Monday, April 04, 2022

Il Cammino di Dante (Teil 1) - die Vorgeschichte

Zuallererst einmal: Willkommen oder willkommen zurück. An euch, an mich. Ich habe jahrelang nicht gebloggt. Es hat mir nicht gefehlt. Das Berufsleben frisst bedauerlicherweise nicht nur Lebensjahre sondern auch Energie und Kreativität. Ich gebe zusätzlich dem Smartphone die Schuld. Vor dem Smartphone hatte ich mehr eigene Gedanken.

Jetzt habe ich ein wenig Pause vom Beruf (vielleicht schaffe ich es auch noch, mir Pause vom Smartphone zu nehmen) und - siehe da - die Lust zu schreiben kehrt auch wieder.


Nun aber zum eigentlichen Thema: Weitwandern

Früher, als ich ca. 17 war, wollte ich unbedingt den Jakobsweg gehen. Die Idee, einfach alleine zu wandern und sich den eigenen Gedanken auszusetzen, wenn monoton ein Schritt dem anderen folgt, fand ich damals schon ansprechend und der Jakobsweg war der einzige, von dem ich zu dem Zeitpunkt gehört hatte. Später hat sich dieser Wunsch geändert, denn erstens war mir der Jakobsweg jetzt zu abgedroschen und zweitens hat sich meine Einstellung zur katholischen Kirche und zum Glauben seither stark verändert und es käme mir unpassend vor, eine Kirche zum Ziel meines Weges zu machen. 

So richtig hatte sich mir zunächst keine Alternative präsentiert, die ein paar Rahmenbedingungen erfüllt (ohne Flieger erreichbar, ca. 3-6 Wochen Gehzeit, einigermaßen stabiles Wetter, vom Weg her gut alleine machbar, halbwegs eine Infrastruktur, damit ich kein Zelt mitschleppen muss; ich muss mich verständigen können). Ein paar Ideen hatte ich, aber keine passte so richtig. Gleichzeitig hatte ich sowieso nicht die Zeit einen längeren Weg zu gehen - außer im Sommer, wo es zu heiß ist.

Vergangenen Herbst war ich schließlich in Triest, um an meinen Italienischkenntnissen zu arbeiten, und irgendwo habe ich plötzlich vom Danteweg gelesen. (Es war vermutlich das vermaledeite Smartphone, das mir den Artikel in meine Googlevorschläge gespült hat, weil ich ein paar Mal nach Wanderwegen in der Nähe von Triest und Görz gesucht hatte). Zudem war 2021 Dante-Jahr und zu Ehren des 700. Todestags des italienischen Nationaldichters gab es diverse Festivitäten, Ereignisse und eben Zeitungsartikel, die ich zwar wahrgenommen, aber nicht gelesen habe, bis auf jenen über den Danteweg.

Dante und die Divina Commedia. Ein Buch, das man "kennen sollte" und das ich eigentlich schon länger lesen wollte, aber irgendwie nie gemacht habe. Im Lateinunterricht habe ich zuletzt ein wenig Dante gelesen und mit meiner Klasse besprochen und da ist mein Interesse wieder etwas aufgeblüht. In Venedig habe ich eine Illustration der Divina Commedia für Kinder gesehen und durchgeblättert. Im Sprachkurs in Triest haben wir auch über Dante gesprochen, im Zusammenhang mit der Sprachwissenschaft und seine Wichtigkeit für die italienische Sprache. Ja und dann kam eben der besagte Artikel.

Ich habe ihn zunächst überflogen, dann aufmerksamer gelesen und schließlich begonnen zu recherchieren. Verflixt, ich fand kaum etwas auf Deutsch oder Englisch, doch es gibt eine wunderbare italienische Website zum Cammino di Dante , die alle Etappen auflistet und alle wichtigen Infos (bis zur Packliste) bereitstellt und mir so richtig Lust gemacht hat, mir das ernsthaft zu überlegen: Der Weg führt von Ravenna nach Florenz und auf einer anderen Strecke wieder zurück. Dante selbst ist von Florenz nach Ravenna gereist und der Wanderweg zeichnet anscheinend die Strecke nach. Man quert den nördlichen Appennin und wandert durch kleinere Orte der Provinzen Toscana und Emilia-Romagna, durch die auch Dante kam und die seine Divina Commedia inspirierten. (Das entnehme ich der Website und den Informationen, die ich bislang habe). 

Es hat sich immer deutlicher abgezeichnet, dass ich diesen Weg unbedingt gehen will. Dass das endlich der erste Weitwanderweg sein wird, den ich alleine gehen werde. Dante anstatt des heiligen Jakob. Der Weg hat die richtige Länge und den richtigen Schwierigkeitsgrad, liegt in Italien (gutes Essen, gutes Wetter, ich kann mein Italienisch gleich üben), ist mit dem Zug gut erreichbar, ist landschaftlich und kulturell wohl recht interessant, vermutlich kaum überlaufen und motiviert mich, mich endlich mit Dante und seinem Werk auseinanderzusetzen. (Die "Divina Commedia" wird auf meinem Kindle mitreisen und hoffentlich werde ich sie auch lesen.)


Ein paar Fakten zum Weg:

  • Wegstrecke: im Wesentlichen* Ravenna - Florenz - Ravenna
  • Startpunkt: Dantes Grab in Ravenna 
  • Zielpunkt (= Wendepunkt) in Florenz: Casa di Dante (Dantemuseum)
  • Streckenlänge*: > 400 km
  • Summe der Aufstiege in Höhenmeter*: ca. 13.850 Hm
  • 21 Etappen unterschiedlicher Länge und Schwierigkeitsgrades (zwischen 9,6 und 29,2 km)
*Es gibt ein paar alternative Wege oder Punkte, zu denen man vom Weg weg noch zusätzlich wandern kann oder nicht. Die habe ich für die Rechnung außer Acht gelassen.


Wenn man den Weg gehen möchte, wird ersucht, sich auf der Website des Cammino di Dante (s.o.) zu inskribieren. Man kann zwischen drei Paketen wählen: einfache Inskription mit einem Identifikationskärtchen (€8), Inskription mit zusätzlichem Stempelpass (€12) oder volle Inskription mit Kartenmaterial und einer Liste an Unterkünften entlang des Weges (€25). Der bezahlte Betrag kommt der Instandhaltung und Betreuung des Weges zugute, fördert die Durchführung von und ermöglicht die Teilnahme an Dantefestivitäten (sofern welche stattfinden). Bislang ist mein Eindruck aus der Ferne, dass das sehr gut gemacht wird und diese kleinen Förderbeträge absolut fair sind. Ich habe mich freilich für das große Paket entschieden.
Erhalten habe ich eine sehr nette Email mit Infos zu den einzelnen Etappen und deren Schwierigkeitsstufen, der Liste der Unterkünfte und ein paar Zusatzinformationen, z.B. auf welcher Strecke man unbedingt schon zeitgerecht reservieren muss, damit man auch wirklich sicher einen Schlafplatz bekommt, sowie diverse Kontaktnummern, falls man irgendwo Hilfe benötigt. Heute lag auch das Kuvert mit allen haptischen Dingen im Postkasten:


All mein Infomaterial

Insgesamt gibt es sehr wenige Publikationen zum Danteweg und die, die es gibt, sind nur auf Italienisch (also jedenfalls nicht Englisch und Deutsch, nach anderen habe ich nicht gesucht). Ich habe mir dieses hier noch zusätzlich zum Inskriptionspaket bestellt. Es scheint mir eher als Lektüre davor interessant, als dann wirklich auf dem Weg selbst nützlich, aber das wird sich noch weisen. Wichtige Eckdaten, Tipps und ebenso eine Liste an Unterkünften findet man darin und genauso ausführliches Kartenmaterial zu den einzelnen Etappen und einige kulturelle Tipps und Rezepte. 

Es gibt auch noch eine App für knappe €10, aber ich habe das lieber alles zum Angreifen in der Hand und werde auf die App eher verzichten, denke ich.

Für mich geht es jetzt in den nächsten Tagen an die genauere Planung und das Buchen der Unterkünfte, das sowohl auf der Website, als auch in der Email ausdrücklich vor der Reise empfohlen wird. Ich bin schon sehr aufgeregt, denn ich werde vieles über's Telefon buchen müssen und das habe ich auf Italienisch noch nie gemacht. Aber ich habe mir diesen Weg ja ausgesucht, weil er für mich ein paar Herausforderungen bereithält!


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