Monday, December 24, 2012

One christmas was so much like the other...

Obwohl laut Dylan Thomas alle Weihnachten gleich sind, sind sie doch immer wieder schön - hoffe ich. Persönlich empfinde ich es als Erleichterung, dass Weihnachten jetzt da ist und ich meine langersehnten Familientage bekomme. 
Ich wünsche euch allen ein ebensoschönes Fest bzw. eine ebensoschöne Zeit und schenke euch dazu noch ein Gedicht.
 

Weihnachten

Liebeläutend zieht durch Kerzenhelle,
mild, wie Wälderduft, die Weihnachtszeit,
und ein schlichtes Glück streut auf die Schwelle
schöne Blumen der Vergangenheit.

Hand schmiegt sich an Hand im engen Kreise,
und das alte Lied von Gott und Christ
bebt durch Seelen und verkündet leise,
dass die kleinste Welt die größte ist.

(J. Ringelnatz)

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Schöne Weihnachten, allseits! 

 

Monday, December 17, 2012

Hats on - Winter is coming

Eine gute Möglichkeit dem Stress ein Schnippchen zu schlagen (wenn auch nicht die entspannendste, wie meine Schulter und mein Nacken zu vermelden wissen) ist das Stricken, eine großmütterliche Tätigkeit, die in den letzten Jahren viel Aufwind erfahren hat, sodass von motivierten Stricksüchtigen ganze Bäume und Brückengeländer im guerilla knitting eingestrickt wurden. Kann man, muss man aber nicht.

Ich bleibe lieber beim konventionelleren Stricken und fabriziere Textilien, die man dann auch wirklich verwenden kann. Um endlich über das Einsteigerlevel von Schals und Pulswärmern hinauszukommen, beschloss ich heuer, mich zu einer neuen Schwierigkeitsstufe fortzubilden: dem Socken. Genauer gesagt: dem Stutzen, denn die halten großflächiger warm. Wenn die liebe Mutter weder über Zeit, noch Lust, noch Erinnerung verfügt, mich zu instruieren, müssen eben die neuen Lernmedien herhalten: auf YouTube gibt es praktischerweise einen Strickkanal von Nadelspiel, über den man vom beginnenden Maschenanschlagen, über ganze Hauben bis zu Socken und vermutlich tausend anderen Dingen alles lernen kann. Der ist richtig gut.

Mein Strickprojekt sollte eigentlich nur ein Paar Stutzen und eine Haube umfassen, damit ich das eben lerne, doch kaum hatte ich einem Freund von diesem neuen Zeitvertreib erzählt, kam er schon mit der Idee, ich könne Hauben auf Bestellung anfertigen. Are you implying that you want one? - Well, I wouldn't say no...
So kam es, dass ich in 3 Wochen fünf Hauben strickte - vier davon nicht für mich. Jedenfalls konnte ich dadurch etliche Muster ausprobieren und hier sind die Resultate:



Tom's hat
Modell Stanzin Angmo - in den Mahabodhifarben (Zufall)

Modell Nas - in rot-schwarz gewünscht
(ich hoffe, er schaut hier nicht rein, denn er hat sie noch nicht)











































Beanie fürs Schwesterl

















Mit dem Versand all dieser hat das Strickprojekt allerdings vorerst ein Ende; zumindest so lang, bis meine Schultern nicht mehr verspannt sind, oder die Sucht wieder zuschlägt. Oder bis ich neue Handschuhe brauche.

Tuesday, December 11, 2012

A Sunday Midnight Sketch

A mask           
under it honesty, naked
pure character
pure being
feeling
a heart, beating.
no words.

A mask
safe and secure
hide-out of fear, soft cushion to the world.
the soul veiled,
protected
by a finely-spun web of made-up truths
to create an acceptable face.
placet.*
placeo.

A beautiful mask
character corrected
impuls softened
spirit restrained.
tension.
can't breathe.

Displicet!**
Displace it!
Stand naked
- be free


*placet (lat.) = it pleases, placeo = I please
** displicet (lat.) = it displeases

Saturday, December 01, 2012

Kerzenschein statt Bildschirmflackern

Die Nacht vor dem ersten Dezember ist ein Datum, das ganz gut passt für diesen Blogeintrag.

Heute war ein stressiger Tag: Früh aufgestanden - ab in den Zug und zum ersten Ort des Tages gehetzt und dort die ersten zarten Fäden eines bald benötigten Netzwerkes gesponnen - Mittagessen und weitere Netzwerkungen, dann ab in den Zug zum nächsten Ort gehetzt, um dort auch noch körperlich angestrengt zu arbeiten. Schließlich (abends) erschöpft in der überfüllten Bim nach Hause. Eine Stunde Zeit, um ein paar Dinge zu erledigen und dann ab auf's Rad und Leute treffen.

Eigentlich wollte ich absagen. Alles schon wieder viel zu stressig. Warum ist der Tag so voll? Und warum waren alle (wie viele? viele...ich zähle nicht mehr) davor es auch? Warum sind mir in der Früh die Worte eines weisen Freundes 'Be careful not to wear yourself out.' durch den Kopf geschossen, mit dem Zusatz 'Achtung, er hat nicht Unrecht.'?
Ich war knapp davor, mein abendliches Treffen abzusagen und hätte es wohl auch getan, hätte es sich nicht um einen Bekannten gehandelt, den ich das letzte Mal vor eineinhalb Jahren gesehen habe, weil er in Rumänien wohnt, wo er mich damals beherbergt hat. Jetzt ist er kurz in Wien. Eine fast einmalige Gelegenheit, wieder mal Geschichten zu tauschen. Also Zähne zusammenbeißen, ab aufs Rad und los geht's.

Meine Disziplin sollte Früchte tragen, denn als ich mich in einem halbstündigen Fastmonolog über meine grandiose Zeit in Indien heiser sprudelte, kehrten viele mittlerweile gedankengrasbewachsene Erinnerungen zurück:
Wie viel Zeit ich dort hatte! Wie viel Muße! Wie schön es war, kein Mobiltelefon zu verwenden und auch nur alle paar Tage Zugang zum Internet zu haben. Wie sehr ein disziplinierter Schlafrhythmus und frühe Morgenstunden zum Wohlbefinden beitragen.
Wie unnötig ist außerdem diese Hektik, die alle hier an den Tag legen und in die ich mich schon wieder reinsaugen hab lassen, obwohl ich das ja um jeden Preis vermeiden wollte und obwohl ich momentan nicht die geringste Ausrede dafür habe, mich auch nur irgendwie stressen zu lassen!

Ich wurde erinnert an einen nicht zu weit zurückliegende Zeitabschnitt, als ich mit den Leuten um mich herum tatsächlich gesprochen habe, anstatt a) entweder gleichzeitig am Computer festgewachsen zu sein, um damit die Zeit zu verdreschen, bis sie stirbt, oder b) in den öffentlichen Verkehrsmitteln mich mit Musik aus meinem Umfeld gestöpselt und auf der Klangwelle weggespült zu haben.

Diese und noch mehr Gedanken keimten während des Gesprächs auf und ich erschrak darüber so sehr, dass die nächsten ruhigen Nachdenkminuten (auf der Toilette - dort hat man immerhin noch sowas wie Zeit) mich zu folgendem Beschluss brachten:

Die Zeit vor Weihnachten soll eine besinnliche sein. Eine, in der man sich auf's Weihnachtsfest einstellt - und zwar nicht im kreditkartenbelastenden Sinne. Ich habe beschlossen, für die gesamte Adventzeit meine Internet- und Handynutzung aufs Allernotwendigste zurück zu drosseln - ersteres nur einmal täglich kurz zum Emailabruf und der etwaigen Informationsbesorgung zu verwenden und letzteres nur für wirklich nötige Anrufe und Nachrichten. Die dadurch entstehende Zeit will ich dafür wieder umso bewusster und sinnvoller zu nutzen. Ohne unnötige (weil unbewusste) Musikbeschallung. Ohne unnötigen (weil unbenötigten) Input. Dafür mit innerer Ruhe und einem freien Kopf.
Vielleicht backe ich, vielleicht mache ich ausgedehnte Spaziergänge, vielleicht bastle ich mir einen Adventkranz und genieße das Kerzenlicht, während ich einfach nur in die Luft schaue. Alles ist möglich.

Ich wünsche euch auf jeden Fall einen schönen Advent! Vielleicht wollt ihr euch ja auch nicht stressen lassen.

Friday, November 23, 2012

Speziell für Sie: Ofenfrisch aus der Mikrowelle

Ein Phänomen, das mir immer häufiger unterkommt und dessen wachsende Absurdität mich zu einem erbosten Aufschrei anstachelt, ist die relativ neue Mode, Konsumenten (vorwiegend) Backwaren in gewärmtem Zustand zu verkaufen. Warm = frisch; auch, wenn das Gut, um das es sich handelt vielleicht schon mehrere Tage lang auf dieser Welt war.

Und überhaupt ist warm scheinbar viel besser zu bewerten als kalt. So hat man mir, in einer von mir sehr geschätzten Bäckerei, eine Marzipankolatsche mal freudig lächelnd mit den Worten 'Die ist ganz frisch aus dem Ofen!' verkauft. Blöderweise wollte ich sie gleich essen,  mag aber kein warmes Marzipan und bekomme außerdem von warmen Backwaren - besonders den vollkornhaltigen - sehr leicht Bauchweh. Meine Freude hielt sich also in Grenzen.

Dass das bei einem Bäcker passiert, ist ja nun kein Wunder: immerhin wird dort den ganzen Tag lang Gebäck frisch aufgebacken, damit die Kunden das Frischeste vom Frischen bekommen. (Ich untergrabe das Konzept und kaufe die (garantiert nicht warmen) Waren vom Vortag zum halben Preis. Ha-ha. Doppelsieg!)

Viel schlimmer jedoch finde ich die Unsitte, mittlerweile alles in die Mikrowelle oder den Toaster zu legen, was eine derartige Wärmebehandlung überlebt. Oder eben nicht.
Als ich das erste Mal gefragt wurde, ob ich den mit Frischkäse und Salat gefüllten Bagel getoastet haben wolle, rief ich schockiert und ungläubig 'Nein!' und begann, für alle Zeiten am Hausverstand der Bedienpersonen des Etablissements zu zweifeln: Bei Frischkäse kann man vielleicht noch diskutieren, aber Salat genieße ich bevorzugt ungewärmt.
Auch als man mir bei Coffeebucks mal einen Scone aufwärmen wollte, warf ich mich gedanklich sofort zwischen ebendiesen Scone und die Mikrowelle. Einen (vermutlich) mehrere Tage alten Scone will ich garantiert nicht aufgewärmt, danke. Der wird dadurch zuerst letschert und dann nur noch härter als vorher. Und dann muss ich tunken. Ich tunke nicht gern.

All das kann ich mit halbwegs versteckter innerer Empörung ja noch irgendwie hinnehmen. Wenn es allerdings zu Zwischenfällen wie vergangenen Montag kommt, schwappt das Fass der Erträglichkeiten über.
An besagtem Montag wollte ich mir, getrieben vom spontanen Gusto und nicht vom Hunger, einen Schokomuffin bestellen, auf dass er den Kaffee komplementiere. Also tat ich das, denn die Muffins sahen hervorragend aus. Der Faden meiner Geduld war schon etwas angespannt, ob der offensichtlichen Optimierbarkeit des Servierpersonals*, doch immerhin wurde meine Bestellung fragenlos entgegengenommen.

 *ja, ich bin sehr, sehr kritisch geworden. Aber ich darf das.

Doch, oh, ich wünschte sie hätten mich gefragt! Denn was bekam ich? Einen brennheißen Schokomuffin, dessen aufgestreute Schokoladestückchen nun schon zum zweiten Mal halb geschmolzen, halb karamellisiert waren. Welch Freude.

Enttäuscht starrte ich für einige Sekunden auf den Teller. Überlegte, meinen Frust mit dem ersten Bissen heißen Muffins zu zerkauen und runterzuschlucken. Doch dann fasste ich mir ein Herz, brachte ihn zurück und verlangte einen ungewärmten Muffin. "Aber der hat doch einen flüssigen Schokokern!" ließ ich dabei als Erklärung dieser Frechheit nicht gelten (vor allem, da sich herausstellen sollte, dass der Kern auch beim kalten Muffin nicht fest war, weil Nutella).
Der war dann ok. Obwohl die Enttäuschung trotzdem noch nachklang.

Wie kommt man auch auf die Idee anzunehmen, dass Kunden einen brennheißen Mikrowellmuffin einem stinknormalen, nach dem Backen ausgekühlten Muffin vorziehen könnten? Frisch aus dem Ofen nach dem Selbstbacken ist halt doch anders, als frisch aus der Mikrowelle und für die Zukunft lerne ich: Egal worum es sich handelt, ich werde ab jetzt alle Backwaren ausdrücklich 'ungewärmt' bestellen. Egal, ob ich dann blöd angesehen werde oder nicht.


Tuesday, October 23, 2012

Waffeln, Bier und Sitzungssäle

Brüssel: Sitz des EU-Parlaments und Hauptaufenthalt der lieben Schwester für 3 Monate. Ein guter Grund, einen Ausflug nach Belgien zu machen.

Dieser Ausflug war zwar erhofft, aber seine Realisation hatte ich schon aus beidseitigem Zeitmangel abgeschrieben. Wie es aber der Zufall so wollte, schüttete genau dann Fortuna ihr cornu copiae über mir aus, als ich mich schon damit abgefunden hatte, zu Hause zu bleiben: man fragte mich, ob ich nicht in höchster Spontaneität einen vakanten Platz in einer Reisegruppe einnehmen wolle. Diese Reisegruppe setze sich aus lauter engagierten jungen Menschen zwischen 16 und 26 Jahren zusammen, die sich für eine Einladung ins EU-Parlament beworben hatten. Die mit den besten Motivationsschreiben wurden gewählt: Reise- und Unterkunftskosten würden von der einladenden Abgeordneten übernommen und vor Ort sei für die Gruppe ein Programm zusammengestellt worden, das sich aus Terminen mit u.a. Vertretern der Gewerkschaft und Vertretern des Journalismus zusammen setze.
Ob ich da also mitfahren wolle, es sei nämlich jemand ausgefallen und man bezweifle ob der Kurzfristigkeit, noch jemand passenden zu finden? Ich dachte lange und konzentriert nach und hatte nach etwa 2 Minuten die Entscheidung getroffen: Natürlich bin ich dabei!

Vor der Abfahrt war ich nervös. Ich rechnete damit, die einzige zu sein, die sich politisch nicht unheimlich gut auskennt und erwartete eine Gruppe junger Menschen, die alle tagelang für die Reise recherchiert und Fragen vorbereitet hatten. Mein Bestreben war es daher, im Hintergrund zu bleiben.
Tja. Ich sollte überrascht werden: Die Reisegruppe setzte sich aus unglaublich aufgeschlossenen, intelligenten, interessierten und kommunikativen jungen Menschen zusammen. Obwohl eine Spanne von zehn Altersjahren zwischen dem jüngsten und ältesten Teilnehmer lag und auch eine Bandbreite and Herkunftsorten (in Ö) und Studienfächern abgedeckt wurde, gab es keinerlei Evidenz davon im Umgang miteinander. Innerhalb der folgenden vier Tage sollte die Gruppe zusammenwachsen, wie ich es mit einander komplett unbekannten Menschen noch selten erlebt habe.

Aber nun zurück zum Start:

Unser EU-Abenteuer begann mit einer 15-stündigen Busfahrt, die unser aller Genicke, Rücken und Beine auf Belastbarkeit testete und mich nebenbei realisieren ließ, dass mir meine Geldbörse wohl in Wien abhanden gekommen sein musste. Entsprechend entspannt kamen wir am Ende der Nacht in Brüssel an, wo wir vom lieben Schwesterlein in Empfang genommen wurden.

Der erste Tag stand uns komplett zur eigenen Gestaltung zur Verfügung und nach dem Bezug des Zimmers und einer revitalisierenden Dusche und einem guten Frühstück wurde ich von der lieben Schwester durch die ganze Stadt geführt.

Hauptplatz

Vorbei am Manneken Pis, dem bekannten kleinen Bronzejungen, der in einen Brunnen pinkelt.

Der kleine Mann ist zwar meist nackt, hat aber eine ganze Garderobe und wird hin und wieder eingekleidet (An Sonntagen?)

Ab dort beginnt es auch unerträglich nach Waffeln zu duften - reiht sich immerhin eine Waffelausgabestelle an die nächste. Freilich kann ich nicht wiederstehen und erstehe eine gaufre de Liège, die sich von den gaufres de Bruxelles darin unterscheidet, dass sie oval und nicht rechteckig, aus Germ- und nicht Rührteig ist, und dass der Zucker schon eingearbeitet ist und nicht nur drauf. Wenn man ein richtiger Klischeetourist ist, lässt man sich auf seine Waffel noch diverses Obst, Schlagobers und Soßen türmen, doch davon wäre mir wohl schlecht geworden.
Außerdem werde ich als nächstes durch einige der vielzähligen Schokoladegeschäfte geschleift, wo man überall Kostproben angeboten bekommt und ich etwaige bestehenden Resthunger auch vernichten kann: Danke, Abendessen muss glaub ich nicht mehr sein.

Lütticher Waffel (g. de Liège) - hier mit Eis. Die typische Nachspeise im 3-teiligen Touristenmenü.


Makronen gibt's auch überall, neben handgeschöpfter Schokolade, Keksen aller Arten etc etc.

 

Soviel zum Sonntag. Wir sehen bei Dunkelheit noch das Atomium von der Weite leuchten (und ich befinde, dass das ausreicht) und irgendwann begebe ich mich zurück in mein Hotelzimmer.

Der nächste Tag beginnt mir einem Riesenfrühstücksbuffet, das keine Wünsche offen lässt und uns für den Tag stärkt. (Ich erwähne das, weil ich gar nicht weiß, wann ich das letzte Mal bei einer Reise ein derartiges Frühstück dabei hatte und mich deshalb umso mehr drüber freute). Zeitig beginnt unser Programm mit einem Besuch der Wirtschaftkammer. Wir erfahren so einiges über die EU und das Parlament. In der Kommission wird unser neu erworbenes Wissen dann erweitert und vertieft.

Man lässt uns in den diversen Sitzungssälen Platz nehmen. Jeder ist anders, jeder ist interessant.


Bei den vielen parlamentszugehörigen Gebäuden ist es leicht, den Überblick zu verlieren; vor allem deshalb, weil das gesamte Viertel sich im ständigen Um- und Neubau zu befinden scheint und man bei all den Baustellen oft gar nicht weiß, wo man hin muss.

Schließlich waren wir auch im Parlament selbst - einem riesigen, blitzenden Glaskomplex.





Der Tag klingt - zwangsläufig - bei einem Bier aus. Dass das Lokal 'Delirium' heißt, amüsiert mich, und ich bestelle mir aus lauter Begeisterung gleich ein Delirium tremens.




Der nächste Tag hat ein vielversprechendes Programm, war aber auch der anstrengendste: Wir beginnen ihn in der ständigen Vertretung, wo die Vortragende ihre Powerpointpräsentation nach 2 Folien abbricht und wir stattdessen in eine angeregte Diskussion darüber verfallen, wie man EU-Themen interessanter und zugänglicher unter die Leute bringen könnte, was Schulen dazu für einen Beitrag leisten könnten etc etc. Generell während allen Vorträgen, aber hier im Besonderen, bekomme ich den Eindruck, dass die Repräsentanten, die wir treffen, stark an unserer Meinung und Wahrnehmung interessiert sind und auch daran, wie man das Konzept der EU - so oft von unseriösen Zeitungen durch den Dreck gezogen und verzerrt - ausgewogener und realitätsnaher vermitteln kann. Sehr inspirierend: ich mache mir Notizen.
Weiter geht's zum Gespräch mit einem Vertreter der Zeitung 'Standard', der uns die Sicht- und Arbeitsweise eines Berichterstatters näherbringt und uns von seinen Anfängen in Brüssel erzählt. All das Zuhören und Aufsaugen von Information erschöpft....




... doch der spannendste Programmpunkt der Tages liegt noch vor uns. Zum Glück gibt es im Parlament Kaffee um nur 20 cent am Automaten zu erstehen und wir tanken neue Kraft, bevor unser nächster Weg uns ins Parlamentarium führt. Allen Brüsselbesuchern sei ans Herz gelegt, ihre Schritte dorthin zu lenken. Dieses Besucherzentrum des Parlaments ist voller gut aufbereiteter Information über die EU, sodass ich wirklich bereue, mir nicht mehr Zeit dafür genommen haben zu können. Ich konnte mir die Ausstellung nämlich nicht recht zu Gemüte führen, da unsere Gruppe Sonderprogramm hatte:
Es gibt dort ein buchbares Rollenspiel, wo die Gruppe per Zufallsprinzip in vier Fraktionen (Traditions-, Freiheits-, Solidaritäts- und Ökopartei) geteilt wird. Man bekommt ein Smartphone in die Hand gedrückt, das einen durchs Spiel leitet. Mein Smartphone sagt, dass ich zur Ökopartei gehöre. Schön. Damit kann ich zumindest was anfangen.
Wir beginnen im Plenarsaal, wo der 'Präsident' von einer Videowall zu uns spricht und uns bittet, uns innerhalb der Partei in zwei Ausschüsse zu den Themen Microchipimplantate und Wasserversorgung zu teilen. In unserem kleinen Parteiraum tun wir das dann und werden von dort alle einzeln auf Recherchetour geschickt: An kleinen Bildschirmen, die am Rand des Raumes an schematischen Bars, Tankstellen, Busstationen etc angeordnet sind, kann man per touch screen 'Interviews' mit Personen aller möglichen Hintergründe führen. Wissenschafter, besorgte Eltern, Pubbesitzer sagen uns ihre Meinung und ich schreibe mit, bis meine Hand krampft. Zurück geht's zu meiner Arbeitsgruppe und wir haben ein paar Minuten Zeit, unsere Position zu definieren, bevor wir in den Ausschuss geschickt werden, um mit den Vertretern der anderen Parteien zu diskutieren. Nach 5 Minuten müssen wir ein Ergebnis haben - puuuh. Unmöglich ist das, wenn alle ihre Punkte durchsetzen wollen.
Plötzlich wird unsere Diskussion von einer Katastrophenmeldung unterbrochen: In einer fiktiven Stadt kam es zu einem Erdbeben, die Medien bringen uns arme Pseudopolitiker in Zugzwang. Auf einmal stehen wir vor Mikrophonen und Videowalljournalisten stellen uns Fragen. Wer kommt zuerst dran? Ich, natürlich. Dieser Druck! Ich fabriziere stringente heiße Luft, bis meine Zeit abrennt und ich wieder durchatmen und zurück in den Ausschuss darf. Weiter geht's in dieser Manier: schnell, zackig, mit viel zu wenig Zeit für Einzelheiten.


Im Plenarsaal: Ökoparteifraktion

Vertreter der Parteien werden um Stellungnahmen gebeten

Schlussendlich kommt es im Plenarsaal zu Stellungnahmen einzelner Repräsentanten (und sie haben das wirklich gut gemacht!) und anschließender Abstimmung. Alles vorbei? Nein: der Videowallministerrat stellt uns ein Bein und legt Veto ein. Zurück zum Start und Neuverhandlungen.
Nach zwei Stunden sind wir körperlich und geistig erschöpft, aber emotional aufgekratzt, wie dreizehnjährige Pubertierende: Die Zeit war viel zu kurz! Unser Thema wurde nicht ausreichend behandelt!

Wir bekommen eine kurze Pause, um wieder runter zu kommen, bevor wir uns abends zu einem gemeinsamen Essen versammeln. Zeit für die nächste typische Speise: moules frites: Muscheln in Sauce, dazu Pommes frites (ohne Pommes geht nämlich in Brüssel nix).


Vielleicht die besten Moules, die ich je hatte.

Auch dieser Abend klingt im Delirium aus und ich wage mich an Kreationen wie Apfelbier (≠ Cider) und Kirschbier und mehr traditionelle Biersorten, wie Leffe. Sehr gut. Der Spaziergang zurück tut gut.


Es folgt ein weiterer Halbtag im Parlament mit dem Besuch des Rats. Hier endet unser Programm. Ich nutze meine letzten paar freien Stunden noch für den Besuch des Magrittemuseums, dessen misslungenes Besucherleitsystem mich zuerst verärgert, weil ich fast eine Viertelstunde brauche, um den Eingang zur Ausstellung zu finden. Das Museum belohnt mich aber für meine Geduld: es lässt mich so richtig schön in die Welt der surrealen Malerei eintauchen und erleichtert meinen Geist kurzfristig um die Fähigkeit in Worten zu denken.

Schließlich nehme ich Abschied von Schwester und Stadt und falte mich in einen der engen Bussitze, in Vorfreude darauf, meine Beine in Wien wieder durchstrecken zu können.

Diese Reise war, zugegebenermaßen, einmalig. Ich hatte danach das Gefühl, unheimlich viel Neues gelernt zu haben, fühlte mich inspiriert und war wirklich traurig, dass unsere großartige Gruppe sich schon wieder auflösen musste, da ich mit vielen von ihnen sehr bereichernde persönliche Gespräche führen hatte können. Neue Freundschaften wurden geschlossen und zu manchen wird auch der Kontakt gewahrt bleiben.

Gedankt sei jedenfalls den lieben Mitreisenden für die vielen Fotos, denn ohne sie wäre ich fotolos wieder nach Hause gekommen und dieser Beitrag wäre weniger bunt.

Ja, und was kommt als Nächstes?

Je ne sais pas! Es wird sich etwas finden.



Saturday, October 13, 2012

If Austria were a cake...

... what would it taste like? And what would it look like?

The return of a friend and colleague of ours back to her homeland, little Liechtenstein, offered the perfect occasion to try our baking and decorating skills on an Austria-shaped cake.

For a more-dimensional effect we started by producing 3 layers of sponge, for two of which we added red food colouring to the batter. We piled the layers atop each other, held together by raspberry jam. The cross section now had the colours of the Austrian flag: red-white-red. Perfect.

Next, we used a sugary food pen to draw the outer borders - a tricky endeavour that made us realise how poor our geographical knowledge actually was: we had to modify and correct a few times. Getting the borders between the individual districts right was a bit easier - even though Styria ended up bigger and rounder than it actually is. Well...

Finally we used coloured icing and sugar pens for filling in the blanks, with a more meaningful touch on some districts than on others.

Et voilà, behold the product:

with the layering visible


Birds-eye view


Only one of many Kristy&Mo cake productions. It won't be the last either.

Tuesday, October 09, 2012

Emoticise me

Dieser Beitrag hätte schon etwa vor einem Jahr verfasst werden sollen, doch Freundin Faulheit und die üble Notwendigkeit, sich mit anderen Schriftstücken beschäftigen zu müssen, kamen dem in die Quere. Neu angestachelt, dieses schwelende Ärgernis endlich auf virtuelles Papier zu bringen wurde ich nicht zuletzt durch einen Profilartikel (in der Ausgabe vom So 7.10.), der neben der Überschwemmung von Facebook und anderen Bildumschlagplätzen durch emotional positiv behaftete Bilder wie Kätzchen, Sonnenuntergänge und ähnliches, auch die Inflation von gelben Grinsegesichtern in beinahe jeder versandten Nachricht bekrittelt. Die Bilder lass ich jetzt mal im Lager angelehnt, denn über zu viel Geknipse hab ich mich ja eh dort schon echauffiert. Aber zur Invasion der Smileys habe ich meinen Senf noch auf den großen Teller zu patzen.

Schon länger fällt auf, dass man kaum mehr eine informelle SMS oder eine Email findet, in der sich der Absender nicht bemüßigt fühlte, ein lachendes, zwinkerndes oder die Zunge rausstreckendes Smileygesicht einzufügen. Selbst Emails vom Chef enthalten diese Dinger zum Teil und verwirren mich immer, da das Genre nicht ganz stimmt. Gehen wir noch einen Schritt weiter zur virtuellen Kommunikation in Echtzeit, nämlich zu Skype oder ähnlichen Medien (man denke an die Zeiten von Windows Messenger oder ICQ), entkommt man den Emotica noch weniger. Zu allem Überfluss trifft man sie hier nicht mehr nur in der Doppelpunkt+(Bindestrich+)Klammer-Variante an, sondern es wird dem Benutzer dort schon seit Jahren eine unüberschaubare Fülle von gelben Grinsebällen angeboten, die sich wütend rot färben, Tränen vergießen oder sich ihre Stirnfransen aus dem Gesicht streichen (stets mein Favorit, da seine Unnötigkeit von beinahe keinem anderen Emoticon übertroffen werden kann). Diese verleiten sehr schnell dazu, Dinge nicht mehr auszusprechen, sondern gleich das entsprechende Emoticon zu suchen und anstelle von Worten einzufügen: schnell, effizient und oft ausdrucksstärker.

Anfangs ist es ja irgendwie witzig, die Dinger einzubauen, wenn sie emotional gerade passen, aber irgendwann erschlägt einen ein Textbeitrag durch seine kugelig-bunte Vielfalt. Die Zeilen rutschen aus Formatierungsgründen an unlogischen Stellen auseinander und der Text liest sich gleich einem Volksschullesebuch, wo unbekannte Wörter noch durch eine Zeichnung ersetzt waren.

Irgendwann beginnt es dann zu nerven. Kann man einander denn keinen durchläufigen Text mehr schicken, bei dem man nicht den Eindruck bekommt, dass der Verfasser innerhalb von 3 Sätzen fünfmal seine Mimik ändert? Ist es wirklich notwendig geworden, dass wir unser weit entferntes Gegenüber mit schemenhaften Skizzen unserer momentanen Laune behelligen müssen, bzw. ihnen dadurch versichern müssen, dass wir eh gut gelaunt sind? (Müssen wir gut gelaunt sein? Reicht neutral nicht eigentlich aus?)


na? nervt's?


 Offenbar lautet die Antwort darauf "ja". Man hat scheinbar Angst davor, dass das Gesagte beim Lesenden falsch ankommen könnte. Vielleicht klingt's böse, wenn ich das so kurz und knapp schreibe? Sicherheitshalber tu ich da ein Smiley dazu. Glaubt der jetzt, dass ich beleidigt bin? Ein zungezeigender Flummi hilft bei der Klärung. Versteht man meinen Sarkasmus? Ich schwäche alles potentiell Angriffige mit einem Zwinkersmiley ab.
Das geht in manchen Fällen so weit, dass man keine Sätze mehr findet, denen nicht irgendein emotionenanzeigendes Kürzel angehängt ist (und hier beziehe ich auch Dinge wie "lol", "rofl", "g", "lmao" etc. mit ein, denn die sind ja eigentlich nichts als die Verschriftlichung von Emoticons, wie sie von rebellierenden Smileydesafficionados bevorzugt werden).

Nett? Keineswegs. Damals, als ich mich probeweise auf einer Partnersuchplatform bewegte, musterte ich derartige Kandidaten sofort aus. Warum? Weil übertriebene Verwendung von Emotica ein Zeichen von Unsicherheit ist und dadurch der Text vermutlich sowieso verfälscht ist, fand ich, und mir außerdem - so ganz subjektiv - auf die Nerven geht. Ein oder zwei in einem Text sind ja akzeptabel, aber nach jedem Satz muss das echt nicht sein.
Nun ja, leicht erklärbar ist es dennoch: Wenn man sich schriftlich kennenlernt, fällt es dem Addressaten unter Umständen nicht unbedingt leicht, dem Humor des Schreibers zu folgen - Smileys wirken da als eine Art Legende, die anzeigen, wann etwas lustig ist und wann man es mit Ernst betrachten muss. (Die geschriebene Variante einer amerikanischen SitCom, sozusagen: Man bekommt nicht laut vorgelacht, sondern ein - mehr oder minder - dezenter Smiley symbolisiert: Achtung, das hier ist nicht todernst zu nehmen.) Hat durchaus irgendwie Berechtigung.

Und damit bin ich auch schon an dem Teil des Beitrags angekommen, wo ich mich selbst in die Mangel nehme: So sehr mich diese ganze Gelblacherei aufregt, merke ich immer wieder, dass ich selber nicht umhin komme, meine Handynachrichten damit zu versehen oder meinen Skypeaussagen damit eine klarere Richtung zu geben. Die Angst davor, falsch verstanden zu werden, oder zu ernst zu wirken, ist zu groß, als dass ich dieses Jucken in den Fingern ignorieren könnte. Ein Emoticon hilft oft tatsächlich, der Kommunikation die unbeabsichtigte Mehrdeutigkeit zu nehmen.
Bei Emails reiße ich mich immerhin mittlerweile meist so weit am Riemen, dass sie (beinahe) ohne Grinsegesichter auskommen, bzw. retuschiere ich nach dem ersten Entwurf meist gut die Hälfte der eingefügten wieder raus, um einer Überladung vorzubeugen und selbst bei SMS wird es schon besser, wobei auffällt, dass ich mich bei Leuten, die ich gar nicht oder bei jenen die ich sehr gut kenne, weitaus seltener genötigt fühle Verständnissmileys einzufügen, als bei Leuten, die ich mittelmäßig gut kenne und die sich noch eine profundere Meinung von mir bilden müssen.

Es ist also ein Dilemma. Die Sprachpuristin in mir schreit nach Abschaffung dieses Trends und einer Auslöschwelle der gelben Kreise, während der Teil in mir, dem die soziale, interpersonelle Komponente von Kommunikation am Herzen liegt, sich davon nicht recht zu lösen vermag, immerhin geht es bei Sprache ja darum, sich verständlich zu machen. Schade, aber, dass man das mit Worten alleine scheinbar nicht mehr recht vermag.


Saturday, September 29, 2012

Zeit zum Lesen

Herbstzeit.

Die Blätter drehen sich schon seit Ende August langsam zu Boden, wo sie liegenbleiben und die Fußtritte der Passanten dämpfen. Die Kastanien tun es ihnen gleich - wenn auch ein bisschen schneller. Allerlei Obst wird noch schnell in üppiger Fülle reif, bevor die Kälte kommt.

Diese schönste aller Jahreszeiten begann für mich mit der Pflichtlektüre unzähliger Bücher, die dazu führte, dass ich - des Lesens von Worten in egal welcher Sprache überdrüssig - mich einer anderen, haptischeren Form von Lese widmete.

Der großelterliche Weingarten rief auch heuer nach Erleichterung. Wegen des unbarmherzigen Frosts im Frühjahr nicht so schwer behangen wie im Vorjahr, hatten viele Stöcke es dennoch geschafft, sich wieder genug zu erholen, um einen brauchbaren Ertrag zu bringen.

Ich warf alle Bücher in eine gedankliche Ecke, schnappte meine Gummistiefel und ein Kopftuch und begab mich - optisch dem bäuerlichen Umfeld angepasst - dorthin, wo ich mich immer noch entspannen konnte: Aufs Land. In den Weingarten, der von meinem Großvater mit so viel Liebe in penibler Handarbeit betreut und gepflegt wird, dass ich immer ein bisschen von Ehrfurcht und Scham ergriffen werde. Alles weiß er über seine Reben und teilt dieses Wissen auch sehr gerne (wenn ich es mir nur merken würde!). Monsieur Duflot im Film A good Year erinnert mich an ihn.

Beim Lesen, jedenfalls, geht es immer lustig zu. Geschichten und Klatsch und Tratsch werden traditionell ausgetauscht und man kommt endlich mal dazu, sich mit Leuten, die man sonst wenig sieht, ausführlich zu unterhalten. Aus diesem Grund versuche ich seit letztem Jahr immer ein paar lesefreudige Freunde zu rekrutieren - eigentlich immer halbwegs mit Erfolg - denn so macht's mir noch mehr Spaß und außerdem ist nur geteilte Freude echte Freude!

Wer lesen will muss schon zeitig raus aus dem warmen Bett und in den Weingarten und oft knabbert die Kälte an den Fingerspitzen und den Zehen, doch wenn das Wetter so geneigt ist wie heuer, dann streichelt einen die Sonne schon nach den ersten beiden Stunden und es wird traumhaft warm. In diesen Momenten kann ich mir kaum etwas Schöneres vorstellen als draußen an der frischen Luft zu sein, umgeben nur vom Rauschen des Weinlaubs im Wind, den Stimmen geliebter Mitmenschen und ganz viel Ruhe. Hin und wieder kennzeichnet das Tönen der Kirchenglocken eine volle Stunde. Ansonsten hilft der Sonnenstand zur Zeitschätzung. Aber das ist irgendwie so nebensächlich und belanglos und genau das macht das Erlebnis so wertvoll.
Man bewegt sich einfach immer weiter und schneidet die vollen Trauben ab. Einfach. Meditativ.

Irgendwann kommt dann der Hunger und die liebe Oma zaubert aus dem Auto heraus einen Tisch, ein paar Sessel und einen Korb voller Delikatessen. Da darf man dann Platz nehmen. Wer will, sucht sich vorher im Weingarten noch ein paar schöne Trauben, Pfirsiche, Paradeiser oder Karotten und dann wird erst mal kräftig gejausnet: mit kaltem Schweinsbraten und Senf, Eiern, Fischaufstrich und Brot. Unabhängig von den Speisen gibt es für mich kein besseres Essen als eine ordentliche Ackerjause (da kann nur eine Wanderjause konkurrieren), die man sich erarbeitet hat. Dazu gehört natürlich ein Spritzer: eine Erinnerung an die letzte Weinlese und gleichzeitig ein Vorgeschmack auf das Produkt, wofür man gerade Vorarbeit leistet.

Ach, ewig könnte ich weiterphilosophieren. Doch irgendwann muss man sich auch von dieser Rast wieder erheben und das begonnene Werk zu einem Ende bringen: Gelesen wird, bis der Wagen voll ist. Dann geht's zurück.

Kleine Lese. Der regulär verwendete Wagen ist um einiges größer.

Fleißige Helferlein werden von der lieben Oma noch mit Naturalien (Weintrauben in unbewältigbaren Mengen, Pfirsichen und natürlich einer Flasche Wein) versorgt, während die Männer sich bereits an die Weiterverarbeitung der Trauben, nämlich das Pressen, machen. Hat man ein bisschen Zeit, darf man den frisch gepressten Traubensaft gleich probieren: eine süße, klebrige Geschmacksbombe.

Trauben halbgepresst: Most lässt sich schon abschöpfen
Angenehm müde fällt man schließlich frühabends ins Bett und holt sich erquickenden Schlaf, bevor man am nächsten Morgen wieder vor der Sonne sich erhebt. Und wenn dann nach einer Woche aller Traubensaft in den Fässern zu gären und stürmen beginnt und das Wetter draußen beginnt, es ihm gleich zu tun, dann schaue ich mir zum Abschluss zufrieden A good Year an und freue mich schon auf die nächste Lese vor.

Tuesday, August 14, 2012

Beautiful Water

Das war also Irland.

Ich tu mir gerade ein bisschen schwer mit der Berichterstattung, aber ich werde sie dennoch nicht unversucht lassen.

Sleahead auf Dingle, wenn mich nicht alles täuscht.


Meiner Meinung nach ist Irland ein schönes Land. Es hat viele, echt schöne Nationalparks, durch die man mit Sicherheit großartigst wandern und zelten kann. Es dürfte auch ein Land voller wirklich gemütlicher, netter, lustiger Menschen sein, mit denen man vermutlich großartig tratschen kann und die einen gerne mit allerhand (mehr oder minder verständlichen) Geschichten bei Laune halten.

Irland ist auf jeden Fall ein Land des Wassers: Regen und Nebel, das Meer und Uisge Beatha (bekannter als Whiskey - oder Whisky, wenn man Schotte ist). Von allen bekamen wir ausreichend ab.

Dass das Wetter in Irland nicht brav und zahm ist, wie man es von manchen anderen Ländern wohl erwarten kann, war klar: Meiner recht jungen Erfahrung nach, hüllt sich vor allem die Westküste gerne in mysteriösen Nebel, besonders morgens, und lichtet diesen nur ganz gering und für Sekunden, sodass man sich vorstellen kann, was man sehen könnte, wenn man etwas sähe. Kann atmosphärisch irgendwie auch was. Man benötigt eben Zeit und Geduld, wenn man auf Ausblick aus ist.
Sonne hatten wir dennoch genügend: die kam pünktlich am mittleren Nachmittag, wenn wir schon am Weg zurück waren, und tauchte die Landschaft nicht selten in wahrhaftig zauberhaftes Licht.

Wir kurvten viel herum, was an der Beschaffenheit der Straßen liegt, und ich lernte, die Geschwindigkeitstafeln großteils zu ignorieren. Diese in ihrer Maximalerlaubnis zu befolgen hätte wohl früher oder später zum unfreiwilligen Suizid geführt: Gerade, breite Straßen sind zumeist mit maximal 50km/h zu befahren, während kurvige, enge Straßen mit schrecklichen Sichtverhältnissen gerne mit einem 80er oder 100er Schild markiert werden - vorzugsweise vor einem Kreisverkehr, einer scharfen Kurve oder eine Geschwindigkeitsschwelle. Wer dafür verantwortlich ist, ist eindeutig im falschen Ressort.

Zurück zum Wasser. Der Regen war meist nicht schlimm, denn er war meist nicht stark und meistens schnell wieder vorbei. Außerdem gibt es offenbar in Irland sowieso keinen Regen. 'That's only fog.', erklärte uns die Frau, die uns an den Cliffs of Moher Geld für's Parken abnahm. Von Nebel werde ich normalerweise nicht so durchweicht, aber bitte.




Die Klippen gaben sich tatsächlich klassisch nebelig, doch wir bekamen dennoch genug zu sehen. (Persönlich gefällt mir mitteldichter Nebel sowieso besser, als wenn alles klar und offen da liegt.)
Weit weniger hübsch fand ich 'Ireland's most famous view.' irgendwo entlang dem Ring of Kerry. Dort war der Nebel nämlich so dicht, dass man gerade mal das Schild mit jener Aufschrift ausmachen konnte, allerdings keinerlei Landschaft.
Gut, so sei es. Wie gesagt, man bräuchte Zeit und Geduld.


Killarney National Park

Andere genannte Wässer sind salziger und fallen nicht vom Himmel. Als Insel ist Irland - überraschenderweise - von Meer umgeben und, wenn diese nicht gerade in steilen Klippen dorthin abfällt, dann findet man auch den einen oder anderen Sandstrand (wenn man ihn sieht). Inch Beach (Dingle Peninsula) ist besonders schön und macht seinem Namen überhaupt keine Ehre, denn er ist riesig und so breit, dass Autos darauf in Reihen parken. Leider hatten wir da unsere Bikinis nicht dabei und es musste reichen, dass die Füße mit dem Atlantik in Kontakt kamen.
Ein bisschen besser sah es an der Südküste aus. In Dungarvan bei Waterford fanden wir einen noch breiteren, größeren Strand vor und beschlossen, dass es endlich an der Zeit sei, die Bikinis auch zu verwenden. Wir marschierten einen guten Kilometer, bis uns das Wasser endlich bis über die Knie ging. Es war überraschend warm und angenehm, nur eben leider nicht tief genug um zu schwimmen. Also setzten wir uns kurz in den Sand - der Illusion wegen, bevor wir wieder zurück zum Auto wanderten und schon mal vortrockneten.

Und zu allerletzt das Schärfste aller Wässer*: Whiskey.
Ich finde, man kann nicht nach Irland fahren ohne Whiskey, Guinness, Cider oder mehrere von diesen zu trinken. Ich wollte deshalb auch unbedingt in eine Destillerie, denn derartiges fasziniert mich. Etwas unvorteilhaft war die Tatsache, dass ich, als (vermeintlich) einzige in der Gruppe Whiskey mag und aber gleichzeitig diejenige war, die das Auto lenken musste. Dieses Faktum sollte aber - wie so oft - niemanden behindern und wir begaben uns auf eine Tour durch die Jameson Distillery in Old Midleton. Die wohl hyperaktivste Führerin Irlands erklärte uns auf Englisch (und in lustig klingendem Französisch) allerlei Dinge und hatte dabei so viel Spaß, dass wir ihre Nüchternheit anzuzweifeln begannen.
Am Ende gab es einen drink (Whiskey pur, gemischt oder etwas Alkoholfreies) für alle. Außerdem wurden 8 freiwillige Whiskeytester gesucht. Nach anfänglichem Zögern (des Autofahrens wegen) konnte ich der Versuchung nicht widerstehen und meldete mich.
Es war großartig! Wir wurden an einen Tisch gesetzt, wo bereits 3 Stamperl Whiskey bereitgestellt waren (Scotch, Jameson's und American Whiskey) und wurden angehalten, die Unterschiede rauszufiltern. Ich schaffte es tatsächlich, die beworbene Vanillenote herauszuriechen. Das rauchig-torfige Element des Scotch Whisky war weitaus aufdringlicher, doch auch der war gut, auf seine Art. Unbetrunken und mit einem Liter Goldwasser im Gepäck ging's nach diesem Erlebnis problemlos und unfallfrei weiter.




*Für diejenigen, die's nicht wissen: 'schönes Wasser' ist die Übersetzung des irischen Wortes, das später zu Whiskey kontrahiert/anglisiert wurde.

 
Vieles ist hier nun untergegangen, wie die Tatsache, dass der Rock of Cashel absolut überbewertet ist und der eher unbekannte Reginald's Tower in Waterford weitaus mehr hergibt. Oder die interessante Erkenntnis, dass das Küssen des Blarney Stone einem keine Redefertigkeit verleiht, sondern einem eher die Fähigkeit nimmt, Sätze kohärent und mit richtiger Syntaktik zu formulieren, so dass man tagelang nur mehr gibberish produzieren kann - auch ohne Zutun von Freund Alkohol. Man kann allerdings nicht alles ewig ausführen, darum schweige ich. Die meisten wissen das Meiste über Irland sowieso. Zumindest die Dinge, die man als Tourist wissen muss. Mehr kann ich nicht sagen, leider.



Saturday, August 04, 2012

Severe bending on the wrong side of the road

Man ist in Irland. (Man ist ja immer irgendwo, sagen die Leute, und diesmal ist man eben auf der keltischen Insel). Man, das sind 3 Maedels mit dem Namen Kat(h)i und ich.

Der Plan:
Ein Auto gemietet und einmal gegen den Uhrzeigersinn um die Insel - also den suedlichen Teil.
Hier sind wir also nun (in Galway).


Was bisher geschah:

Im Flugzeug befand sich ausser vielen anderen Leuten auch eine proletige Polterabendmännergruppe mit Lederhosen, die Alkoholdunst verstroemten und deren Augen sich zunehmend roeteten. Übergeben hat sich niemand und auch sonst war alles gut und nicht weiter erwaehnenswert. Die Landung war sanft.

Dann das Auto: Nach vielen nervigen Fragen  (von unserer Seite) und vielen geduldigen Antworten, vielen Rücksprachen und Überlegungen bekommen wir endlich einen Autoschlüssel in die Hand gedrückt und man nimmt uns noch einiges an Geld ab (für den vollen Tank, eine Versicherung und dafür, dass ich, als Kreditkarteninhaberin [und damit Zwangsfahrerin], trotz meinem zarten Alter von unter 25 fahren darf.
Durchatmen, Koffer schnappen, weiter.
Man weist uns an, an der Auflesestelle der diversen Shuttlebusse in den entsprechenden Bus der Firma zu steigen, der bei unserer Ankunft natürlich gerade losfaehrt. Also warten wir eine halbe Stunde (haben ja erst 2 Stunden mit den Mietautoverhandlungen zugebracht und daher endlos Zeit). Irgendwann kommt dieser Bus zurück und fährt uns zu einem Parkplatz, wo die Mietautos aufgereiht stehen. Man will uns einen Opel Corsa in einer hier hoechst beliebten und generell äusserst unansprechenden Farbe geben (ich nenne diese Urinmetallissee, denn so sieht es aus: ein verwaschenes, metallenes Goldgelb - wie es sonst hoechstens von alten Männern mit Hut gefahren wird). Übervorsichtig, wie wir sind, testen wir alles durch: alle Kratzer werden dokumentiert, die Lichter getestet, die Scheibenwischer betätigt. Dabei stellt sich heraus, dass das hintere Bremslicht nicht geht. Wir reklamieren.
Der Mann (alle drei, doch sie sehen genau gleich aus, drum nenne ich sie einfach kollektiv 'der Mann') bietet uns an, uns ein neues Auto zu verschaffen. Wir stimmen dem zu und warten wieder eine halbe Stunde, bis das neue Auto (diesmal in angenehmerem Silber) herbeigefahren wird und wir einen neuen Vertrag samt neuem Schlüssel bekommen. Gut. Natürlich testen wir auch dieses Auto durch und ich werde von den Mechanikern ausgelacht, als ich auch die Scheibenwischer betätige. Alles ist in Ordnung, ich setze mich hinters Steuer, lasse den Motor aufheulen und fahre los.

Links zu fahren ist nicht schwer, vielmehr kämpfe ich mit den Pedalen, da meine Bergschuhe mir jegliches Gefühl dafür nehmen. Da die einzig mitgebrachten Alternativen Flipflops oder High Heels sind, bleibe ich dennoch dabei und folge der irrefuehrenden Stimme des Navi, die wir schliesslich zum Schweigen bringen, da sie uns mit Vorliebe im Kreis schickt. Aber wozu hat man denn 3 kompetente Mitfahrerinnen, die man als Augen, Ohren und Planleserinnen engagieren kann? Viribus Unitis kommen wir ans Ziel und parken bei unserem Hostel in Drogheda.

In Drogheda fuehrt uns der erste Weg in ein Einkaufszentrum, damit ich mir Schuhe kaufen kann. Naemlich solche, mit denen man ein Auto fahren kann, ohne, dass man haengen bleibt oder gefühllos die Pedale durchlatscht. Ist wichtig.
Dann machen wir uns auf die Suche nach Nahrung. Die Iren, stellen wir dabei fest, sind ein sehr aufmerksames Volk. Sie können nämlich Gedanken lesen. Als wir die Hauptstrasse entlangspazieren, spricht uns sofort eine Irin an: "You gals lookin' for a place to eat?" Wir bejahen und sie empfiehlt uns sofort drei verschiedene Restaurants, die alle really cheap und really nice sind.

In dem italienischen Restaurant, das wir aufgrund der Naehe und des untolerierbaren Hungers wählen, lernen wir gleich einmal eine bittere Lektion: Essen in Irland und cheap sind zwei unvereinbare Konzepte. Geschmeckt hat's dennoch.

Dieses war der erste Tag.

Eine Nacht auf den einbruchsgefährdeten und gut gefederten Hostelbetten später, setzten wir uns heute wieder ins Auto und begannen einen Tag der wilden Sehenswürdigkeitenjagd: Das Hügelgrab von Newgrange mit seiner absolut sehenswerten und wunderbar aufbereiteten Ausstellung, die Austragunsstätte des Battle of Boyne, die Kirche und die keltischen Kreuze in Kells wurden eingehend besichtigt und ich bekam ausreichend Möglichkeiten, mich mit dem Auto besser vertraut zu machen und das Parken neu zu erlernen. (Mit den richtigen Einweiserinnen alles kein Problem).

Die Klosteranlage von Clonmacnoise mussten wir leider auslassen, da unser Programm zu dicht war und wir auf den Strassen nur langsam vorankamen. Die sind nämlich äusserst schmal und ungefähr so gewunden und geschlungen, wie keltische Knoten (Das Rätsel um die Bedeutung dieser Muster ist damit gelöst: es sind alte Strassenkarten). Alle paar Meter steht ein Schild, das einen severe bend, oder zumindest eine andere Kurve anzeigt, sodass man sowieso nicht schneller fahren kann als 70km/h. (Es käme Irland vermutlich günstiger, wenn sie nicht die Kurven, sondern die geraden Strecken als solche deklarieren würden).

Für's Nachtleben von Galway sind wir heute leider nicht mehr fit genug, aber da Montag ein nationaler Feiertag ist, lässt sich das problemlos auf morgen verschieben. Unsere einzige Hoffnung für heute ist, dass die Betten bequem und die Duschen sauber sind.

Oh, und weil es die Menschen immer wieder interessiert: das Wetter ist eine Jukebox mit Shufflefunktion: man kriegt im Halbstundentakt die gesamte Bandbreite ab: Regen, Sonne, Kälte, Wind, Hitze - für jeden ist da was dabei.

Sunday, July 22, 2012

'It's probing time!'

Wer jetzt an den Film 'Paul' denkt, wasche sich die damit verbundenen Bilder aus dem Hirn, es geht nämlich um etwas ganz anderes.

Nach einem zweitägigen road trip quer durch la France, stehe ich seit 4 Tagen stundenlang auf einem gigantischen Feld unweit von Bordeaux und zähle. Die korrekte numerische Succession habe ich nämlich schon vor ein paar Jahren gelernt, als ich auf Maisfeldern die Stückzahl der aufgegangenen Pflanzen bestimmen musste. Diese Qualifikation macht sich gut im Lebenslauf und man traut mir daher zu, auch Hammerschläge quantitativ zu erfassen, was bei einer Feldsondierung vonnöten ist.
Ein 15kg schwerer Hammer fährt kompressorgetrieben an der Spitze einer Metallstange auf und ab und schlägt diese in den Boden. Bei Bedarf kann sie verlängert werden, auf dass sie sich noch tiefer bohre. Aus der Zahl der gezählten Schläge pro 10cm lässt sich schließlich die Bodenqualität erschließen. Dieser Vorgang muss alle 100m durchgeführt werden. Soviel zu den Fakten.

Wenn das Feld sich auf einer Fläche von 250 Hektar erstreckt heißt das, dass man wohl eine Weile beschäftigt sein wird. Man lernt dabei übrigens wunderbar, sich geographisch zu orientieren: immerhin will man ja nicht in Arabesken herumirren, sondern bustrophedon seine Linien ziehen. Wie gerade diese Linien sind, wird am Abend mithilfe der eingeholten GPS-Werte überprüft. Mittlerweile gelingt es mir erstaunlich gut, ein ordentliches Raster zu gehen. Weiters habe ich schon das Gefühl, dass meine schwache Armmuskulatur durch das ständige Heben des Hammers und aus dem Boden Hebeln der Stange einen Zuwachs erfahren hat - was durchaus nicht schlecht ist. Ja und einen ordentlichen Sonnenbrand habe ich ebenso abgestaubt - im wörtlichen Sinne. Der Staub hat ihn nämlich böserweise vor mir geheimgehalten und erst die spätnachmittägliche Dusche hat mir meine gerötete Haut offenbart. Jetzt schmier ich mich ganz brav alle zwei Stunden ein, obwohl der hauptsächliche Effekt dann der ist, dass ich den ganzen Dreck so auf meinen Armen umverteile, dass ich aussehe, als hätte ich für einen Actionfilm zu viel Zeit in der Maske verbracht.

...34....35.....36.....37.....38.

Trotz der Monotonie dieser Arbeit, vergeht der Tag schnell und langweilig wird mir nicht. Die Zählerei hat vielmehr etwas Meditatives.

Ja und was geschieht sonst? Neben der anstrengenden Feldarbeit, freue ich mich hauptsächlich darüber, in Frankreich zu sein. Ich kann zwar die Sprache nicht, stelle aber fest, dass die Franzosen überaus freundlich sind, wenn man ihnen das auf Französisch zu verstehen gibt. Sie können zwar oft dann trotzdem kein Englisch oder fühlen sich damit äußerst unwohl, aber sie sprechen zumindest so langsam Französisch, dass ich den Inhalt auch mitbekomme.
Meine eigene sprachliche Unzulänglichkeit liegt mir höchst schwer im Magen und so bemühe ich mich, täglich ein bisschen dazuzulernen und habe auch keine Scheu, das frisch Gelernte sofort auszuprobieren. So kam mein persönlicher glory moment der Woche gestern, als mich das Verlangen nach Bespaßung ins nächstgelegene Kino trieb. Es entsponn sich an der Kasse ein voller Dialog, der wohl eine gute Minute dauerte und mir alle Informationen lieferte, die ich benötigte. Und Studentenrabatt obendrauf. Voll Freude und beschwingten Schrittes betrat ich den (einzigen) Kinosaal und ließ mich in schottischem Wortlaut beschallen.

Damit ich auch auf meine Kosten komme, was die landschaftlichen Reize der Aquitaine angeht, habe ich den heutigen Sonntag genutzt, um ans Meer zu fahren. Es gibt hier nämlich, nicht allzu ferne von Bordeaux, la dune du Pyla - die höchste Düne der Welt. Bar jeglicher besserer Ideen, steuerte ich das Monstervehikel dorthin und konnte aufgrund der frühen Stunde auch ungestört und ohne Probleme einparken. (Das Ausparken gestaltete sich etwas schwieriger.)


Die Düne ist über 100m hoch und wandert im Jahr 1-5m vom Meer weg. Damit die armen Touristen auch raufkommen, hat man für sie eine Plastiktreppe installiert. (Hinunter läuft man am besten in großen Schritten über die Flanke - je steiler, desto lustiger!)





Durch ihre Wanderung 'frisst' die Düne Jahr für Jahr ein Stück Wald.

In diesem Wald wächst auch der ERDBEERBAUM (Philo- und Biologen unter dem Namen arbutus bekannt)

Ich blieb so lange lesend auf der Düne sitzen, bis die Hitze und der Lärm der etwa 100 kleinen Yachten vor der Küste unerträglich wurden und machte mich danach - mit ein paar Abstechern in hübsche kleine Dörfer - auf den Rückweg.

Mein Ausflug lässt mich müde zurück und ich werde nun Kräfte sammeln für die nächsten 3 anstrengenden Tage. Immerhin stehen wir auf dem Feld ehe der Hahn auf dem benachbarten Bauernhof sein raues Lied zum Besten gibt!



Saturday, June 23, 2012

Ladakh: Reflexionen und das liebe Kind

In meine Heimat wiedergekehrt, in der es um nichts kühler war als in Delhi, habe ich mit Erschrecken festgestellt, wie schnell man wieder in die bereits bequem ausgelegene Mulde seines gewohnten Lebens fällt. All die guten Vorsätze - täglich Yoga zu machen und zu meditieren, dem Handy abzuschwören etc. - die in Ladakh noch so stark und unerschütterlich dastanden, verblassen neben dem sensorischen Überangebot, dem mein Körper und mein Geist auf einmal wieder ausgesetzt sind. Seither arbeite ich täglich am Aufbau einer neuen Selbstdisziplin: manchmal gelingt es mir, zeitig aufzustehen, meinen Körper aus dem Bett zu treten und gleich mal beinhart durchzudehnen. Viel öfter jedoch gelingt es mir nicht: erschütternd.


Was bleibt jedoch von meinem - im Nachhinein betrachtet - viel zu kurzen Ausflug in die Höhen des Himalaya?

Es bleiben viele Denkanstöße und ein Gewissen, das nun erneut geschärft ist für unser ungeniertes Luxusverhalten in diesem Teil der Welt und damit einhergehende Scham und der starke Wille, bewusster zu leben und mehr echten Luxus zu suchen (i.e. Zeit, sinnvolle Tätigkeiten) anstatt mich an Luxussubstituten scheinbar zu ergötzen.

Es bleibt eine gewisse Affinität zum Buddhismus und zur Meditation, die einem immer wieder die richtige Perspektive zu verschaffen mögen, wenn man sich die Zeit nimmt und sich darauf einlässt. In stressigen Situationen beginne ich nach wie vor ganz von selbst das Om Ma Ni Padme Hum zu summen und werde dadurch tatsächlich sofort ruhig und gelassen.

Om Ma Ni Padme Hum zum Anhören

Vor allem jedoch bleibt mir die Verbindung zum Mahabodhi Zentrum (klick). Vor meiner Abreise nämlich beschloss ich, diese Bande zu verstärken und mich auch in Abwesenheit weiter zu beteiligen. Ich hatte in vielen Gesprächen mit den Mönchen erfahren, dass dem Centre im Vorjahr eine Hundertschaft an westlichen Sponsoren (die einzelnen Kindern den Schulbesuch ermöglichen) weggebrochen ist. Da ich nun 1.) die Kinder kenne und, 2.) weiß, wie Dinge im Mahabodhi Centre gehandhabt werden und dass das Geld auch genau dort ankommt, wo ich es haben will, erschien es mir eine gute Idee, Patin zu werden.

Dieser Wunsch entstand ursprünglich, als ich mit den Schülerinnen über ihre Wünsche und Ziele plauderte und die Standartanwort war: "If I had enough money I would visit my sponsor. I hope I can do that one day..." Ich gewann aus vielen Gesprächen den Eindruck, dass die Kinder zu ihren Sponsoren ein recht inniges Verhältnis haben, dass diese Sponsoren nicht nur anonyme Geldgeber in fernen Landen sind, sondern dass sie für die Kinder tatsächlich so etwas wie Paten und Lebensbegleiter sind. Ladul, eine der älteren Schülerinnen, ging sogar so weit, zu sagen: "I feel I have two mothers: My real mother, whom I love with all my heart, but who cannot give me that much, and my other mother, my sponsor, who I can talk to about all my problems and who helps me and guides me." Das hat mich ziemlich überrascht und zugleich tief berührt und so schnell war der Wunsch geboren, ebensoeine Bezugsperson für eines der Mädchen zu werden.

Kaum war der Entschluss gefasst, waren die Formalitäten schnell erledigt. Die Wahl eines Mädchens fiel mir nicht leicht, doch schließlich hatte ich ein Patenkind ausgesucht, für dessen Schulbesuch und Lebenskosten ich nun aufkomme: Stanzin Angmo, ein neunjähriges Mädel, das ich im Mahabodhi Girls' Hostel täglich gesehen habe.


Ich hatte Glück, denn Stanzin Angmo war zwar, wie die meisten Mädels, an meinem Abschiedswochenende auf Heimatbesuch, doch an meinem allerletzten Abend kam sie samt Onkel und Mutter extra vorbei, sodass wir nochmal plaudern konnten. Die Familie war herzallerliebst, hat sich viel zu oft bedankt und wollte mich unbedingt noch zu sich nach Hause einladen. Wie gerne hätte ich das Angebot angenommen! Leider ging mein Rückflug am nächsten Tag schon so frühmorgens, dass es sich beim besten Willen nicht ausgegangen wäre. (Und die beiden Mönche Bhante Jinananda und Bhante Nagasena hatten eigens für mich ein großartiges Abschiedsabendsmahl organisiert, dem ich freilich nicht fernbleiben konnte.)
Jedenfalls bin ich überglücklich mit meiner Entscheidung und freue mich schon auf den ersten Brief und viele weitere, die dann folgen werden. Ich bin höchst gespannt, wie diese Freundschaft sich über die Jahre hin entwickeln wird!

Das ist es, was ich vorwiegend mitnehme und ein Stapel selbstgebastelter Karten der Kinder wird mich immer an die schöne Zeit erinnern; Eine Zeit, in der das Miteinander und das Füreinander die wichtigsten Handlungsmotive waren, die von Spiritualität durchtränkt war, in der ich den Egoismus bis an die Grenzen zurücksteckte, weil es viel schöner war, anderen etwas zu geben oder zu zeigen, in der Luxusgüter und Materialismus aufhörten, begehrenswert zu sein und das pure Leben in den Vordergrund trat. An diese Zeit werde ich immer wieder gerne denken und von all dem Gelernten zehren und wenn ich das Gefühl haben sollte, dass meine imaginären Kamelshöcker leergezehrt sind und eine neuerliche Dosis von all dem brauchen, dann fahr ich einfach wieder hin. Immerhin gibt es genügend Menschen dort, die sich über Besuch freuen würden. Und eine ganz besonders.

Ein Blick zurück und auf in den Sonnenuntergang die Zukunft

Tuesday, June 19, 2012

Dust in Delhi

Von Leh auf Delhi ist ein harter Schnitt. Selbst wenn man bereits um 8 Uhr früh landet, hat es dort schon Temperaturen wie in einem gerade abgeschaltenen Backrohr. Was außerdem auffällt: Menschen, Menschen, Menschen. Der Verkehr in Leh ist ein Witz dagegen, was sich auf der Autobahn hier abspielt: Taxis und Tuktuks, die sich aneinander vorbeidrängen, und Fahrräder, die auf der 3-spurigen Fahrbahn entgegen dem Strom fahren. So zählflüssig, wie hier der Verkehr ist, ist das Chaos aber auch verschmerzbar. Kühe hab ich immerhin keine gesehen.

Da ich noch kein Hotel hatte, war ich anfangs ein ganz kleines bisschen unentspannt, doch es gab bereits Pläne A und B. (B hätte Couchsurfing impliziert, doch da Plan A aufging, war es nicht nötig, dass ich mich nach einem freien Sofa umsah.) Plan A sollte ich im Taxi zum Flughafen von Leh treffen. Den Weg dorthin trat nämlich außer mir auch ein junges, kroato-französisches Pärchen an und wir kamen ins Reden. Als ich ihnen von meinem Schlafplatzmangel erzählte, schlugen sie vor, dass ich ja mit ihnen in die Stadt fahren könne und sehen, ob in ihrem Hotel noch ein Zimmer frei sei. Klang gut und machte ich. Zimmer war zwar keines mehr frei, aber Darja fragte sofort, ob man nicht ihr Zimmer um noch ein Bett bereichern könne - sei ja nur für eine Nacht.
So fand ich mich mit den beiden in einem Zimmer und hatte noch dazu den Vorteil, dass ich mich der Stadt nicht alleine zu stellen brauchte.

Unser erster Weg führte uns an einer stark befahrenen (und staubigen) Straße entlang nach Neu Delhi, wo wir feststellten, dass das "Zentrum" eine riesige staubige Baustelle ist. Mit einem Park in der Mitte. Dort flohen wir gleich mal vor der sengenden Mittagssonne ins Kino, um uns dort einen Bollywoodfilm anzusehen, der sich als Politthriller entpuppte. Die Tatsache, dass der Film auf Hindi war, machte ihn nicht unbedingt leichter verständlich, doch zumindest hatte es im Kinosaal kühle 27°C.

Als wir wieder ans Tageslicht traten, war es immer noch unglaublich heiß, doch wir wollten uns nicht unterkriegen lassen. Mit pro Person ca. 3 Litern Wasser im Gepäck traten wir den Weg nach Altdelhi an, um dort 1-2 Sehenswürdigkeiten näher zu beäugen. Die Tucktuck- und Rikshafahrer, die sich uns alle halben Minuten aufdrängen wollten, enttäuschten wir durch unser Durchhaltevermögen und marschierten zu Fuß die staubigen Straßen entlang, auf der Suche nach Jama Masjid, der größten Moschee Indiens.

Die Moschee in ihrer ganzen Pracht

Leute beim Herumlungern und/oder Beten

Die Leute in Delhi kann man grob in 2 Gruppen teilen: diejenigen, die einem irgendetwas aufdrängen wollen - sei es ein ungewolltes Taxiservice, sei es ein Hennatattoo, sei es wieder mal ein Pashminaschal, mit dem man sich in der Hitze wohl nur den Schweiß abwischen könnte - und diejenigen, die einem ohne eigene Interessen einfach nur weiterhelfen wollen, oder ein bisschen plaudern. Es ist eine faszinierende Stadt.

Zurück zur Moschee: Wir blechten 300 Rupien, nur um in mantelschürzenartige Bekleidung gehüllt zu werden. Den Beweggrund dahinter hab ich nicht ganz verstanden, da Darja und ich beide lange Hosen anhatten und sowohl Schultern als auch Kopf bedeckt waren. Inderinnen mit kurzen Ärmeln schienen außerdem auch kein Problem zu sein. Vermutlich machte man sich einfach über uns lustig.

sexiest outfit of all times
Diese bunten, flatternden Gewänder führten jedoch dazu, dass wir, wie Pfauen, die Aufmerksamkeit aller anderen Moscheebesucher auf uns zogen, die sich dann einbildeten, ein Foto von und mit uns machen zu müssen. Das taten sie auch ganz ungeniert: Als ich gerade selbst ein Foto vom schönen Innenhof der Moschee machen wollte, trat auf einmal ein Typ ins Bild, seine Handykamera auf mich gerichtet. Ich ersuchte ihn, doch bitte zur Seite zu treten, sodass ich ein Foto machen könne, doch das tat er nicht. Er stellte lieber ganz ungeniert scharf und drückte ab. Ich hab ihn mit meinen Augen getötet.

Andere waren wenigstens so höflich vorher zu fragen und sich danach zu bedanken, aber nichts desto weniger haben wir schnell die Flucht ergriffen.

Der Abend war weitaus angenehmer, denn er führte uns durch den Gemüsemarkt, der sich in mehreren kleinen Gassen rund um unser Hotel wand. Dort wurden Jackfruits aufgeschnitten und Gewürze auf Bestellung gemixt. Da schlug ich dann auch diverse Ängste und Warnungen in den Wind und kostete mich ganz unvorsichtig durch die allenorts angebotenen Warenproben: Cashews, Zuckerrohr, Kekse. Hat mir nicht geschadet.


Masalamix nach Wahl

Yogaposition: schlafender Hund, der nach unten blickt

Die Hitze machte uns am nächsten Tag so sehr zu schaffen, dass wir ihn vorwiegend mit schlafen zubrachten. Außerdem trocknen die Augen in Delhi so extrem aus, dass man zu zweifeln beginnt, ob man denn noch überhaupt Tränenflüssigkeit übrig hat.
Ich habe festgestellt, dass es allzu viel Sehenswertes in Delhi eh nicht gibt. Vermutlich ergreifen die meisten Touristen drum auch gleich die Flucht und fahren zum Taj Mahal.
Falls ich mich täusche und es in Delhi doch irgendwo versteckte Juwelen gibt, kann man sich die zu einer anderen Jahreszeit bestimmt besser ansehen. Wenn der Monsun ein bisschen eine Erleichterung gebracht hat.