Saturday, May 28, 2022

Il Cammino di Dante - Zusammenfassung und Tipps

In diesem Beitrag möchte ich ein paar Beobachtungen und Tipps zusammenfassen für diejenigen, die über diesen Blog gestolpert sind und selbst überlegen, den Danteweg zu gehen.

Level / Schwierigkeit
Der Cammino di Dante ist kein einfacher Weg. Wer keine Erfahrung mit Weitwandern hat, keine Erfahrung mit Höhenmetern, keine Erfahrung mit einem großen Rucksack, und keine Erfahrung mit der Kombination dieser drei Elemente sollte den Danteweg nicht gehen, sondern vorher diese Erfahrungen auf anderen Wegen sammeln, oder sich für eine kleine Teilstrecke entscheiden.
Es reicht nicht gewohnt zu sein, jeden Tag 5 km zu Fuß zu gehen. Das ist kein Training für einen Wanderweg dieser Art.
Beim Weitwandern zeigen sich die Schwachstellen des Körpers, die sich im Alltag nicht präsentieren und dieser Weg ist nochmal eine Stufe darüber. Man braucht nicht nur starke Beine und ordentliche Ausdauer, sondern v.a. auch einen guten Stützapparat und eine starke Rumpfmuskulatur, die alles zusammenhält und eine volle Übertragung der Kräfte und Gewichte auf die Gelenke verhindert.
Also: definitiv nichts für Einsteiger.

Ich würde auch davon abraten, sich an meinen Etappen zu orientieren, außer man weiß aus Erfahrung, dass man das kann. Sinnvolle Etappenlängen sind zwischen 15 und 25 km. Tage mit kürzeren Etappen oder Pausetage sind sehr sinnvoll (es kann sehr leicht passieren, dass man sich von einer Überbelastung oder Verletzung erholen muss).

Zu den Etappen nach und von Ravenna habe ich mich ja schon geäußert: sie sind unangenehm und haben keinen Mehrwert (monoton, kein Schatten, ewig lang). Ich würde, wenn ich den Weg nochmal ginge, von Forlì nach Ravenna fahren, die Etappe 21 zum Strand gehen, und dann aus Ravenna nach Faenza oder Oriolo (oder Russi) wieder hinausfahren und von dort weiter wandern.
Bei Florenz ist das anders: man ist schnell in den Bergen bzw. lange in den Bergen und hat dann nur eine Handvoll km auf der Straße - das ist zum Überleben.


Ausrüstung (basierend auf meiner Erfahrung)
  • Ordentliche, gut eingetragene Wanderschuhe sind unerlässlich: Knöchelschutz, ein gutes Profil, rutschfest, weitgehend wasserdicht (sonst werden die Furten zum Problem) + gute Wandersocken (kühlend)
  • Rucksack 35 L. Mehr sollte man nicht schleppen (wollen). Der Rucksack hängt sich nach ein paar Stunden an und wird schwer. + Regenschutz für den Rucksack
  • 1-2 Wanderhose(n) - lang oder mit abzippbaren Beinen: immer wieder gibt es hohe Vegetation und kurze Hosen begünstigen zwar die Beinbräunung, aber bieten keinen Schutz vor Zecken oder Dornen
  • 2 T-Shirts oder Wanderblusen aus leicht-trocknendem Stoff
  • Sonnenschutz: Hut, Creme, Lippenpflege mit LSF
  • Pflegeprodukte: Creme für die Füße (Hirschtalg-), Tigerbalsam oder kühlender Balsam für schmerzende Stellen, Pflegeöl oder Creme für die Haut (after sun)
  • Erste-Hilfe-Set inkl. Blasenpflaster (!)
  • Magnesiumtabletten
  • Reisewaschmittel (erspart einem Unmengen an Kleidung mitzutragen - Funktionskleidung trocknet sehr schnell und man muss morgens nicht in grausige stinkende Kleidung vom Vortag schlüpfen)
  • Eine Garnitur Zivilkleidung (+ 2. T-Shirt)
  • Toiletteset (Zahnputzzeug, Shampoo, Kamm, Nagelschere, Rasierer, Hygieneartikel,...)
  • Langes Shirt / Fleece
  • Bandana
  • Windjacke (regenabweisend)
  • Leichte (!) Zweitschuhe oder FlipFlops
  • evtl. faltbarer Mini-Rucksack oder -tasche für den Abend oder Stadttouren
  • Wasserflasche(n) oder Camelpack (ca. 1L)
  • Taschenmesser, Löffel, Brotdose (je nach eigenen Bedürfnissen)
  • Desinfektionsmittel
  • Klopapier / Taschentücher (zu verschiedenen Zwecken)
  • Nützliches Kleinzeug: Gummiringerl, Büroklammern, Sicherheitsnadeln, Schnur, Gewebeband, Karabiner (um Dinge zu befestigen, zu schließen, zu reparieren,...)
  • evtl. ein leichtes Mikrofaserhandtuch und Badekleidung (es gibt ein paar nette Stellen)
  • Notizheft und Stift
  • Kartenmaterial
  • Ladekabel

Bei Zweitschuhen schwöre ich auf VivoBarefoot: extrem leichte Schuhe mit ganz dünner Sohle, die einen guten Ausgleich zum festen Wanderschuh darstellen, klein zusammenquetschbar und somit leicht zu transportieren sind. (Es empfiehlt sich allerdings, sich mit den Barfußschuhen vorher schon angefreundet zu haben)

Schlafsack würde ich keinen mehr mitschleppen. Das zahlt sich nur aus, wenn man ihn mehrmals verwenden möchte. 

Man sollte sich nicht auf Wahrscheinlichkeiten verlassen: "Wahrscheinlich brauche ich kein Erste-Hilfe-Set", "Es ist unrealistisch, dass meine Schuhe kaputt werden oder mein Rucksack sich auflöst" - Wenn das dann doch passiert und man gar nichts dabei hat, um etwas dagegen zu tun, wird die Wanderung sehr schnell furchtbar. V.a. weil es auf dem Weg nicht alles, was man brauchen könnte, überall einfach zu erwerben gibt.


Navigation
Die Karte, die man bei der Inskription für den Danteweg erhält, ist für die Navigation eher ungeeignet. Sie ist eine Überblickskarte, die nützliche Informationen über die Infrastruktur auf dem Weg bietet (Wasserquellen, Geschäfte, Restaurants,...).
Sehr gute Dienste hat mir die Karte von Meridiani Cammini erwiesen:


Sie zeichnet jede einzelne Etappe gut nachvollziehbar auf (von links nach rechts, nicht genordet!), inklusive Höhenmeterprofil. 

Zusätzlich habe ich mir die App OSMAnd installiert und mir die Karten für die Toskana und Emilia-Romagna heruntergeladen. In dieser App sind alle öffentlichen Wege kartiert, sowie Wasserstellen, Picknickbänke, Furten etc. Zum Wandern sehr nützlich!

Es gibt auch um €10 eine spezielle App für den Danteweg. Die habe ich nicht genützt, aber bei Roberto gesehen. Sie dürfte das Navigieren stark erleichtern, weil man sofort sieht, ob man sich auf dem Weg, oder ganz woanders befindet.

Der Weg ist weitgehend gut markiert, aber da er meist etablierten Wanderwegen folgt, kommt es oft vor, dass man die CD-Zeichnung nur alle Kilometer sieht, während man von den rot-weiß-gestreiften Markierungen der etablierten Wege zuverlässig begleitet wird. Gute Intuition und Orientierungsvermögen sind hilfreich.


Wasser
Eine (meiner Erfahrung nach wenig bekannte) Tatsache ist, dass man in den meisten Regionen Italiens das Leitungswasser problemlos trinken kann. Es gibt auch viele öffentliche Trinkbrunnen, an denen man sich bedienen kann. Wenn es sich nicht um Trinkwasser handelt, gibt es ein Hinweisschild. Man braucht sich also nicht jeden Tag diverse Plastikflaschen voller Wasser zu kaufen, sondern kann sich Flaschen mitnehmen und die immer wieder auffüllen. Empfohlen wird, mindestens zwei Halbliterflaschen mitzunehmen. Das habe ich befolgt und bin damit sehr gut ausgekommen. In den Quartieren und an den Quellen und Brunnen habe ich sie immer wieder aufgefüllt.

Proviant
Wichtig: Auf dem Danteweg muss man gut planen. D.h. man sollte immer für ein paar Tage vorausschauen, welche Infrastruktur man vorfinden wird. Gerade im Zentralbereich des Nationalparks gibt es wenige Bars, Lokale und Lebensmittelgeschäfte und die haben auch nicht unbedingt dann offen, wenn man es sich wünscht. (Manche gibt es seit Corona auch schlicht nicht mehr.) Bei diesen Etappen sollte man genug Proviant dabei haben. Selbiges gilt auch für Bargeld: nicht überall kann man mit Karte zahlen oder findet Bankomaten!

Die Vorlieben und Bedürfnisse bei Proviant sind sehr individuell, doch man sollte auch hier ein wenig nachdenken, was sinnvoll und zweckmäßig ist und sich nicht nur vom spontanen Gusto leiten lassen.
Was ich gerne mag, wenn ich für mehrere Tage Proviant mitnehmen muss, ist Brot mit geringem Packmaß als Notnagel (z.B. Pumpernickel - schmeckt zwar nicht so toll, aber erfüllt seine Funktion), Äpfel (halten lange und werden nicht leicht zerdrückt), Karotten, Nüsse und Datteln und - meine neueste Entdeckung für Wanderungen - (Thun-)Fisch in der Dose (gut haltbar, klein, Proteinlieferant).
Schokolade schmilzt, Bananen werden leicht zerdrückt, Chips haben zu große Packungen, Käse beginnt zu schwitzen und zu stinken, manche Dinge sind einfach unpraktisch und schwierig einzupacken.

Bitte: Plane ein, dass du deinen Müll wieder mitnimmst, bis zum nächsten Mistkübel wenigstens. Ich habe schon erwähnt, dass fast jeder italienische Ort eine Müllinsel hat, wo man den Müll einfach trennen kann. Das ist weder aufwändig noch schwierig.
Es bietet sich an, immer ein Plastiksackerl (z.B. ein Ostsackerl) dabei zu haben, in dem man den Müll bis zur Entsorgung sammeln kann. Der Müll ist zum Glück ja kleiner und leichter als die vollen Packungen.

Unterkünfte
Bei der Suche nach Unterkünften möchte ich wirklich mit Nachdruck empfehlen die Liste der Organisation zu verwenden, die man bei Inskription zugeschickt bekommt. Die meisten Unterkünfte haben eine E-Mail-Adresse, wenn man nicht gerne telefoniert. Mit den Quartieren ist ausgemacht, dass sie Dantewanderern einen günstigeren Preis machen - das funktioniert teilweise so fantastisch, dass einem die Augen rausfallen, weil man so günstig so schön einquartiert ist, und teilweise leider weniger gut. Da man der Organisation aber rückmelden kann und soll, wie man behandelt wurde, wird diese Liste laufend verbessert. Persönlich zu buchen ist jedenfalls besser als über Plattformen, weil bei den Plattformen der Preis fix ist und da kein Nachlass gegeben werden kann.
Das Frühstück fällt in Italien meist eher karg aus (Kaffee und ein paar Kekse) - doch es gibt auch erfreuliche Ausnahmen. Diejenigen, die auf Wanderer eingestellt sind, bieten meist etwas mehr an.
Manche Unterkünfte bieten zu einem Aufpreis auch Abendessen an, oder einen gratis Shuttleservice zum nächsten Restaurant.
Die offizielle Website empfiehlt, alle Unterkünfte rechtzeitig vorzubuchen - in der Nebensaison zwei Wochen zuvor und im Sommer am besten einige Monate im Voraus.

Inskription und Organisation
Ich bin sehr begeistert von der Organisation des Weges und der Niederschwelligkeit der Kommunikation. Ich war von Anfang bis zum Schluss im Kontakt mit einem der Organisatoren, konnte ihm alle Fragen stellen und habe immer eine Antwort und Hilfe erhalten. Man ist auch aufgefordert, Widrigkeiten auf dem Weg (fehlende Zeichen, Probleme auf dem Weg etc.) zu melden und es wird dann schnell behoben. Feedback wird gerne angenommen und ich hatte das Gefühl, aktiv etwas beitragen zu können.
Ich würde wirklich empfehlen, den Weg nicht ohne diese Inskription zu gehen. Die geringe Inskriptionsgebühr ist außerdem ein Zeichen der Wertschätzung der ehrenamtlichen Arbeit des Vereins.

Sprache
Dazu traue ich mich nicht das Allermeiste zu sagen. Da ich Italienisch kann, habe ich es auch gesprochen und hatte keinerlei Probleme. Wie gut man ohne Italienischkenntnisse durchkommt, hängt vermutlich vom Ort ab. In manchen Orten spricht man ein wenig Englisch, aber da man durch sehr kleine und abgelegene Orte kommt, ist das nicht überall gegeben. Andererseits kommt man mit Google-Translator und ähnlicher Software ja mittlerweile auch recht weit. Die Leute freuen sich i.d.R., wenn man Interesse zeigt.

Sicherheit
Ich habe mich durchgehend sicher gefühlt, auch alleine im Wald.
Der Weg bietet teilweise schwierige oder steile Stellen, bei denen Vorsicht geboten ist. Fehltritte passieren. Umso wichtiger, dass man gutes Schuhwerk hat, aufmerksam ist und die eigenen Grenzen nicht überschreitet.
Es gibt außerdem allerhand wilde Tiere (u.a. Zecken, Skorpione, Schlangen, Wildschweine) - den meisten begegnet man nicht, aber man sollte sich deren bewusst sein und offenen Auges und Ohrs den Weg begehen, sowie mit der richtigen Kleidung. Mücken gibt es überall und zuhauf. Wer empfindlich ist, sollte sich Mückenmittel usw. mitnehmen.
Wild- und Weidetieren sollte man sich nicht nähern, sondern gebührlichen Abstand halten. Hunden wird man sehr oft begegnen (meist hinter einem Zaun, aber manchmal auch freilaufend) und man wird ständig angebellt.
Manchmal geht man direkt an einer Straße - das kann sehr unangenehm sein und man sollte es nicht in der Dunkelheit und mit unauffälliger Kleidung tun.

Da man auch in den Bergen unterwegs ist, sollte man immer ein Auge auf den Himmel haben, damit man in kein Gewitter oder Sturm gerät. Umgefallene Bäume sieht man massig und man möchte nicht im Wald unterwegs sein, wenn das passiert.

Hitze ist ein Thema. Es empfiehlt sich früh aufzubrechen, um die kühlen Morgenstunden nützen zu können. (Ist natürlich auch für den Wasserverbrauch eine wichtige Überlegung.)

Die Wandersaison dürfte Ende April losgehen und dauert bis Ende Oktober / Anfang November. Es soll auch Leute geben, die im Winter wandern, aber davon wird abgeraten. Am angenehmsten sind vermutlich Frühling und Herbst.


Das sind meine Beobachtungen und Empfehlungen, die ich abgeben kann. Vielleicht findet ja jemand sie nützlich.


Insgesamt ist der Danteweg ein wirklich schöner Wanderweg: die Toskana und Emilia-Romagna sind besuchenswerte Provinzen, die Landschaft ist traumhaft, das Essen ist ausgezeichnet, die Menschen sind nett und gastfreundlich. Man ist ständig mitten in der Natur und sieht viele Tiere. Man bekommt viel von den landwirtschaftlichen Produkten der Gegenden mit und kann im Wald herrlich das Hirn auslüften. Außerdem bekommt man einen Eindruck davon wie wichtig Dante, il somma poeta (der höchste Dichter) für die Italiener und ihre Identität ist und lernt über klösterliche Strukturen und die Geschichte und Traditionen der Gegenden, wenn man möchte. Es lohnt sich also in vielerlei Hinsicht, sich in dieses Abenteuer zu stürzen.

Friday, May 27, 2022

Il Cammino di Dante (Teil 21) - Zielgerade

 In dem kleinen Apartment im obersten Geschoß meiner Quartiergeber habe ich wunderbar geschlafen (sie hätten mich am Abend noch eingeladen, mit ihnen mit zu essen, aber da sie Gäste hatten und ich müde war [und außerdem satt]) hatte ich abgelehnt.

07:00 und ich bin auf der Straße für das letzte Stück des Wegs.

Etappe 18 (offiziell die zweite Hälfte von 9 + Etappe 10): von Rufina / Montebonello über Pontassieve und den Poggio di Incontro nach Firenze

Erster Blick auf Pontassieve

Von Montebonello nach Pontassieve ist es ein Spaziergang: man folgt einer alten Asphaltstraße (leider etwas Frühverkehr) und dem Fluss Sieve im Tal ca. 8 km ohne große Höhenunterschiede bis nach Pontassieve. Pontassieve ist ein größerer Ort, der über alle Annehmlichkeiten und Institutionen verfügt, an denen man Bedarf haben könnte. Ich habe Bedarf an einem Frühstück und kehre in eine einfache Bar ein, wo ich mit einem typisch italienischen Frühstück (und einer Online-Uniprüfung) so richtig in den Tag und die Wanderung starte.

Die namensgebende Brücke über den Sieve in Pontassieve?

Auch aus Pontassieve hinaus folgt man dem Fluss - ein sehr netter Weg - bis dieser in den Arno fließt. Dem folgt man nicht nsch Florenz, sondern man quert ihn und geht in Folge über den Berg. 

Die Bergetappe ist nicht übermäßig anstrengend, aber auch kein Spaziergang. Man bewegt sich zumeist im Wald. Der höchste Punkt heute wird der Poggio dell' Incontro (ca. 550m) wo sich auch ein Kloster befindet. Da oben möchte ich eigentlich Mittagspause machen, doch zur Abwechslung finde ich bereits davor einen netten Jausenort und die sind hier ja so selten, dass man sie dann nützen muss, wenn sie sich anbieten.


Es gibt nochmal Dosenfisch und beste Reste (Brot, Oliven, Datteln) und dann geht es weiter über den Poggio.

Oben, bei der Gartenmauer des Klosters (das ich mir nicht ansehe, weil ich dafür weiter gehen hätte müssen) gibt es nochmal einen schönen Ausblick und ich bekomme meinen Startpunkt und mein Ziel wieder zu Gesicht:

Da ganz hinten links der beige Fleck ist Florenz

Ca. 10 km liegen noch vor mir und jetzt geht es nur noch bergab - großteils auf Asphalt. Sehr zu meinem Ärger beginnt auf der Zielstrecke auf einmal mein rechter Oberschenkelmuskel (oder eher die Ansatzsehne) zu schmerzen und das Bergabgehen zu erschweren. Die Strecke wäre sonst eigentlich einfach und angenehm (von der Hitze abgesehen). Ich schalte einen Gang zurück und höre einen Politikpodcast zur Ablenkung.

Der Asphalt glüht und die Tatsache, dass ich nicht mehr in den Bergen unterwegs bin, sondern schon in der Ebene, trägt ihres dazu bei. In einer Trattoria nehme ich zwei Getränke zu mir, dann geht es weiter. Bald erreiche ich die Straße, die ich schon kenne (eng und ohne Gehweg). Diesmal schreckt sie mich nicht mehr - jetzt habe ich ja schon drei Wochen Erfahrung in Gehsteigarmut. Dann erreiche ich wieder den Arno, fülle an einem Trinkwasserbrunnen meine Flaschen auf und lasse mich für eine Weile im Schatten nieder: Zeit habe ich genug.

Irgendwann gehe ich ein paar Kilometer weiter und finde wieder ein paar Tische im Schatten von Bäumen neben einem Kiosk, für die nächsten beiden Getränke. Die Großstadt habe ich jetzt definitiv erreicht und es ist hier durch den Verkehr gleich noch viel heißer. Und viel lauter.

Ich bitte den Wirten um einen Stempel für meinen Dantepass, der mittlerweile sehr gut gefüllt ist. Dann mache ich ein Foto davon und schicke es an Oliviero, der mir versprochen hat, mir im Gegenzug die Dantesca - die Urkunde, dass ich den Weg gegangen bin - zuzuschicken.

Als es Zeit wird, zum Zug zu gehen, raffe ich mich auf und begebe mich in die Innenstadt. Dort kämpfe ich gegen den Kulturschock an: hunderte schwitzender Touristen stehen herum, schleichen herum, sitzen am Straßenrand, bekommen nicht mit, was um sie passiert und stehen im Weg.

Ich navigiere mich dennoch relativ rasch zur Casa di Dante und dann am Dom vorbei Richtung Bahnhof. Eigentlich will ich nur weg. Keine Energie für Sight-seeing.

Die Fassade des Domes beeindruckt mich immer wieder

Geschafft! Die drei Wochen sind eigentlich sehr schnell vergangen, aber ich habe viele nette kleine Orte gesehen, viel Natur und viele Tiere. Ich habe einiges gelernt und erfahren und mich freut besonders, dass sich so viele nette und interessante Gespräche ergeben haben. 

Etappenzusammenfassung:
29,5 km Distanz (bis zur Casa di Dante)
620 Hm Gesamtaufstieg
09:00 Gehzeit (inkl. vier längerer Pausen)

Körperzustandszusammenfassung:
Dann will ich mal alles ausführlich zusammenfassen: ich bin ziemlich k.o. nach den beiden langen Tagen, meine Schultern schmerzen, mein rechter Oberschenkelmuskel wird einen Muskelkater bekommen, mein linker Unterschenkel hat heute wiedermeine linke große Zehe hat einen Bluterguss unterm Nagel, ich habe diverse Insektenstiche am ganzen Körper und meine Beine haben seltsame Rötungen oberhalb der Sockengrenze bekommen.
In Wirklichkeit sind das lauter Kleinigkeiten, die in den nächsten Tagen vergehen werden. Ich bin sehr froh und dankbar, dass mein Körper die Strapazen dieser intensiven Wanderung so gut weggesteckt hat!

Vielen Dank fürs Mitlesen - es hat mich jeden Tag motiviert, etwas zu schreiben und ein paar Fotos zu machen!

Thursday, May 26, 2022

Il Cammino di Dante (Teil 20) - Kastanien und Tiere

 Da ich jetzt immer gegen 21:00 ins Bett gehe, wäre ich gestern im Restaurant beinahe eingeschlafen. Netterweise hat Fabrizio (mein Quartiergeber) mich nach dem Essen abgeholt, sodass ich nicht in der Dunkelheit 3 km Straße zu gehen hatte.

Im Quartier hat mich noch eine Überraschung erwartet: neben meinen Schuhen war ein dunkler Haufen. Das hat mich gewundert. Was das wohl ist? Ich habe ihn angestupst (weiß nicht mehr womit) und er hat sich zu einem Skorpion auseinandergefalten. Ca. 5 cm klein, dennoch hat er keine überbordende Freude bei mir ausgelöst. Mit zwei Blatt Papier konnte ich ihn hinausbringen und nach gründlichem Absuchen des Schlafzimmers auch ausgezeichnet schlafen.

Der Start in den Tag war ortsgegeben: Kaffee und Wasser auf den Herd. Ich in den Pool (Nicht zeitgleich). Dadurch gelingt mir erst ein Start um 7:30.

Etappe 17 (offiziell 8 + die erste Hälfte von 9): von Castagneto / San Godenzo über Dicomano nach Rufina / Montebonello.

Beim Losgehen treffe ich noch eine der zum Agriturismo gehörenden weißen Kühe.


Der ruhigen Straße folge ich hinunter nach San Godenzo, das ich ja schon kenne, um dort in der Bar Roberta Cappuccino und Cornetto zu frühstücken und mir außerdem ein gefülltes Panino mitzunehmen. Noch einen Abstecher zum Alimentario für ein paar Stück Obst, dann geht es richtig los. 

Wie schon beim Abstieg von Castagneto (nomen = omen) ist auch beim Aufstieg auf den nächsten Hügel die Landschaft von Kastanienbäumen geprägt.


Es handelt sich hierbei nicht um irgendwelche Kastanien, sondern um Esskastanien bzw. Maroni. Immer wieder warnen Hinweisschilder, dass das Sammeln der Maronen verboten ist:


Der Aufstieg aus San Godenzo hoch ist wieder mühsam. Das ist nicht nur durch die 10%ige Steigung bedingt: Es ist heute auch sehr schwül. Es treibt mir den Schweiß aus allen Poren und ich ertrage meinen Hut nicht, sondern binde ihn an den Rucksack. Bald bin ich klatschnass. Noch dazu laufe ich andauernd in einzelne Spinnenfäden, die mir dann auf Gesicht und Händen kleben. Mühsam.

Exkurs: Vieh und Hunde


Immer wieder kommt man über Weideland und an Weiden vorbei. Dass man sich da vorsichtig und unauffällig verhalten soll, ist bekannt. 
Ich habe ja schon erwähnt, dass es in Italien sehr viele bellende Hunde gibt. Manche laufen frei herum. Der Betreiber des Hostels in San Benedetto hat mir erzählt, dass die Leute, die Vieh haben, nicht umhin können sich Hütehunde zu nehmen, da es in der Gegend (das gilt für den Nationalpark und die umliegenden Gegenden) Wölfe gibt, die immer wieder ein Tier aus einer Herde reißen. Auch Fabrizio hat mir gestern erzählt, dass er in Castagneto schon mal einen Wolf gesehen habe und man schauen müsse, dass man seine Weidetiere schützt. (Aber selbst brauche man vor den Wölfen keine Angst zu haben - die gehen Menschen aus dem Weg. Gefährlicher seien Wildschweine.)
Um zurück zu den Hunden zu kommen: immer wieder findet man Warnplakate, dass es Herden mit Hütehunden gibt, inklusive Anweisungen, wie man sich zu verhalten hat (nicht laufen, runter vom Fahrrad, Abstand zu Herde und Hund halten, kein aggressives Verhalten an den Tag legen).
Interessanterweise fühle ich mich nach so einem Plakat sicherer als davor. Weniger ängstlich vor den Hunden jedenfalls.


Exkurs Ende.

Pünktlich nach 10 km bin ich auf der ersten Bergkuppe und setze mich zum zweiten Frühstück: immer eine Freude, wenn der Rucksack wieder leichter wird. Dann geht es bergab - teils steiler, teils angenehm, vorbei an Zypressen, Oliven und Wein, bis ich Dicomano sehe.

Dicomano

Mit 21 km Zählerstand und kurz nach Mittag ist in Dicomano die zweite Pause fällig und ich lasse mich an der einladendsten Bar im Schatten nieder, um den Flüssigkeitshaushalt wieder aufzufüllen. (Dicomano ist ein wenig größer und hat mehrere Bars, Supermarkt, Apotheke, etc.). Dann geht es weiter.

Seht euch diese Zypressen an

12 km liegen noch vor mir (glaube ich), inklusive einem Hügel. Der Weg wird dort etwas wilder, überwachsener. Ich höre mir einen Podcast an, als mir plötzlich ein Nebengeräusch auffällt. Ich drücke auf Pause. Ssssssssssss. Der Busch da zischt. Zuerst sehe ich nichts, doch dann:

Siehst du das Tier?

Ich halte inne. Die Schlange auch. Ich mache aus gebührlichem Abstand ein Foto, warte noch kurz, ob sie sich nochmal bewegt (nein) und gehe dann weiter - ohne Podcast und noch besser auf den Weg fokussiert.

Ich würde gerne sagen, dass es danach planmäßig weiterging und ich bald da war, aber das stimmt leider nicht. 
Ich komme an eine Stelle, wo mir nicht klar ist, wie der Weg weiter verläuft. Zuerst folge ich dem Feldweg in einen Olivenhain. Sackgasse. Dann gehe ich zurück, wo ich die letzte Markierung gesehen habe: doch, ich war schon richtig. Gehe wieder Richtung Olivenhain und sehe in meiner Kartenapp nach. Der Weg geht nicht in den Haim, sondern mitten durch eine Sammlung an Sperrmüll, zusammengeschusterten Holzhütten und an einem kaputten Wohnmobil vorbei, doch es scheint als wolle jemand nicht, dass da durchgegangen wird, denn auf dem Weg liegen zwei Holzhaufen. Vorsichtig mache ich ein paar Schritte. Es wirkt sehr privat hier. Und gruslig. Das Wohnmobil macht Quietschgeräusche. Ein paar leere Hundezwinger und Fallen für kleinere Tiere tragen das ihre zur Atmosphäre bei. Danach kommt ein Tunnel aus Bambus und ein Gartentor. Ich sehe nochmal auf die Karte: doch, das sollte stimmen. 
Da ich mich hier aber wirklich nicht wohl fühle, trete ich den Rückzug an und finde eine Alternativroute über die Straße. Dadurch mache ich in Summe ca. 3 km mehr und heißer ist es auf dem Asphalt auch, aber ich fühle mich besser.

Hinten in der Mitte, hinter dem rechten Hügelausläufer fast versteckt, liegt der Doppelort Montebonello / Rufina


Ab hier ist der Weg einfach, aber die Hitze und Erschöpfung machen sich bemerkbar. Über 30 km bin ich schon gegangen und das ist energieraubend. Ich bringe die nächsten ca. 5 km noch irgendwie hinter mich und komme ziemlich erschöpft und durstig in Rufina an. Zum Glück finde ich in meinem AirBnB Wasser zur inneren und äußeren Anwendung vor.

Etappenzusammenfassung:
36,8 km Distanz (davon 2-3 km an Umweg)
1.250 Hm Gesamtaufstieg
09:15 h Gehzeit (inkl. ca. 1,5 h Pause)

Körperzustandszusammenfassung:
Gleich nach Ankunft stark schmerzende Schultern und Oberschenkel. Zweiteres hat sich mittlerweile gelegt, an ersterem werde ich noch ein bisschen arbeiten.
Mein Fazit ist: über 30 km sind zu viel. Bis dahin geht es gut und dann kommt die Erschöpfung und man (oder ich) wird anfällig für allerhand Wehwehchen und Fehler.

Morgen kommt die letzte Etappe und dann werde ich noch eine Zusammenfassung mit Tipps und Packliste schreiben, falls jemand sich daran orientieren mag.


Wednesday, May 25, 2022

Il Cammino di Dante (Teil 19) - Wenn die Etappe zu kurz ist ..

 ...muss man einen Umweg gehen.

Genächtigt habe ich in einem kleinen, simplen Hostel (Il Vignale), das ein paar Stockbetten in zwei oder drei Schlafsälen hat, denen jeweils ein Nassbereich angeschlossen ist. Sonntags oder auf Vorbuchung hat auch das Restaurant dazu offen. Wie gesagt, ist es sehr einfach, aber sehr sauber. Wenn ich ein Bett und (warmes) fließendes Wasser habe, bin ich schon zufrieden. Ich war wieder mal die einzige dort. Man kann entweder Schlafsack, Handtücher etc selbst mitbringen und bezahlt €20 oder man bezieht auch Bettzeug (+€8) und Handtücher. (Ich habe meinen Schlafsack mit, was ich aber nicht nochmal machen würde, denn normales Bettzeug ist schon bequemer und ich hätte weniger mitzutragen gehabt).

Als ich frühmorgens bezahle, fragt mich der Chef, ob ich einen Kaffee mag. Ich bejahe. Er macht mir einen Espresso und stellt mir dann noch einen Teller mit Cantuccini hin ("wenigstens ein paar Kekse..."). Dann setzt er sich zu mir und wir plaudern über den Weg, die Gegend etc. Er gibt mir ein paar Tipps. Mein Minifrühstück geht auf ihn ("...geh bitte, das bisschen Gastfreundschaft ruiniert mir nicht das Geschäft") und ich verabschiede mich.

Etappe 16 (offiziell 7): von San Benedetto nach San Godenzo (oder, in meinem Falle, nach Castagneto, 3 km davor) - extended version

Nach einem zweiten kleinen Frühstück im Hotel-Restaurant Acquacheta, wo ich am Vorabend eine riesige Portion Gnocchi gegessen habe, und einem kurzen Besuch beim kleinen Lebensmittelhändler um ein paar Stück Obst geht es los. Wieder mal bergauf. Im Wald zwar, aber es ist ordentlich warm. Das liegt v.a. daran, dass es steil hinauf geht. Mit Rundhölzern und Steinen hat man Stufen in den Wald modelliert, aber die sind teilweise so hoch, dass ich mich im Schneckentempo bergan hieve.

Waldweg: eng und teilweise steil


Irgendwann bin ich oben und komme zu einer Weggabelung: Danteweg links. Acquacheta rechts. 
Den Weg nach rechts hat mir mein Quartiergeber empfohlen. Er verlängert meinen Weg um 3-4 km, aber sonst hätte ich mit 10 km sowieso nur eine sehr kurze Etappe. Ich gehe also nach rechts und steige durch den Wald wieder zum Fluss hinab. Da treffe ich ein Paar, das den Antoniusweg geht. Wir haben einander gestern schon im Ort gesehen und zugenickt und freuen uns, dass wir einander wieder treffen. Ein paar Sätze getauscht und weiter geht es. Am Fluss treffe ich auf eine andere Variante des Dantewegs (Richtung Eremo dei Toschi), die mich wieder in die Richtung bringt, die ich eigentlich möchte.
Am Fluss ist es schön. Er beschert mir angenehme Kühle und ein paar Furten. Darin bin ich mittlerweile geübt und ich quere alle trockenen Fußes.


Danach kommt natürlich wieder ein Aufstieg, ich verlasse den Nationalpark und finde mich auf grünen Weiden wieder. 

The hills are alive with the Sound of Music (i.e. crickets, bees,...)

Hier verlasse ich den Nationalpark wieder, den ich auch auf der ersten Streckenhälfte schon durchwandert habe

Da bin ich auch schon wieder an meinem Ziel in Castagneto und schaue ganz schön blöd, als man mir mein Quartier zeigt, denn außer der Lage und dem Preis, wusste ich nicht, was mich erwartet.

Pool mit Ausblick

Das Agriturismo "Il Moro - Tenuta Mazzini" besteht aus zwei wunderschön hergerichteten alten Bauernhofgebäuden mit insgesamt 4 oder 5 Apartments und ich habe ein kleines Apartmentgebäude ganz für mich. Hier lässt sich ein entspannter Nachmittag verbringen.

Zum Abendessen gehe ich nach San Godenzo hinunter (ca. 3,5 km) und sehe mir zuerst den Ort an: es gibt einen Danterundgang mit vielen Zitaten aus der Divina Commedia, außerdem eine öffentliche Waschstelle aus 1961 und die Abtei.

Lavatoi Pubblici: hier konnte jede die gesamte Wäsche der Familie waschen

Die Abtei

Innenansicht

Die Abteikirche lädt zum Verweilen ein und ich setze mich hinein und lasse sie wirken. 

Danach (= jetzt) trinke ich einen Aperitivo, denn hier bekommt man erst ab 19:30 Abendessen.

Etappenzusammenfassung:
15 km (extended version)
830 Hm Gesamtaufstieg (extended version)
ca. 4:15 Gehzeit (ohne Pausen)

Körperzustandszusammenfassung:
Jeden Tag gibt es etwas Neues. Heute meldet sich die linke Achillessehne und auch der rechte Knöchel - beides aber nur sehr leise. Morgens habe ich gemerkt, dass ich am Vorabend nicht gedehnt habe: leicht verspannt und mit kleinem Muskelkater bin ich gestartet. Insgesamt keine wirklichen Probleme.

Es scheint mir seltsam, dass ich nur mehr zwei Wandertage vor mir habe. Die tägliche Bewegung wird mir danach sehr fehlen, das weiß ich jetzt schon.

Tuesday, May 24, 2022

Il Cammino di Dante (Teil 18) - Wiesen, Wälder, Wasser

 Auf Grundlage des gestrigen Abendessens kann ich das Lokal "Il Camino" in Marradi absolut weiterempfehlen. In der kleinen Ferienwohnung darüber war ich einquartiert und da ich gehört hatte, dass das Essen ausgezeichnet sei, habe ich mich gar nicht erst bemüht, Alternativen zu suchen. Die beiden Wirtsleute sind äußerst lieb (sie kocht, er macht die Bewirtung) und haben sich bemüht, mir Englisch und Deutsch als Sprachen anzubieten, doch wir haben uns dann doch auf Italienisch geeinigt.

Gegessen habe ich auf Empfehlung des Hausherrn ein Trio an Crostini (drei Schnitten Brot mit a) Leberaufstrich [typisch in der Toscana], b) grünem Spargel, c) Pilzen), danach auf eigenen Wunsch die Gnocchi al Pomodoro, die sich als ausgezeichnete Wahl entpuppten (hausgemacht!), dann einen gemischten Salat und schließlich noch die Panna al Forno (wieder auf Empfehlung) als Dessert. Die Grappa hinterher hat mir der Wirt spendiert. Alles ausgezeichnet.

Ein Vorteil daran in einer Ferienwohnung untergebracht zu sein ist, dass man sehr autonom ist. Frühstück war inkludiert und schon vorbereitet und ich musste mich nur mehr bedienen (und mir einen Kaffee machen). So musste ich auf nichts warten und konnte kurz nach 07:00 schon weiterwandern.

Etappe 15 (offiziell 6): von Marradi nach San Benedetto in Alpe

Auf diese Etappe hatte ich mich schon gefreut: es geht wieder mehr in den Wald und man kommt an schönen Orten vorbei - und sie wird meinen Erwartungen entsprechen und alles bieten, was ich möchte: eine gute Streckenlänge, Schatten, schöne Landschaft, herausfordernde, aber spannende Wege, feine Orte zum Verweilen. Zuerst geht es aus Marradi und dem Tal wieder hoch auf den Berg. Anfangs in der Sonne, aber danach kommt mehr Wald und später dann mehr Wind. Es ist ein anspruchsvoller und abwechslungsreicher Weg, meist sehr schmal, oft mit losen Steinen oder großen Felsstücken auf dem Weg, dann wieder einmal ausgewaschen oder etwas matschig.

Zunächst geht es großteils über Weideland. Immer wieder muss ich ein Gatter öffnen und wieder schließen, auf dem vor Weidevieh gewarnt wird (einmal sogar vor einem freilaufenden Stier, mit einem abschreckenden Bild) - zum Glück begegne ich nur einmal tatsächlich Kühen und die sind weit genug weg.

Jedenfalls geht es zuerst durch den Wald hoch.

Heute großteils im Schatten der Bäume

Später erreicht man die Hügelkuppe und dort pfeift der Wind so richtig drüber, dass ich Angst um meinen Hut bekomme. Kalt wird es dadurch außerdem und das Gezerre und Festhalten des Hutes erschweren das Gehen.

Dem Wind ausgesetzt

Teilweise ist der Pfad recht karg

Eine nette Abwechslung zwischendurch bietet nach ca. 7 km die Eremitage Gamogna. Man sieht sie schon recht früh mitten in der Landschaft stehen.
Blick auf Gamogna

Auf dem Wegweise ist sogar die nächste Trinkwasserstelle angeführt

Das Kloster ist noch in Betrieb und wird bewohnt. Eine Schwester sehe ich im Gemüsegarten werken. Die Kirche kann man sich ansehen. Trinkwasser und Picknickplätze sind vorhanden. Ich setze mich, um einen Apfel zu essen und mir diverse Wetterseiten im Internet anzusehen, denn der Himmel hat sich auf einer Seite sehr verdunkelt und ich möchte sichergehen, dass ich nicht mitten in ein Gewitter wandere. Die Webseiten geben Entwarnung und ich gehe weiter.

Das Kloster Gamogna wird noch bewohnt

Das Kloster liegt einerseits exponiert, aber andererseits vom (heutigen) Wind nicht betroffen. Den finde ich wieder, als ich weiter hochsteige zur nächsten Kuppe.

Weitblick

Im ärgsten Wind geht es über die Wiese mit (oder ohne) freilaufendem Stier und ich freue mich, als ich ca. 100 m vor mir einen weiteren Wanderer sehe. Den habe ich schnell eingeholt und obwohl ich mich bemühe, mich nicht zu sehr anzuschleichen, hört er mich nicht kommen und erschrickt. Dann freut er sich: "Seit vier Tagen wandere ich und du bist die erste, die ich treffe! Wie schön!" Wir plaudern ein bisschen - er macht auch den Danteweg, hat aber, wie es sich gehört, in Ravenna begonnen. Ich verstehe nicht alles, was er sagt, aber es ist trotzdem nett ein wenig zu plaudern. Nach ein paar hundert Metern, verabschiedet er sich und wünscht mir noch eine gute Wanderung. Ich sehe das als Zeichen mein Tempo wieder aufnehmen zu können und habe bald wieder meinen Vorsprung.

Es folgt dann ein ziemlich steiler und anspruchsvoller Abstieg über mehrere Kilometer. Ich rechne schon damit, dass mir die Füße wegrutschen und ich auf dem Waldboden zu sitzen komme, doch auf meine Wanderschuhe ist Verlass. Ich merke, dass ich eine Pause und Essen brauche, doch da ich weiß, dass ich bald die Cascata dell'Acquacheta (den großen Wasserfall des Flusses Acquacheta) erreichen werde, schiebe ich das auf, bis ich dort bin. Und es zahlt sich aus.

Cascata dell'Acquacheta

Das Foto wird der Realität freilich nicht gerecht. Das Rauschen höre ich schon, als ich noch ein Stück weit entfernt bin und als ich den 70 Meter hohen Wasserfall dann plötzlich direkt vor der Nase habe, entfleucht mir ein "wow".
Hier mache ich Pause. 

Da es sich wieder um eine Etappe handelt, bei der es unterwegs keine Labstellen gibt, habe ich genug dabei und esse eine wundervolle Wanderersmahlzeit mit Dosenthunfisch, Brot, Oliven und getrockneten Paradeisern. Hinterher noch ein paar Datteln als Dessert - wunderbar.

Weil der Ort so schön ist und es nicht mehr weit zum Ziel ist, bleibe ich sitzen, genieße die Geräuschkulisse und schreibe. Währenddessen kommen diverse Leute vorbei. Machen ein Foto. Gehen weiter. Auf einmal bin ich von freundlich-schnüffelnden und schwanzwedelnden Hunden umringt - auch die (und ihre Menschen) gehen weiter. Zwei ältere Damen fragen mich, wohin der Wanderweg am Wasserfall vorbei führt. Ich sage, dass ich es nicht weiß, aber wir gerne auf meiner Karte nachsehen können. Das tun wir und plaudern ein bisschen. Dann gehen sie weiter. Roberto, der Wanderer, den ich überholt habe, kommt inzwischen an. Wir machen gemeinsam ein Foto vor dem Wasserfall, bevor er weitergeht. 

Mit Roberto am Wasserfall


Dann kommen die beiden Damen wieder: "Du musst da auch weitergehen, das zahlt sich aus! Da ist ein schöner Wasserfall mit einem kleinen See. Sind nur zwei Schritte" Sie geben mir noch ein paar Tipps zu weiteren netten Wanderwegen in Italien und verabschieden sich dann. Eine Viertelstunde später packe ich mich zusammen und gehe gegen meine Zielrichtung der Empfehlung der beiden Damen nach. Sie hatten Recht - es zahlt sich aus:

Der zweite Wasserfall

Entlang des Acquacheta geht es für mich weiter Richtung San Benedetto, doch der Weg und der Fluss sind so schön, dass ich herumtrödle und zweimal eine Pause mache, um die Füße ins Wasser zu stecken. Eigentlich hätte ich Lust, ganz hinein zu gehen, aber das traue ich mich dann doch nicht.

Pause am Wasser

Und schließlich komme ich in San Benedetto an. Da hat leider alles nachmittags geschlossen, also schleiche ich eine Runde und schreibe dann diesen Eintrag.

Später, beim Abendessen, werde ich Roberto nochmal treffen (und peinlicherweise nicht erkennen, weil er sich natürlich auch geduscht und umgezogen hat) und wir werden uns über die morgige Etappe und generell das Wandern austauschen. Diesmal verstehe ich alles, was er sagt. Wir sind ja auch beide ausgeruht.

Etappenzusammenfassung:
24,6 km Distanz
1.100 Hm Gesamtaufstieg
Gehzeit um die 6:00 (exkl. Pausen)

Körperzustandszusammenfassung:
Während des Gehens Schulterschmerzen und Beanspruchung des rechten Knöchels, aber sonst alles gut. Wie schon erwähnt, bemerke ich, wenn ich schon lange gehe, dass meine Konzentration nachlässt und ich dann unvorsichtiger steige, mir den Zehen anstoße usw. (Habe seit der 1. Woche einen blauen Fleck unter einem Zehennagel. Tut aber nicht weh.) Im Großen und Ganzen bin ich sehr zufrieden, wie mein Körper die Wanderung wegsteckt und von Tag zu Tag fitter wird.

Monday, May 23, 2022

Il Cammino di Dante (Teil 17) - Zurück in die Toscana

 Da ich den vorigen Beitrag erst vor ein paar Stunden nachgeholt habe, kann ich ja gleich direkt daran anknüpfen: nach dem bereits erwähnten guten Frühstück auf der Terrasse (herrliche Bergwaldluft und Vogelgezwitscher inklusive) gehen Monica und ihre Hündin mit mir ein Stück weit mit, um das Haus mit den freilaufenden Hunden zu umschiffen. Das ist sehr nett, denn so können wir auch noch ein bisschen plaudern.

Danach geht es für mich alleine weiter, für meine Etappe 14 (offiziell 5): von Croce Daniele nach Marradi.

Diese Etappe fällt wieder recht kurz aus, weshalb wir morgens erst gegen halb 9 losgehen. Vom Weg selbst kann ich wenig Spannendes erzählen - er ist in seiner Struktur ähnlich wie am Vortag. Hier ein paar Bilder:

Margheritenwiese vor den Bergen

Weg durch die Wiese

Weg über Fels(staub)

Weg durch eine andere Wiese

Schwer zu sehender Weg (aber vorhanden)

Der Zielort Marradi von oben

Weg wird repariert und darf nur zu Fuß begangen werden (also keine Mountainbiker)

Nach dem Gespräch gestern über diverse Tiere und langes Gras, an dem man sich schneiden kann, habe ich heute wieder meine lange Wanderhose an und angesichts der Beschaffenheit des Weges war das die richtige Entscheidung. (Ich habe außerdem schon wieder eine Schlange gesehen): die Vegetation ist heute mehrmals hoch und nahe. Trittsicherheit ist gefragt, denn durch die Steine ergeben sich oft hohe Stufen und Tritte. Die Aussichten sind dafür wieder toll. Die Hitze wird durch etwas Wind abgeschwächt.

Ich mache extra auf dem Berg eine Pause, um nicht schon um 12:00 beim nächsten Quartiergeber auf der Matte zu stehen, aber dennoch bin ich um 13:00 schließlich dort. Da meine Unterkunft (eine nette kleine Ferienwohnung / B&B) zu einem Restaurant gehört, wo gerade das Mittagsgeschäft in vollem Gange ist, komme ich sichtlich ungelegen. Hätte man mich zu Wort kommen lassen, hätte ich gesagt, dass ich einfach nur den Rucksack abstellen will und gerne später komme, doch der Wirt war recht gestresst und hat einerseits geklagt, andererseits sich bemüht mich doch recht schnell einzuchecken.

Routinemäßige Dusche, Kleiderwäsche, Ausruhen etc. dann ab in den Ort: Marradi liegt am Fluss Lamone, gerade noch (oder gerade schon) in der Provinz Toscana, wobei die Übergangsregion der beiden Provinzen - der von mir durchwanderte bergige Teil - früher (vor 1923) als Romagna Toscana verwaltungstechnisch eine Einheit gebildet hat. Marradi ist bekannt für seine Maronen (Esskastanien), aus denen alles mögliche - süß und pikant - hergestellt wird. Bedauerlicherweise bin ich zur falschen Jahreszeit unterwegs: Im Herbst muss der Danteweg toll sein: Überall bekommt man die Produkte der Region: Kiwi, Marillen, Maroni, Oliven,.... Stelle ich mir jedenfalls vor.

Marradi


Ansonsten ist Marradi ein Ort mit unerwartet viel Infrastruktur: es gibt einige Restaurants und Bars, Eisgeschäfte, Bäckereien, aber auch diverse Spezialgeschäfte, Theater, Zahnarzt, Augenarzt, Spital. Mehr, als man auf den ersten Blick erwarten würde. Auch eine Zugstation gibt es und im Oktober kann man angeblich mit einem alten Dampfzug fahren.

Das ist mein Erkenntnisgewinn des heutigen Tages. 


Etappenzusammenfassung:
14,5 km Distanz
400 Hm Gesamtaufstieg
Ca. 3,5 h Gehzeit

Körperzustandszusammenfassung:
Da das Bein nur Ruhe gibt, ist wohl Zeit für ein neues Problem. Heute morgen hat mit leichtem Durchfall begonnen - irgendetwas dürfte ich schlecht vertragen haben. Das hat sich auch so ausgewirkt, dass ich mehr geschwitzt und weniger Kraft hatte und mich auch nicht so gut auf den Weg konzentrieren konnte wie sonst. Ich war sehr froh über die kurze Etappe. Beim Wandern kann eben alles Mögliche passieren, das einem den Plan durcheinander bringt. Die Kraftlosigkeit ist noch ein bisschen bemerkbar und ich hoffe, dass sie sich bis morgen gibt, denn da steht mir wieder eine längere Etappe bevor.

Il Cammino di Dante (Teil 16) - Zurück in die Berge

 Nach einem relativ ausgiebigen Frühstück (mit bedauerlicherweise wirklich grauenvollem Kaffee) beginne ich meinen Tag wieder mit einem Aufstieg zur Burg.

Etappe 13 (offiziell 4): von Brisighella über Ca' Malanca zu Croce Daniele

Es beginnt gleich mit einem ziemlich Anstieg - auch nach der Burg. Da heute Sonntag ist, sind viele andere Wanderer unterwegs. Die meisten fahren mit dem Auto zur Burg oder weiter und beginnen dort.

Duftende Blüten säumen den Weg

In der Vielzahl der Wandertouren und Rundwege ist es gar nicht so einfach sich zu orientieren. Eine Weile folgt der Danteweg der via del gesso.

Entlang des Weges wurden ein paar Skulpturen in den Stein gehauen.

Stein bleibt das Thema des Weges: so führt der Weg zwar auch durch den Wald, aber immer wieder auch über nackten Fels oder Steinsplitterwege.

Schöne Panoramen immer wieder

Der Weg im Stein

Es ist sehr heiß und obwohl diese Etappe nicht übermäßig lang ist, ist sie stellenweise strapaziös: teilweise sind die Anstiege über kurze Strecken sehr steil und unwegsam, es gibt auf dem Weg keine Labestellen und kein Wasser. Ein Großteil des Weges führt durch den schattigen Wald, doch sobald man eine schattenlose Stelle betritt, ist die Sonne gnadenlos und ich muss mich bemühen, mit meinem Wasser gut hauszuhalten. Zum Glück habe ich noch einiges an Obst, das ist auch erfrischend.

Die einzige Raststelle, die es gibt, ist bei der unbewirtschafteten Schutzhütte Ca' Malanca (nach erst 17 km). Dort gibt es neben zwei Picknickbänken auch ein Museum des Widerstandes, das sogar offen gehabt hätte (weil Sonntag). Leider war meine Priorität das Sitzen und Rasten, sonst hätte ich es mir angesehen.

Auf der Picknickbank lege ich mich kurz hin und schließe die Augen. Dann esse ich meine restlichen Kiwi und die Banane und gehe die letzten paar Kilometer zu Croce Daniele.

Dort gibt es ein Restaurant. Sieht recht fein aus, darum zögere ich kurz, doch danach finde ich den Eingang zur Bar und bestelle mir ein Bier, das ich im Barraum am Fenster sitzend trinke. (Ich möchte die feinen Leute nicht mit meiner erschöpften Schwitzigkeit belästigen. Meine Gastgeberin zeigt sich danach überrascht, dass ich problemlos bewirtet wurde. Scheinbar zählen Wanderer nicht zum bevorzugten Klientel. Ich kann mich aber nicht beschweren.)

Untergebracht bin ich für die Nacht bei Monica, einer Fremden- und Naturführerin, die auf dem Berg ein kleines Häuschen hat. Ihre Adresse habe ich von der Liste des Dantewegs. Ein traumhafter Ort (ohne Handyempfang) und eine ganz liebe Gastgeberin, die mich abends bekocht und mir morgens ein gutes Frühstück (Brot, Joghurt, Obst, Nüsse) auftischt.

Mit ihr unterhalte ich mich auch über Hunde. Eine Sache, die mir hier überall negativ auffällt, sind kläffende Hunde. Meist sind sie hinter Zäunen, aber nicht immer. Ich erschrecke jedes Mal und es macht mich unrund, wenn mir ein bellender oder auch knurrender Hund entgegen- oder nachläuft. Eigentlich mag ich Hunde wirklich gerne, aber im Laufe der letzten beiden Wochen habe ich eine wachsende Nervosität bzw. fast schon Abneigung entwickelt. Monica warnt mich vor, dass ich am nächsten Tag an einem Haus mit freilaufenden Hunden vorbeikommen werde, bietet mir dann aber an, mich zu begleiten und mir einen Alternativweg zu zeigen. Wirklich nett.

Monicas Hündin: anfangs sind wir beide skeptisch, aber dann freunden wir uns an


Sie erzählt mir auch, dass sehr viele Leute den Weg unterschätzen, die Etappen schlecht planen, zu wenig Proviant und Wasser mitnehmen oder in ungeeigneter Kleidung unterwegs sind. Zitat: Das ist nicht der Jakobsweg hier, sondern dieser hier ist schwieriger und hat weniger Infrastruktur. Ich habe den Vergleich nicht, aber ich schreibe es mal hier rein, vielleicht dient es jemandem.
Nachdem sie auch von Vipern und Zecken spricht, wechsle ich für die nächsten Tage wohl wieder in die lange Wanderhose... (Drei Schlangen habe ich auf dem Weg schon gesehen.)

Etappenzusammenfassung:
21,5 km Distanz
1.100 Hm Gesamtaufstieg
06:30 Gehzeit (inkl. mind. 45 min Pause)

Körperzustandszusammenfassung:
Mein Bein hat sich wieder ganz beruhigt und ich spüre es nur noch abends. Der obere Rücken zieht manchmal etwas. Insgesamt ist alles gut. Ich gehe täglich früh schlafen, um wirklich ausgeruht zu sein, und das macht sich positiv bemerkbar. Über meine Yogamatte, die ich auch mitschleppe, bin ich sehr froh: jeden Abend mache ich ein paar Dehnungs- und jeden Morgen ein paar Kräftigungsübungen.

Lektürefortschritt:
Mit der Divina Commedia bin ich fertig. Sie war eine gute Reisebegleitung. (Und mir gefällt, dass ich sie gerade noch in der Emilia-Romagna abgeschlossen habe. Die nächste Etappe führt mich schon wieder in die Toskana zurück).


Saturday, May 21, 2022

Il Cammino di Dante (Teil 15) - Weinberge, Kiwiplantagen, Olivenhaine

Da, wo ich untergebracht war, etwa 3 km außerhalb von Faenza, gibt es nicht viel: ein paar Häuser, ein sehr gutes Ristorante (La Pavona) und ganz viele Obstbaumplantagen. Durch die spaziere ich, um mir vor dem Abendessen die Zeit zu vertreiben.

Beim Frühstück frage ich schließlich Beatrice, meine liebe Quartiergeberin, um welche Bäume es sich dabei handelt, da ich sie nicht erkenne. Sie erklärt mir, dass das großteils Kiwi seien und die auch exportiert werden. Dann fragt sie, ob mir Kiwi schmecken und ich welche möchte und gibt mir gleich fünf Stück mit und außerdem noch eine Banane: "Die ist reich an Kalium. Das brauchst du, wenn du wanderst." Da sage ich freilich auch nicht nein.

Etappe 12 (10 u 11 habe ich ja gestrichen; offiziell Etappe 3): von Faenza / Gradiola nach Brisighella.

Den Rucksack voller Obst gehe ich wieder los und navigiere mich sehr bald von der Straße auf einen Feldweg, der mich nach insgesamt 3km zum Danteweg zurückbringt. Auf Feldwegen bleibe ich und komme an (Fisch-?)Teichen, mehr Obstbäumen, Weingärten, Feldern und Olivenhainen vorbei. Die Landschaft ist abwechslungsreich und schön:



Streckenweise wird der Weg von der Vegetation fast überwuchert

Ziemlich zentral im Hintergrund vor dem Hügel erkennt man als hellbraunen Fleck bereits meinen Zielort: Brisighella


Obwohl ich eine Pause mache, bin ich schon kurz nach 11:00 am Ziel. Es war eine kurze, einfache Etappe. 

Im Hotel sind sie sehr nett und ich kann zwar natürlich noch nicht in mein Zimmer, aber ich kann meinen Rucksack dort lassen und bekomme eine kleine Infobroschüre über Brisighella. Also packe ich alles Wichtige in meinen kleinen Zweitrucksack, wechsle das Schuhwerk und gehe mir den Ort ansehen.

Brisighella ist ein nett und klein, aber mit genügend Infrastruktur, um wohl für Heimische und Touristen einigermaßen attraktiv zu sein. Es gibt eine Therme, diverse Lokale, Sportmöglichkeiten, ein Theater, einige Rundwanderwege (z.B. den Themenwanderweg "via del gesso" - den Weg des Gipses) und ein paar Sehenswürdigkeiten.
Das Ortspanorama wird von drei Gebäuden hoch oben dominiert: von der Rocca (Burg), der Wallfahrtskirche "Madonna del Monticino" und dem Uhrturm.

Uhrturm
(erbaut im 13. Jh als Verteidigungsbollwerk)

La Rocca (14. Jh)

Brisighella von oben

Via degli Asini ("Eselsweg")
- ein geschützter Gehweg auf Niveau des ersten Stockes
 
Der etwas abgelegene Teil, wo mein Hotel dich befindet, hat definitiv schon bessere Zeiten gesehen: ein verlassenes Hotel mit eingeschlagenen Fensterscheiben und ein ebenfalls verlassenes Restaurant, wo sich schon die Pflanzen breit machen, zeugen von besseren Zeiten. Auch die Therme ist geschlossen - scheinbar für Renovierungen.

Bis ich meinen Rundgang beendet und zu Mittag gegessen habe, kann ich auch schon einchecken.


Etappenzusammenfassung:
15 km Distanz
340 Hm Gesamtanstieg
ca. 2,5 h Gesamtgehzeit

Körperzustandszusammenfassung:
Der Schienbeinbereich meines linken Beines hat sich zwar etwas beruhigt, beginnt aber nach ca. 10 km wieder zu schmerzen und ich werde in den nächsten Tagen wohl etliche Pausen machen (müssen). Alle anderen Körperbereiche sind schmerzfrei, auch die Schultern. Von den vielen Pausetagen stellt sich im Magen erstaunlich schnell ein Sättigungsgefühl ein, sodass ich heute das Abendessen auslassen werde. Ich nehme an, dass der Hunger in den nächsten Tagen wieder zulegen wird.

Lektürefortschritt:
In Ravenna habe ich mich ins Paradies hineingelesen und bin mittlerweile beim 26. Canto angelangt (oder laut E-book-Reader bei 90%).
Die göttliche Komödie liest sich, zumal im Versmaß geschrieben, wirklich nicht besonders einfach und eine kommentierte Ausgabe wäre wohl sinnvoller gewesen, um alle Personen und Anspielungen zu verstehen. Dabei sind die historischen Personen, die v.a. in Italien bzw. Toskana und Emilia-Romagna gewirkt haben, der schwierigste Teil - die Gestalten aus der römischen und griechischen Mythologie und der Bibel sind mir zum Glück weitgehend geläufig, sonst könnte ich mit dem Werk sehr wenig anfangen.
Es hilft jedenfalls (und passt ja sehr gut dazu) das Werk mit dem Weg, den Orten und den Museen zu kombinieren und multidimensionaler zu erschließen.
Jetzt freue ich mich allerdings schon, wenn ich damit fertig werde (vielleicht schon heute), denn als nächstes habe ich mir die italienische Ausgabe des Namens der Rose (Umberto Eco) heruntergeladen, denn auch das passt nicht so schlecht zu dieser Wanderung.