Sunday, September 21, 2014

WHW - part 5: The Moor, the Norwegian and Whisky galore!

Tyndrum - Kingshouse
Strecke: 32km
Höhenmeter: zuerst flach, dann kontinuierlich ansteigend, bis zum letzten Abstieg ins Tal


Bevor wir von Tyndrum loszogen, warfen wir unsere Postkarten in den Postkasten - so viele findet man am Weg ja nicht - und gingen noch in einen der beiden Shops ("last shop for 30 miles") und deckten uns mit genug Proviant ein. Die heutige Etappe sollte die längste werden und der witzige alte Mann an der Kassa kommentierte "Lovely little walk today?" Unsere Herbergsbegerin hatte uns jedoch bereits erzählt, dass wir den ärgsten Teil der Strecke hinter uns hätten und der heutige Weg zwar lang, aber nicht besonders anstrengend sei. Nicht eingerechnet waren da aber die Schmerzen in meinem Knöchel, die über Nacht nicht komplett abgeklungen waren, sondern bereits nach einer halben Stunde Fußmarsch wieder einsetzten und kontinuierlich lauter werden sollten.

Wir hatten Tyndrum gerade verlassen, als uns ein junger Norweger anplauderte, der alleine (mit einem 3-Mann-Zelt) unterwegs war und sich jeden Tag Wandergefährten suchte. Bereits am Vortag hatten wir ihn mit einem Schotten gemeinsam gesehen und uns gefragt, ob die beiden wohl Vater und Sohn seien, denn ähnlich gesehen hatten sie einander nicht. Jetzt wussten wir wieso. Er schloss sich uns an und wir unterhielten uns über's Wandern, das Heer und unsere Länder.

hinter uns liegt der Weg, der vor uns liegt

Der Weg nach Bridge of Orchy, eine von zwei Häuseransammlungen am Weg, war - bis auf die Schmerzen im Bein - angenehm und verging dank des Geplauders sehr schnell. Damit hatten wir bereits das erste Drittel der Tagesetappe erledigt und Mama und ich beschlossen, dort eine Pause einzulegen, damit ich meinen Fuß ausruhen konnte. Dieser hatte nur Minuten davor einen letzten Stich von sich gegeben und dann aufgehört zu schmerzen. Ich wusste nicht, ob ich mich sorgen sollte, oder erleichtert sein.

Wir kehrten im "Bridge of Orchy Hotel" ein. Das klingt sehr nobel, doch man muss wissen, dass die meisten Einkehrstellen entlang des Weges Hotels sind und es "normale" Pubs nicht viele gibt: der Bedarf wird durch die Hotelrestaurants bzw. die extra eingerichteten Walkers' Bars abgedeckt: kleine Pubräume, die getrennt vom Hotelrestaurant begehbar sind und wo dreckige Wanderschuhe und klobige Rucksäcke nicht stören. Da es in Bridge of Orchy allerdings sonnig war und nicht regnete, tranken wir unseren Tee heraußen unter einem Sonnenschirm.

Blick von der Brücke

The Bridge

Man versteht die Ortsbenennung

Von Bridge of Orchy ist es nicht weit nach Inveroran (etwa 7 km) und wir planten bereits die nächste Pause dort, da wir wussten, dass dann vor Kingshouse wirklich nichts mehr kommen würde. Wir marschierten also weiter und fanden ein kleines Hotel (ohne eine nennenswerte Zahl an Häusern rundum) mit vielen Wanderern davor, die gerade von dort aufbrachen. Hier betraten wir erstmals eine Walkers' Bar durch den Garten und die Hintertür und fanden dort unseren Norweger wieder, der zwei ältere amerikanische Damen überredet hatte, Irn Bru zu probieren. Sie mochten es. Dann zogen sie weiter.
Wir aßen gemütlich Suppe, versuchten die Nationalitäten einer Burschengruppe und eines jungen Pärchens zu erraten, und bewunderten das rund um den Raum aufgemalte Fries - eine recht witzige Darstellung des West Highland Way.

Nach Inveroran beginnen die weiten Weiten des Rannoch Moor. Ein Hochmoor, das in meinem Reiseführer als grausam und brutal beschrieben wurde, weil man vom Weg nicht abweichen kann und auch nirgends Schutz suchen, sollte das Wetter ungnädig sein. Wir hatten jedoch Glück: Der Sonnenschein, der uns die ganze Zeit schon begleitete, blieb bei uns. Wobei, eigentlich war auch die Sonne unbarmherzig: Sie brannte auf uns herab und jedesmal, wenn kein Wind ging, wurden wir von einem Schwarm aggressiver Bremsen attackiert. Hin und wieder gab's zum Glück aber ein Lüftchen.






Mein Fuß gab jetzt endgültig Ruhe und wir kamen gut voran. Hin und wieder machten wir fünf Minuten Pause, um unseren Sonnenschutz zu erneuern, unseren Wasserhaushalt aufzufüllen und unsere Schultern für ein paar Minuten von ihren Lasten zu befreien, denn alle 2-3 Stunden etwa, begannen sie unter dem Gewicht zu schmerzen.
Die einzigen Raststätten: Brückenbegrenzungen über kleinen Bächlein






Das Gras hat dort eine ganz surreale Farbe. Nicht nur durch die Kamera.

Der Weg war, wie gesagt, sehr weit und zwei bis drei Stunden vor unserem Ziel begann meine Mutter, Probleme mit der Hüfte und dem Bein zu bekommen. Wir mussten vermehrte Rastpausen einlegen. Bei einer dieser kleinen Pausen bemerkte ich einen kleinen Spalt in der Sohle meines linken Wanderschuhs. Ich sah mir die Sache genauer an und stellte fest, dass die Sohle begonnen hatte sich abzulösen. Dass ich es bis Kingshouse schaffen würde stand außer Frage, aber wie ich am nächsten Tag weiterwandern sollte war unklar. Wie dem auch sei, wir mussten zuerst mal bis Kingshouse kommen und die letzten fünf Kilometer sind boshaft und gemein:
Kingshouse liegt in einem Tal, zu dem wir erst absteigen mussten. Es ist ein einzelnes großes Hotel (mit noch 2 kleinen Gebäuden daneben) und man sieht die weiße Fassade schon von dem Bergrücken aus, den wir davor überschritten. Man glaubt also gleich da zu sein, doch von dem Zeitpunkt an, da man das Hotel zum ersten Mal sieht, bis zum eigentlichen Eintreffen ist es noch eine gute Stunde, wenn nicht 1 1/2. Pausen legten wir außerdem noch mehrere ein, um Mamas Bein zu schonen und es war Abend, als wir schließlich am Hotel ankamen. 


Das Hotel ist ganz klein rechts im Bild

Wir bekamen unser Zimmer und widerstanden mit viel Geisteskraft dem starken Drang, uns gleich aufs Bett zu werfen und zu schlafen, sondern gingen duschen und gönnen uns ein ordentliches Abendessen in der Hotelbar. Dort trafen wir auch den Norweger wieder, der sein Zelt an diesem Abend nicht ausrollte, sondern sich ebenso den Komfort eines Hotelbetts gönnte.
Belebt durch das gute Essen, entschlossen Svein und ich uns durch das wahrlich beachtliche Whiskysortiment der Bar durchzuprobieren. Man ist schließlich in Schottland und es gibt hier nicht gerade wenige gerühmte und weniger bekannte Destillerien. Die lässt man nicht einfach ungetestet zurück. Es war also ein lustiger Abend und, wie das so ist, wenn man gemeinsam trinkt, schlossen wir Freundschaft. Als wir dann mitbekamen, dass die witzigen Barmenschen das Semifinale der Fußballweltmeisterschaft schauten, fragten wir sie nach dem Punktestand.
D'ya wanna come watch?
Yeah, sure!
Sie öffneten uns die Barriere zur Bar, lotsten uns durch den Bierspeicher in die Walkers' Bar, von der wir bis dahin nichts gewusst hatten und wir fanden uns in einer Gruppe gröhlender Franzosen wieder.
Ein grandioser Abend!

Addendum: Was uns dieser Tag (und die folgenden) lehrte war, dass der Körper über verschiedene Schwachstellen verfügt, die bei Anstrengungen dieser Art zutage treten. Die Schmerzen in meinem Knöchel konnte ich durch weitere Beobachtung darauf zurückführen, dass ich nicht mit beiden Füßen gleich auftrete, sondern meinen rechten Fuß eigenartig belaste. Ist schon interessant. Ich versuche jetzt noch, dagegen zu wirken.

No comments: