Saturday, May 28, 2022

Il Cammino di Dante - Zusammenfassung und Tipps

In diesem Beitrag möchte ich ein paar Beobachtungen und Tipps zusammenfassen für diejenigen, die über diesen Blog gestolpert sind und selbst überlegen, den Danteweg zu gehen.

Level / Schwierigkeit
Der Cammino di Dante ist kein einfacher Weg. Wer keine Erfahrung mit Weitwandern hat, keine Erfahrung mit Höhenmetern, keine Erfahrung mit einem großen Rucksack, und keine Erfahrung mit der Kombination dieser drei Elemente sollte den Danteweg nicht gehen, sondern vorher diese Erfahrungen auf anderen Wegen sammeln, oder sich für eine kleine Teilstrecke entscheiden.
Es reicht nicht gewohnt zu sein, jeden Tag 5 km zu Fuß zu gehen. Das ist kein Training für einen Wanderweg dieser Art.
Beim Weitwandern zeigen sich die Schwachstellen des Körpers, die sich im Alltag nicht präsentieren und dieser Weg ist nochmal eine Stufe darüber. Man braucht nicht nur starke Beine und ordentliche Ausdauer, sondern v.a. auch einen guten Stützapparat und eine starke Rumpfmuskulatur, die alles zusammenhält und eine volle Übertragung der Kräfte und Gewichte auf die Gelenke verhindert.
Also: definitiv nichts für Einsteiger.

Ich würde auch davon abraten, sich an meinen Etappen zu orientieren, außer man weiß aus Erfahrung, dass man das kann. Sinnvolle Etappenlängen sind zwischen 15 und 25 km. Tage mit kürzeren Etappen oder Pausetage sind sehr sinnvoll (es kann sehr leicht passieren, dass man sich von einer Überbelastung oder Verletzung erholen muss).

Zu den Etappen nach und von Ravenna habe ich mich ja schon geäußert: sie sind unangenehm und haben keinen Mehrwert (monoton, kein Schatten, ewig lang). Ich würde, wenn ich den Weg nochmal ginge, von Forlì nach Ravenna fahren, die Etappe 21 zum Strand gehen, und dann aus Ravenna nach Faenza oder Oriolo (oder Russi) wieder hinausfahren und von dort weiter wandern.
Bei Florenz ist das anders: man ist schnell in den Bergen bzw. lange in den Bergen und hat dann nur eine Handvoll km auf der Straße - das ist zum Überleben.


Ausrüstung (basierend auf meiner Erfahrung)
  • Ordentliche, gut eingetragene Wanderschuhe sind unerlässlich: Knöchelschutz, ein gutes Profil, rutschfest, weitgehend wasserdicht (sonst werden die Furten zum Problem) + gute Wandersocken (kühlend)
  • Rucksack 35 L. Mehr sollte man nicht schleppen (wollen). Der Rucksack hängt sich nach ein paar Stunden an und wird schwer. + Regenschutz für den Rucksack
  • 1-2 Wanderhose(n) - lang oder mit abzippbaren Beinen: immer wieder gibt es hohe Vegetation und kurze Hosen begünstigen zwar die Beinbräunung, aber bieten keinen Schutz vor Zecken oder Dornen
  • 2 T-Shirts oder Wanderblusen aus leicht-trocknendem Stoff
  • Sonnenschutz: Hut, Creme, Lippenpflege mit LSF
  • Pflegeprodukte: Creme für die Füße (Hirschtalg-), Tigerbalsam oder kühlender Balsam für schmerzende Stellen, Pflegeöl oder Creme für die Haut (after sun)
  • Erste-Hilfe-Set inkl. Blasenpflaster (!)
  • Magnesiumtabletten
  • Reisewaschmittel (erspart einem Unmengen an Kleidung mitzutragen - Funktionskleidung trocknet sehr schnell und man muss morgens nicht in grausige stinkende Kleidung vom Vortag schlüpfen)
  • Eine Garnitur Zivilkleidung (+ 2. T-Shirt)
  • Toiletteset (Zahnputzzeug, Shampoo, Kamm, Nagelschere, Rasierer, Hygieneartikel,...)
  • Langes Shirt / Fleece
  • Bandana
  • Windjacke (regenabweisend)
  • Leichte (!) Zweitschuhe oder FlipFlops
  • evtl. faltbarer Mini-Rucksack oder -tasche für den Abend oder Stadttouren
  • Wasserflasche(n) oder Camelpack (ca. 1L)
  • Taschenmesser, Löffel, Brotdose (je nach eigenen Bedürfnissen)
  • Desinfektionsmittel
  • Klopapier / Taschentücher (zu verschiedenen Zwecken)
  • Nützliches Kleinzeug: Gummiringerl, Büroklammern, Sicherheitsnadeln, Schnur, Gewebeband, Karabiner (um Dinge zu befestigen, zu schließen, zu reparieren,...)
  • evtl. ein leichtes Mikrofaserhandtuch und Badekleidung (es gibt ein paar nette Stellen)
  • Notizheft und Stift
  • Kartenmaterial
  • Ladekabel

Bei Zweitschuhen schwöre ich auf VivoBarefoot: extrem leichte Schuhe mit ganz dünner Sohle, die einen guten Ausgleich zum festen Wanderschuh darstellen, klein zusammenquetschbar und somit leicht zu transportieren sind. (Es empfiehlt sich allerdings, sich mit den Barfußschuhen vorher schon angefreundet zu haben)

Schlafsack würde ich keinen mehr mitschleppen. Das zahlt sich nur aus, wenn man ihn mehrmals verwenden möchte. 

Man sollte sich nicht auf Wahrscheinlichkeiten verlassen: "Wahrscheinlich brauche ich kein Erste-Hilfe-Set", "Es ist unrealistisch, dass meine Schuhe kaputt werden oder mein Rucksack sich auflöst" - Wenn das dann doch passiert und man gar nichts dabei hat, um etwas dagegen zu tun, wird die Wanderung sehr schnell furchtbar. V.a. weil es auf dem Weg nicht alles, was man brauchen könnte, überall einfach zu erwerben gibt.


Navigation
Die Karte, die man bei der Inskription für den Danteweg erhält, ist für die Navigation eher ungeeignet. Sie ist eine Überblickskarte, die nützliche Informationen über die Infrastruktur auf dem Weg bietet (Wasserquellen, Geschäfte, Restaurants,...).
Sehr gute Dienste hat mir die Karte von Meridiani Cammini erwiesen:


Sie zeichnet jede einzelne Etappe gut nachvollziehbar auf (von links nach rechts, nicht genordet!), inklusive Höhenmeterprofil. 

Zusätzlich habe ich mir die App OSMAnd installiert und mir die Karten für die Toskana und Emilia-Romagna heruntergeladen. In dieser App sind alle öffentlichen Wege kartiert, sowie Wasserstellen, Picknickbänke, Furten etc. Zum Wandern sehr nützlich!

Es gibt auch um €10 eine spezielle App für den Danteweg. Die habe ich nicht genützt, aber bei Roberto gesehen. Sie dürfte das Navigieren stark erleichtern, weil man sofort sieht, ob man sich auf dem Weg, oder ganz woanders befindet.

Der Weg ist weitgehend gut markiert, aber da er meist etablierten Wanderwegen folgt, kommt es oft vor, dass man die CD-Zeichnung nur alle Kilometer sieht, während man von den rot-weiß-gestreiften Markierungen der etablierten Wege zuverlässig begleitet wird. Gute Intuition und Orientierungsvermögen sind hilfreich.


Wasser
Eine (meiner Erfahrung nach wenig bekannte) Tatsache ist, dass man in den meisten Regionen Italiens das Leitungswasser problemlos trinken kann. Es gibt auch viele öffentliche Trinkbrunnen, an denen man sich bedienen kann. Wenn es sich nicht um Trinkwasser handelt, gibt es ein Hinweisschild. Man braucht sich also nicht jeden Tag diverse Plastikflaschen voller Wasser zu kaufen, sondern kann sich Flaschen mitnehmen und die immer wieder auffüllen. Empfohlen wird, mindestens zwei Halbliterflaschen mitzunehmen. Das habe ich befolgt und bin damit sehr gut ausgekommen. In den Quartieren und an den Quellen und Brunnen habe ich sie immer wieder aufgefüllt.

Proviant
Wichtig: Auf dem Danteweg muss man gut planen. D.h. man sollte immer für ein paar Tage vorausschauen, welche Infrastruktur man vorfinden wird. Gerade im Zentralbereich des Nationalparks gibt es wenige Bars, Lokale und Lebensmittelgeschäfte und die haben auch nicht unbedingt dann offen, wenn man es sich wünscht. (Manche gibt es seit Corona auch schlicht nicht mehr.) Bei diesen Etappen sollte man genug Proviant dabei haben. Selbiges gilt auch für Bargeld: nicht überall kann man mit Karte zahlen oder findet Bankomaten!

Die Vorlieben und Bedürfnisse bei Proviant sind sehr individuell, doch man sollte auch hier ein wenig nachdenken, was sinnvoll und zweckmäßig ist und sich nicht nur vom spontanen Gusto leiten lassen.
Was ich gerne mag, wenn ich für mehrere Tage Proviant mitnehmen muss, ist Brot mit geringem Packmaß als Notnagel (z.B. Pumpernickel - schmeckt zwar nicht so toll, aber erfüllt seine Funktion), Äpfel (halten lange und werden nicht leicht zerdrückt), Karotten, Nüsse und Datteln und - meine neueste Entdeckung für Wanderungen - (Thun-)Fisch in der Dose (gut haltbar, klein, Proteinlieferant).
Schokolade schmilzt, Bananen werden leicht zerdrückt, Chips haben zu große Packungen, Käse beginnt zu schwitzen und zu stinken, manche Dinge sind einfach unpraktisch und schwierig einzupacken.

Bitte: Plane ein, dass du deinen Müll wieder mitnimmst, bis zum nächsten Mistkübel wenigstens. Ich habe schon erwähnt, dass fast jeder italienische Ort eine Müllinsel hat, wo man den Müll einfach trennen kann. Das ist weder aufwändig noch schwierig.
Es bietet sich an, immer ein Plastiksackerl (z.B. ein Ostsackerl) dabei zu haben, in dem man den Müll bis zur Entsorgung sammeln kann. Der Müll ist zum Glück ja kleiner und leichter als die vollen Packungen.

Unterkünfte
Bei der Suche nach Unterkünften möchte ich wirklich mit Nachdruck empfehlen die Liste der Organisation zu verwenden, die man bei Inskription zugeschickt bekommt. Die meisten Unterkünfte haben eine E-Mail-Adresse, wenn man nicht gerne telefoniert. Mit den Quartieren ist ausgemacht, dass sie Dantewanderern einen günstigeren Preis machen - das funktioniert teilweise so fantastisch, dass einem die Augen rausfallen, weil man so günstig so schön einquartiert ist, und teilweise leider weniger gut. Da man der Organisation aber rückmelden kann und soll, wie man behandelt wurde, wird diese Liste laufend verbessert. Persönlich zu buchen ist jedenfalls besser als über Plattformen, weil bei den Plattformen der Preis fix ist und da kein Nachlass gegeben werden kann.
Das Frühstück fällt in Italien meist eher karg aus (Kaffee und ein paar Kekse) - doch es gibt auch erfreuliche Ausnahmen. Diejenigen, die auf Wanderer eingestellt sind, bieten meist etwas mehr an.
Manche Unterkünfte bieten zu einem Aufpreis auch Abendessen an, oder einen gratis Shuttleservice zum nächsten Restaurant.
Die offizielle Website empfiehlt, alle Unterkünfte rechtzeitig vorzubuchen - in der Nebensaison zwei Wochen zuvor und im Sommer am besten einige Monate im Voraus.

Inskription und Organisation
Ich bin sehr begeistert von der Organisation des Weges und der Niederschwelligkeit der Kommunikation. Ich war von Anfang bis zum Schluss im Kontakt mit einem der Organisatoren, konnte ihm alle Fragen stellen und habe immer eine Antwort und Hilfe erhalten. Man ist auch aufgefordert, Widrigkeiten auf dem Weg (fehlende Zeichen, Probleme auf dem Weg etc.) zu melden und es wird dann schnell behoben. Feedback wird gerne angenommen und ich hatte das Gefühl, aktiv etwas beitragen zu können.
Ich würde wirklich empfehlen, den Weg nicht ohne diese Inskription zu gehen. Die geringe Inskriptionsgebühr ist außerdem ein Zeichen der Wertschätzung der ehrenamtlichen Arbeit des Vereins.

Sprache
Dazu traue ich mich nicht das Allermeiste zu sagen. Da ich Italienisch kann, habe ich es auch gesprochen und hatte keinerlei Probleme. Wie gut man ohne Italienischkenntnisse durchkommt, hängt vermutlich vom Ort ab. In manchen Orten spricht man ein wenig Englisch, aber da man durch sehr kleine und abgelegene Orte kommt, ist das nicht überall gegeben. Andererseits kommt man mit Google-Translator und ähnlicher Software ja mittlerweile auch recht weit. Die Leute freuen sich i.d.R., wenn man Interesse zeigt.

Sicherheit
Ich habe mich durchgehend sicher gefühlt, auch alleine im Wald.
Der Weg bietet teilweise schwierige oder steile Stellen, bei denen Vorsicht geboten ist. Fehltritte passieren. Umso wichtiger, dass man gutes Schuhwerk hat, aufmerksam ist und die eigenen Grenzen nicht überschreitet.
Es gibt außerdem allerhand wilde Tiere (u.a. Zecken, Skorpione, Schlangen, Wildschweine) - den meisten begegnet man nicht, aber man sollte sich deren bewusst sein und offenen Auges und Ohrs den Weg begehen, sowie mit der richtigen Kleidung. Mücken gibt es überall und zuhauf. Wer empfindlich ist, sollte sich Mückenmittel usw. mitnehmen.
Wild- und Weidetieren sollte man sich nicht nähern, sondern gebührlichen Abstand halten. Hunden wird man sehr oft begegnen (meist hinter einem Zaun, aber manchmal auch freilaufend) und man wird ständig angebellt.
Manchmal geht man direkt an einer Straße - das kann sehr unangenehm sein und man sollte es nicht in der Dunkelheit und mit unauffälliger Kleidung tun.

Da man auch in den Bergen unterwegs ist, sollte man immer ein Auge auf den Himmel haben, damit man in kein Gewitter oder Sturm gerät. Umgefallene Bäume sieht man massig und man möchte nicht im Wald unterwegs sein, wenn das passiert.

Hitze ist ein Thema. Es empfiehlt sich früh aufzubrechen, um die kühlen Morgenstunden nützen zu können. (Ist natürlich auch für den Wasserverbrauch eine wichtige Überlegung.)

Die Wandersaison dürfte Ende April losgehen und dauert bis Ende Oktober / Anfang November. Es soll auch Leute geben, die im Winter wandern, aber davon wird abgeraten. Am angenehmsten sind vermutlich Frühling und Herbst.


Das sind meine Beobachtungen und Empfehlungen, die ich abgeben kann. Vielleicht findet ja jemand sie nützlich.


Insgesamt ist der Danteweg ein wirklich schöner Wanderweg: die Toskana und Emilia-Romagna sind besuchenswerte Provinzen, die Landschaft ist traumhaft, das Essen ist ausgezeichnet, die Menschen sind nett und gastfreundlich. Man ist ständig mitten in der Natur und sieht viele Tiere. Man bekommt viel von den landwirtschaftlichen Produkten der Gegenden mit und kann im Wald herrlich das Hirn auslüften. Außerdem bekommt man einen Eindruck davon wie wichtig Dante, il somma poeta (der höchste Dichter) für die Italiener und ihre Identität ist und lernt über klösterliche Strukturen und die Geschichte und Traditionen der Gegenden, wenn man möchte. Es lohnt sich also in vielerlei Hinsicht, sich in dieses Abenteuer zu stürzen.

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