Friday, May 25, 2012

"I request you to teach us always"

So viel gibt es zu erzaehlen ueber das Leben in Mahabodhi! Beispielsweise, dass die Leute, die hier leben und arbeiten nicht nur ihren offiziellen Job machen, sondern das ganze Centre am Leben halten. Jeder hilft jedem, jeder tut seinen Teil und so stehen die foster mothers und wardens des Maedcheninternats manchentags um 5:30 auf dem Feld, um Erdaepfel anzubauen. Langweilig wird hier niemandem. Auch mir nicht. Auch die Kinder sind extrem auf Zack: In der Frueh gibt's gleich mal einen Morgenlauf, dann Gebet, dann bisschen Lernen, Frisieren, Waschen etc, dann ab in die Schule bis halb 5, dann zurueck, weiterlernen und abends bzw sonntags noch Waesche waschen, Baeume pflanzen oder, wenn sie Glueck haben, einen Film schauen. Dann ab ins Bett. Der ganze Tag ist voll.

Auch mein Tagesprogramm wird taeglich straffer, denn ich bekomme jetzt untertags immer ein paar Klassen zum Unterrichten und sitz am Nachmittag meist mit den blinden Schuelern zusammen und diktiere und erklaere ihnen Dinge, die sie dann aufschreiben. Manchmal lese ich ihnen auch Geschichten vor, was vor allem den beiden Burschen extrem taugt.
Unterrichtsmaessig durfte ich letzte Woche ja die 7. Klasse (also die 13-jaehrigen) mit englischer Literatur begluecken. Sie waren echt entzueckend und haben sehr brav mitgearbeitet, obwohl der Stoff schwierig und ihr Englisch nicht allzu gut ist. Ich hab gelernt, Mimik, Gestik und Geraeusche zur Verdeutlichung einzusetzen und mich teilweise zum Clown gemacht, doch das hat sie sehr erheitert und sie haben sich gerade diese Vokabel besonders gut gemerkt. Auch die 3 sehbehinderten Schueler habe ich geschafft einzubinden. Es ist schoen zu sehen, wie sehr die Klasse diese 3 unterstuetzt, indem sie ihnen Dinge diktieren oder nochmal vorlesen.
Nach den 4 Unterrichtsstunden hab ich mich selber beschenkt und die Klasse um Feedback gebeten. Faszinierende Dinge sind da passiert: Die vorlautesten Schueler haben die Pausenglocke ignoriert, um ihr Feedback fertig zu schreiben! Sie waren alle total ehrlich. Dass ich zu schnell spreche war der groesste Kritikpunkt, aber ansonsten kamen hauptsaechlich Dinge raus, wie die Betreffzeile oben. Auch Lustiges war dabei wie: "Our new class teacher is very tall. She has brown hair and her eyes sparkle." Fand ich sehr amuesant und bin dann nur mehr grinsend herumgelaufen. Die Feedbacks heb ich mir natuerlich auf!

Diese 7. Klasse hat mich nach diesen vier Stunden nicht zum letzten Mal gesehen, denn als ich Dolma fragte, ob ich mal mitkommen kann, um mir ihren Unterricht anzusehen, hat sie mich in der Stunde spontan zur co-Lehrerin gemacht und war danach vom Resultat so begeistert, dass sie mich jetzt jeden Tag dabei haben will. Mir soll's recht sein, denn darauf muss ich mich nicht vorbereiten, sondern geh einfach mit und mach den Mund auf, wenn mir was einfaellt (was eh oft genug der Fall ist).

Auch andere Klassen durfte ich unterrichten und zwar ganz spontan und ohne Vorwarnung oder Vorbereitungszeit. Dabei bin ich an meine Grenzen gegangen: Die 6-jaehrigen sitzen zu achtundreissigst in der Klasse und 80% davon verstehen kein Wort von dem, was ich sage. Ich kenne zu wenige Spiele und bin nicht sonderlich gut im Umgang mit dieser Altersklasse, doch irgendwie (mehr schlecht als recht) hab ich diese Stunde dann auch ruebergebogen. Lieb sind sie ja trotzdem.
Die 10-jaehrigen waren ein bisschen besser. Solange ich ihnen von Oesterreich erzaehlt habe, waren sie top-aufmerksam. Schliesslich haben sie mich gebeten, ihnen ein oesterreichisches Lied vorzusingen. Ich und singen. Also allein und vor 30 Schuelern. Grossartig. Ich hab's aber nicht uebers Herz gebracht, es ihnen zu verwehren und hab 'Es wiad scho glei dumpa' zum Besten gegeben, da das das einzige war, das mir auf Anhieb eingefallen ist. Sogar Applaus hab ich bekommen. Aber der Versuch, mit ihnen Stoff zu machen, ist auch hier an der Sprachbarriere gescheitert. Ich war ein bisschen niedergeschlagen, bzw muss mir halt wirklich andere Dinge ueberlegen. Wie froh bin ich, dass ich zu Hause mal eher aeltere Schueler unterrichten werde!

Durchs Unterrichten sind mir jetzt auch die Namen nicht mehr ganz so fremd und ich verstehe sie meist schon auf Anhieb. Dennoch faellts mir schwer, die 20 verschiedenen Rigzin Angmos, Rigzin Dolkars, Stanzin Angmos und Tenzin Dolmas auseinander zu halten, vor allem, da die meisten der kleinen Maedels den Kopf geschoren haben und dadurch erstens alle gleich und zweitens alle wie Buben aussehen. Fuer jedes einzelne Maedel, das einen Spitznamen oder sowas wie eine Frisur hat, bin ich dankbar. Mit den Burschen will ich erst gar nicht anfangen...

Seit gestern trauen sich die aelteren Maedels auf einmal auch, mich anzusprechen, wenn sie mit den Hausuebungen Hilfe brauchen. Ich freu mich sehr darueber, denn das ist genau das, wozu ich sie seit 2 Wochen auffordere. Ich hab zwar vermutlich bald gar keine Freizeit mehr, da ich ihnen versprochen habe, stets zur Verfuegung zu stehen, aber wozu bin ich schliesslich hier, wenn nicht, um den Kindern beim Lernen zu helfen und ihnen eine Ansprechperson zu sein?

Heute Abend kommt uebrigens eine neue Unterrichtserfahrung auf mich zu, denn ich wurde gebeten, Aufklaerungsunterricht zu leisten. Zum Glueck uebernimmt Mariana den Grossteil davon, da sie dasselbe Programm schon mit den kleinen Nonnen durchgezogen hat. Das wird jedenfalls interessant.

3 comments:

Anonymous said...

Hi Kristina,
nun muss ich auch einmal die Gelegenheit beim Schopf packen und Dir einen Kommentar zukommen lassen: Die Erfahrungen im Mahabody Center scheinen Dir ja sehr gut zu tun. Da kannst Du Dich schon ein wenig auf deine Zukünftige Berufslaufbahn vorbereiten.Genieße noch die restliche Zeit. O.

alexander said...

liebe kristina , einer meiner berufe ist schularzt in der blindenschule in wien , wenn du fragen zum unterricht mit blinden oder sehbehinderten hast kann ich dir gerne kontakte zu einer der lehrerinnen dieser schule vermitteln , die kombination reisen und arbeiten in ladakh ist ideaL ; so leicht es ist erste kontakte mit diesen gastfreundlichen und höflichen menschen zu machen , es ist eine ganz andere sache zutritt zur "realen " welt eines anderen volkes zu erlangen . zb durch vorsingen . freue mich schon auf den nächsten blog mit lieben grüßen alexander

Kristy said...

Lieber Alexander, auf dieses Angebot komme ich eventuell tatsaechlich zurueck. Die Arbeit mit blinden Kindern fasziniert mich sehr und ich wuerde da gerne noch einiges dazu lernen.
Diese Art zu reisen (i.e. arbeiten und besichtigen) ist mir die allerliebste - mittlerweile bin ich der Meinung, dass das die beste Art des Lernens ist. Auch ueber einen selbst.
Liebe Gruesse aus Leh, Kristina