Monday, March 12, 2012

In vino gaudium

Dieser Beitrag bringt mich zurück in meine Urheimat, wenn man das so sagen kann, in ein kleines Dorf am Rande des Landes, reingeschmiegt in eine Senke, die zu beiden Seiten von Weinbergen gebildet wird und den Ort beinahe vom Erdboden verschwinden ließe, wären nicht in den letzten Jahrzehnten die Häuser immer weiter Richtung March gekrochen. Der Ort, dessen Pforten von Ritterstatuen bewacht werden, die eine ewige Werbetafel für das biennial stattfindende Ritterfest darstellen, ist klein, doch beachtlich viele Einwohner dort haben sich erfolgreich dem Wein verschrieben (die, die keinen produzieren, trinken umso mehr davon). Zu den Weinbauern gehört auch mein Großvater, der die Vinokultur mit einer Leidenschaft und unbedingten Liebe betreibt, wie ich es sonst nicht kenne - aber vielleicht blicke ich hier auch durch die Nostalgiebrille. Jedenfalls gibt es für diesen hart arbeitenden, von mir zutiefst bewunderten Menschen nichts Schöneres, als sich eine Rebschere einzustecken, sich ein fiata (=Führtuch, in etwa eine Schürze) zur Kollektion der diversen Schätze umzubinden und mitsamt Hund einen ausgedehnten Spaziergang zu unternehmen. In liebevoller Handarbeit werden Reben zurechtgestutzt und zurechtgebunden, wird das Unkraut entfernt und schlussendlich der Wein geerntet. Keinen schöneren Ort gibt es für ihn und er nirgendwohin passt er so gut wie dort. Bei so viel Liebe und Sorgfalt verwundert es nicht, dass auch der Wein ganz vorzüglich schmeckt*. Von seiner Qualität und auch derer des Weins der anderen Winzer kann man sich zweimal jährlich überzeugen, nämlich stets Anfang März und Anfang September, wenn zum Jungweinschnuppern bzw zu Kellerfest gerufen wird. Mag für viele Einheimische dieser Event dazu dienen, alte Freunde wieder zu treffen und einen lustigen Nachmittag zu verbringen, so treibt er auch die Wiener aus der Stadt, auf dass sie vorzüglichen, komplett unbekannten Wein in authentischer Atmosphäre kosten und sehr günstig erstehen können. *Ich bin vermutlich aufgrund der familiären Bande, die falsche Person, um Werbung zu betreiben. Aber es bietet sich an und sei bitte verziehen. Das Spiel geht so:
  • Man versammle eine Gruppe von Leuten, deren Gesellschaft man schätzt (Trinkfestigkeit ist kein Muss, schadet aber freilich nicht.)
  • Man erstehe pro nicht-autofahrender und vinophiler Person ein Weinglas mit Ortsemblem (momentaner Preis: €9)
  • Man ziehe von Keller zu Keller und koste sich quer durch das Sortiment, ohne weiteren Aufpreis
  • Man sehe zu, dass man konstant eine gute Unterlage behält, dann sind die Effekte nicht allzu schädigend
  • (ja und für meine Person heißt's am Abend dann immer "Ab hinter die Schank!" was nach ausgiebiger Kosterei trotzdem auch ein ziemlicher Spaß ist. Je nach Alkoholpegel und Charaktergüte der Trinkenden, eben.)
Wenn die Sonne scheint: ein wunderbares Wochenendserlebnis. Die Winzer sind bester Laune, die Frauen des Ortes übertreffen sich an kalorienreichen und cremebeladenen Torten- und Kuchenkreationen, ein kleines Museum und Kellergassenführungen bieten eine Pause vom Rebensaftsgenuss und für die Freunde der volkstümlichen Musik geben Fragmente der örtlichen Kapelle normalerweise Polkas und Märsche aus ihrer Kollektion zum Besten. Kinder kann man entweder frei herumlaufen lassen, an der Kinderbetreuungsstelle abgeben, oder man nimmt sie mit. Und wenn man nach dem langen Nachmittag des Weintrinkens weiterfeiern will und nicht darauf erpicht ist, den letzten Zug gen Wien zu erwischen (22:53), dann findet man im Jugendheim Herberg, bei Musik und wohlfeilen Getränken. So geschehen ist es am Samstag: im Freundeskreis wurde fleißig die Werbetrommel gerührt, man ist ausgerückt, und - wie's scheint - wurden wieder ein paar Interessenten für den Herbst dazugewonnen. Mihi placet!

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