Tuesday, June 19, 2012

Dust in Delhi

Von Leh auf Delhi ist ein harter Schnitt. Selbst wenn man bereits um 8 Uhr früh landet, hat es dort schon Temperaturen wie in einem gerade abgeschaltenen Backrohr. Was außerdem auffällt: Menschen, Menschen, Menschen. Der Verkehr in Leh ist ein Witz dagegen, was sich auf der Autobahn hier abspielt: Taxis und Tuktuks, die sich aneinander vorbeidrängen, und Fahrräder, die auf der 3-spurigen Fahrbahn entgegen dem Strom fahren. So zählflüssig, wie hier der Verkehr ist, ist das Chaos aber auch verschmerzbar. Kühe hab ich immerhin keine gesehen.

Da ich noch kein Hotel hatte, war ich anfangs ein ganz kleines bisschen unentspannt, doch es gab bereits Pläne A und B. (B hätte Couchsurfing impliziert, doch da Plan A aufging, war es nicht nötig, dass ich mich nach einem freien Sofa umsah.) Plan A sollte ich im Taxi zum Flughafen von Leh treffen. Den Weg dorthin trat nämlich außer mir auch ein junges, kroato-französisches Pärchen an und wir kamen ins Reden. Als ich ihnen von meinem Schlafplatzmangel erzählte, schlugen sie vor, dass ich ja mit ihnen in die Stadt fahren könne und sehen, ob in ihrem Hotel noch ein Zimmer frei sei. Klang gut und machte ich. Zimmer war zwar keines mehr frei, aber Darja fragte sofort, ob man nicht ihr Zimmer um noch ein Bett bereichern könne - sei ja nur für eine Nacht.
So fand ich mich mit den beiden in einem Zimmer und hatte noch dazu den Vorteil, dass ich mich der Stadt nicht alleine zu stellen brauchte.

Unser erster Weg führte uns an einer stark befahrenen (und staubigen) Straße entlang nach Neu Delhi, wo wir feststellten, dass das "Zentrum" eine riesige staubige Baustelle ist. Mit einem Park in der Mitte. Dort flohen wir gleich mal vor der sengenden Mittagssonne ins Kino, um uns dort einen Bollywoodfilm anzusehen, der sich als Politthriller entpuppte. Die Tatsache, dass der Film auf Hindi war, machte ihn nicht unbedingt leichter verständlich, doch zumindest hatte es im Kinosaal kühle 27°C.

Als wir wieder ans Tageslicht traten, war es immer noch unglaublich heiß, doch wir wollten uns nicht unterkriegen lassen. Mit pro Person ca. 3 Litern Wasser im Gepäck traten wir den Weg nach Altdelhi an, um dort 1-2 Sehenswürdigkeiten näher zu beäugen. Die Tucktuck- und Rikshafahrer, die sich uns alle halben Minuten aufdrängen wollten, enttäuschten wir durch unser Durchhaltevermögen und marschierten zu Fuß die staubigen Straßen entlang, auf der Suche nach Jama Masjid, der größten Moschee Indiens.

Die Moschee in ihrer ganzen Pracht

Leute beim Herumlungern und/oder Beten

Die Leute in Delhi kann man grob in 2 Gruppen teilen: diejenigen, die einem irgendetwas aufdrängen wollen - sei es ein ungewolltes Taxiservice, sei es ein Hennatattoo, sei es wieder mal ein Pashminaschal, mit dem man sich in der Hitze wohl nur den Schweiß abwischen könnte - und diejenigen, die einem ohne eigene Interessen einfach nur weiterhelfen wollen, oder ein bisschen plaudern. Es ist eine faszinierende Stadt.

Zurück zur Moschee: Wir blechten 300 Rupien, nur um in mantelschürzenartige Bekleidung gehüllt zu werden. Den Beweggrund dahinter hab ich nicht ganz verstanden, da Darja und ich beide lange Hosen anhatten und sowohl Schultern als auch Kopf bedeckt waren. Inderinnen mit kurzen Ärmeln schienen außerdem auch kein Problem zu sein. Vermutlich machte man sich einfach über uns lustig.

sexiest outfit of all times
Diese bunten, flatternden Gewänder führten jedoch dazu, dass wir, wie Pfauen, die Aufmerksamkeit aller anderen Moscheebesucher auf uns zogen, die sich dann einbildeten, ein Foto von und mit uns machen zu müssen. Das taten sie auch ganz ungeniert: Als ich gerade selbst ein Foto vom schönen Innenhof der Moschee machen wollte, trat auf einmal ein Typ ins Bild, seine Handykamera auf mich gerichtet. Ich ersuchte ihn, doch bitte zur Seite zu treten, sodass ich ein Foto machen könne, doch das tat er nicht. Er stellte lieber ganz ungeniert scharf und drückte ab. Ich hab ihn mit meinen Augen getötet.

Andere waren wenigstens so höflich vorher zu fragen und sich danach zu bedanken, aber nichts desto weniger haben wir schnell die Flucht ergriffen.

Der Abend war weitaus angenehmer, denn er führte uns durch den Gemüsemarkt, der sich in mehreren kleinen Gassen rund um unser Hotel wand. Dort wurden Jackfruits aufgeschnitten und Gewürze auf Bestellung gemixt. Da schlug ich dann auch diverse Ängste und Warnungen in den Wind und kostete mich ganz unvorsichtig durch die allenorts angebotenen Warenproben: Cashews, Zuckerrohr, Kekse. Hat mir nicht geschadet.


Masalamix nach Wahl

Yogaposition: schlafender Hund, der nach unten blickt

Die Hitze machte uns am nächsten Tag so sehr zu schaffen, dass wir ihn vorwiegend mit schlafen zubrachten. Außerdem trocknen die Augen in Delhi so extrem aus, dass man zu zweifeln beginnt, ob man denn noch überhaupt Tränenflüssigkeit übrig hat.
Ich habe festgestellt, dass es allzu viel Sehenswertes in Delhi eh nicht gibt. Vermutlich ergreifen die meisten Touristen drum auch gleich die Flucht und fahren zum Taj Mahal.
Falls ich mich täusche und es in Delhi doch irgendwo versteckte Juwelen gibt, kann man sich die zu einer anderen Jahreszeit bestimmt besser ansehen. Wenn der Monsun ein bisschen eine Erleichterung gebracht hat.

No comments: