bewirtet zu werden war zwar ein geheimer Wunsch, aber dass ich diese Chance wirklich bekommen wuerde, haette ich nicht gedacht. Und die ewig wechselnde Landschaft hatte die Strapazen der Fahrt extrem gemindert.

Uebergluecklich und todmuede fiel ich am Abend ins Bett und hatte einen guten, maeusefreien Schlaf.

Naechstes Mal gibt's wieder mehr ueber den Alltag, denn auch der ist spannend und abwechslungsreich...

Monday, May 14, 2012

Circumstances

...ein Wort, das ich heute schon 5x erklaeren musste. Denn heute war spannend! Ich durfte die 7. Klasse, also die 13-Jaehrigen, unterrichten und ihnen ein recht kompliziertes Gedicht naeherbringen. Die Sprache ist dabei eine Herausforderung, denn ihnen sind viele Vokabel unbekannt. Ich versuche mein Bestes, Mimik und Gestik einzusetzen, was ein bisschen unfair ist, da in der Klasse 3 stark seheingeschraenkte Schueler sitzen - eine Herausforderung fuer mich! Aber Herausforderungen sind grossartig, denn sie machen meinen Alltag interessanter. Morgen geht's weiter und ich werd mich heut Abend noch in die Planung stuerzen!
Wie anders der Kulturkreis hier ist, hab ich gemerkt, als einer der Schueler mich nach der Bedeutung des Vokables bible gefragt hat. Ausserdem stehen die Schueler immer auf, wenn sie eine Frage beantworten, und erwarten offenbar, dass man ihnen danach sagt, dass sie sich wieder setzen duerfen. Das hab ich erst ueberrissen, als schon 3 Schueler gestanden sind.

Die ganze Woche durch darf ich Dolmas Klasse unterrichten, denn als Schuldirektorin hat sie momentan eh sehr viel Organisatorisches zu tun. Fuer mich ist es erstens die perfekte Abwechslung zu meiner Bastelei (jetzt gerade Karten mit Schmiergelpapierbuchstaben, die die Kleinen mit der Hand nachfahren koennen) und zweitens lerne ich natuerlich wieder mal einiges.
Damit auch meine Abende ausgefuellt sind, hab ich Anu, einer blinden Schuelerin, versprochen, ihr zumindest jeden zweiten Tag Nachhilfe zu geben. Sie will ausserdem einen Artikel ueber ihre Erblindung schreiben und darueber, wie fuer sie ein neues Leben begonnen hat, als sie ins Mahabodhi Centre aufgenommen wurde - dabei soll ich ihr helfen. Ich freu mich schon drauf!

Nach dem Ausflug am Wochenende und einem sehr entspannten Sonntag ist mir eine vollgesteckte Woche sehr willkommen.
Gestern war jedenfalls auch interessant: Der Moench, der das Centre gegruendet hat, ist von einer grossen Rundreise rueckgekehrt und wir waren alle um 7 Uhr gestellt, um ihn zu begruessen. Er ist sogar stehengeblieben, um ein paar Worte mit mir zu wechseln. Ich fuehl mich da immer so unverdienend, denn ich bin doch wirklich nicht wichtig.
Ja und dann war grosse Puja (Puja ist eine Mischung aus buddhistischem Gottesdienst und Meditation). Nach den ganzen Meditationen und so hat einer der Moenche mich und Mariana vorgestellt und uns nach vorn gebeten. Zuerst Mariana, dann mich. Ich bin wieder mal ganz hinten im Eck gesessen und musste drum schon wieder den Mittelgang entlang. Vorne hat er uns einen Gebetsschal umgehaengt und uns dann ein Mikro in die Hand gedrueckt und um ein paar Worte gebeten. Na toll! Eine Ueberraschungsansprache! Mariana war zum Glueck vor mir dran und ich konnte mir ein paar Gedanken zurechtlegen. Die Schueler fanden's jedenfalls lustig, als ich gemeint hab, ich sei ein bissl nervoes und ueberrascht, weil mir keiner gesagt hat, dass ich eine Rede halten muss. Es war jedenfalls eine schoene Erfahrung, und als ich den Moench dann geruegt hab, hat er verschmitzt gelaechelt und gemeint "surprises are sometimes better".


Was gibt's sonst?

  • Mittlerweile stehe ich gerne um 5:30 auf - endlich hab ich wieder einen ordentlichen Schlafrhythmus! Vielleicht kann ich das beibehalten, wenn ich nach Hause komme. (Oder sagen wir 7:00, man muss ja nicht uebertreiben).
  • Meditation ist mittlerweile ein fixer Bestandteil meines Tages - schliesslich klopft taeglich um 6:00 ein Maedel an meine Tuer "Ma'am, are you coming to Puja?" Da sag ich dann nie "nein". Vor allem, da sie langsam lernen, mich mit Vornamen anzureden. Ich hoffe uebrigens, dass ihr euch alle so gegen 3 Uhr morgens sehr geliebt und gluecklich fuehlt, denn wenn nicht, mach ich irgendwas falsch. (Die zweite Form der Meditation, wo man sich nur auf den Atem konzentrieren soll, gelingt mir eh nicht. Entweder schweifen meine Gedanken ab, oder ich beginne, muede zu werden). Jedenfalls will ich auch das beibehalten, denn es entspannt extrem.
  • Ich hab bestimmt schon 3kg abgenommen, da ich nur 3 sehr gesunde Mahlzeiten zu mir nehme und Suessigkeiten sowie Kaffee komplett gestrichen sind. Auch das laesst sich vielleicht dann beibehalten. Ausserdem mach ich viel Bewegung, denn der Mahabodhi Campus ist weitlaeufig: die einzelnen Gebaeude sind mindestens 300m voneinander entfernt und zum meditation centre ist es gar ein guter Kilometer. Die naechst-gelegene Ortschaft liegt zwar in Gehweite, aber das heisst in Kristy-Tempo querfeldein und bergab 25 Minuten. Faul bin ich also nicht. (Die Ladakhis verstehen eh nicht so ganz, wie man so viel Freude am Gehen haben kann).
  • Luxus lerne ich ganz neu zu schaetzen: heisses Wasser und Strom auf Knopfdruck beispielsweise. Eine Waschmaschine. Einen Teekocher. Internet. Aber es geht tatsaechlich auch sehr gut ohne, und das zu sehen tut echt gut. (Ausserdem hatte ich beileibe schon schaebigere Unterkuenfte, und das in Europa!) Vielleicht kann ich auch davon irgendwas in mein Leben zuhause einfliessen lassen. (Den Boiler und die Waschmaschine behalt ich aber!)
  • Und zuletzt kultiviere ich seit einer Woche effizient den Socken-in-Sandalen-Look, da man so oft die Schuhe ausziehen muss, dass ich begonnen hab, meine heissgeliebten Bergschuhe zu verfluchen. Und ohne Socken ist es zu kalt. (Sollte ich beginnen, auch das zuhause durchzuziehen, schlage mich bitte jemand)

Es geht mir also nach wie vor gut, auch wenn ich ein bisschen das Gefuehl habe, dass ich dort mehr lerne als ich lehren kann! Aber vielleicht empfind das eh nur ich so...

Saturday, May 12, 2012

Road Trip to Nubra

Wir wollten ins Nubratal. Mariana, Ivonne und ich (die 3 Volontaerinnen).
Damit der Preis sinkt, hat der Organisator der Reise einen Flyer in sein Reisebuerofenster gehaengt, in der Hoffnung, noch 2 reisewillige Menschen zu finden. Daraus wurden dann 4. 
In Anbetracht der Tatsache, dass wir eine sehr lange Fahrt vor uns hatten, waren wir nicht sonderlich begeistert von der Idee, uns zu siebt (plus Fahrer) in einen Jeep zu quetschen, aber was soll's. Man will ja niemanden ausladen.

Wir treffen die Reisegruppe in Leh. Mit uns fahren ein Inder aus Mumbai mit seinem 10-Jaehrigen Sohn (in Hinkunft "die Inder" genannt, weil ich mir die Namen nicht merken konnte) und Jay (Inder aus Delhi) und Tim (Ami, der in Delhi lebt und arbeitet). Inder mit Sohn ist top-gestyled, oder eher over the top, und sahen zudem aus, wie einer Karikatur entsprungen. Ich nehme mir die Freiheit heraus, das zu sagen, weil ich mich noch sehr ueber sie aergern werde. So wie auch der Rest der Truppe. Ich hatte eben schon so eine Vorahnung.

Das erste Problem ist gleich mal die Sitzverteilung. Wir drei Maedels beschliessen, dass wir uns gern nebeneinander quetschen, dafuer aber die mittlere Sitzreihe wollen. Die die hinten sitzen muessen, sind davon vorerst nur maessig angetan, da die hintere Reihe einfach zu eng ist, aber alle reissen sich zusammen.
Zu aller Ueberraschung lockert sich die Atmosphaere bereits nach 5 Minuten, als Jay flau im Magen wird und ich beginne, Brot umzuverteilen. Alle anderen machen munter mit und bald essen wir Marillenkerne, getrocknete Marillen, Kekse und was die Rucksaecke so hergeben. Die Inder halten sich raus. 
Schnell sind wir alle mitten im Gespraech ueber alle moeglichen Dinge: Politik, Reisen, Laender etc und die Zeit verfliegt. 

Nach nicht allzu langer Zeit kommen wir am Khardungpass an, dem hoechsten befahrbaren Bergpass der Welt (5600m) mit dem hoechstgelegenen Cafe der Welt. Ausserdem mit viel Schnee. Jay ist ganz baff. Er hatte noch nie in seinem Leben Schnee gesehen! Ich schenke ihm einen Schneeball, den er voller Begeisterung auf Tim wirft. Spaeter pfluecke ich ihm noch einen Eiszapfen, denn von denen ist er noch faszinierter, und er freut sich wie ein kleines Kind!
Auch ich fuehle mich auf dem Pass sofort wohl und klettere zum hoechsten Punkt. Mit Bergschuhen alles kein Problem. Wir trinken 1, 2, 3 Becher suessen heissen Tee um uns aufzuwaermen und weiter geht's. 

Die Strassen sind eng (2 Autos nebeneinander geht teilweise nur mit eingeklappten Spiegeln), gewunden und steil. Unser Fahrer muss unser Vertrauen erst gewinnen, doch er macht das ganz gut. Vor jeder Kurve hupt er - viele andere tun das nicht. Dennoch entsteht Unruhe im Auto, da Mariana teilweise glaubt, ihm Tipps geben zu muessen. Er nimmt's halbwegs gelassen - aeusserlich.
Das Autofahren ist hier sowieso so eine Sache. Die Hupe ist das wichtigste Instrument und man gebraucht sie staendig. Das hat den Effekt, dass eh keiner mehr drauf hoert. Vor allem die Kuehe und Hunde zeigen sich gaenzlich unbeeindruckt. Es herrscht Linksverkehr, doch um das festzustellen, habe ich eine Weile gebraucht: Man faehrt da, wo die Strasse am besten ist. Sollte das mal die rechte Seite sein, ist das auch kein Problem. Ueberholen geht sowieso immer und ueberall - auch egal, auf welcher Seite. Ja und die Strassen sind freilich in einem Topzustand. So gleicht die Passstrasse teilweise einem schlaglochuebersaeten Feldweg - Massage inkludiert. Waer ja langweilig sonst.

Schliesslich kommen wir nach vielen Serpentinen nach Khalsar - das zweite Dorf nach dem Pass. Ivonne waehlt unbewusst ein Restaurant, an dessen Fenster ein weltweitwandernsticker klebt. Der Mann, der es betreibt traegt an seinem Hals dasselbe Bandana wie ich und wir kommen ins Gespraech. Er ist der Bruder desjenigen, der das Reisebuero betreibt, durch dessen Mitarbeiter ich im Mahabodhi Centre gelandet bin. Ladakh ist halt ein Dorf. 
Wir essen dort mal gut. Die Hundedichte in Khalsar ist allerdings etwas stoerend - sie kommen sogar an den Tisch betteln. Doch die Koechin ist gewitzt und uebergiesst sie kurzerhand mit Wasser, woraufhin sie die Flucht ergreifen. Andere Leute sind weniger nett und werfen Steine. So auch der kleine Inder (1. Minuspunkt. Den zweiten heimst er ein, als er Muell aus dem Fenster wirft und daraufhin von Mariana geruegt wird).
Dann geht's weiter nach Hunder, wo wir uns wegen eines ploetzlich aufkommenden Sandsturms zuerst mal auf Herbergssuche machen.

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Exkurs
Das Nubratal ist wunderschoen: auch hier wird ein breites Tal von Bergen gerahmt. Diese erinnern mich stark an Snowdonia in Wales. Nubra ist angeblich gruener als Ladakh, aber dafuer waren wir wohl noch zu frueh dort. Ausserdem gibt es dort Sandduenen, die in heftigem Kontrast zu den Bergen ringsum stehen. Aufgrund der Naehe zu Pakistan auf der einen und China auf der anderen Seite braucht man dafuer ein spezielles Visum, das man in jedem Reisebuero ausstellen lassen kann. Viel gibt's dort ausserdem nicht zu sehen: 3 oder 4 Kloester, Kamele mit 2 Hoeckern und schoene Landschaft. 
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Jedenfalls, zurueck zur Herbergssuche: Der Fahrer chauffiert uns ungefragt ins teuerste Hotel. Das wollen wir nicht und es entbrennt eine Diskussion. Missmutig gibt er schliesslich klein bei und fuehrt uns zu noch 2 anderen. Wir verfahren uns dabei staendig und manche Gruppenmitglieder werden hoechst unrund. Schliesslich finden wir ein schoenes Guest House, das von einem extrem aufmerksamen und lieben Ladakhi betrieben wird. Dort bleiben wir. Ich bin froh, dass endlich niemand mehr meckert.
Wir besichtigen noch das von aussen baufaellig, doch von innen sehr gemuetliche kleine Kloster, spazieren ein bisschen herum und kehren schliesslich zum Guest House und einem vorzueglichen Abendessen zurueck. Die Gespraeche sind grossteils nett. Die Inder bringen sich kaum ein und wenn der Indervater mal was sagt, dann gibt er mit irgendetwas an. Zum Beispiel damit, dass die indische Regierung, fuer die er arbeitet, ihm die Reise zahlt, oder irgendwelchen anderen Kleinigkeiten. Mariana (die von den Indern genervt ist) und die Inder (die an unserer Konversation uninteressiert sind) ziehen sich nach dem Abendessen zurueck und Tim, Jay und ich sitzen bei Rum zusammen, bis die Diskussion zu politisch wird und wir beschliessen, es besser sein zu lassen.

***

Der naechste Tag wurde gruppendynamisch so richtig spannend. Die Inder wollten unbedingt Kamelreiten gehen. Ich irgendwie auch, doch es war mir relativ egal. Die andern wollten nicht. Die Inder sind allerdings nicht sehr gespraechs- und kompromissbereit. "ich will" = "wir alle werden" und da gibt's keine Diskussion. Dachten sie. 
Zuerst waren wir ja noch kompromissbereit und waren alle Kamelreiten. Die Landschaft ist auch atemberaubend und so ein Kamel ist schon ein lustiges Tier. Ich bevorzuge dennoch Pferde.
Die Zeit rannte wie auf einem Dalibild (es gibt auf dieser Tastatur auch keine Akzente) und wir hatten noch etwa 2 Stunden, bevor wir uns auf den Rueckweg machen mussten.
Ein Ausflug nach Sumur bot sich an: Das lag beinahe auf dem Rueckweg, war nicht zu weit und hatte ein sehenswertes Kloster. Die Inder waren davon nicht angetan. Sie wollten lieber zu einer Heisswasserquelle, die 1,5h Fahrt entfernt lag. Wir erklaerten ihnen, dass 3 Stunden Fahrt einfach zu viel waren, dass wir zu spaet heimkommen wuerden. Noch dazu sagten mein Reisefuehrer und 3 andere verlaessliche Quellen, dass die Heisswasserquelle dreckig, desolat und enttaeuschend ist und niemand von uns wollte hin. Die Inder ignorierten diese Einwaende und wiesen den Fahrer in Hindi an, durch Sumur durch zu fahren - weiter zur Quelle. Wir haben das dennoch gecheckt und waren natuerlich sauer. Unsere logischen Argumente stiessen lediglich auf kindisches Unverstaendnis. Der Indervater diskutierte nicht mit uns, sondern schmollte lieber. Immerhin wollte sein Sohn zu der Quelle und fand Kloster langweilig. Also hatten die 4 anderen Reiseteilnehmer sich danach zu richten. Wir versuchten es noch ein paarmal mit Logik - v.a. da auch der Fahrer von einem Besuch der Quelle eigentlich abriet und lieber den Pass hinter sich bringen wollte, da die Wolken Schneefall vermuten liessen - doch es nuetzte alles nichts. Sie wollten lieber schmollen.

Daraufhin wurde selbst der sanftmuetige Jay boese und vertrieb den kleinen Inder von seinem Sitz an der Front, den er seit dem Vortag okkupierte. Wir 4 verschworen uns nun gegen die Inder und beschlossen, dass der Vordersitz einem Rotationsprinzip unterzogen werden sollte. So hielten wir es auch. Dass der kleine Inder nach jedem Stopp wieder den Vordersitz beanspruchen wollte, juckte uns wenig. Wir waren mittlerweile echt alle boese. Das hing auch damit zusammen, dass die Inder immer, wenn sie das Auto verliessen, die Tuer hinter sich schlossen, anstatt die auf der Rueckbank gefangenen Fahrgaeste durch's Vorklappen des Sitzes zu befreien (das von der Rueckbank aus kaum moeglich war). 

Naja. Tim, Mariana, Jay und ich nahmen's dann schon mit Humor und Sarkasmus und hatten trotz allem unseren Spass. Nachdem Nettsein nicht funktionierte, liessen wir's einfach bleiben.

Das Ende der Geschichte: Die Inder beschwerten sich beim Organisator der Reise und verlangten, nie wieder mit Auslaendern in ein Auto gesteckt zu werden. Der Rest von uns hatte Freundschaft geschlossen und wir tauschten Emailadressen aus, sodass ich Tim auf seiner Teeplantage in Sri Lanka besuchen kann, wenn er dann dorthin zieht, oder um mir Reisetipps von Jay zu holen. Und natuerlich, um Fotos zu tauschen.

Alles in allem war der Ausflug hoechst wertvoll - vor allem, um Gruppendynamik zu beobachten!



Wednesday, May 09, 2012

Im Internat

Nach 2 Tagen im Internat bin ich mal kurz in die Stadt geflohen, um ein paar Dinge zu kaufen und natuerlich, um wieder einmal ein Update in die Welt zu schicken.

Montags bin ich ja ins Mahabodhi Centre gezogen. Dafuer habe ich, wie sich herausstellen sollte, einen unguenstigen Zeitpunkt gewaehlt, denn die Feierlichkeiten von Sonntag wurden am Montag in der Schule fortgesetzt und als ich ankam, war in der Veranstaltungshalle gerade eine Zeremonie in Gange. Man zoegerte dennoch nicht und fuehrte mich in die Halle, wo mir hundert Augen folgten, als ich peinlich beruehrt den Mittelgang entlang schritt und schliesslich neben der Schuldirektorin Platz nahm. Lieber waere es mir gewesen, einfach unauffaellig hinten stehen zu bleiben, aber man hat hier ueberall das Beduerfnis die unverdienenden Westler in den Mittelpunkt zu ruecken und ein 'nein' wird nicht akzeptiert.
Nach einer Stunde Unwohlfuehlens und vieler Blicke war die Zeremonie vorbei und Dolma, die Schuldirektorin, die uebrigens mit nur 26 Jahren alles schupft, begann ein Gespraech mit mir. Sie fragte, in welchem Bereich des Zentrums ich gerne mithelfen wuerde und was ich in Oesterreich so taete und als sie hoerte, dass ich dort Englisch unterrichten werde, konnte sie ihre Begeisterung nicht mehr zurueckhalten. Offenbar hatte sie schon lange eine Volontaerin gewollt, die ihr beim Entwerfen und Herstellen von Lernhilfen helfen kann und vielleicht neue Ideen mitbringt. Am naechsten Tag haben wir gleich Plaene geschmiedet und eine Liste an Dingen erstellt, die ich basteln darf - eine sehr ruhige Aufgabe, aber das ist ganz gut so.

Untergebracht bin ich als einzige der Volontaerinnen (es gibt unserer 3) im girls hostel, also dem Maedcheninternat. Es beherbergt etwa 130 Maedels von 4 bis 18 Jahren. Doch zuerst bekam ich mal eine Fuehrung ueber das Gelaende. Yvonne, die deutsche Volontaerin, die fuer 6 Monate bleibt, hat mich zuerst ins Altersheim gefuehrt, wo die alten Menschen zwar kein Wort Englisch koennen, aber das fehlende Gespraech mit vielen Julleys und einem breiten, zahnlosen Laecheln wettmachen. Ein paar von ihnen nehmen meine Hand in beide ihre, neigen den Kopf und fuehren meine Hand an ihre Stirn. Das ist eine Geste von enormem Respekt und sogar jetzt wo ich nur dran denke, muss ich schon Traenen der Ruehrug ersticken. Verbraechte ich dort mehr Zeit, wuerde ich bestimmt nur weinen bei so viel Herzenswaerme!

Ruehrend ging's weiter, denn als naechstes kam die Unterkunft der blinden und sehbehinderten Kinder. 4 Burschen sassen am Gang und spielten Ludo (unser Mensch-aergere-dich-nicht). Sie waren aufgeweckt und lustig drauf und wir plauderten ueber Spiele und uebers Laufen und sie waren ganz begeistert, als ich ihnen vom Vienna Night Run erzaehlte (der ja ein Benefizlauf fuer Blinde ist). Mit dem Versprechen, zum Schachspielen wieder zu kommen - und mir eine Niederlage einzuholen - wanderten Yvonne und ich weiter und besuchten ein blindes Maedchen, das auf seinem Bett sass und las. Faszinierend, so ein Blindenbuch! Ein loser Zettel fiel heraus, und als ich ihn ihr zurueckgab meinte sie, das sei ihr Schmierzettel. Damit hatte sie mich, denn mir waere nie in den Sinn gekommen, dass Blinde auch selber schreiben. Aber natuerlich, warum sollten sie auch nicht? Natuerlich wollte ich dann wissen, wie das geht, und motiviert holte sie sofort ihre Utensilien - ein Raster mit kleinen Mulden und eine dicke Nadel - steckte das Papier in den Raster und stiess mit der Nadel diese kleinen Erhebungen ins Papier. "Hello Kristina, welcome to this hostel" stand dann auf dem Blatt und ich konnte es fuehlen. Ich war hin und weg. Sie erzaehlte mir weiters, dass Buecher und Papier in Ladakh nicht erhaeltlich sind und sie deshalb nur wenige Materialien haben, mit denen sie sparsam sein muessen und ich fasste den Entschluss, mich in Oesterreich mal schlau zu machen und ein paar Dinge her zu senden. (Wenn jemand sich beteiligen mag, freu ich mich!!)

Schliesslich ging's zurueck ins girls hostel und ich wollte mich ans Auspacken machen. Doch so weit kam's nicht. Als ich den Hof betrat schallte es von vielen Seiten "Good afternoon, ma'am! How are you, ma'am?" und zwei der Vierjaehrigen liefen herbei und haengten sich sofort an meine Haende. Dann blickten sie scheu zu mir hoch. Auf einmal - so schnell konnte ich gar nicht schauen - hatte ich an meinen 2 Haenden 3 Ketten von kleinen Maedels, die darauf bestanden, mir das Hostel zu zeigen. Und so wurde ich durchgeschleift, musste mir jedes Zimmer ansehen und alles kommentieren. Im Speisesaal angekommen (mittlerweile hatten wir ein Gefolge von etwa 40 kleinen Maedels) zerrten sie von irgendwo einen Plastiksessel herbei, stellten sich im Kreis auf und begannen, mir Lieder vorzusingen und dazu zu tanzen. Ich kam aus dem Lachen nicht heraus, denn sie gebaerdeten sich dabei so lustig. Und wieder war ich tief beruehrt.

An diesem Tag schienen meine Gefuehle zwischen Traenen und Gelaechter zu polarisieren: dazwischen gab's nichts. Ich war einfach nur ueberwaeltigt von den Eindruecken, die ich bekam.

Irgendwann nach dem Abendessen bekam ich endlich die Chance, mein Zimmer zu beziehen. Es ist gar nicht so unluxurioes und ich hab mein eigenes Bad. Gut, den Zulauf zum Klospuelkasten muss ich staendig auf- und zudrehen, weil der Spuelkasten sonst ueberlaeuft und das heisse Wasser geht auch wieder mal nicht, sodass ich mir halt allabendlich einen Kuebel voll holen gehe, aber was solls. Immerhin ist es nicht so kalt wie im Guest House - oder ich hab mich schon and die Kaelte gewoehnt. (Die Hoehenanpassung hat sich uebrigens komplett vollzogen und unlaengst hat eine Touristin gemeint, ich sei schon viel laenger hier, weil sie mich flotten Schritts durch die Stadt marschieren hat sehen und ihr selber das nach 5 Tagen noch nicht moeglich war. Ich mag meinen Koerper.)

Ja, und jetzt gibt's also Internatsleben fuer mich und das sieht so aus:

5:30 Tagwache mit lauter Musik, sodass man an ein Weiterschlafen nicht mal denken braucht  (die Musik spielt sowieso den ganzen Tag)
6:30 Meditation im Meditationszentrum: das ist grossartig, wenn auch schwieriger als gedacht
7:30 Fruehstueck
dann entweder eigene Dinge oder in den Aktivraum des Kindergartens, wo ich mein Bastellager aufgeschlagen hab
13:20 Mittagessen
danach: weiterbasteln
16:30 zurueck ins Hostel (laenger bleiben ist ausgeschlossen, weil manche der kleinen Maedchen auf mich warten, um mit mir zurueck zu gehen)
bis 20:00 Beschaeftigung der Kleinen oder wieder Zeit fuer mich (eher ersteres: Entkommen fast unmoeglich)
20:00 Abendessen
dann eigene Dinge erledigen, bissl Lesen
22:30 Strom aus. (Wie gut, dass ich eine Stirnlampe dabei hab!)

Und damit ist so ein Tag schnell ausgefuellt! Ich muss mir jetzt ein paar Lieder und Spiele ueberlegen, die ich den kleinen beibringen kann, denn den Nonnen im Nonneninternat habe ich versprochen, heute wieder vorbei zu schauen und ihnen eins beizubringen. Wenn jemand Ideen hat, bitte nur her damit!

Meine groesste Herausforderung im Umgang mit den Maedels ist es, mir ihre Namen zu merken. Erstens sind die sowieso schon komplex, weil ausschliesslich Doppelnamen, zweitens sind die meistens ident und drittens gibt's einfach so viele Kinder! Seit gestern habe ich zu diesem Zweck staendig Block und Stift dabei und notiere mir einfach die fuer mich relevantesten. Die Hoffnung, alle zu lernen, habe ich aufgegeben.
Mit meinem Namen duerften sie aber ebenso Probleme haben, denn taeglich werde ich an die 50x danach gefragt. Ich versuche ausserdem, ihnen beizubringen, dass sie mich ruhig mit Namen anreden koennen, aber ma'am, oder ma'am-le (der Respektspartikel) gehen ihnen scheinbar leichter von der Zunge.
Aber es ist ja noch Zeit.

Das war's fuer heute, bitte schalten Sie wieder zu! Das naechste Update gibt's fruehestens Ende der Woche - eher Anfang naechster. Am Programm steht ein Ausflug ins Nubratal mit Yvonne und Mariana. Bin gespannt....

Sunday, May 06, 2012

Om mani padme hum

Es ist wirklich aergerlich, dass ich hier keine Fotos hochladen kann, denn heute habe ich sehr viele - darunter auch etliche recht gute - gemacht. Denn heute war's so weit: ein Ausflug stand an. Riki und eine Niederlaenderin haben sich zusammengetan und einen Taxifahrer angeheuert, um sich ein bisschen die Gegend und ein paar Kloester anzusehen. Je mehr desto lustiger - und desto guenstiger - und so wurde auch ich gefragt. Man machte sich einen Treffpunkt fuer heute frueh aus, und um halb 10 sollte es losgehen.

Sollte. Doch in Leh fand der alljaehrliche Umzug zu Ehren Buddhas statt und ich war (zur Abwechslung) mal frueh genug auf, um mir das anzusehen. Bei einer Schuessel Tsampaporridge (Gerste, statt Hafer) mit Bananen und Honig beobachtete ich die Vorbereitungen und beendete mein Fruehstueck gerade rechtzeitig, als die Prozession losging. Auf den Gehsteigen tummelten sich Kinder, die durch die verschiedenen Schuluniformen eindeutig in Gruppen zu teilen waren. Auf der Strasse standen grosse, festlich geschmueckte Wagen, auf denen Schueler Szenen aus dem Leben Buddhas darstellten. Das Militaer stand mehr oder weniger unauffaellig an den Ecken und ueberwachte das Getuemmel.
Dann hoerte man leises Summen, das immer lauter wurde: der Gesang der Moenche. Aus einem Tempel an der Strasse stroemten Menschen: zuerst Musiker, dann Frauen in ladakhischer Tracht, schliesslich zwei lange Reihen von Maennern, die riesige Gebetbuecher trugen. Links und rechts am Strassenrand bildeten die Menschen Reihen und verneigten sich, sodass die Maenner sie mit den Gebetbuechern am Kopf beruehren und segnen konnten. Ich stand respektvoll beobachtend (und so unaufdringlich wie moeglich fotografierend) in zweiter Reihe. Da sah einer der Gebetbuchtraeger auf, laechelte mich an und hob auffordernd sein Buch: ich solle in die Reihe treten.
Mir ist bei derartigen Dingen immer unwohl, denn ich will mich als ignorante Westlerin nicht in einheimische Braeuche draengen, aber der Mann schien es zu erwarten, also laechelte ich zurueck und neigte demuetig mein Haupt. Schon war ich gesegnet. Ich blickte wieder auf und trat wieder zurueck, als mich schon der naechste wieder heranbat. Also nahm ich - leicht unsicher - meinen Platz wieder ein und wurde noch 15-20x mit Gebetbuechern gesegnet. Das Ganze ging mir so nahe, dass ich die Traenen zurueckhalten musste. Ein schoener Morgen!

Als ich also ausreichend gesegnet war, verriet mir ein Blick auf meine Uhr, dass ich jetzt fuer meinen kleinen Ausflug bereitstehen sollte und begann, mich Richtung Treffpunkt zu bewegen. Freilich bewegte die gesamte Prozession sich genau dort vorbei, sodass unser Fahrer seinen Jeep nicht annaehernd in die Naehe manoevrieren konnte. Ich hielt erfolglos Ausschau nach Riki und ueberlegte, wie ich mit der Gruppe in Kontakt treten koennte. Ohne Handy ist alles nicht so einfach....
45 Minuten spaeter befand ich, dass sie wohl ohne mich gefahren waren, ging zurueck zu meinem Guest House, um dort meine Jacke zu deponieren (heiss war's heute!) und machte mich dann gleich auf den Weg in die Stadt. Kaum war ich auf die Strasse getreten, sah ich Riki, die gerade in meine Gasse eingebogen war. Sie hatten versucht, in meinem Guest House anzurufen und mich in der Menge zu suchen, allerdings erfolglos. Aber in so einer kleinen Stadt wie Leh findet man einander schon, wenn man genug Zeit hat und halbwegs instinktiv agiert.

Und schon sassen wir im Jeep. Stundenlang wurden wir durch's Tal gefahren und ich staunte ueber die maechtigen Bergmassive zu beiden Seiten, den glitzernden, tuerkisen Indus, die wenigen gruenen Oasen, die immer wieder unvermutet nach einer Serpentine auftauchten und die Marillenhaine, die gerade in Bluete stehen.
3 buddhistische Kloester standen am Programm: Likir, Alchi und Rizong. Letzteres war eindeutig das Spannendste, was nicht zuletzt an den sehr abenteuerlichen Strassen lag. Enge einspurige Serpentinen winden sich die Bergflanke entlang und man will gar nicht in Betracht ziehen, dass einem jemand entgegenkommen koennte, denn Ausweichstellen hab ich wenig gesehen und rechts ging's - natuerlich unabgesichtert - steil hinab. Zuruecklehnen und nicht nachdenken ist die Devise.
Schliesslich taucht nach einer Kurve, hinter einem Bergvorsprung ein Kloster auf: irgendwo im nirgendwo, versteckt in den Bergen.
Ein junger buddhistischer Moench - natuerlich ganz in rot gekleidet - sperrt fuer uns den Tempel auf. Wir ziehen unsere Schuhe aus und buecken uns ehrfuerchtig unterm niedrigen Tuerrahmen durch und bestaunen die diversen Buddhastatuen und die Wandbemalungen, die alle moeglichen Formen Buddhas, Zornesgoetter und allerhand andere Darstellungen praesentieren.
Im 2. Tempel taut der junge Moench dann auf (wenn auch nur in seiner Freundlichkeit, denn in Wirklichkeit war er schwer verschnupft). Ich versuchte gerade, aus den Wandmalereien die Geschichte des Buddha zu lernen und offenbar war mein Scheitern sehr offenkundig. Der Moench trat an mich heran und begann, mir in sehr schwer verstaendlichem Englisch die Fresken zu erklaeren: von der Geburt Buddhas, ueber die Belehrung seiner 5 Schueler und seinen Aufstieg in den Himmel, bis zu seinem Tod. Da wir alle drei sehr viel Interesse zeigten, machte er gleich munter weiter und erzaehlte uns noch allerhand anderes ueber das Kloster und den Buddhismus generell. Das Thema ist so komplex, dass ich nicht mal beginnen kann, Dinge wirklich zu verstehen.
Schliesslich bedankten wir uns, zogen unsere Schuhe wieder an und machten uns zum Aufbruch bereit, als ein anderer Moench von einer tiefergelegenen Terrasse zu uns heraufwinkte

"Come, come! Have some butter tea!".

Ich war gleich Feuer und Flamme und brauchte nicht viele Worte, um auch meine Reisebegleiterinnen zu ueberzeugen, und so traten wir in den karg eingerichteten Speiseraum. An einer Seite der Wand standen vor Teppichen niedrige Tischchen. Der Moench deutete uns, uns zu setzen und unser Fuehrer brachte gleich hochmotiviert einen Teller Kekse, eine Kanne Tee und ein Holzgefaess mit Tsampa (Gerstenmehl). Die Moenche hatten ihren Spass uns dabei zuzusehen, als wir ueberlegten, was man wohl mit dem Mehl macht. Ich nahm zoegernd den Loeffel und kippte mir ein bisschen Mehl in den Tee und sah den Moench fragend an. Er bekam einen Lachanfall, meinte, ja, so koenne man es auch machen, aber eigentlich gaebe man sich ein bisschen Mehl auf die Hand, das man dann ableckt, bevor man Tee nachtrinkt (also nach Tequilaprinzip). Sehr nahrhaft, die Sache, vor allem der Buttertee. Buttertee ist uebrigens Schwarztee, in dem Butter und Salz verruehrt sind. Klingt grausig, schmeckt aber nicht schlecht. Zusammen mit Tsampa hat man beinahe eine vollwertige Nahrung vor sich - ein Fruehstueck. Ich werde dennoch jetzt nicht zur Butterteetrinkerin, doch das naechste Angebot werde ich natuerlich auch nicht ausschlagen. Leider konnten wir nicht lange bei den lustigen Moenchen verweilen, denn es war ein weiter Weg nach Leh. Also setzten wir uns wieder ins Auto...

Nach diesem ereignisreichen, segensreichen Tag sind wir vollfertig und mit vielen Fotos im Gepaeck wieder in Leh angekommen. Jetzt ruft der Schlafsack, denn morgen geht's spannend weiter....

P.S.: Om mani padme hum ist ein buddhistisches Mantra, das u.a. auf den bunten Gebetsfahnen, die hier ueberall wehen, geschrieben steht. Ausserdem wurde das bei der Prozession von den jungen Moenchen gesungen und seither bekomm ich's nicht aus dem Kopf.

Friday, May 04, 2012

Getting by on a Smile

Ein Laecheln oeffnet Herzen und Tueren

Nach diesem Motto lebe ich momentan und laechle und gruesse froehlich vor mich hin. Meist wird sofort zurueckgelaechelt und nicht selten beginnt so ein Gespraech. Auf diese Weise habe ich nun schon ein paar Leute kennengelernt und von ihnen viel Nuetzliches erfahren:
Ish, der charmante, witzige Haendler aus Kashmir, hat mir beispielsweise bei zwei waermenden Tassen Tee einiges ueber Leh erzaehlt, sowie mich in die Pashminakunde eingeweiht. Ich kann jetzt billige Mischungen von reinen, hochwertigen Stoffen unterscheiden.
Louvon, pensionierter Franzose, der sich seit 15 Jahren jeweils fuer mehrere Monate in der Gegend aufhaelt, hat mir allerlei Tipps zu Ausfluegen und Trecks gegeben, die ich mit Sicherheit gar nicht alle unterbringen kann. Ausserdem hat er mir erzaehlt, dass die Bauern momentan pfluegen und dabei ihren Dzos (Kreuzung aus Yak und Rind) Lieder vorsingen, um diese zu motivieren. Das will ich sehen!
Mit Ricki, Kompatriotin aus Oberoesterreich, der ich heute ueber den Weg gelaufen bin, habe ich heute schon ein paar Reiseerfahrungen ausgetauscht. Morgen werde ich sie zum Mittagessen treffen und dann mit ihr die Stadt noch weiter erkunden, denn allzu viel habe ich vor lauter Ruhen und Trinken noch nicht geschafft.

Die Leute hier sind generell extrem warmherzig und fuersorglich. Staendig fragen sie mich, ob ich eh ausgeruht genug bin, ob ich eh schon genug getrunken hab, und wenn nicht moege ich das auf der Stelle tun!
Der Besitzer meines Guest House hat mir gestern einen Kuebel heisses Wasser hochgetragen, mitsamt einer Waermeflasche, auf dass ich nicht erfriere. Die Warmwassersituation habe ich immer noch nicht durchschaut. Bis jetzt halte ich es fast fuer ein Geruecht, dass es welches gibt, aber solange man einen Kuebel Heisswasser haben kann, bin ich schon gluecklich. Die Waermflasche hat sich naechtens uebrigens als Lebensretter erwiesen, denn obwohl ich wie eine Raupe im Kokon in meinen Schlafsack gezurrt und zusaetzlich noch mit 3 dicken Decken bedeckt war, waere mir ohne Waermflasche kalt geworden. Gepriesen sei der Mensch, dem wir diese Erfindung verdanken!
Nach einer eher durchwachten Nacht, die ich mit der Lektuere von "Die Logik des Gluecks" und vielen, vielen Gedanken zu Glueck, Philosophie und Religion verbracht habe, wurde ich durch Klopfen geweckt. Offenbar war ich nach meiner abenteuerlichen, morgendlichen Haarwaesche (ja, die Waermflasche hatte auch hier ihren fixen Part) eingeschlafen und mein Gastgeber - besorgt, weil er mich den ganzen Morgen nicht gesehen hatte - klopfte an meine Tuer, um sicherzugehen, dass es mir gut ging. Er versorgte mich dann auch mit einer Flasche Trinkwassers und so zog ich los. Es sollte ein wichtiger, wegweisender Tag werden...

Ich pilgerte zum 5. Mal zu einem gewissen Reisebuero, wo ich in der oesterreichischen Betreiberin eine Ansprechperson erhoffte, und fand es zum 5. Mal verschlossen vor. Mittlerweile weiss ich aber ein bisschen, wie das Leben hier funktioniert, also ging ich zur 10m entfernten German Bakery (nur eine von vielen) und richtete eine Frage an die Schar der zeitunglesenden und teetrinkenden Ladakhis. Ob sie wuessten, wann das Reisebuero aufsperrt, ich haette ein paar Fragen. Sofort sprang ein junger Ladakhi auf, sperrte mir die Tuer auf und stellte sich freundlich laechelnd diesen Fragen.
Ob man wohl im Mahabodhi Centre - einer buddhistischen Klosteranlage mit Schule, Krankenhaus, Altenheim und Schule fuer blinde Kinder - unweit von Leh als Volontaer arbeiten koenne? Denn das wuerde mich interessieren. Es war meine grosse Hoffnung, dort unterzukommen, denn das Konzept der Anlage faszinierte mich: die Kombination aus Bildung fuer arme Kinder, Fuersorge fuer die Alten und buddhistischer Lehre und Meditation sprechen an. Die Naehe zu Leh und damit dem 'staedtischen' Leben machen es zusaetzlich attraktiv. Klang perfekt, das wollte ich, und im Gedenken an meinen Blogeintrag weiter unten (Be persistent) hatte ich schon alle mir begegnenden Menschen mit Fragen dazu geloechert.
Dieses Mal sollte die ins Blaue geschossene Frage genau ins Schwarze treffen: Der junge Mann hatte selber dort jahrelang gearbeitet und rief sofort fuer mich dort an, um sich zu erkundigen. Was fuer ein gluecklicher Tag, stellte sich doch weiters heraus, dass er am Nachmittag sowieso hinfahren musste! Er bot mir an, mich gleich mitzunehmen, damit ich mit dem verantwortlichen Moench sprechen kann.
Gesagt, getan - zwei Stunden spaeter sass ich einem laechelnden, rot gekleideten Moench gegenueber und wir unterhielten uns ueber den Bildungsstandard in Ladakh, female empowerment, und Moeglichkeiten fuer meine Person, einen kleinen Beitrag zu leisten. Das Resultat dieser Begegnung: Kommenden Montag werde ich mein Quartier dorthin verlegen. Ich werde dort aller Vorraussicht nach Abendunterricht geben und Kinder betreuen und, wenn ich so will, generell anfallende Aufgaben erledigen. Eine davon koennte die Edition eines Magazins/ einer Infobroschuere sein, also sehr spannend!

Weiters habe ich vor, das ebendort angebotene Meditationstraining in Anspruch zu nehmen, denn meine derzeitige Lektuere ("Die Logik des Gluecks", das ich waermstens empfehle), in Kombination mit der Ausstrahlung dieses ganzen Landes an sich inspirieren mich dazu und ich will das Leben hier mit allen Sinnen erfassen!

Und so laechle ich und das Gefuehl des Alleinseins ist schon fast verschwunden, denn stets findet sich schnell jemand zum Teetrinken oder zum Plaudern. Denn Plaudern ist mein wichtigster Zeitvertreib, denn jeder hat eine Geschichte zu erzaehlen und von jedem kann ich lernen! Und um zu lernen bin ich gekommen.

Thursday, May 03, 2012

Le(h)benszeichen

So...nachdem ich (vermutlich verbotenerweise) in diesem Internetcafe Google Chrome installiert habe, wird mir der Zutritt zu meinem Blog auch nicht mehr verweigert und vielleicht kann ich diesen Beitrag ohne einen zweiten Stromausfall zu Ende bringen.

Ich bin jetzt in Leh.

Der Flug nach Delhi war lang, aber das Essen gut und nachdem ich 3x unterschiedliche Ausschnitte von "Hugo" gesehen habe, kenn ich den Film wohl. Weiters ist mein bescheidener Hausrat um 2 Plastikloeffel, Salz und Pfeffer und ein Stueck Seife gewachsen. Man nimmt halt, was man kriegen kann - wer weisz, was noch kommt.

Delhi: Man verlaesst das Flugzeug und das Ausbleiben von Fusstrittgeraeuschen macht einen sofort darauf aufmerksam, dass man eine ehemalige britische Kolonie betritt: Teppich in flaechendeckender, tonschluckender Dichte. Die Lounge ist nicht anders: neben WHSmith und M&S gibt's auch mehrere Costa Coffees und natuerlich konnte ich nicht widerstehen. Schmeckt anders als im UK - duenner - aber gut.

Der Anschlussflug nach Leh fruehmorgens war ein Wahnsinn! Man kann das mit Worten beinahe nicht beschreiben, aber ich werde es versuchen.
Das Flugzeug startet. Im Osten beginnt's zu daemmern. Ein Nebelteppich ueberzieht das noch dunkle Land. Nach etwa 20 Minuten lassen sich unter dem Nebelteppich Bergspitzen erahnen - fast wie fluechtige Walflossen im Ozean: man ist sich nicht sicher, ob man sie wirklich sieht. Das muss das Himalaya sein.
Dann, auf einmal ist der Nebel weg. Die Sonne hat sich so weit erhoben, dass sie die schneeweissen Gipfel des Himalaya in tiefes Morgenrot taucht, das laaaaaaangsam immer heller wird, bis alles weisz leuchtet. Man kann die Augen gar nicht weit genug aufreissen, um diese Bilder auch nur annaehernd in der Intensitaet zu erfassen, in der sie sich praesentieren. Es ist schlichtwegs UEBERWAELTIGEND! (verdammt, hat diese Sprache viele Umlaute!) Ich komme mit dem Schauen nicht mehr nach und mein Hirn versucht klaeglich die Eindruecke irgendwie zu verarbeiten und in Sprache zu konvertieren, aber scheitert klaeglich.
Ich bin kein Mensch mehr. Ich bin ein fleischgewordenes Playmobilmaennchen, das in einem Spielzeugflugzeug ueber ein riesiges Modell des Bergmassivs gleitet, denn genauso und nicht anders wirkt es. Unecht.
Auf einmal bremst der Flieger und taucht in ein riesiges Tal, dass nach der Gipfelwueste sich auf einmal auftut. Es zoomt sich auf diesen Teil des Modells ein. Die Haeuschen, die Baeume materialisieren - alle Teil dieses Spielzeugmodells und keinesfalls echt. Irgendwo sitzt bestimmt der Eisenbahnfanatiker und drueckt ein paar Knoepfe. Durch's Tal, zwischen den Spielzeugbergen, schlaengelt sich breit der Fluss Indus.
2 grosze Schleifen muss der Pilot ziehen, damit er das Flugzeug runterbringen kann und so bekommen wir tolle Panoramen. Alles sieht komplett anders aus, als ich es mir vorgestellt hatte. Da auf einmal leuchtet das Tal im schoensten Morgenlicht: der Fluss glitzert, vereinzelte Nebelschwaden liegen auf den angegruenten Huegeln und links und rechts davon maechtige, angezuckerte Bergmassive! Wow.
Und meine Kamera befindet sich im Gepaeck. Tja. Fail.

Leh hat wohl den allerkleinsten Flughafen, den ich je gesehen habe und das ca. 10m lange Gepaecksband ist vermutlich eher zum Angeben da, als um einen Zweck zu erfuellen. Schnell bin ich wieder drauszen und habe meinen persoenlichen, grossartigen Taxifahrer gefunden, der mir auch gleich seine Nummer aufschreibt, sollte ich wieder mal wohin wollen. An willkuerlich in den teilasphaltierten Strassen herumstehenden Yaks und halbwilden herumliegenden Hunden vorbei, kutschiert er mich in mein Guest House.

Mein Quartier ist einfach. Es verfuegt nur sporadisch ueber Warmwasser und Strom (angeblich gibt's beides) - aber es hat einen Fernseher. Der herzige alte Mann, der mich empfaengt, bringt mir sofort eine Tasse heissen, suessen Schwarztee: genau das Richtige. 5 Minuten spaeter klopft er nochmal und drueckt mir eine brennheisze Waermflasche in die Hand. Die ruft bei mir sogleich Begeisterungsstuerme hervor! Es hat naemlich heisse 0 Grad und trotz Schlafsack und 2 dicken Decken ist mir erst durch die Waermflasche wohlig warm. Er verschreibt mir weiterhin sofort 2 Stunden Ruhe, um mich an die Hoehenluft zu gewoehnen. Die ist im Uebrigen kein Dreck: Ich bewege mich im Schneckentempo - langsamer als alle anderen und wie in Trance.

Nach 3 Stunden Ruhe und der taktischen Verwendung des Waermflaschenwassers zur Koerperwaesche (man wird halt erfinderisch) und der korrekten Inbetriebnahme der Toilette (jaja, darueber schreib ich bestimmt noch einen eigenen Beitrag) sitz ich jetzt hier. Mein Magen und meine leere Trinkflasche beordern mich allerdings raus an die Sonne und ich werde mir jetzt mal diese Stadt in Ruhe ansehen gehen und Eindruecke absorbieren wie ein Schwamm.

Morgen mehr!