Monday, January 18, 2010

Tales of Bangor #2 - Arrival and first day

"Augen zu und durch / Du schaffst es!
Alles was du willst / Du machst es!
"

...tönte es gestern um 4 Uhr morgens als ich bei starkem Schneefall ins Auto stieg aus dem Radio. Irgendwie sehr zu meiner Stimmung passend. Ich widerstand dem Verlangen, Radio NÖ wegzuschalten - das bekomme ich jetzt eh länger nicht zu hören und es war - seltsamerweise - irgendwie entspannend.

Zur Reise selber will ich gar nix sagen. Sie war wie jede andere Reise auch: lang. Interessanterweise hab ich mich im Flugzeug sicherer gefühlt als am Boden, denn im Flugzeug musste ich auf nichts Acht geben und konnte einfach entspannt Schlaf nachholen bzw mich bei der Lektüre von "The Welsh Girl" auf meine Zieldestination einstellen.

Am Bahnhof von Manchester wurde ich sofort von einem jungen Mann als nach Bangor Reisende entlarvt (warum auch immer) und angesprochen. Er war auch am Weg dorthin. Gemeinsam mit seiner jungen Frau. Sie sind Iraner und er macht sein Studium hier fertig. (Nur weil's zum Jordanienblog passt: Er heißt - ganz kreativ - Mohammed.)
Glücklich darüber, nicht alleine weiterreisen zu müssen, haben wir sofort ein Reisegrüppchen gebildet und uns erst am Bahnhof Bangor wieder getrennt. Die beiden sind wirklich nett und ich bin gespannt, ob ich ihnen im nächsten Halbjahr nochmal über den Weg laufen werde.

Dann bin ich mit meinen 3 Taschen und 4 kg (unbestraftem!!) Übergepäck die Straße hinan gewandert, wobei mir die auffällige Studentendichte fast schon unheimlich wurde, und bin plötzlich vor dem Haus gestanden, das (Überraschung!) genauso ausgesehen hat wie auf dem Foto.

*knock-knock*
Mir (von Fotos) unbekannter Mensch öffnet und sieht mich fragend an.
Hi, I'm Kristina. .... the Erasmusstudent?.... who's gonna stay for the next half year?
Ah! I guess you're right. Und er lässt mich hinein. It's the open room upstairs.
Ich bedanke mich und erklimme die Stiegen zum ersten Stock, wo tatsächlich eine offene Türe den Blick auf ein dunkles Zimmer freigiebt. Ich schalte das Licht ein und bin gleich einmal froh im Sommer auf Herm gewesen zu sein, denn so konnte mich der Zustand des Zimmers nicht schrecken: Offenbar hat meine Vormieterin zwar ausgeräumt, aber es nicht für nötig befunden auch zu putzen. Später sollte ich erfahren, dass sie einen Hamster hatte, was die Spreureste am Boden und den Nusshaufen neben dem Kasten erklärt. Die Reinigung sollte sich wegen dem Sch***teppich als schwierig und nur begrenzt möglich herausstellen. Aber dafür hatte ich sowieso vorerst keine Zeit.
Wichtig war ganz zu allererst Bettzeug zu besorgen, denn frieren wollte ich nicht unbedingt. Also habe ich nach Abwurf meiner Sachen gleich wieder die Flucht ergriffen und mich auf die Suche begeben. Zuerst mal zum benachbarten Morrisons Supermarket - erfolglos. Eine junge Regalbetreuerin gab mir den Tipp es bei Tesco's zu versuchen und so tat ich das - unwissend, dass jener Supermarkt einen halbstündigen Marsch entfernt liegt. In Anbetracht der Tatsache, dass ich sowieso den ganzen Tag nur gesessen bin, hatte ich damit aber auch kein Problem und ca. eine Spielfilmlänge später war ich auch schon wieder "zu Hause" - mit neuer, pink-farbener Bettwäsche (damit das Haus ein bisschen was Mädchenhaftes bekommt).

Bett überziehen - check
Staubsaugen - check
Auspacken - check
Duschen - check (Der zuerst einmal eiskalte Wasserstrahl hat mich effektiv aus meiner Erschöpfung gerissen)

So... besser. Jetzt war ich wieder so weit erfrischt und entspannt, dass ich schon in ganzen Sätzen (und nicht nur existentiellen Fragen, wie "Excuse me... is there a hoover I could use?") mit zweien meiner netten Mitbewohner - Tom, der mich schon im Vorfeld angeschrieben hatte, und Dave, dessen Bild ich kannte - zu kommunizieren und mich mit österreichischen Klischeesüßigkeiten, die ihnen zum Glück noch nicht bekannt waren, einzuschleimen.

Kennengelernt habe ich mittlerweile alle, wobei die beiden, die im Erdgeschoß wohnen eher unter sich bleiben (sie haben auch eine eigene kleine Küche). Die anderen 5 haben alle nach der Reihe an meine Tür geklopft um sich mir vorzustellen - like proper gentlemen.
Tom, Dave und Sam (ein Engländer und zwei Waliser) dürften sehr gute Freunde sein und sind auch etwa in meinem Alter. Sie hören nicht auf mich zu fragen, ob eh alles passt oder sie mir irgendwo helfen können. "If you need anything, just knock at our doors." "You want to see Bangor? We're your guides." Izi, aus Kurdistan, dessen ganzen Namen ich mir nicht merken konnte, ist schon ein bisschen älter (~30) und macht hier seinen PhD. Er kocht jeden Tag frisch und bietet mir auch ständig etwas an. Als ich heute früh um ein Häferl Tee ersucht habe, hat er mir gleich das Häferl geschenkt ("It's yours. I've got 5. It's a welcome present.") Mit Naz (kurz für Athanasios) habe ich noch nicht so viel gesprochen, weil ich ihn nur gestern kurz gesehen habe. Er kommt aus Griechenland.

Vielleicht noch ein paar Worte zum Haus: Es ist mehrgeschoßig, nicht von übermäßig guter Substanz (d.h. man hört jeden Schritt) und gleich hinter einem riesigen Supermarkt, in einer Straße die offenbar nächtens von lauten, trunkenen Studenten frequentiert wird - aber wie gesagt: Herm hat mich abgehärtet; alles kein Problem. (Und falls doch habe ich Ohropax mit.)


Die Badezimmer sind extrem sauber (Hut ab!) und die Küche ist auch voll in Ordnung: Meine Vormieterin hat mir ihr Kästchen mitsamt Geschirr vermacht, was mich schwer begeistert.
(Und meine Mitbewohner bombardieren mich die ganze Zeit mit Angeboten, sodass ich mit dem Ablehnen nicht mehr nachkomme. "Would you like some tea?" "If you're feeling hungry you can take anything from my shelf." "If your cupboard is not big enough, there's space in mine." etc.). Es fällt schwer, sich hier nicht wohlzufühlen.


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Heute (am 2. Tag) habe ich mich ausgeschlafen und bin nach einem ausgiebigen Frühstück von 2 Mandarinen und einer Handvoll Nüssen zur Uni gepilgert, wo meine Anwesenheit bei einem ersten ERASMUS-Meeting erforderlich war. Erster Eindruck: ~30 Amerikaner, ~40 Erasmusstudenten - davon viele Deutsche und Italiener. Wir wurden ersucht, uns mit Namen, Lieblingsfarbe und Lieblingsspeise vorzustellen, wobei Andrew, unser Koordinator (der aussieht wie Colin aus "Love... Actually" immer wieder variiert hat (favourite film? favourite place to go?) und keine Chance ausgelassen hat, uns zu verarschen.
Hi, I'm K., my favourite colour is green and my favourite food is Tafelspitz.
Oh, you!! You emailed me A LOT!
Yes I know... I'm sorry... :)
Nun...es kann nie schaden, persönlich gekannt zu werden.... peinlich ist es mir dennoch.

Mit 3 lieben Mädels aus Deutschland und 2 Holländerinnen war ich nach Abholung des Studentenausweises in einem Pub der Wetherspoonskette gemütlich Mittagessen.
(Hi.
Hey. What can I do for you?
Could I have the Chicken Tikka Masala and a J2O Orange and Passionfruit. And could I have that with water on top?

*frown*
*sigh* Yes...I know...
Er füllt es in ein 0.3 Literglas - kein Platz mehr für Wasser. Er schaut mich fragend an.
Er... Maybe in a bigger glass?
*fakes being annoyed*
I'm sorry... *pieps*
Don't worry. *grin*
There you go, fussy girl. Enjoy. )

Anschließend
ging es ans Besorgen von essentiellen Dingen, die das Leben erleichtern: Handtücher, Kleiderhaken, eine Duftkerze um den Hamstergeruch zu vertreiben, einen Spiegel, Nahrungsmittel,... Das Einzige was mir zu meinem Glück noch fehlt ist ein Sessel, aber den bekomme ich sicher superbillig in einem der vielen 1-Pound-Stores. Ja, und dann muss ich mich nur mehr einleben, aber das geht sicher schnell.

Ein paar Worte zur Stadt: Sie ist klein, hügelig und verfügt über die wichtigsten Annehmlichkeiten bzw potentielle Gefahrenquellen (i.e. Boots, HMV, Tesco, Top Shop, New Look, WHSmith, M&S, Costa, ...): Ich bin begeistert! Morgen werde ich mir alles besser anschauen und vielleicht ein paar Fotos machen - mein Zimmer krieg ich leider nicht drauf, aber so spannend ist das ja nicht.

Die Wochenvorschau:
Morgen: Registrierung für die Module, die ich machen will - vorher treffe ich mich mit oben erwähnten Mädels auf einen Kaffee.
Freitag: Social Evening
Wochenende: Ich hab' vorgeschlagen auf die Insel Anglesey zu fahren/gehen, die gleich vor Bangor liegt, und uns dort umzuschauen. (Dort liegt auch der Ort mit dem längsten Namen der Welt: Llanfairpwllgwyngyllgogerychwyrndrobwllllantysiliogogogoch, das ich mittlerweile halbwegs flüssig aussprechen kann.) Die anderen waren begeistert, also werden wir das machen, wenn das Wetter passt.

Und nächste Woche geht's dann ordentlich los: Uni, Walisischkurse, und und und.

Bin gespannt....

PS: Keine Angst, die nächsten Posts werden nicht so lang werden und sich eher auf einzelne Aspekte konzentrieren - immerhin will ich euch nicht langweilen :).

4 comments:

David said...

Na ich hoffe, die Nüsse, die du zum Frühstück hattest, waren nicht die vom Hamster ;-) Ansonsten klingt's recht aufregend, und ja, diese Ortschaft mit dem längsten Namen der Welt muss man gesehen haben, also brav Foto von dir und dem Ortsschild machen ;-)

Kristy said...

Haha! Die Hamsternüsse hab ich gestern weggesaugt, keine Angst (so verzweifelt bin ich nicht...).
Ich hoff ich krieg das Ortsschild auf's Foto drauf :P

kathi said...

God bless Tesco's : )

wo liegt das problem, wasser auf den saft DRAUF zu leeren, das hab ich noch nie verstanden *g*

wenn ich das alles so lese, werd ich nur ans denken an ein auslandssemester schon ganz nervös ; ) aber du bist ja schließlich geeicht von deinen herm-aufenthalten.

dann bleibt nur noch zu sagen: genieß die zeit und halt uns auf dem laufenden ^^

alles liebe nach little bangor!

P.S.: ist der ultra-lange städtename ein witz? hehe. die können mir nicht erzählen, dass den irgendwer auswendig kann : ))

Kristy said...

Brauchst nicht zittern ^^ - es fügt sich immer alles super.

Der Städtename wurde (erfolgreich) ins Leben gerufen um Touristen anzulocken. Ich hab gefragt: kleine Waliser müssen den in der Volksschule lernen :D